Constantina Tomescu triumphiert im Marathon
Die rumänische Marathonläuferin Constantina Tomescu hat bei den Olympischen Sommerspielen in Peking (China) die erste Marathon-Goldmedaille für ihr Heimatland gewonnen. Die 38 Jahre alte ehemalige Halbmarathon-Weltmeisterin setzte sich auf der 42,195-Kilometer-Distanz vom Platz des Himmlischen Friedens ins Olympiastadion in 2:26:44 Stunden durch.
Sie verwies Ex-Weltmeisterin Catherine Ndereba (Kenia; 2:27:06 h) sowie Chinas WM-Zweite Zhou Chunxiu (China; 2:27:07 h) auf die Plätze. Athen-Olympiasiegerin Mizuki Noguchi hatte ihren Start verletzungsbedingt abgesagt. Für Rumänien war es die elfte Leichtathletik-Goldmedaille seit 1960. "Heute habe ich allen gezeigt, was ich drauf habe", meinte sie. "Die Goldmedaille ist für mich großartig."Die zuletzt mit einer Stressfaktur im linken Oberschenkel pausierende Weltrekordlerin Paula Radcliffe (Großbritannien) lief bis Kilometer zwölf vor dem Ziel in der Verfolgergruppe mit, musste dann jedoch abreißen lassen und wurde 23. (2:32:38 h).
Die 38 Jahre alte Siegerin hat mit ihrem Olympiaerfolg allerdings der gescheiterten Weltrekordlerin Paula Radcliffe Mut für 2012 gemacht. "Ihr Erfolg zeigt, dass man lange erfolgreich laufen kann. London ist ein Thema für mich", sagte die 34 Jahre alte Britin mit Tränen in den Augen, nachdem ihr Traum vom Olympiagold erneut geplatzt war.
Melanie Kraus eingeflogen
Beste aus einem deutschen Duo war Frankfurt-Marathon-Siegerin Melanie Kraus (TSV Bayer 04 Leverkusen) in 2:35:17 Stunden auf Platz 38. Die Deutsche Meisterin Susanne Hahn (SV schlau.com Saar 05), die nach dem Zieleinlauf wegen Magenproblemen behandelt werden musste, belegte Rang 52 (2:38:31 h).
"Die Bedingungen waren nicht so schwer wie im letzten Jahr bei der WM in Osaka. Es ist schwül, aber nicht so heiß gewesen. Wir wussten aber vorher, dass es nicht einfach wird", meinte Melanie Kraus, "Ich bin wie geplant bis Kilomter 25 defensiv gelaufen. Wenn 37 besser waren, muss ich das akzeptieren. Die Siegerin war auch ungefähr fünf Minuten langsamer als ich im Vergleich zu dem, was wir unter normalen Bedingungen können. Von daher stimmt das Verhältnis."
Sie wusste, dass zuhause viele Freunde und Bekannte vor dem Fernseher mitfieberten. "Deshalb wollte ich ins Vogelnest einfliegen. Meine Fluggeste war ein Gruß nach Hause. Die Stimmung an der Strecke war ähnlich wie in Osaka. Es hat sich gut angehört, auch wenn ich nichts verstanden habe. Die Strecke führte über sehr breite Straßen, man konnte weit schauen."
Akzeptable Bedingungen
Pünktlich um 7.30 Uhr Ortszeit hatte der nunmehr siebte Frauen-Marathon in der Geschichte der Olympischen Spiele begonnen, mitten auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Dort, wo sich sonst jedes Jahr die Teilnehmer zum Peking-Marathon einfinden, waren 85 Marathonläuferinnen gestartet, und für alle standen natürlich die Witterungsbedingungen im Mittelpunkt des Interesses.
24 Grad die Temperatur, 75 Prozent Luftfeuchtigkeit, das war günstigter als befürchtet, sicher auch besser als beim Sauna-Marathon im vorigen Jahr bei der WM in Osaka (Japan). Aber trotzdem hatten alle Läuferinnen Respekt vor dem Kurs, so dass man es recht gemächlich anging. Und das nutzte auch Susanne Hahn die das Feld den ersten Kilometer anführte.
Susanne Hahn an der Front
Gut zu erkennen an ihrem weißen Kopftuch, lief sie direkt neben Paula Radcliffe, der britischen Weltrekordhalterin, deren Start lange offen war, nachdem sie sich eine Stressfraktur am Oberschenkel zugezogen hatte.
Neben der Saarbrückerin, die in Peking von ihrem Trainer und Ehemann Frank Hahn betreut wurde, war als zweite Deutsche Melanie Kraus am Start, betreut von ihrem Trainer Paul Heinz Wellmann. Irina Mikitenko (TV Wattenscheid 01), die Siegerin vom britischen London-Marathon, hatte ihren Start wegen Rücken- und Beckenproblemen absagen müssen.
Deena Kastor stieg früh aus
Bei Kilometer fünf kam schon die erste Tragödie des Tages. Deena Kastor, die 35-Jährige aus den USA, musste als eine der Mitfavoritinnen aufgeben. Sie war kurz zuvor an einen Standfuß eines Schirmes gestoßen, der nicht ganz am Rande der Straße stand und sich dabei verletzt. Ein ähnliches Malheur gab es schon vorher, als das Kilometerschild eins umgerannt wurde. Doch da blieb es noch ohne Folgen.
Rund 18 Minuten hatte man für die ersten fünf Kilometer gebraucht, das Feld riss nur langsam auseinander. Vorn, wie konnte es anders sein, hatte Paula Radcliffe das Kommando übernommen. Aber alles lag noch dicht zusammen.
Deutsche taktisch defensiv
Nach 30 Minuten hielten sich Susanne Hahn und Melanie Kraus im hinteren Teil des Feldes auf, aber noch mit Kontakt zum Feld. Sie folgten damit der Marschroute ihrer Trainer, das Rennen defensiv anzugehen.
