Christina Obergföll - Gas geben und Spaß haben
Speerwerferin Christina Obergföll (LG Offenburg) hatte einen Saisoneinstieg nach Maß. Mit einer Weite von 68,08 Metern setzte sie sich vor Wochenfrist sofort an die Spitze der noch jungen Weltjahresbestenliste und kündigte damit an, dass mit ihr in diesen Monaten wieder voll zu rechnen ist. Die Offenburgerin hatte in Halle den Spaß am Werfen wieder gefunden.

Christina Obergföll hat gute Laune (Foto: Kiefner)
Dieser war ihr im Vorjahr zwischenzeitlich abhanden gekommen. Mit ihrem Sensationswurf von 70,03 Metern hatte sie 2005 in Helsinki (Finnland) geglänzt, dort die WM-Silbermedaille gewonnen. Und 2006 schien es anfangs so weiterzugehen. "Bis Anfang Mai lief alles perfekt", meint die Europarekordhalterin im Rückblick. "Aber nachdem wir aus dem Trainingslager zurückkamen, war mit einem Mal der Wurm drin. Im Training lief nun alles schlecht, und auch meine Hoffnung, dass es im Wettkampf doch noch klappen würde, erfüllte sich nicht."
Nicht mehr so heiß
So kam ihr Abschneiden bei der EM in Göteborg (Schweden) für sie und ihren Trainer Werner Daniels nicht überraschend. Mit 61,89 Metern wurde sie "nur" Vierte. "Zwar war ich mit 66,91 Metern Weltjahresbeste, so schlecht war das Jahr also nicht. Ich habe aber gemerkt, dass ich nicht mehr so heiß auf die Wettkämpfe war, und dass auch technisch einiges nicht stimmte."
Der Akku war einfach leer. Die Reaktion darauf: "Ich habe erstmal Abstand zum Sport gebraucht, nahm mir eine Sechs-Wochen-Auszeit." Zeit genug, sich mehr dem Studium zu widmen, auch deshalb, um einfach mal auf andere Gedanken zu kommen. Christina Obergföll studiert Sport und Englisch auf Lehramt in Freiburg, hat im Fach Sport fast alles geschafft, und für Englisch wird sie sich noch Zeit nehmen. "Ich denke, dass ich mein Examen nach der WM 2009 abschließen werde."
Wert auf Technik gelegt
Die Pause vom Sport aber dauerte nicht allzu lang. "Ende Oktober 2006 fing ich wieder mit dem Training an. Und weil in der Saison zuvor technisch nicht alles passte, legten wir vor allem Wert auf die Technik." Anfangs zuhause in Offenburg, aber dann auch im Trainingslager in Portugal. "In Offenburg haben wir kein Wurfhaus, und ehe ich im Schnee werfen musste, wollte ich doch lieber in die Wärme".
Einiges wurde ausprobiert. "Ich habe bisher immer meinen Wurfarm vor dem Abwurf des Speeres zu weit unten gehalten. Das wollten wir korrigieren." Und wie Insider bestätigten, ist ihr das gelungen. Und nicht unwichtig, auch ihre Kraftwerte sind ähnlich denen im vorigen Jahr, "eher noch etwas besser". Die Physiotherapie war weiterhin Teil des Trainingsprogramms, und auch die Ernährungsfragen nahm sie sehr ernst.
Locker im grünen Bereich
"Alles im grünen Bereich", so lautete das Urteil der 25-Jährigen am Vorabend des Hallenser Werfermeeting. Recht zurückhaltend waren ihre Äußerungen trotzdem vor dem ersten Wettkampf. "Ich habe aus dem letzten Jahr gelernt, bin souveräner geworden. Vor allem aber möchte ich wieder Spaß am Werfen haben." Und was macht diesen Spaß aus? "Wenn man nicht verkrampft, wenn man versucht, eine gewisse Lockerheit zu behalten, aber trotzdem Gas zu geben."
So locker war sie während des Wettkampfes und natürlich auch anschließend bei der Analyse. "Es passte einfach alles. Ich hatte ein gutes Wurfgefühl und auch das Gefühl, dass ich den Speer gut auf die Schulter bekomme." Ein Zeichen von Stabilität war die Serie ( 66,57; 64,37; x; 67,72; 60,33; 68,08 m).
Warum nicht in Weltrekordform?
Das lässt für die diesjährige Saison einiges erhoffen und erwarten. Auch wenn Christina Obergföll sich nicht zu weit in ihren Prognosen vorwagt, darf man sicherlich darauf spekulieren, dass sie bei den Weltmeisterschaften in Osaka (Japan; 25. August bis 2. September) ganz vorn mitmischt. "Die 68,08 Meter sind zwar sehr weit, aber auf keinen Fall zu früh. Warum sollte ich nicht im August in Weltrekordform sein?"
Den Weltrekord hält gegenwärtig Osleydis Menendez mit 71,70 Metern. Und die Kubanerin zählt neben Europameisterin Steffi Nerius (TSV Bayer 04 Leverkusen) und der Tschechin Barbora Spotakova zu ihren schärfsten Konkurrentinnen in Osaka. Und, so ihr Trainer Werner Daniels, auch die Kubanerin Sonia Bisset könnte in den Medaillenkampf eingreifen, "auch wenn sie recht unbeständig in ihren Leistungen ist".
Unbeständig möchte Christina Obergföll nicht sein, "auch wenn sicher mal wieder schwächere Tage kommen werden." Ihr Motto "Spaß haben" dürfte ihr auch 2007 sowohl weite Würfe als auch neue Sympathien der Öffentlichkeit einbringen.