Christian Reif mit Auftakt nach Maß
Selbst in seinen kühnsten Träumen hatte er mit einem derartigen Saisonstart nicht gerechnet: Christian Reif (ABC Ludwigshafen) brauchte am Samstag in Weinheim genau einen Sprung, dann war das große Ziel des Sommers plötzlich Realität. Der Europameister hakte mit einer Weite von 8,26 Metern die Norm für die Olympischen Spiele in London (Großbritannien; 27. Juli bis 12. August) ab und ließ mit diesem Satz die schwierigen letzten Monate hinter sich.
„Das hatte ich mir auf keinen Fall zugetraut“, sprudelte es nach dem Wettbewerb aus Christian Reif heraus. Was hatte er nicht im Vorfeld für Rechenspiele angestellt: War überhaupt jemals ein Deutscher mit 8,20 Metern in die Saison gestartet? Wann hatte er selbst zuletzt konstant Leistungen oberhalb dieser Weite angeboten? Wie sollte es damit nach einer derart verkorksten Vorbereitung gleich auf Anhieb klappen? Nein, die Olympia-Norm schien eigentlich außer Reichweite. War sie aber nicht.Im Vorfeld der Kurpfalz-Gala hatte Meeting-Chef Thomas Geißler dem Ludwigshafener versprochen: „Der Wind kommt aus Nord-Ost und du springst in die Grube, in der du 2010 mit 8,22 Metern gewonnen hast.“ Das schien ein gutes Omen zu sein.
Christian Reif nahm Anlauf, hob ab, schnellte sofort nach dem Versuch in die Höhe und reckte die Faust gen Himmel: 8,26 Meter. Nur dreimal war er in seiner Karriere weiter gesprungen, zweimal davon bei den Europameisterschaften in Barcelona (Spanien), wo er 2010 den Titel holte.
Vorbereitung mit Hindernissen
„Mein Trainer hat gesagt: ‚Das kannst nur du!‘“, beschrieb Christian Reif die erste Reaktion seines Trainers Uli Knapp. Der bestätigte: „Trainingsmethodisch war diese Leistung eigentlich fast nicht möglich.“ Denn von Training nach Plan konnte bei Christian Reif zuletzt keine Rede sein.
Schon im Winter hatte er aufgrund einer Fersenprellung auf Wettkämpfe verzichten müssen. Das Trainingslager in Teneriffa (Spanien) Ende März und Anfang April begann dann zwar vielversprechend, doch schon nach den ersten Trainingseinheiten meldete sich die Achillessehne, und auch die Tibialis posterior-Sehne im seitlichen Fußbereich machte Probleme.
Saisoneinstieg verschoben
„Es wurde jeden Tag schlechter“, erklärte Christian Reif. Anstelle von Training waren Arztbesuche, Physio- und Stoßwellen-Therapie an der Tagesordnung. Zum Teil sei er von 7 bis 14 Uhr in Praxen oder beim MRT gewesen. Den für den 17. Mai in Zeulenroda geplanten Saisoneinstieg musste er verschieben.
Für den Auftritt in Weinheim gaben die Ärzte erst zwei Tage zuvor grünes Licht. Dort bewies der 27-Jährige, dass er das Springen nicht verlernt hat. Nach einem Versuch packte er bereits wieder seine Taschen, und auch auf das Springer-Meeting in Wesel (28. Mai) kann er nun verzichten. Das erste große Ziel ist mit der Normerfüllung abgehakt, und Christian Reif darf sich schon jetzt ganz auf London konzentrieren.