| Arbeiten am Comeback

Claudia Salman-Rath hält am Ziel Tokio 2020 fest

Das Feuer ist noch da. Das hat Claudia Salman-Rath in den vergangenen Monaten während ihrer Zwangspause deutlich gespürt. Behutsam baut sie jetzt das operierte Knie wieder auf und arbeitet am Comeback. Ob im Weitsprung oder im Siebenkampf? Schon 2019 oder erst 2020? Das steht noch in den Sternen.
Silke Bernhart

„Mir geht’s soweit ganz gut“, kann Claudia Salman-Rath fast genau ein Jahr nach der Entscheidung vermelden, die sie das EM-Jahr 2018 gekostet hatte. Anfang Februar 2018 hatte sie sich einer zweiten Operation ihres lädierten linken Knies unterzogen, die Saison mit der Heim-EM in Berlin war damit außer Reichweite gerückt.

Es folgten viele lange Monate, in denen die Siebenkämpferin und Weitspringerin von der LG Eintracht Frankfurt zum Stillhalten und Zuschauen verdammt war. Aber es folgte auch eine Zeit mit zuvor ungekannten Freiräumen und Möglichkeiten, die Claudia Salman-Rath nach der anstrengenden Saison 2017 mit Hallen-EM-Bronze, aber auch dem Wechsel von Trainer, Trainingsgruppe und Trainingsort gut für sich nutzte.

„Das war das erste Jahr ohne Druck“, blickt sie heute zurück. „Ich hatte Zeit für Freunde, Privatleben, meine Familie. Ich war wirklich, wirklich viel im Schwimmbad und bin unheimlich viel Fahrrad gefahren. Ich habe mein Studium der Sozialen Arbeit wiederaufgenommen. Und ich hatte Sicherheit durch die Unterstützung der Bundeswehr.“

Berlin 2018 als Zuschauerin

Zeit war auch für einen Besuch der Europameisterschaften in Berlin. Gemeinsam mit ehemaligen Weggefährtinnen wie der zweimaligen Vize-Weltmeisterin im Siebenkampf Jennifer Oeser oder der WM-Achten von 2009 Julia Mächtig nahm sie als Zuschauerin im Olympiastadion Platz. „Mit den Mädels auf der Tribüne zu sitzen, war auch mal schön“, erklärt sie. Aber dort merkte sie auch, dass sie anders als ihre Begleiterinnen noch nicht genug hat vom Spitzensport.

„Ich habe mich viel mit Jenny unterhalten“, berichtet Claudia Salman-Rath. „Sie hat gesagt, sie hatte irgendwann überhaupt keine Lust mehr, sich im Training zu quälen. Aber solange ich noch einen Funken Motivation in mir spüre, soll ich weitermachen. Und ich habe noch Lust. Ich will noch mal da unten stehen!“

Kleine Schritte bis zum Comeback

Viele kleine Schritte auf dem Weg dorthin hat die Siebenkämpferin bereits geschafft, doch noch liegt ein weiter Weg vor ihr. „Ich habe mir nach der OP drei Monate Zeit gelassen und dann mit der Reha angefangen“, beschreibt sie die Zeit, in der sich ihr linkes Bein gefühlt zu einem „Stöckchen“ entwickelt hat. Anfangs konnte sie alle Kräftigungsübungen für das Bein nur im Liegen absolvieren, das Laufen im „Alter G“ war nur mit 50 Prozent des Körpergewichts möglich.

Im Trainingslager in Südafrika hat Claudia Salman-Rath im Dezember nun schon wieder die ersten Läufe auf der Bahn absolviert, im Krafttraining kann sie wieder alle Übungen machen, wenngleich mit deutlich reduzierten Gewichten. „Es geht aufwärts“, bilanziert sie. Auch wenn es ihr oft nicht schnell genug geht und auf kleine Fortschritte teils große Rückschritte folgten.

Viele Zweifel und Plan B

Immer wieder muss sie sich den Weg vor Augen führen, den sie schon zurückgelegt hat. Denn: Zweifel daran, dass sie irgendwann am gewünschten Ziel ankommt, habe sie „super oft“, gesteht Claudia Salman-Rath. Auch Plan B liegt schon in der Schublade, für den Fall, dass das Knie nicht hält. „Ich will auf jeden Fall das Studium zu Ende machen, und ich habe auch schon nach Stellenausschreibungen geguckt. Da gibt es genug interessante Angebote und ich kann immer in meinen Beruf zurück“, erklärt die ausgebildete Erzieherin, die als Sportsoldatin zudem auch nach dem Leistungssport im Berufsförderungsdienst der Bundeswehr aufgefangen wird.

Das Wissen darum und auch die Unterstützung ihres Umfelds („Mein Mann steht immer hinter mir, meine Familie glaubt an mich, mein Trainer geht sehr feinfühlig mit mir um“) tragen dazu bei, dass Claudia Salman-Rath nun erst einmal doch voll und ganz Plan A verfolgt: Die Rückkehr in den Wettkampf-Zirkus und in die deutsche Nationalmannschaft.

Weiter Geduld gefragt

Wann das sein wird? Eigentlich steht nur eins fest: ganz sicher noch nicht in der aktuellen Hallensaison. Von ersten kleineren Sprüngen wie Hopserläufen in Koordinationseinheiten will sie sich mehr und mehr an größere Sprünge herantasten. Dafür wird sie nun auch wieder regelmäßig die Fahrt von ihrem Wohnort Darmstadt zu ihrem Trainer Uli Knapp an den Olympiastützpunkt Saarbrücken auf sich nehmen.

Der Nachteil: viel Zeit im Auto. Der Vorteil: ein Wiedersehen mit ihrer Trainingsgruppe und Athletinnen wie Lisa Maihöfer oder Abigail Adjei, die sie in der schweren Zeit nach dem Wechsel von Frankfurt nach Saarbrücken aufgefangen haben und die Salman-Rath beim Mehrkampf-Meeting 2018 in Ratingen mit betreute – auch wenn sie betont: „Der Trainerberuf kommt für mich erstmal nicht in Frage!“

Mehrkampf-Training beibehalten

Im März will Claudia Salman-Rath im nächsten Trainingslager in Südafrika wieder relativ normal trainieren. Der Übergang zu den Wettkampf-Übungen werde da fließend sein. Ob dann alle Disziplinen des Siebenkampfs dabei sein werden? „Mal schauen, wie’s dem Knie geht“, lautet die Standard-Antwort auf diese Frage, die der Mehrkämpferin oft gestellt wird. Sie will im Training zweigleisig fahren. „Ich versuche, in Götzis oder Ratingen zu starten, aber wenn ich merke, dass Hochsprung oder Speerwurf noch nicht gehen, dann mache ich eben Weitsprung.“

Ebenso wenig will sie eine Teilnahme an der WM 2019 in Doha erzwingen. „Das große Fernziel ist Olympia 2020 in Tokio“, betont Claudia Salman-Rath. Dann ist sie 34 Jahre alt. Und hat schon jetzt trotz all der Unsicherheiten eine Gewissheit: „Danach ist definitiv komplett Schluss.“

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