David Storl - „Jeder Tag wie Sonntag“
David Storl (LAC Erdgas Chemnitz) hat sich in den vergangenen Monaten rargemacht: Seit August 2012 hat er keinen Wettkampf mehr bestritten. Im Interview mit leichtathletik.de sprach der Olympia-Zweite kurz vor seiner Abreise ins Trainingslager nach Portugal über die nicht ganz freiwillige Auszeit und verriet, dass die Vorfreude auf die Sommersaison riesengroß ist.

David Storl:
Naja, ich hatte ja einiges zu tun. Ich musste gesundheitlich einiges aufholen und wieder in den Griff bekommen. Ich hatte an der Bandscheibe zwei kleine Vorbildungen – nichts Dramatisches, aber ein kleines Ausrufungszeichen dafür, dass wir mal wieder an der allgemeinen Stabilität arbeiten müssen. Ich musste mich einer Hautoperation unterziehen. Und da ich immer ein wenig mit dem Patellaspitzen-Syndrom Probleme habe, habe ich eine Röntgenbestrahlung an den Knien gemacht.
Die Entscheidung, die Hallensaison auszulassen, fiel also aufgrund gesundheitlicher Probleme?
David Storl
Ab September stand ja zunächst meine Ausbildung bei der Bundespolizei auf dem Programm. Da hatte ich schon die Probleme mit dem Rücken und konnte gar nicht richtig trainieren. Kurz vor Weihnachten habe ich die Hautoperation machen lassen, und die hat mich dann bis Ende Januar in Schach gehalten. Zuerst habe ich noch versucht, für die Hallensaison wieder auf die Beine zu kommen, aber es hätte sich einfach nicht gelohnt.
Sie haben seit 2007 im Jugend- und im Erwachsenenbereich keinen internationalen Höhepunkt verpasst und fast immer eine Medaille mit nach Hause gebracht. War da nicht auch einfach mal die Zeit zum Luftholen gekommen?
David Storl:
Auf jeden Fall! Die letzte Saison war auch für mich ganz schön anstrengend, mit den drei Meisterschaften: Hallen-WM, EM und Olympische Spiele. Das war haarig, das muss man auch erst mal verarbeiten. Nicht nur vom Körper, sondern auch vom Kopf her. Ich denke, ich hatte da jetzt ganz gut die Möglichkeit, mich zu erholen.
Für welche Dinge blieb denn mal mehr Zeit als sonst?
David Storl:
Bis Weihnachten hatte ich noch viel mit meiner Ausbildung zu tun. Dann war es einfach mal schön, Weihnachten ganz ohne Training zu verbringen, ohne dass man am zweiten Feiertag schon wieder in der Halle stehen muss. Ich hatte mal ein bisschen mehr Zeit für mein Privatleben.
Wie muss man sich denn die Ausbildungsphasen bei der Bundespolizei vorstellen? Sitzen Sie da acht Stunden im Unterricht, oder gehen Sie auch schon in Uniform auf Streife?
David Storl:
Uniform tragen wir eigentlich jeden Tag, aber auf die Menschheit wurde ich noch nicht losgelassen (lacht). Das erste Praktikum habe ich erst in diesem Jahr. Grundsätzlich ist es so, dass wir am Anfang der Ausbildungsmonate von sieben bis 16 Uhr Unterricht haben. Zum Ende wird es weniger, damit man wieder mehr Zeit hat zu trainieren und auch, um sich auf die Prüfungen vorzubereiten. Die Ausbildung dauert insgesamt vier Jahre, ich bin jetzt bei der Hälfte und habe meine Zwischenprüfungen ganz gut bestanden.
Haben Sie in den vergangenen Monaten verfolgt, was die Konkurrenz so macht?
David Storl:
Ich war beim Meeting in Nordhausen und in Sassnitz mit dabei und habe mir schon ein bisschen was angeguckt. Aber so richtig gebraucht habe ich das nicht. Ich sehe mir nicht so gerne die Konkurrenz an, ohne selbst eingreifen zu können. In diesem Winter war es blöd, weil ich genau wusste, dass ich nicht hätte mitmachen können. Ich hatte einen enormen Trainingsrückstand, den ich erst mal aufholen musste. Ein wenig gekribbelt hat es trotzdem beim Zuschauen.
Wie war es, nach der langen Pause wieder ins Training einzusteigen?
David Storl:
Ich hatte es mir schlimmer vorgestellt! Ich dachte, ich könnte vor Muskelkater nicht mehr laufen. Das Training hat mir gefehlt. In den letzten Wochen vor Trainingsbeginn ging es mir schon auf die Nerven, dass der Tag nicht so richtig ausgefüllt ist. Da war jeder Tag wie Sonntag. Ein, zwei Mal habe ich zugeguckt beim Training der anderen – aber da dann immer hinzufahren, das wäre auch nichts gewesen.
Mittlerweile haben Sie schon einen ersten erfolgreichen Leistungstest absolviert…
David Storl:
Ja, am Donnerstag habe ich im IAT in Leipzig 20,73 Meter gestoßen. Da habe ich aber nicht unbedingt meinen besten Tag erwischt. Im Training läuft es eigentlich schon ganz gut. Ich habe zuletzt viel mit schwereren Kugeln gestoßen und noch nicht das gemacht, was dann die Leistung rauskitzelt. Aber wir fliegen ja morgen [Sonntag, 7. April] ins Trainingslager nach Portugal und Ende April fahren wir nach Latsch in Südtirol. Ich denke, danach könnte ich ganz gut aufgestellt sein. Im Sommer muss man sicher weiter stoßen als 20,73 Meter.
Der Saisonhöhepunkt ist im August die WM in Moskau. Dort werden Sie erstmals bei einer internationalen Meisterschaft als Titelverteidiger an den Start gehen.
David Storl:
In der Situation war ich noch nicht, das stimmt. Aber auf die WM schaue ich noch gar nicht. Für mich geht die unmittelbare WM-Vorbereitung erst fünf Wochen davor los. Erst will ich sehen, wo ich stehe. Ich will ein solides Niveau aufbauen und konstant über 21 Meter stoßen, das ist ein großes Ziel.
Wann und wo soll denn Ihr erster Saison-Wettkampf stattfinden?
David Storl:
Das kommt darauf an, wie die Trainingslager verlaufen. Geplant ist, dass ich entweder in Doha bei der Diamond League [10. Mai] einsteige oder bei den Halleschen Werfertagen [25./26. Mai].
Wie groß ist die Vorfreude?
David Storl:
Ich freue mich schon richtig. Ich freue mich auf die ganze Saison!