Christian Reif: „Druck mache ich mir selbst“
Zwei Sprünge benötigte Christian Reif bei den Süddeutschen Hallen-Meisterschaften in der Karlsruher Europahalle für einen Saisonstart nach Maß. Exakt 8,00 Meter standen für den Ex-Europameister am Ende zu Buche. Über seine eigenen Erwartung, den Druck von außen und die Konkurrenz im eigenen Lager sprach der Rehlinger mit leichtathletik.de.
Christian Reif, im ersten Wettkampf gleich ein Acht-Meter-Sprung. War das ein gelungener Saisonauftakt?Christian Reif:
Ja, ich bin mit der Weite sehr zufrieden. Ein Acht-Meter-Sprung gelingt mir nicht jeden Tag. Deshalb freue ich mich, dass es bereits im zweiten Sprung geklappt hat.
Bis die Weite auf der Anzeigetafel stand, dauert es einen Moment. Sie haben sich mit den Kampfrichtern unterhalten. Was haben Sie besprochen?
Christian Reif:
Es ging um die Messung. Die Kampfrichter waren sich sofort einig, an welcher Stelle gemessen werden sollte. Ich war mir sicher, dass ich eine perfekte Landung erwischt hatte. Allerdings gab es eine kleine Abdruckstelle hinter dem eigentlichen Abdruck. Ich konnte mir das nicht ganz erklären und habe nachgefragt, ob die Messung nun nach hinten korrigiert wurde. Letztlich war das aber nicht weiter schlimm. Ich bin außerdem niemand, der deshalb Diskussionen anfängt.
Nach Ihrem Acht-Meter-Sprung waren die folgenden vier Versuche ungültig. Waren Sie verkrampft, weil Sie zu viel wollten?
Christian Reif:
Nein, zuviel wollte ich nicht. Ich wollte mehr! Verkrampft bin ich auch nicht. Wenn ich bei den ungültigen Versuchen allein die Weite zähle, dann waren das vier weitere Sprünge im Bereich von acht Metern oder etwas mehr. Das zählt für mich. Auch wenn das für Außenstehende komisch klingt und die Sprünge übertreten waren, für mich waren das fünf Acht-Meter-Sprünge. Das gibt mir Selbstvertrauen.
Die WM-Norm anzugreifen war in Karlsruhe also noch kein Thema?
Christian Reif:
Nein, absolut nicht. Es war schließlich mein erster Wettkampf in diesem Jahr. Es ging darum wieder ein Gefühl für den Wettkampf zu bekommen und zu sehen, wo ich stehe. Die WM-Norm ist ohnehin sehr hoch angesetzt. Sie im ersten Wettkampf zu knacken wäre schon etwas zu viel gewollt. Außerdem mussten die 8,16 Meter zu diesem frühen Zeitpunkt auch noch überhaupt nicht sein. Ich kann auch so zufrieden sein. Ich bin gut durch den Winter gekommen und hatte kaum Ausfälle - eigentlich gar keine. Als Standortbestimmung war dieser Wettkampf wichtig und erfolgreich. Ich habe das Gefühl, dass ich sehr leistungsfähig bin.
Sie haben die schwierige Norm angesprochen. Möglich ist die für Sie aber schon?
Christian Reif:
Natürlich! Und ich weiß auch ganz bestimmt, dass ich sie springen kann. Die Hallen-WM ist mein klares Ziel. Wenn ich dort an den Start gehen will, muss ich solche Weiten auch springen können. Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich das auch kann.
Sie haben Sopot also fest im Blick. Wie sieht Ihre Zielsetzung aus?
Christian Reif:
Da will ich eigentlich überhaupt keine Prognose abgeben. Ich brauche den Druck von außen nicht. Niemand macht mir mehr Druck, als ich selbst. Ich kenne die Weite, die ich mir vornehme und das genügt. Wenn ich sie in der Öffentlichkeit bekannt gebe, dann wird der Druck, den ich mir selbst mache, nur noch weiter erhöht. Mein Maximalziel wird in den Medien gleich noch einmal angehoben und es entsteht eine unrealistische Erwartungshaltung. Das brauche ich nicht und möchte es deshalb vermeiden.
Sorgt der Druck, den Sie sich selbst machen, nicht auch für Nervosität?
Christian Reif:
Nervosität gehört einfach dazu. Die ist vor jedem Wettkampf da. Klar, vor internationalen Großereignissen ist sie natürlich etwas stärker. Ich denke aber, dass ich meine Nerven ganz gut im Griff habe und im entscheidenden Moment meine Leistung abrufen kann. Außerdem habe ich international schon einige Erfahrung gesammelt. Dadurch kommt auch eine gewisse Routine.
Sie sprechen die Leistung im entscheidenden Moment an. Wie entscheidend ist für Sie die Hallensaison bzw. die Hallen-Weltmeisterschaft und welchen Stellenwert messen Sie ihr bei?
Christian Reif:
Ich nehme die Hallen-Weltmeisterschaften absolut ernst, wie auch die ganze Hallensaison. Zum einen ist die Halle als Standortbestimmung sehr wichtig. So weiß ich, ob das Wintertraining angeschlagen hat. Zum anderen bin ich niemand, der ein halbes Jahr im stillen Kämmerlein trainiert, um dann draußen ein paar Mal zu springen. Wer meinen Wettkampfplan kennt, der weiß, dass ich die Konkurrenz suche. Deshalb werde ich auch in Stockholm und Birmingham starten. Ich springe, um mich zu messen. Dafür mache ich diesen Sport.
Messen kann sich aktuell kaum ein deutscher Springer mit Ihnen. Wie wichtig ist Ihnen der Konkurrenzdruck?
Christian Reif:
Ich denke, dass wir neben Sebastian Bayer mit Julian Howard und Alyn Camara sehr gute Springer haben. Julian ist nur elf Zentimeter weniger gesprungen als ich. Er hat gezeigt, dass er an einem guten Tag ebenfalls die acht Meter übertreffen kann. Im Vorfeld wurde zwischen ihm und mir ein Duell stilisiert. Das hat mir sehr gut gefallen. Der Sport lebt von Duellen. Wenn ich alles gewinnen würde, würden die Leute schnell das Interesse am Weitsprung verlieren. Deshalb bin ich froh, wenn es spannend bleibt. Gewinnen möchte ich natürlich trotzdem.