Christine Adams - den "Küken" davongehüpft
Ende Januar lehnte sich eine große deutsche Tageszeitung weit aus dem Fenster. Christine Adams wäre am Stab gealtert und die jungen Küken seien ihr davon gehüpft. Keine sechs Wochen später hat die 28-jährige Stabhochspringerin vom TSV Bayer 04 Leverkusen mit einem neuen Rekordsatz über 4,66 Meter beim IHS Indoor Meeting die passende sportliche Antwort gegeben. "Die Leute sollen sich das noch einmal genau ankucken", sagte sie mit selbstbewusster Überzeugung im leichtathletik.de-Interview (siehe unten). Sie hat mit einer rasanten Leistungssteigerung in diesem Jahr die jungen Springerinnen wieder überholt und geht als deutsche Hallenrekordhalterin in den Sommer.
Foto: Hörnemann
Drei Trainingsgruppen unter ihren FittichenDrei Trainingsgruppen betreut Christine Adams für ihren Verein. Kinder im Alter von zwölf bis sechzehn Jahren. Sie seien "stolz wie Oskar", berichtet die Athletin Adams, wenn sie ihre Trainerin im Fernsehen sehen und sie dann auch noch eine gute Leistung vollbringt. So wie am Wochenende. 4,66 Meter und Deutscher Hallenrekord, stand hinter dem Namen von Christine Adams auf der Ergebnisliste vom IHS in Sindelfingen. Ein phänomenaler Auftritt der Stabartistin, zumal wenn man bedenkt, dass Adams vor Beginn dieser Hallensaison noch eine Bestleistung von 4,40 Metern zu Buche stehen hatte. Trotzdem warnt die Trainerin ihre Schützlinge davor, die Sprünge der Athletin Adams als Vorbild zu nehmen. "Das sage ich den Jungs und Mädels immer wieder. Meine Technik ist trotz der 4,66 Meter ziemlich schlecht."
Die Schwerste und die Größte mit den härtesten Stäben
Das könnte an ihrem Körperbau liegen. Christine Adams ist die Schwerste und Größte der deutschen Stabhochspringerinnen. Deshalb benutzt sie auch die härtesten Stäbe. "Relativ zum Gewicht und zur Größe gesehen, sind meine Stäbe aber nicht so hart wie die der Konkurrenz", betont die Bayer-Sportlerin. Sie weiß um ihre Schwächen. Genauso wie um die Stärken: "Obwohl man es mir wegen meiner Größe nicht zutraut, bin ich eine ganz gute Turnerin."
Um 26 Zentimeter steigerte die ehemalige Diskuswerferin und zweimalige Hallen-EM-Zweite ihre Bestleistung in den vergangenen drei Wochen. Und das, "obwohl ich weder schneller noch stärker bin als vorher. Ich habe nur ein besseres Gefühl fürs Springen. Der Stab arbeitet jetzt besser mit mir, beziehungsweise ich besser mit dem Stab." Die Folge der verbesserten Zusammenarbeit sind 4,66 Meter. Höher sind bislang nur die Amerikanerin Stacy Dragila und die Russin Svetlana Feofanova gesprungen. In Deutschland war noch keine besser als Christine Adams.
Die Konkurrenz im Nacken
Trotzdem ist die Leverkusenerin keineswegs beruhigt: "Die Konkurrenz sitzt mir im Nacken. Der Abstand beträgt nur wenige Millimeter", versucht Christine Adams zu verdeutlichen, wie stark die Gegnerschaft im eigenen Land ist. Gerade im Hinblick auf die EM in München: "Das Hinkommen ist nicht selbstverständlich. Die Quali wird schwer genug." Die leidvolle Erfahrung, dass Hallenleistungen nicht automatisch im Freien wiederholbar sind, musste die Diplom-Sportlehrerin bereits in den vergangen Jahren machen. Sowohl die Olympischen Spiele in Sydney, wie auch die WM in Edmonton, verfolgte sie nur als Zuschauerin.
"Schlimm ist, dass ich mich in den vergangenen Jahren draußen nie steigern konnte und nach den Hochs immer gleich die Tiefs kamen. Hoffentlich lässt das nächste Tief noch ein bisschen auf sich warten." In jedem Fall erlebte sie am Wochenende ihr bislang schönstes und höchstes Hoch.
Genau wie die Nachwuchsathleten aus ihren drei Trainingsgruppen, von denen ein Großteil am 1. Leverkusener Schüler-Hallensportfest teilnahm. Sie alle sprangen Bestleistung. Und so hatten sich Christine Adams und ihre Schützlinge am Montag beim Training viel zu erzählen. Es ging um Höhenflüge und den Weg dahin. Den macht sich die Athletin Adams besonders dann bewusst wird, wenn sie als Trainerin vor ihren Kindern steht: "Jede Einheit mit den Jungs und Mädels ist wie ein mentales Training für mich. Seit drei Jahren mache ich das nun schon und möchte es nicht mehr missen."
INTERVIEW mit Christine Adams: "Ich bin fit wie nie zuvor"
Wie schätzen Sie den Rekordsprung in Sindelfingen von 4,66 Metern ein?
