Christoph Stolz - Im Anflug auf die acht Meter
Der Wolfsburger Christoph Stolz gehört zur Garde der aussichtsreichen deutschen Weitspringer, die in diesem Jahr sowohl Kurs auf die Hallen-WM in Valencia (Spanien; 7. bis 9. März) als auch auf die Olympischen Spiele in Peking (China; 15. bis 24. August) nehmen. Im vorigen Jahr flog er erstmals über die acht Meter, nutzte die Superbedingungen im thüringischen Bad Langensalza zu Sprüngen auf 8,00 und 8,04 Meter.

Mitte Dezember konnten sich die Verantwortlichen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) bei einem Lehrgang in Frankfurt/Main von den guten Kraft- und Sprungwerten des Wolfsburgers überzeugen. „Auch für meine Technik bekam ich Lob ausgesprochen.“ Beruhigt konnte er sich danach auf seine kurze Urlaubsreise nach Sydney begeben. Dort wird er an der Seite seiner Freundin Jacqueline Stresing nicht nur einmal an die Olympischen Spiele vor acht Jahren gedacht haben. Jetzt will er in Peking erstmals olympische Luft als Aktiver schnuppern.
Im Vorjahr knapp an Universiade vorbei
Schon 2007 wollte er beim internationalen Saisonhöhepunkt, der WM in Osaka (Japan), dabei sein. Allerdings hätte er sich da mächtig steigern müssen, um die geforderte WM-Norm von 8,20 Metern zu springen. „Fakt ist, dass man eine solche Norm nicht planen kann. Man muss eine gewisse Lockerheit mitbringen und außerdem muss alles zusammenkommen, um einen solchen Satz zu landen.“ Er hatte sich auch noch ein Hintertürchen offen gelassen: „Mein kleineres, aber realistischeres Ziel war ein Start bei der Universiade in Bangkok (Thailand), wozu 8,05 Meter gereicht hätten.“
In Bad Langensalza war er mit seinen 8,04 Metern dicht dran, nur ein Zentimeter fehlte. „Dabei war es fast optimal, das Wetter warm und der Wind wehte auch im richtigen Maß. Zudem sitzt das Publikum dicht an der Weitsprunggrube und motiviert alle Athleten.“
Euphorisch
Doch der eine Zentimeter fehlte eben. Trotzdem aber freute sich Christoph Stolz unbändig. „Wenn man die Weite mitbekommt, ist man euphorisch“, kommentierte er seine zwei Acht-Meter-Sätze. „Man weiß, dass man in den Club der 8-Meter-Springer aufgenommen ist.“
Locker bleiben wollte er auch danach, aber eine weitere Steigerung blieb ihm verwehrt. Die letzte Chance konnte er bei den Deutschen Meisterschaften in Erfurt nicht nutzen, denn dort wurde er bei kühlem, regnerischem Wetter mit 7,66 Metern nur Vierter. Damit war der Traum von der Universiade ausgeträumt. Was für Christoph Stolz aber als positive Bilanz der Saison blieb, waren diese beiden 8-Meter-Sätze.
Vom Judo zum Weitsprung
Schon in frühester Jugend begann der am 17. Januar 1980 in Wolfsburg geborene Christoph Stolz mit dem Sport. Mit vier Jahren landete er beim Judo und blieb dort auch sieben Jahre lang. „Gelb, orange, grün, blau“, zählt er die Farbenlehre der Judokas auf, und all diese Gürtel hat er sich durch Leistung erarbeitet. „Ich bin relativ weit gekommen, nur der braune und der schwarze Gürtel fehlten mir noch.“ Aber nicht immer hatte er Spaß am Judosport. „Ich war fast immer der Größte, und musste deshalb auch gegen die ganz großen, schweren Jungs kämpfen.“ Da konnte er körperlich oft nicht so recht mithalten.
Parallel zum Judosport spielte er auch eine zeitlang Basketball. „In Wolfsburg gab es mal eine gute Mannschaft, in der Umgebung von Braunschweig ebenfalls eine, aber die haben sich irgendwann dann aufgelöst.“ Seine Suche nach der passenden Sportart ging weiter.
Seit 1989 bei der Leichtathletik
1989 kam er zur Leichtathletik. „Da hatte ich dann mehr Spaß und auch mehr Erfolg.“ Zuerst tummelte er sich im Mehrkampf, seit der B-Jugend bewegte er sich zum Weit- und Dreisprung hin. Diese Richtung behielt er bei, als er 2002 zu Trainer Frank Reinhardt kam, der beim niedersächsischen Landesverband für die Sprungdisziplinen verantwortlich ist. „Seit drei Jahren springe ich aber nur noch weit, mein Sprunggelenk war öfters verletzt, hauptsächlich durch den Dreisprung.“
Überhaupt behinderten Verletzungen oft seine Entwicklung. 2005 verletzte er sich zweimal schwer am Oberschenkel, das ganze Jahr musste er deshalb pausieren. 2006 lief es dann besser. Zuerst wurde er bei der Hallen-DM in Leipzig Vierter, dann holte er sich bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm mit 7,84 Metern die erste Medaille bei den Erwachsenen. Damit hatte er auch den Durchbruch zur deutschen Spitzenklasse geschafft.
Studium und viel Sport
Bodenständig ist der in Wolfsburg geborene lange Kerl auf alle Fälle. Das zeigt sich auch in seiner beruflichen Entwicklung. Beim Volkswagen-Werk in Wolfsburg absolvierte er eine Ausbildung zum Industriekaufmann, um anschließend dort zu arbeiten. 2002 begann er ein Studium der Wirtschaftswissenschaften, eine Kopplung von BWL und VWL, in Hannover. Es ist fast sicher, dass er nach Abschluss seines Studiums wieder zu VW zurückgeht.
Wegen dieses Studiums ist er von Wolfsburg nach Hannover umgezogen, trainiert auch dort. Der Sport nimmt einen wesentlichen Raum in seinem Zeitbudget ein. „Ich treibe gern und viel Sport, spiele auch noch Basketball.“
Neben dem Sport kocht er und isst nach eigenem Bekunden auch sehr gern. „Doch das muss immer im Rahmen bleiben.“ Zuviel Gewicht möchte er bei seinen Sprüngen nicht mitschleppen. Gegenwärtig wiegt der 1,88 Meter große Athlet „nur“ 86 Kilogramm.
Richtung Peking und Berlin
Seine sportlichen Zukunftspläne liegen klar auf der Hand. „Mein Training ist voll auf Peking 2008 ausgerichtet. Mit meinem Studium werde ich kürzer treten, und mich voll auf den Sport konzentrieren.“
Neben Peking aber schaut er schon zur WM 2009. „Es wäre schön, vor heimischem Publikum im Berliner Olympiastadion antreten zu können.“ Doch um dieses Ziel zu erreichen, sind noch einige weite Acht-Meter-Sätze nötig.