Corinne Kohlmann - Schnell wie die Schwester
Corinne Kohlmann (LG Karlstadt/Gambach/Lohr) erlebte 2013 ihren bislang erfolgreichsten Sommer. Die 19-Jährige gewann U20-EM-Bronze mit der Staffel und belegte Platz drei bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften. Allerdings ist sie noch unschlüssig, auf welcher Strecke sie künftig unterwegs sein will – genau wie ihre ältere Schwester Fabienne Kohlmann.
Schwester Fabienne eine mehrfache Deutsche Meisterin und EM-Silbermedaillen-Gewinnerin, der Vater Leichtathletik-Trainer und die Mutter früher selbst über die 400 Meter aktiv - eigentlich überrascht es nicht, dass Corinne Kohlmann zu den größten deutschen Talenten über die Stadionrunde zählt.Doch fast wäre es gar nicht dazu gekommen. Denn als Kind musste die 19-Jährige von ihren Eltern regelrecht zum Training gezwungen werden. Corinne Kohlmann war zu dieser Zeit ziemlich faul und hatte keine Lust, sich nach Schule und Hausarbeiten abends noch zum Training aufzumachen.
„Ich war bockig, aber meine Eltern blieben stur und haben mich zum Sport geschickt“, erzählt die Athletin der LG Karlstadt/Gambach/Lohr. „Im Nachhinein bin ich ihnen dafür dankbar. Ein Leben ohne Leichtathletik kann ich mir heute gar nicht mehr vorstellen.“
Auf keinen Fall über die Hürden
Genau wie ihre Schwester Fabienne Kohlmann schwankt sie dabei zwischen zwei Strecken. „Das ist wohl eine Erbkrankheit“, sagt sie und lacht. Während ihre Schwester zwischen den 400 Meter Hürden und den 800 Metern pendelt - im Sommer 2013 lag der Schwerpunkt zuletzt auf der doppelten Stadionrunde -, kann und will sich Corinne Kohlmann noch nicht zwischen den 800 Metern und den flachen 400 Metern entscheiden.
Nur eines weiß sie gewiss: Über die Langhürden wird sie sich anders als Fabienne Kohlmann nicht probieren. „Mit der Strecke kann ich nicht viel anfangen“, meint sie. „Als ich es einmal versucht habe, sah es eher aus wie ein Intervalllauf. Vor den Hürden bin ich jedes Mal fast stehengeblieben und dazwischen dann schnell gelaufen.“
U20-EM-Bronze mit der Staffel
Derzeit haben die 400 Meter wohl ein wenig die Nase vorn - auch weil sich bei dieser Disziplin mit der Staffel immer noch eine zweite Chance auf einen internationalen Start bietet, falls es im Einzel nicht zur Norm gereicht hat.
So war es auch in diesem Sommer: Gemeinsam mit Laura Müller (LSG Saarbrücken/Sulzbachtal), Maike Schachtschneider (ART Düsseldorfer) und Christina Hering (LG Stadtwerke München) gewann Corinne Kohlmann bei den U20-Europameisterschaften in Rieti (Italien) Bronze in der 4x400 Meter-Staffel.
Wenig später erreichte sie dann auch bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften den dritten Platz - in Rostock lief sie mit 54,55 Sekunden sogar persönliche Bestleistung, und das trotz schwieriger Windbedingungen. Über 800 Meter hingegen verpasste sie das Finale, obwohl sie sich dort eigentlich die größeren Chancen ausgerechnet hatte. Im Vorlauf hatte Corinne Kohlmann extra noch Tempo rausgenommen, um sich für den folgenden Tag nicht allzu sehr zu verausgaben. Der Plan ging schief. „Ich war zu blöd“, sagt sie. „Ich habe das Finale verbummelt.“
Stärken auf der zweiten Rennhälfte
Auch über 400 Meter lässt es die 19-Jährige nach dem Start meist zunächst eher gemächlich angehen. Corinne Kohlmanns Stärken liegen auf der zweiten Rennhälfte und im Endspurt - genau wie bei Schwester Fabienne. Wenn man genau hinschaut, lassen sich auch in der Armhaltung der beiden deutliche Parallelen entdecken.
Trotzdem wollte Corinne Kohlmann lange Zeit nicht mit ihrer fünf Jahre älteren Schwester verglichen wurde. Es nervte sie, wenn sie als Schülerin bei Siegerehrungen immer bloß als „die kleine Kohlmann“ vorgestellt wurde. „Das hat mich tierisch wütend gemacht“, erzählt sie. Mittlerweile aber hat sie sich daran gewöhnt. „Inzwischen höre ich es auch mal ganz gerne, dass ich im Training etwas besser mache als sie.“
Duales Maschinenbau-Studium
Corinne Kohlmann macht sie jedoch keine Illusionen, dass es noch ein weiter Weg ist, bis sie genauso erfolgreich ist wie ihre Schwester. Die wurde 2007 U20-Europameisterin, 2009 startete sie bei der WM in Berlin, ein Jahr später holte sie Staffel-Silber bei der EM in Barcelona (Spanien). Zweimal, 2010 über 400 Meter Hürden und 2013 über 800 Meter, wurde Fabienne Kohlmann Deutsche Meisterin. Beim Anhalt-Meeting in Dessau erzielte sie vor drei Jahren in 2:00,72 Minuten die schnellste 800-Meter-Zeit einer DLV-Läuferin in diesem Jahrzehnt. „Das wird schwer einzuholen sein“, sagt Corinne Kohlmann - „auch wenn ich weiß, dass ich noch Potential habe.“
Zusätzlich erschwert wird die Jagd nach den Leistungen der großen Schwester durch die nicht ganz einfachen Rahmenbedingungen. Der Teenager hat sich vor zwei Jahren für ein duales Maschinenbau-Studium bei Bosch Rexroth entschieden und pendelt deshalb regelmäßig zwischen dem heimischen Karlstadt und dem fast zwei Stunden entfernten Mosbach, wo sich die Hochschule befindet. Während der Unterrichtsphasen trainiert sie dort ganz allein nach Trainingsplänen, die ihr Vater Andreas Kohlmann und Trainer Michael Maasz geschrieben haben. Immerhin: Für die U20-Europameisterschaften in Rieti gab es im Juli von der Firma Sonderurlaub.
Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift