Christine Arron trainiert für ihr Comeback
Die Dame hat schnelle Beine und ein flottes Mundwerk. Doch in diesem Jahr hat sie sich rar gemacht. Der Grund: Christine Arron, liiert mit dem Hürdensprinter Dan Philibert, hat Nachwuchs bekommen. Ethan heißt der kleine Wonneproppen, der am 28. Juni das Licht der Welt erblickte. Darum fehlte die junge Mutter auch bei den Europameisterschaften in München, wo sie kampflos ihren Titel über 100 Meter abgegeben hat.
Die junge Mutter Christine Arron arbeitet an ihrem Comeback
Doch mittlerweile arbeitet Christine Arron an ihrem Comeback. Denn der Französische Leichtathletik-Verband teilte mit, dass sie am 1. August das Training wieder aufgenommen habe.Die Vollblut-Sprinterin, die allerdings sehr verletzungsanfällig ist, feierte ihre schönsten Erfolge bei der EM 1998, als sie im Budapester Nepstadion mit zwei Goldmedaillen dekoriert wurde. Nur 10,73 Sekunden war sie im 100-Meter-Finale bei einem Schiebewind von gerade noch erlaubten 2,0 Meter/Sekunde unterwegs und schnappte der zweitplatzierten Russin Irina Privalova ihren vier Jahre alten Europarekord (10,77 sec) vor der Nase weg. Schneller waren bis dato lediglich die Olympiasiegerin von Seoul 1988, Florence Griffith-Joyner (10,49 sec), die inzwischen verstorben ist, und Marion Jones (10,71 sec).
In Budapest so stark wie nie
Drei Tage später im Staffelrennen über 4 x 100 Meter übernahm sie den Stab an dritter Position und führte ihr Quartett mit einem atemberaubenden Finish noch zum Sieg. "Super", freute sich Christine Arron und strahlte damals mit ihren Kolleginnen um die Wette, "ich bin so stark wie nie zuvor." Silber ging in Budapest übrigens an die DLV-Auswahl mit Melanie Paschke, den Rockmeier-Sisters, Gabi und Birgit, sowie Andrea Philipp.
Christine Arron ist in Abymes auf der Karibikinsel Guadeloupe geboren. Ihr Vater war Weitspringer, ihr Opa und ihr Bruder versuchten ihr Glück im Sprint. Aber die Erfolgreichste einer sportbegeisterten Familie ist die krausköpfige Christine, die immer wieder mit neuen Haarfarben auch optische Akzente auf der Tartanbahn setzt.
Die Verbandsoberen aus Frankreich hatten sie 1992 bei der Junioren-WM in Seoul entdeckt. Dort war Christine Arron im Halbfinale ausgeschieden. Anschließend flog sie nach Europa, doch in den Pyrenäen, wo sie in einer Sportschule tagtäglich trainieren musste, ging ihr die Spaß am Sport verloren.
Vorwürfe an Konkurrentinnen
Sie brauchte Luftveränderung. Und fand sie bei Jacques Piasenta, dem Erfolgscoach, der sich kurz zuvor von Marie-José Pérec getrennt hatte. Mit ihm führte der Weg steil bergauf bis hin zum EM-Double in Budapest. 1999 bei der WM in der Hitze von Sevilla war ihr eigentlich die Rolle als Herausforderin von Marion Jones zugedacht. Daraus wurde allerdings nichts. Christine Arron rannte im Endlauf hinterher, musste sich mit dem sechsten Platz trotz 10,97 Sekunden begnügen und erhob schwere Doping-Vorwürfe gegen ihre Konkurrentinnen: "Im Sport geht es nur noch um Geschäft, und die Offiziellen tun nicht das, was sie tun sollten, um für einen sauberen Sport zu sorgen. Wenn sie es tun würden, wäre der Sport sauber." Um das Problem in den Griff zu kriegen, seien Blutkontrollen notwendig. "Wir brauchen das große Aufräumen: Bluttests überall und zu jeder Zeit! Wenn das nicht kommt, kann man das ganze System vergessen."
Seither trat die streitlustige Französin kaum mehr in Erscheinung. In Sydney, Schauplatz der Olympischen Spiele, schied sie im Halbfinale als Vorletzte aus, blieb mit der Staffel als Vierte ebenfalls ohne Medaille und fehlte auch bei der WM in Edmonton.
Mißlungener Wechsel zu John Smith
Aber nun plant sie ihr Comeback. Christine Arron, die momentan noch auf Guadeloupe weilt, läuft wieder. Langsam, aber stetig will sie die Belastungen steigern, bevor sie im Herbst nach Frankreich zurückkehrt.
Nach einem kurzen, wenig berauschenden Gastspiel beim US-Coach John Smith, der in Los Angeles unter anderem auch Maurice Greene betreut, will sie künftig mit Guy Ontanon zusammenarbeiten. Zu seiner Trainingsgruppe, die ihre Zelte in Nogent-sur-Oise, nahe von Paris, aufgeschlagen hat, zählen auch Muriel Hurtis, die Europameisterin über 200 Meter, und Sylviane Félix, die das französische Staffelquartett als Schlussläuferin zur Goldmedaille geführt hat.
An schnellen Trainingspartnerinnen wird es ihr nicht fehlen. Christine Arron ist denn auch voller Zuversicht, dass sie in neuer Umgebung zu alter Stärke zurückfinden wird. Sie steckt wieder voller Ehrgeiz. Und voller Pläne. Sie denkt bereits an die WM 2003 in Paris.