Christian Reif - "Über die Konstanz gewinnen"
Das Seuchenjahr 2008 ist für Weitspringer Christian Reif überwunden. In seinen letzten Wettkämpfen präsentierte sich der Ludwigshafener in einer hervorragenden Verfassung. Seit August sprang er allein sechsmal über acht Meter und zeigte sich bei internationalen Wettkämpfen konkurrenzfähig. Erfahren Sie im Interview mehr über Christian Reifs Comeback, die verpasste WM-Qualifikation und seine Pläne für 2010.
Christian Reif, Sie hatten vor einer Woche Ihren letzten Wettkampf der Saison in Shanghai (China) und sind mit 8,09 Metern auf den dritten Platz gesprungen. Wie beurteilen Sie diese Leistung?Christian Reif:
Vom Ergebnis und der Platzierung her war es natürlich top. Mit einem Sprung über acht Meter habe ich schon gerechnet oder habe viel mehr darauf gehofft. Aber dass ich unter die ersten Drei komme, das habe ich jetzt nicht unbedingt erwartet. Da bin ich schon wirklich sehr zufrieden.
In der zweiten Hälfte der Saison sind Sie richtig in Fahrt gekommen. Im August folgte ein Acht-Meter-Sprung dem anderen. In Dudelange (Luxemburg) hatten Sie 8,17 Meter zu Buche stehen und in Paris (Frankreich) beim DecaNation sogar 8,18 Meter. Sie sind wieder in der Weltspitze angekommen. Wie fühlt sich das an?
Christian Reif:
Das ist phantastisch. Gerade wenn man so ein Seuchenjahr 2008 hinter sich hat und in das Jahr 2009 dann auch noch sehr bescheiden startet. Ich dachte eigentlich, dass es dieses Jahr nichts mehr mit dem Springen wird. Dann hat es aber doch noch ganz gut geklappt und ist von Wettkampf zu Wettkampf besser geworden. Wenn es einmal läuft, macht es auch richtig Spaß.
Wie ist es nach einer erfolgreichen Saison 2007 zu diesem Seuchenjahr 2008 gekommen?
Christian Reif:
Ich habe mich beim Weltfinale in Stuttgart 2007 verletzt. Das war aber eigentlich weniger das Problem. Ich hatte dann 2008 eine Fußoperation und in dem Jahr ging dann auch eigentlich gar nichts mehr. Dann kam auch noch der Trainerwechsel zu Uli Knapp hinzu und im Januar 2009 beim Trainingslager in Südafrika konnte ich eigentlich schon wieder ziemlich viel machen, nur belasten konnte ich den Fuß noch nicht voll. Deswegen habe ich im Winter auch noch keine Wettkämpfe bestritten.
Aber zur Sommersaison konnten Sie dann wieder voll angreifen?
Christian Reif:
Als ich im Mai die ersten Wettkämpfe gemacht habe, war ich scheinbar noch nicht richtig in Form und habe mich gleich erneut verletzt. Da war der Fuß offenbar noch nicht voll belastbar. Im Juli habe ich den ersten Wettkampf in Saarbrücken gemacht.
Wie konnten Sie sich immer wieder motivieren weiter zu kämpfen?
Christian Reif:
Ich wusste einfach, dass ich noch richtig weit springen kann, und dass das nicht weg ist. Ich wusste, wenn wieder alles verheilt ist, kann ich erneut acht Meter springen. Das hat mir Kraft gegeben. Im Prinzip trainiere ich jeden Tag dafür. Deshalb hatte ich nie Probleme, mich neu zu motivieren.
Sie hatten diese Saison das große Pech, die WM-Norm eine Woche zu spät zu springen. Wie sind Sie damit umgegangen?
Christian Reif:
Es war weniger schlimm, als viele Leute befürchtet haben. Die meisten dachten, man könne mich darauf jetzt nicht ansprechen. Ich habe das aber eigentlich ganz gut verkraftet. Ich war einfach zu spät und habe die Norm eine Woche zu spät erfüllt. So ist das im Sport, und deswegen komme ich damit auch gut klar. Eine Woche vorher hatte ich die Norm auch schon drauf, aber wenn man diese Sprünge ungültig macht, ist es meine Schuld. Das ist Weitsprung, sonst wäre es zu einfach.
Wie haben Sie die WM im eigenen Land dann miterlebt?
