Christina Obergföll: "Den Spieß umgedreht"
Mit WM-Gold im Speerwerfen hat Christina Obergföll (LG Offenburg) am Sonntag bei der WM in Moskau (Russland) ihre Karriere gekrönt. Ihr Speer flog auf 69,05 Meter, die fünftbeste Weite der 31-Jährigen überhaupt. leichtathletik.de hat die Reaktionen der Weltmeisterin eingefangen.
Christina Obergföll, herzlichen Glückwunsch zu Gold. Wie war es, endlich einen Titel zu holen? Christina Obergföll:Es war so ein schöner Moment. Ich habe so lange auf diesen Augenblick gewartet. Nach 2005 endlich wieder ein gutes WM-Ergebnis. Da waren es 70,03 Meter. Ich hatte danach viele gute Ergebnisse, aber wenn es drauf ankam, nicht mehr so einen guten Wurf.
Haben Sie sich so eine Weite zugetraut?
Christina Obergföll:
Die Hoffnung hatte ich die ganze Saison über. Natürlich waren auch Zweifel da: Jetzt geht es schon wieder schief beim Höhepunkt. Ich wusste einfach, was ich drauf habe. Ich bin ins Stadion gegangen und habe mir gesagt: Du hast alle Diamond-League Meetings gewonnen. Das soll mir erst einmal einer nachmachen. Warum soll ich Angst vor den anderen haben? Die sollen doch vor mir Angst haben. Ich habe versucht, den Spieß umzudrehen.
Was hat Ihnen Ihr Sport-Psychologe Hans Eberspächer mit auf den Weg gegeben?
Christina Obergföll:
Er hat gesagt: Ich will dich kämpfen sehen. Ich will, dass du deinen Wettkampf machst. Sei aggressiv und zeig denen, wo der Hammer hängt. Und es hat geklappt.
Bei anderen großen Wettkämpfen hat es nicht so gut geklappt, was war diesmal anders?
Christina Obergföll:
Mit Olympia-Silber in London hatte ich schon so viele Medaillen, es fehlte zwar das Gold aber ich habe mir gedacht: Wisst ihr was, wenn es nicht mehr klappt, ist es auch nicht so schlimm. Dann bin ich mit dem Training eingestiegen, war gesund und fit und plötzlich hat es wieder Spaß gemacht. Der Druck war wie in den vergangenen Jahren da, aber ich konnte anders damit umgehen. Das hängt mit der Zusammenarbeit mit Herrn Eberspächer zusammen. Du kannst dir vieles vorsagen, aber es muss im Kopf klick machen.
Was haben Sie nach ihrem Wurf auf 69,05 Meter gedacht?
Christina Obergföll:
Im ersten Moment war ich einfach nur happy. Endlich wieder ein Wurf mit dem ich hier gut rausgehen kann, selbst wenn ich hinterher Zweite werde. Ich habe einen guten Wettkampf gemacht. Natürlich habe ich auch gezittert, dass es reicht.
War Ihnen sofort klar, dass dieser Wurf weit war?
Christina Obergföll: Ich habe nicht viel mitbekommen. Es passiert dann einfach. Der Speer war weg und ich dachte: Hoffentlich geht er nicht aus dem Sektor. Dass er soweit war, hätte ich nicht gedacht. Wie er gelandet ist, habe ich auf der Leinwand gesehen und nur gedacht: Was, ist das die 70-Meter-Linie? Dann kam die 69 auf der Anzeigetafel und die Freude.
Denken Sie mit diesem Triumph an ein Karriereende?
Christina Obergföll:
Ich habe gesagt, dass ich auf jeden Fall bis 2016 werfen will. Am Donnerstag werde ich 32 und bin noch nicht in dem Alter, wo man als Speerwerferin aufhören muss. Ich kann mir vorstellen, für eine Saison auszusteigen. Es ändert sich jetzt aber etwas, weil es endlich mal geklappt hat. Ich feiere erst einmal und dann heirate ich im September und dann gucken wir mal. Wir denken darüber nach, ein Baby zu bekommen. Aber in Rio werde ich auf jeden Fall da sein.
Lockt nicht die EM im nächsten Jahr in Zürich?
Christina Obergföll:
Zürich ist auch mein Stadion. Da habe ich in der Diamond League immer gut geworfen. Es ist fast wie zu Hause. Es ist eine tolle Atmosphäre. Es tut etwas weh, gerade dann auszusteigen. Jetzt ist aber nicht der Moment, um das zu entscheiden.