Christina Obergföll - „Langsam kommt’s!“
Mit erhobenem Haupt und strahlenden Augen verließ Speerwurf-Europarekordhalterin Christina Obergföll am Donnerstagabend das Stadion in Ostrava (Tschechische Republik). In einem bemerkenswerten Grand-Prix-Wettkampf konnte sie mit 67,72 Metern nicht nur ihre Formkurve weiter steigen lassen, sondern vor allem auch der Weltmeisterin Barbora Spotakova, die ein Heimspiel hatte, den Sieg entreißen. Christian Fuchs hat nach diesem wegweisenden Auftritt mit der Offenburgerin gesprochen.
Christina Obergföll, Glückwunsch zum überzeugenden Sieg über die Weltmeisterin Barbora Spotakova in Ostrava. War das ein Erfolg in der Höhle des Löwen?Christina Obergföll:
Ein bisschen schon. Es war extrem, wie sie angefeuert wurde. Bei mir hatten nur ein paar Leute geklatscht. Ich habe aber schon nach dem ersten Versuch gemerkt, dass etwas möglich ist. Ich hatte mich aber nicht an Barbora Spotakova orientiert, sondern habe versucht, meinen Wettkampf zu machen. Das ist mir echt gelungen. Ich glaube, ich habe die Höhle des Löwen ganz gut bewältigt.
Als Königin verlassen sozusagen. Ist es gerade deshalb auch ein Stück weit noch eine nachträgliche WM-Revanche?
Christina Obergföll:
Nein, weil ich nicht mehr in die Vergangenheit schaue. Es hat mir lange genug wehgetan, dass ich letztes Jahr verloren hatte. Ich schaue nach vorne. Es ist für mich persönlich auch ganz wichtig, dass ich das Ding in Ostrava gewonnen habe und dass ich eine Weite geworfen habe, die zu dem passt, was ich im Training abliefere. Das ist für meinen Kopf ganz, ganz gut. Jetzt kann es losgehen.
Wie sehr hat Sie die Unterstützung des heimischen Publikums für die heimische Weltmeisterin zusätzlich gepusht?
Christina Obergföll:
Das hat mich schon zusätzlich motiviert. Ich wollte den Leuten zeigen, wo der Hase lang läuft. Deshalb tut mir der Sieg doppelt gut.
Umso größer müssen auch Genugtuung und Freude sein, oder?
Christina Obergföll:
Keine Frage, es war in Ostrava supergeil. Ich muss aber sagen, was zählt ist Olympia in Peking. Das war nur eine Etappe auf dem Weg dahin.
Es war der zweite Wettkampf nach Cottbus binnen 24 Stunden. War es im nachhinein in der Lausitz das richtige Aufwärmen und Einwerfen?
Christina Obergföll:
Es war auch so geplant. Nachdem Steffi Nerius für Cottbus abgesagt hatte, wusste ich, dass ich dort ein relativ leichtes Spiel habe und den Jackpot um den DKB-Cup mitnehmen kann. Ich war aber schon auf Ostrava fokussiert.
Wie viel Auftrieb und Selbstvertrauen gibt Ihnen jetzt dieser Prestigeerfolg im Aufeinandertreffen mit einem großen Teil der Weltelite?
Christina Obergföll:
Ich weiß jetzt: Langsam kommt’s. Es war der erste Tag, an dem ich das Gefühl hatte, dass ich mich gut fühle und dass ich mehr zeigen kann. In den ersten drei Wettkämpfen lief es nicht flüssig, ich komme aber jetzt so langsam rein.