Christine Adams:
Unglaublich, mehr fällt mir dazu fast nicht ein. Ich hatte mich nach der Hallen-EM in Wien fast schon zur Ruhe gesetzt für diese Hallensaison. Ich machte den Wettkampf in Sindelfingen ein bisschen aus der Regeneration heraus. Ich wollte unbedingt meinen Spaß haben. Dass es in einer solchen Leistung endete, war unglaublich.
Sie trainieren auch unter Herbert Czingon in Mainz. Wie groß ist der Anteil dieser nun so konzentrierten Trainingsgruppe?
Christine Adams:
Ich glaube schon, dass der Anteil ziemlich groß ist. Wir trainieren jetzt seit Oktober zusammen. Das meiste mache ich mit Yvonne Buschbaum. Wir haben einfach viel mehr Spaß, als immer alleine vor sich hin zu tümpeln. Das ist dann auch meistens eher langweilig. Wenn ich in Leverkusen bin, trainiere ich zwar schon mit den Jungs, aber das ist im Training einfach nicht die Konkurrenz. Das ist ein ganz anderes Level. Ich glaube, dass wir uns in Mainz ein bisschen gegenseitig in den Hintern treten. Wenn eine keine Lust hat, macht die andere ein wenig Dampf.
4,66 Meter in der Halle - was bedeutet das für den Sommer?
Christine Adams:
Ich würde am liebsten natürlich da anfangen, wo ich jetzt aufgehört habe. Es ist aber nicht so einfach. Genauso wie die anderen muss ich mich erst für München qualifizieren. Ich gehe nicht davon aus, dass ich im ersten Wettkampf im Freien gleich wieder mit 4,60 Metern weitermache. Es geht wieder von vorne los und ich hoffe, dass ich die paar Wehwehchen, die ich jetzt habe, auskurieren kann. Ich möchte auf einem guten Niveau durchkommen.
In einer großen deutschen Tageszeitung wurde vor geraumer Zeit spekuliert, die jungen Küken würden Ihnen davonspringen. War der Rekord jetzt die Antwort darauf?
Christine Adams:
Auf jeden Fall. Das sollen sich die Leute noch einmal genau ankucken. Ich bin jetzt die Älteste in Deutschland. International noch nicht ganz, aber da gehöre ich ebenso schon zum alten Eisen. Aber die Erfahrung hilft einem auch weiter. Ich bin fit wie nie zuvor!
Welchen Tipp würden Sie grundsätzlich für den Sommer wagen? Wo steht danach der deutsche Rekord?
Christine Adams:
Jedenfalls nicht mehr bei 4,55 Metern. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass man die Lorbeeren nicht zu hoch hängen darf, denn es gab es schon oft, dass das Leistungsvermögen viel höher war, als das, was am Ende rausgekommen ist. Auch kann man mit den Bedingungen einfach Pech haben. Es gibt viele Faktoren, die leistungsfördernd oder auch auch leistungshemmend sind. Ich gehe davon aus, dass irgendjemand von uns 4,70 Meter springt.
Was sagen Sie zum neuen Konzept des IHS Indoor Meetings in Sindelfingen?
Christine Adams:
In Wien bei der Hallen-EM ist der Stabhochsprung zum Beispiel total untergegangen. Da haben die Zuschauer gerade mal aufgekuckt, als der Weltrekord auflag. Für uns ist deshalb so etwas wie in Sindelfingen schon toll. Es ist natürlich schade für die anderen Disziplinen, die zuhause bleiben müssen. Deshalb bin ich der Meinung, dass man das natürlich so nicht den ganzen Winter durchziehen kann. Aber einmal, auch zum Abschluss mit dieser Teamidee - das wäre super. Wenn das Niveau im Stabhochsprung weiter so hoch ist, ist es ganz einfach auch eine gute Werbung für die Leichtathletik. Der Level ist nun einmal nicht in allen Disziplinen in Deutschland so gegebem. Das wird sich über die Jahre auch sicher wieder ändern. Auch das Teamspringen in Sindelfingen fand ich eine gute Idee, selbst wenn das ein bisschen untergegangen ist und am Ende die eine Hälfte des Teams die andere nicht so angefeuert hat. Es hat vielleicht ein bisschen zu lange gedauert, um diesen Teamgedanken aufrecht zu erhalten. Die Einzelleistung stand dann doch irgendwann wieder im Vordergrund. Aber man sollte daran anschliessen.
Interview: Christian Fuchs
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Wer holt sich den Rekord im Sommer?
"Nach dem Sommer steht der deutsche Rekord nicht mehr bei 4,55 Metern", ist sich die Leverkusenerin Christine Adams sicher. Das heisst, und das ist kein Geheimnis, die Höhenjagd der deutschen Stabakrobatinnen beginnt im Freien, wenn die EM in München für zusätzliche Motivation sorgt, von Neuem.
Uns interessiert, was Sie glauben! Wer hält nach der Freiluftsaison den deutschen Frauenrekord im Stabhochsprung? Gelingt Christine Adams auch da der große Coup? Übernehmen Yvonne Buschbaum oder Annika Becker die Pole Position? Oder kann Carolin Hingst an ihre Höhenflüge des letzten Jahres anknüpfen?
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