Dem Zucker davongerannt
Laufen kann Menschen mit Diabetes helfen, die Krankheit ohne Medikamente in den Griff zu bekommen. Das zeigt die Geschichte von Peter Rot, der beim Novo Nordisk Gutenberg Marathon die halbe Strecke absolviert hat.
Diabetes. Die Diagnose löste bei Peter Rot keine Panik aus. Vor knapp drei Jahren erfuhr der heute 35-Jährige nach einer Routine-Untersuchung, dass er an der im Volksmund „Zucker“ genannten Krankheit leidet.Doch wirklich gelitten hat er zunächst nicht: „Ich fühlte mich gut, habe gar nichts von der Krankheit bemerkt, die sich damals noch im Anfangsstadium befand.“ Sein Job als Servicetechniker im Außendienst verlangt es, ständig im Auto unterwegs zu sein. Bewegung? „War fast Fehlanzeige“, erinnert er sich, „einmal pro Woche Fußball, das war‘s.“ Dazu kam reichhaltiges Essen – wie bei vielen Menschen. Das führt dazu, dass in Deutschland immer mehr und immer jüngere Menschen mit der krankhaften Blutzucker-Erhöhung leben. Wird sie nicht behandelt, kommt es auf Dauer zu schweren Folgeschäden.
Tabletten mit Nebenwirkungen
Deshalb musste auch Peter Rot kurz nach der Diagnose anfangen, regelmäßig Tabletten zu schlucken. Die Therapie wurde mit einer Ernährungsumstellung verknüpft. Doch sie hatte Nebenwirkungen. „Ich fühlte mich einfach unwohl“, erinnert sich der Familienvater aus Oppenheim bei Worms. Durch die Reduzierung von Fetten und Kohlenhydraten beim Essen hatte er zwar abgenommen. Von den 115 Kilo, die er bei einer Körpergröße von 1,83 Metern mit sich herumschleppte, waren sieben bis acht verschwunden, aber zufrieden war er mit seiner Situation nicht.
Er suchte nach einem Weg, die Tabletten abzusetzen. Sein Arzt empfahl ihm einen Vortrag in Mainz, bei dem alternative Methoden vorgestellt werden sollten, mit Diabetes zu leben. Die Veranstaltung wurde von Novo Nordisk unterstützt. Das Pharmaunternehmen ist Weltmarktführer bei der Herstellung von Insulinen, die viele Diabetiker täglich spritzen müssen.
Was Peter Rot dort erwartete, wusste er nicht. Ihm war nur klar: „Ich will keine Tabletten mehr nehmen.“ Dass bei der Veranstaltung in Mainz den Diabetikern das Angebot unterbreitet wurde, sich unter sportlicher, medizinischer und psychologischer Betreuung auf einen Halbmarathon vorzubereiten, überraschte ihn. „Ich dachte zuerst, das sei ein schlechter Witz“, erinnert er sich und schmunzelt. Er hatte es selbst schon mal auf eigene Faust mit dem Laufen versucht. Aber nach ein paar Minuten war ihm klar: „Das ist nichts für mich, es macht einfach keinen Spaß.“
Casting für den D-Run
Und jetzt wurde ihm vorgeschlagen, an einem Casting teilzunehmen, mit dem die Teilnehmer am „D-Run“ ausgewählt werden sollten? Zehn Menschen mit Diabetes erhielten die Chance, mit Hilfe eines Expertenteams sportlich aktiv zu werden und ihr Leben positiv zu verändern. Ihr Ziel war die Teilnahme am Mainzer Novo Nordisk Gutenberg Marathon im Mai.
Peter Rot war zunächst skeptisch, aber nach einem Gespräch mit seiner Frau bewarb er sich für den D-Run. „Irgend etwas musste sich grundlegend ändern“, erinnert er sich. Er wurde ausgewählt und bei den ersten medizinischen Tests traf er Dr. Harald Schmid.
Der ehemalige Europarekordler über 400 Meter Hürden war für das Training der D-Runner verantwortlich. Einmal pro Woche trainierten alle zehn gemeinsam, ansonsten absolvierte jeder sein Pensum für sich. Das Aufbautraining der Einsteiger begann nach ausführlichen medizinischen Untersuchungen mit dem bewährten Wechsel von Gehen und Laufen. Nach gut vier Monaten Training schafften alle den Halbmarathon beim Novo Nordisk-Marathon in Mainz.
