Daniel Schnelting - Zwischen den Generationen
Es war einer der größten Überraschungserfolge der Deutschen Meisterschaften in Erfurt. Als es darauf ankam, ließ Daniel Schnelting die großen Favoriten hinter sich und wurde Deutscher Meister über 200 Meter. Anschließend verpasste der Sprinter vom LAZ Rhede bei der RAG-DLV-Gala in Wattenscheid mit 20,62 Sekunden um nur drei Hundertstel Sekunden die ursprüngliche WM-Norm für Osaka (Japan).

Daniel Schnelting - ein wenig enttäuscht (Foto: Gantenberg)
Daniel Schnelting befindet sich gewissermaßen zwischen den Generationen. Auf der einen Seite stehen die etablierten Sprinter, die schon sehr lange im "Business" sind. Auf der anderen Seite kommen die aufstrebenden "jungen Wilden" nach. Und irgendwie passt Daniel Schnelting trotz seiner erst 21 Jahre in keine dieser beiden Kategorien so richtig rein.Obwohl er nur ein Jahr älter ist als beispielsweise der Münchner Christian Blum, kam ihm der "Bonus" der jungen aufstrebenden Generation, aus deren Kreis durchaus auch mal Athleten ohne Normerfüllung zu einem Großereignis mitgenommen werden, um Erfahrung und Wettkampfhärte zu sammeln, dieses Jahr nicht mehr zugute.
"Ich bin schon ein bisschen enttäuscht, wie diese Saison letztendlich für mich ausgegangen ist", sagt Daniel Schnelting auf die Frage, ob er mit seinem Saisonverlauf zufrieden sei. Er hätte sich eine WM-Teilnahme erhofft. "Ich weiß, dass ich die Norm nicht erfüllt habe, aber es gab auch andere junge Athleten, die trotzdem in Osaka starten durften. Die WM wäre für mich schon eine tolle Erfahrung gewesen."
Die Nervosität im Griff
Bei den U20-Europameisterschaften 2005 in Kaunas (Litauen) hat Daniel Schnelting schließlich auch schon einmal gezeigt, dass er bei großen Wettkämpfen seine Leistung abrufen kann. "Ich würde mich schon als Wettkampftyp bezeichnen. Ich kann meine Nervosität gut kontrollieren und bin beim Wettkampf sehr ausgeglichen." In Kaunas wurde er Europameister über 200 Meter und mit der 4x100 Meter Staffel. Dieser Titel über 200 Meter ist für Daniel Schnelting der bisher größte Erfolg.
"Es war ein unvergessliches Erlebnis für mich in Kaunas, vor allem weil wir ja mit der Staffel auch noch gewonnen haben. Das Feeling, bei einer internationalen Meisterschaft Gold zu holen, ist mit einer Deutschen Meisterschaft einfach nicht zu vergleichen. Das Überraschungsmoment war in Erfurt dieses Jahr zwar schon viel größer als vor zwei Jahren in Kaunas – da habe ich noch mehr auf den Titel spekuliert, aber das internationale Flair einer EM kann eine DM nicht toppen."
Zukunft über 400 Meter
Daniel Schnelting ist groß, hat lange Beine und ist schnell! Die Tendenz zu den 200 Metern hat sich schon in diesem Jahr angedeutet, obwohl Daniel Schnelting mit einer Bestzeit von 10,37 Sekunden auch ein sehr guter 100 Meter Sprinter ist. Die Option, sich irgendwann auf die längste Sprintdistanz, die 400 Meter, zu spezialisieren, lässt sich Daniel Schnelting heute noch offen.
"Momentan kann ich mich über die kürzere Distanz noch steigern. Wenn ich hier irgendwann an meine Grenzen stoßen sollte, kann ich mir die 400 Meter durchaus vorstellen." Mit einem Lächeln fügt er noch hinzu: "Das Training für 100 und 200 Meter ist allerdings deutlich angenehmer."
Große Ziele Peking und Berlin
In der Leichtathletik gibt es eine Staffel über 4x100 Meter und eine über 4x400 Meter. Wenn man in der heutigen Zeit nicht gerade Tobias Unger (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) heißt, dann kommt man als 200 Meter Spezialist nicht ohne weiteres für die 4x100 Meter Staffel in Frage. "Ich persönlich fühle mich als 200 Meter Sprinter schon manchmal etwas schlechter bewertet, zumal diese Disziplin ja auch einfach nicht ganz so medienträchtig ist wie die 100 Meter", sagt er. Auch deshalb könnte es ihn irgendwann in Richtung 400 Meter ziehen, obwohl sich Daniel Schnelting sowieso viel lieber voll und ganz auf seine Einzeldisziplin konzentriert.
