Christina Obergföll - "Ich greife nach Gold"
Speerwerferin Christina Obergföll gehört bei den Weltmeisterschaften in Osaka sicherlich zu den heißesten Eisen, die der DLV im Feuer hat. Die Offenburgerin ist nach einer fantastischen Saison, mit dem Europarekord von 70,20 Meter und neun Siegen in neun Wettkämpfen, Topfavoritin auf den Titel in Japan. Im Interview verrät sie ihre Ambitionen für die WM, berichtet über ihre Vorbereitung und blickt nach vorne auf die Olympischen Spiele im nächsten Jahr.

Christina Obergföll - gesund und locker bleiben (Foto: Chai)
Neun Wettkämpfe, neun Siege, jeweils über 65 Meter. In sieben dieser Wettkämpfe warfen Sie weiter als die tschechische Vize-Europameisterin Barbora Spotakova, die den Rest der Welt mit 66,08 Meter anführt. Wie sehen Sie selbst diese fast unglaubliche Serie vor dem Auftakt der Leichtathletik-WM am Samstag in Osaka?Christina Obergföll:
"Ich bin mir bewusst, dass dadurch eine große Erwartungshaltung entsteht. Alles läuft gut und es gibt keinen Grund, mich verrückt zu machen. Aber ich kann jetzt niemandem erzählen, dass mein großes Ziel in Osaka Bronze wäre. Ich greife nach Gold, das ist ganz klar."
Aber ruhig zu bleiben ist angesichts der Größe des Ereignisses sicher nicht leicht. Wie verlief die letzte Phase ihrer Vorbereitung?
Christina Obergföll:
"Nach den WM-Tests in Leverkusen und Wattenscheid habe ich wie in der Phase zuvor zu Hause trainiert, jeweils zwei oder zweieinhalb Stunden am Tag. Mein Trainer Werner Daniels war immer dabei. Zuletzt kam etwas mehr Physiotheraphie und Pflege hinzu."
Werner Daniels ist eine ganz entscheidende Person für Sie...
Christina Obergföll:
"Werner Daniels ist zugleich eine Art Betreuer und ein guter Freund, der sich ganz um mich kümmert, keine anderen Athleten hat, sozusagen zu 120 Prozent für mich da ist."
Das Finale ist am Freitag, 31. August. Die Qualifikation zwei Tage zuvor scheint sie nicht sonderlich zu beschäftigen?
Christina Obergföll:
"Dafür muss ich nicht besonders üben. Ich glaube, ich muss da in drei Versuchen wenigstens einmal 61 Meter werfen. Das habe ich mit jedem Wurf geschafft in meinen diesjährigen Wettkämpfen - oder ich habe ihn ungültig gemacht ..."
Was ist jetzt vor dem Ernstfall WM noch wichtig?
Christina Obergföll:
"Ich muss eigentlich nur gesund bleiben. Und locker. Werner Daniels sagt immer, auch die Lachmuskeln müssen trainiert werden. Das klappt bisher ganz gut."
Jeder, der überragende Leistungen zeigt, gerät in der heutigen Zeit schon fast unter Verdacht. Wie sehen sie das Thema Doping?
Christina Obergföll:
"Mir ist völlig klar, dass ich mich zu diesem Punkt äußern muss. Ich habe schon tausend mal gesagt, dass ich nichts Verbotenes nehme. Ich stehe jederzeit für Kontrollen zur Verfügung und würde auch bei anderen erforderlichen Maßnahmen, die zur Sauberkeit meiner Sportart beitragen, nicht zögern. Ich habe ein reines Gewissen. Darum kann ich mich auch so tierisch freuen über Erfolge."
Bisher waren dies vor allem das WM-Silber 2005 in Helsinki mit Europarekord von 70,03 Meter und die Steigerung dieser Bestmarke beim Europacupsieg am 23. Juni in München auf 70,20 Meter. Es fehlen also noch exakt eineinhalb Meter zum Weltrekord der Kubanerin Osleidys Menendez, die damals in Finnland mit 71,70 Meter Gold gewann, aber nach einer Verletzung in Osaka fehlt.
Christina Obergföll:
"Ich traue mir irgendwann 72 Meter zu. Aber 1,50 Meter bis zum Weltrekord sind eine ganze Menge, da sollte man sich nicht täuschen. Vor allem wenn man bedenkt, dass Steffi Nerius über Jahre versucht hat, die 40 Zentimeter zum deutschen Rekord zu schaffen und es ist ihr nicht geglückt."
Ihr Europarekord kam dagegen mehr aus heiterem Himmel. Im Jahr danach fühlten sie sich unter Druck. Sie waren auch 2006 von der Weite her Jahres-Weltbeste, aber beim EM-Sieg von Steffi Nerius nur Vierte.
Christina Obergföll:
"Vorher durfte ich weit werfen, jetzt musste ich weit werfen. Ich hatte einen Start von 0 auf 1000. Danach entstand großer Druck, dem ich nicht gewachsen war. Hinzu kam eine Knieverletzung, aber das ist jetzt Überstanden. Ich habe im letzten Winter viel an der Technik gearbeitet, dabei den Verkantungswinkel beim Abwurf deutlich verkürzt. Das bringt Weite."
Ein gutes Omen für die WM ist, dass Sie ihre größten Wettkämpfe immer dann hatten, wenn es ganz wichtig war: Europarekord bei der WM und beim Europacup. Das gibt sicher ein gutes Gefühl auch für Osaka?
Christina Obergföll:
"Ja, ich bin ein absoluter Wettkampftyp. Ich kann mich total puschen und ich mag es, vor so viel Publikum zu werfen. Ich freue mich auf Osaka."
Asien ist auch 2008 das Ziel ihrer Träume. Wie läuft nach der WM der Countdown in Richtung Olympische Spiele in Peking?
Christina Obergföll:
"Direkt nach der Rückkehr aus Japan folgt ein Schulpraxis-Semester über drei Monate an einem Gymnasium in Offenburg. Von Weihnachten bis April kann ich dann die Grundlagen für die Olympischen Spiele legen. Im Sommersemester werde ich dann kürzer treten und mich sehr stark auf das Ziel Olympische Spiele konzentrieren."
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