Nach 10 Kilometern war man wieder am Platz des Himmlischen Friedens angekommen, nach rund 36:10 Minuten. Vorn führte die Britin Liz Yelling, Paula Radcliffe hatte sich etwas im Feld versteckt. Nach 45 Minuten begann leichter Regen, die 15 Kilometer wurden bei 53:52 Minuten passiert. Zu diesem Zeitpunkt lagen Susanne Hahn 1:41 Minuten und Melanie Kraus 1:43 Minuten hinter der Spitze zurück.
Catherine Ndereba fiel zunächst zurück
Nach einer Stunde Laufzeit fiel mit Catherine Ndereba (Kenia) eine weitere Favoritin leicht zurück. Etwas überraschend, weil sie immerhin eine Bestzeit von 2:18:47 Stunden verzeichnete. Allerdings war sie auch bei anderen Marathonläufen öfters hinter der Spitzengruppe gelaufen und dann wiedergekommen.
Mit Reiko Tosa (Japan) verabschiedete sich wenig später eine weitere Mitfavoritin aus dem Feld, sie allerdings endgültig.
Und zu diesem Zeitpunkt, die 20 Kilometer waren in 1:11:27 Stunden erreicht, wurde ganz vorn erstmals richtig Tempo gemacht. Verantwortlich dafür waren zwei Rumäninnen, zuerst Lidia Simon und dann Constantina Tomescu.
Schrecksekunde für Paula Radcliffe
Bis dahin lief für Paula Radcliffe alles normal, aber dann eine Schrecksekunde. Die Britin lief aus dem Feld heraus auf die andere Straßenseite. Zwar reihte sie sich dann sofort wieder ein, aber es war schon überraschend. Vorn aber forcierte die Rumänin Constantina Tomescu allein weiter das Tempo, dehnte den Vorsprung schnell aus.
Bei 25 Kilometern (1:28:16 h) lag Constantina Tomescu allein mit einer halben Minute Vorsprung vorn, gefolgt von einer Gruppe von etwa 15 Läuferinnen, die von Paula Radcliffe angeführt wurde. Zu diesem Zeitpunkt fiel die Britin Liz Yelling zurück, die zuvor über eine Streckenbegrenzung gestürzt war.
Vorsprung ausgebaut
Wenige Meter hinter der Verfolgergruppe lief Weltmeisterin Catherine Ndereba, die sich also nicht völlig verabschiedet hatte. Etwa 4:45 Minuten Rückstand auf die Spitzenreiterin hatten zu diesem Zeitpunkt Susanne Hahn und Melanie Kraus.
Constantina Tomescu aber dehnte ihren Vorsprung auf die Verfolger immer mehr aus, eine Minute war es bei Kilometer 30, den sie in 1:45:04 Stunden passierte. Allerdings wollte man sich bei den Verfolgerinnen nicht kampflos geschlagen geben. Zehn Frauen kämpften um den Anschluss, mit zwei Chinesinnen, mit Paula Radcliffe und am Ende der Gruppe auch mit Catherine Ndereba. Doch das sollte nur eine Augenblicks-Betrachtung sein. Wenig später riss die Verfolgergruppe auseinander.
Paula Radcliffe fiel nach 30 Kilometern zurück
Für einige kam nun der Mann mit dem Hammer. Zuerst traf er Paula Radcliffe, dann auch Gete Wami (Äthiopien) und Salina Kosgei (Kenia).
Es blieben acht Verfolgerinnen: Lidia Simon (Rumänien), Souad Ait Salem (Algerien), Chunxiu Zhou und Xiaolin Zhu (beide China), Mara Yamauchi (Großbritannien), Catherine Ndereba (Kenia), Martha Komu (Kenia) und Irina Timofeyeva (Russland).
Eineinhalb Minuten Vorsprung
Der Goldlauf der Rumänin aber nahm weiter Gestalt an. 2:02:12 Stunden wurden für sie nach 35 Kilometern gestoppt, und nach wie vor sah sie frisch aus. Die Verfolgerinnen lagen rund eineinhalbMinuten zurück. Nur Souad Ait Salem (Algerien) war zurückgefallen, noch sieben Marathonläuferinnen durften sich Hoffnungen machen. Und weiter hinten hatte Paula Radcliffe muskuläre Probleme, kämpfte gegen das Aufgeben an. Erinnerungen ihr Aus vor vier Jahren in Athen (Griechenland) wurden wach.
Weit hinten mühten sich die beiden Deutschen weiterhin tapfer. Melanie Kraus lag 7:17 Minuten hinter der Spitzenreiterin, Susanne Hahn 8:45 Minuten.
Der Kampf um Silber und Bronze
Die Gruppe der sieben „Aufrechten“ in der Verfolgung fiel nun langsam auseinander. Nur die zwei Chinesinnen und die beiden Kenianerinnen hatten bei 40 Kilometern noch Chancen auf Edelmetall. Gold aber war sicher für Constantina Tomescu (Rumänien).
Nach über 20 Kilometern Sololauf durfte sie im „Vogelnest“ nach 2:26:44 Stunden den Jubel der Zuschauer einsaugen und sich über das erste olympische Marathongold für Rumänien freuen.
Jubel gab es aber vor allem im Stadion für die Chinesin Chunxiu Zhou, die die Weltmeisterin Catherine Ndereba (Kenia) auf der Laufbahn überspurtete, aber dann nochmal ausgekontert wurde. Silber ging also an die kenianische Weltmeisterin Catherine Ndereba in 2:27:06 Stunden, Bronze an die Chinesin Chunxiu Zhou in 2:27:07 Stunden.
mit Material von Sport-Informations-Dienst
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