Mit der sportlichen Betreuung von Ex-Europarekordler Harald Schmid (2.v.l.) schafften die zehn D-Runner den Halbmarathon beim Novo Nordisk Gutenberg Marathon in Mainz (Foto: Wissen Gesundheit GmbH)
Keine Tabletten mehr
Aber der größte Erfolg für Peter Rot war, dass er auf dem Weg dahin die Tabletten absetzen konnte, mit denen er zuvor seinen Diabetes bekämpfen musste. Mit dem Lauftraining hatten sich seine Blutzuckerwerte so weit normalisiert, dass sie denen eines Gesunden entsprachen.
Diese Erfahrung bestätigen auch wissenschaftliche Untersuchungen, die gezeigt haben, dass sich mit regelmäßiger Bewegung Diabetes wieder zurückdrängen lässt. Zumindestens dann, wenn es sich dabei um den sogenannte Typ-2-Diabetes handelt, an dem Peter Rot leidet.
Mangel an Insulin
Dabei liegt ein Mangel an Insulin im Blutkreislauf vor, der zu erhöhten Blutzuckerwerten führt. Insulin ist ein Hormon, das in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und eine entscheidende Rolle im Kohlenhydrat-Stoffwechsel spielt. Die Ursache für Typ-2-Diabetes liegt in einer angeborenen oder erworbenen Unempfindlichkeit von Körperzellen gegenüber Insulin.
Diese Insulinresistenz kann durch ein über lange Zeiträume überreiches Nahrungsangebot verursacht werden. Durch die permanente Überkonzentration von Zucker im Blut und der damit verbundenen ständig zu hohen Insulinausschüttung nimmt die Empfindlichkeit und die Anzahl der Insulinaufnehmer (Insulinrezeptoren) an den Körperzellen ab. Das freigesetzte Insulin reicht nicht mehr aus, um den Zuckerüberschuss abzubauen. Dies veranlasst die Bauchspeicheldrüse zu einer erhöhten Insulinproduktion. Diese dauernde Überbeanspruchung führt letztlich zum Kollaps der insulinproduzierenden Zellen und zum Insulinmangel.
Ausdauersport hilft
Durch Ausdauersport wird die Insulinempfindlichkeit der Muskelzellen wieder verbessert. Damit wirkt das Insulin aus der Bauchspeicheldrüse wieder besser und es kann mehr Zucker aus dem Blut abgebaut werden.
Mit dem Novo Nordisk Gutenberg Marathon in Mainz war das Projekt Laufen für die Teilnehmer nicht abgeschlossen. Sie treffen sich weiter, tauschen Erfahrungen aus und unterstützen sich dabei, das Laufen auch ohne feste Verabredungen zum gemeinsamen Training in ihren Alltag einzubauen. Damit sind sie Vorbilder für viele Menschen geworden, bei denen Diabetes diagnostiziert wurde.
„Ich wusste gleich, dass dies der schwierigste Teil wird“, gesteht Peter Rot heute, „das Laufen zu einem selbstverständlichen Teil meines Lebens werden zu lassen, für den ich keinen Trainer, keine Gruppe und kein festes Ziel brauche.“ Ihm ist es gelungen und seine Lebensqualität hat sich seit dem Einstieg beim D-Run deutlich verbessert. „Mittlerweile kann ich vor der Arbeit eine Stunde laufen und bin fit für den Job. Das war früher undenkbar, da war ich nach jedem Sonntagsspaziergang froh, mich wieder auf die Couch legen zu können.“
Mehr Infos zum D-Run und zu Diabetes finden Sie hier:
www.d-run.de
D-Run: Neuauflage 2010 2010 startet der D-Run in die nächste Runde. Wieder werden sich Menschen mit Diabetes im Rhein-Main-Gebiet unter fachkundiger Anleitung auf den Novo Nordisk Gutenberg Marathon in Mainz vorbereiten. Dabei werden Filme gedreht, mit denen Ärzten, Läufern und Trainern vermittelt werden kann, worauf beim Sport mit Diabetes zu achten ist. Für 2011 ist geplant, den D-Run als bundesweite Aktion zu starten, die Menschen mit Diabetes beim Einstieg in ein Leben mit mehr Bewegung und gesunder Ernährung hilft. |