Carolin Nytra schlaflos in Berlin
Am Dienstagabend ist es soweit. Carolin Nytra kann es schon jetzt kaum mehr erwarten, bis sie bei der WM in Berlin selbst dran ist. Das WM-Fieber hat die Bremerin schon voll gepackt. Vor dem Fernseher fiebert die Hürdensprinterin mit dem deutschen Team und lässt dabei soviel Adrenalin, dass sie schon um ihre nächtliche Ruhe fürchten muss.
„Ich habe die letzten beiden Nächte nur maximal drei Stunden geschlafen, weil ich schon so aufgeregt bin. Wenn ich ins Bett gehe und die Mädels vorher so eine Show abreißen wie am Sonntag, dann hast du so einen Adrenalinpush, da kannst du einfach nicht schlafen. Ich hatte schon gesagt, dass ich das Adrenalin noch für mich brauche und die anderen das ein wenig unaufgeregter gestalten sollten“, gab die Deutsche Meisterin am Montag Einblicke in ihre WM-Gefühlswelt.Ursprünglich hatte sie überlegt, zum 100-Meter-Finale der Männer selbst schon ins Olympiastadion zu gehen, dann aber ist sie von diesem Plan wieder abgerückt. Das Kribbeln soll im richtigen Augenblick kommen. „Ich habe mir das Gänsehautfeeling für Dienstagabend aufgehoben, wenn ich dann selbst ins Stadion komme.“
So gut trainiert wie selten
Für diesen Moment ist sie bestens vorbereitet. „Ich habe die Form, ich habe die letzten zwei Wochen sehr gut trainiert“, sagte Carolin Nytra, die sich das Halbfinale fest vorgenommen hat und ihre Bestzeit von 12,78 Sekunden angreifen will. Die Vorzeichen stehen dabei bestens. „Ich hoffe, ich kann das, was alle zuvor in Kienbaum gesehen haben, auf die Bahn bringen.“
Im Training konnte Carolin Nytra so konzentriert und zielstrebig arbeiten wie noch nie zuvor. „Ich habe zuletzt so außergewöhnlich motiviert trainiert, wie ich es von mir eigentlich nicht kenne. Jeden einzelnen Lauf habe ich wie einen Wettkampf absolviert, ich war immer schon in Gedanken am Startblock des Berliner Olympiastadions. Ich kann gar nicht beschreiben, wie mich das im Training gepusht hat.“
Dass sie ein wenig unter Schlafmangel leidet, dürfte dabei unter Umständen auch damit zu tun haben, dass sie alle möglichen Varianten, wie der Wettkampf in Berlin aussehen könnte, in Gedanken durchspielt. „Seit zwei Wochen gehe ich nur diesen Start durch, den Ablauf auf der blauen Bahn und das von eins bis acht mit allen möglichen Konkurrentinnen. Von vorne, von hinten laufend - wie auch immer. Das ist irgendwie schon fast bekloppt.“
Mittendrin statt nur dabei
Nicht bekloppt, sondern eher euphorisch ist das, was die deutschen Leichtathletik-Fans auf der WM-Tribüne so anstellen. Dabei gerät die 24-Jährige auch ein wenig ins Grübeln. „Ich weiß, ich werde Spaß haben. Ich freue mich drauf. Meine einzige Angst ist es, dass die Hürden zu dicht stehen werden. Ich hoffe nur, dass mich die deutschen Fans nicht so sehr treiben und mir dann eine Hürde zum Verhängnis wird. Ich weiß nicht, wie frequent ich noch laufen kann, wenn ich zu 150 Prozent gepusht werde.“
Die heimische Unterstützung ist für Carolin Nytra ein Unterschied zum letzten Jahr, als sie bei den Olympischen Spielen in Peking (China) dabei war. Der andere, dass sie sich jetzt mittendrin statt nur dabei fühlt. „Damals bin ich irgendwie reingerutscht. Ich war einfach nur da. Jetzt habe ich aber das Gefühl, dass ich dabei bin und selbst eine Duftmarke absetzen kann.“ Das Schlafdefizit sollte dafür angesichts des Adrenalinrausches kaum mehr eine Rolle spielen.
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