Christian Reif:
Ich war im Stadion und hatte Karten für die Weitsprung-Qualifikation und das Finale. Es war wirklich nicht so schlimm, wie ich befürchtet hatte. Ich habe gedacht, dass es ganz schrecklich sein wird, im Stadion zu sitzen und nicht selbst springen zu dürfen. Ich habe mich aber auch als Zuschauer ziemlich wohl gefühlt.
Hat es bei Ihnen nicht in den Beinen gejuckt? Man muss bedenken, dass 8,01 Meter zur Qualifikation gereicht hätten, 8,08 Meter fürs Finale und mit 8,18 Meter wären Sie Fünfter geworden. Da hätten Sie ganz gut mitmischen können…
Christian Reif:
Ja, das denke ich auch. Ich hätte eine ganz gute Rolle gespielt. Vor allem mit dem Heimvorteil, den ich, denke ich, gut genutzt hätte. Es ist natürlich schwierig zu sagen, ob das wirklich dann alles geklappt hätte. Der Druck wäre bestimmt groß gewesen, aber ich hätte ihn sicherlich in eine gute Weite umgesetzt.
Sie sind ein sehr konstanter Springer und bringen bei nahezu allen Bedingungen die gleichen Leistungen…
Christian Reif:
Ja das stimmt. Wenn ich meine besten Sprünge angucke, dann bin ich die zum Teil alle im Ausland gesprungen, also trotz Reisestress und Jetlag. In Eisenberg bin ich zum Beispiel bei strömendem Regen 7,97 Meter weit gesprungen und das, obwohl der Wettkampf eigentlich nur ein Training für Paris gewesen war. In Shanghai hatte ich sogar Gegenwind und es war trotzdem einer meiner besten Sprünge. Das macht mir eigentlich alles weniger aus.
Was sagen Sie zu der Situation im deutschen Männer-Weitsprung, wo es eine relativ hohe Leistungsdichte gibt?
Christian Reif:
Konkurrenz spornt natürlich immer an. Mal schauen, was da im nächsten Jahr möglich ist und wie fit dann alle sind. Ich war ja bei meinen letzten Wettkämpfen der Konstanteste und hoffe, das auch im nächsten Jahr zu sein. Über diese Konstanz muss ich dann einfach die Wettkämpfe gewinnen und weniger über die Ausreißer.
Wie meinen Sie das?
Christian Reif:
Ich werde sicherlich niemand sein, der plötzlich 8,50 Meter anbietet, wenn vorher alle Sprünge im Bereich 8,20 Meter liegen. Das wird bei mir wahrscheinlich nie klappen. Davon gehe ich zumindest aus. Ich glaube, dass ich auch mehr davon habe, wenn ich konstant 8,20 Meter oder 8,30 Meter springe, denn so ein Ausrutscher lässt sich nur schwer erklären.
Wie geht es bei Ihnen jetzt weiter?
Christian Reif:
Jetzt wird erstmal ordentlich Urlaub gemacht. Ich bin jetzt in Thailand, um wieder neue Kraft zu tanken.
Haben Sie denn eine Hallensaison geplant?
Christian Reif:
Ich bin vielleicht nicht so der Hallenspringer. Meine Bestleistung steht noch bei 7,91 Metern, aber ich denke, das muss sich ändern und das wird sich auch ändern. Ich werde auf jeden Fall eine Hallensaison machen, aber wie gut die dann wird, ist schwer zu sagen. Eigentlich wollte ich mich auch in diesem Winter mehr auf mein Studium konzentrieren, um dort auch mal weiterzukommen. Aber eine Teilnahme bei den Hallen-Weltmeisterschaften in Doha plane ich schon.
Wie sind Ihre Ziele für den Sommer?
Christian Reif:
Die Bestleistung muss angegriffen werden und ich bin mir auch ziemlich sicher, dass ich das schaffe. Es gab in dieser Saison so viele Versuche, die nah dran waren, obwohl ich die Bestleistung eigentlich gar nicht attackieren wollte. In Shanghai wollte ich eine neue Bestleistung, dort hat aber einfach der Betreuer gefehlt. Es war schon schwierig zu schauen, wo man genau abgesprungen ist. Ich habe dann beim Einspringen Dwight Philipps gefragt, aber der kann beim Wettkampf, wenn er selbst springt, ja schlecht gucken. Vor allem, da er direkt nach mir dran war.