"Meine nächsten großen Ziele sind die Olympischen Spiele in Peking 2008 und die WM in Berlin 2009. Ich möchte dort die 200 Meter laufen. Auf die Staffel spekuliere ich nicht. Das wäre dann eine schöne Zugabe. Die Einzelnorm steht für mich jedoch im Vordergrund." Für die WM in Berlin stellt sich Daniel Schnelting dann schon etwas mehr vor, als "nur" die Norm zu erfüllen. "Bis dahin sind es noch zwei Jahre. Ich möchte mich natürlich weiter entwickeln und dann habe ich für Berlin schon etwas höhere Ziele", gibt er sich bestimmt, aber zurückhaltend.
Sport und Beruf vereinen
Bis zur WM in Berlin wird Daniel Schnelting wohl auch sein Witschaftsingenieur-Studium abgeschlossen haben. Er studiert seit fünf Semestern in Bocholt und hat ganz fest vor, die Regelstudienzeit von acht Semestern nicht zu überschreiten. Sein Ziel ist es, nach Abschluss seines Studiums Beruf und Sport zu vereinbaren. "Wenn ich eine passende Stelle finde, dann gibt es für mich keinen Grund, nur auf den Sport zu setzen." Mit vier bis fünf Trainingseinheiten pro Woche kann Daniel Schnelting jetzt schon Sport und Studium sehr gut koordinieren.
"Ich weiß, dass andere mehr trainieren. Unser Training zielt mehr auf Qualität ab, als auf Quantität und meine Leistung stimmt, deshalb werden wir das auch in Zukunft so beibehalten." Daniel Schnelting ist zufrieden und glücklich mit seinem Trainer Hermann-Josef Emmerich, seinem Umfeld und den kurzen Wegen, die er zwischen Uni, Training und Zuhause hat. Auf die Frage, warum er bisher keine Angebote von großen Vereinen angenommen hat, antwortet er. "Es passt hier einfach von der Organisation her alles. Außerdem komme ich mit meinem Trainer und der Trainingsgruppe in Rhede sehr gut klar."
Trainingslager in Los Angeles
Das Einzige, was Daniel Schnelting beim LAZ Rhede ein bisschen fehlt, ist die Konkurrenz im Training. Das alleine ist für ihn aber kein Grund, den Verein und sein Umfeld zu wechseln. Die nötige Konkurrenz findet er dann im Trainingslager in Los Angeles, wo er unter dem ehemaligen Head Coach der US-Sprinter, Ernest Gregoire, mit amerikanischen Sprintern zusammen trainiert. Wenn das Wintersemester an der Uni vorbei ist, zieht es Daniel Schnelting deshalb schon zum dritten Mal für einige Wochen in die USA.
"Der Kontakt kam durch unser Meeting in Rhede zustande. Das Meeting ist sehr familiär aufgezogen und die Athleten haben öfter schon bei uns gewohnt. So ist ein nahezu freundschaftliches Verhältnis entstanden." Zu dem Generalverdacht, der im Bezug auf Doping ganz besonders über den US-Sprintern liegt, meint er: "Ich glaube, es sind ganz bestimmte Trainingsgruppen, in denen Doping ein Thema ist. Es ist natürlich auch schwierig, zu glauben, dass die amerikanischen WM-Sprinter alle sauber sind. Aber ich denke nicht, dass dort, was viele vermuten, flächendeckend gedopt wird. Auf jeden Fall traue ich es den Leuten, mit denen ich dort trainiere, nicht zu."
Keine Hallensaison geplant
Daniel Schnelting hat sich mit seiner Freundin auf Kreta von der Saison mit ihren Höhen und Tiefen erholt. In ein paar Wochen steigt er wieder voll ins Training ein. Allerdings plant der 1,95 Meter große und 93 Kilogramm schwere Athlet wie schon 2007 keine Hallensaison. "Ich bin aufgrund meiner Größe kein guter Hallenläufer. Die 60 Meter sind mir zu kurz und die Kurve bei den 200 Metern ist mir zu eng. Deswegen konzentriere ich mich lieber auf die Sommersaison."
Man muss sich also noch gedulden, bis man Daniel Schnelting wieder so schön jubeln sehen darf, wie dieses Jahr in Erfurt.