Denise Hinrichs: "Bin vorsichtiger geworden"
Sie hat zwei Kreuzband-Risse hinter sich. Dennoch will Denise Hinrichs bald wieder im Ring stehen. Die Kugelstoßerin vom TV Wattenscheid 01 trainert für ihr Comeback und für die Teilnahme an der EM 2014 in Zürich (Schweiz; 12. bis 17. August). Welcher Erfolgscoach sie dabei in Zukunft unterstützen wird, wie sie die nationale Konkurrenz einschätzt und warum ihr größter Wunsch nichts mit dem Sport zu tun hat, das verrät Denise Hinrichs im Interview.
Denise Hinrichs, wie geht es dem Knie?Denise Hinrichs:
Bisschen Gezucke hier und da gibt es ja immer. Aber alles in allem geht es gut.
Und wie steht es mit der Motivation?
Denise Hinrichs:
Durch die großen Rückschläge bin ich vorsichtig geworden. Die Euphorie ist nicht mehr ganz so groß, aber Lust und Motivation auf das Training und die neue Saison sind auf jeden Fall groß.
War die Lage nach dem zweiten Kreuzbandriss anders als nach dem ersten?
Denise Hinrichs:
Ich bin gebremster. Ich habe mir dieses Mal noch mehr Zeit für den Aufbau genommen. Ich bin jetzt in einem Stadium, in dem ich alles machen kann, was meine Trainingskollegen auch machen.
Sie haben nach der letzten Operation im April gesagt, wenn Sie im November wieder Kugel stoßen könnten, wäre das super. Ist der Plan aufgegangen?
Denise Hinrichs:
Zumindest ein paar Standstöße habe ich schon gemacht. Vom 10. bis 20. Dezember bin ich im Trainingslager auf Lanzarote. Da werde ich die ersten Angleiter machen.
Wie war das Gefühl bei den ersten Stößen?
Denise Hinrichs:
Die Freude hat überwogen. Ich habe allerdings bislang auch noch nichts am Balken gemacht. Da wird es dann noch einmal kritisch, da muss man schauen, wie der Kopf reagiert. Bislang sehen die Stöße aber richtig gut aus, so als ob ich nichts verlernt hätte.
Ein Kreuzbandriss ist ja schon schlimm. Wie geht man aber damit um, wenn es einem zweimal widerfährt?
Denise Hinrichs:
Das Problem ist, dass niemand weiß, wieso es beim ersten Mal passiert ist. Ich habe es auch nicht richtig gemerkt damals. Ich höre seitdem noch mehr in mich hinein. Es ist mir wichtig, dass ich mit guten Physiotherapeuten zusammenarbeite, die mir sagen, dass alles in Ordnung ist. Deswegen kann ich mit der Geschichte ganz gut umgehen.
Gab es in der ganzen Zeit denn Gedanken ans Aufhören?
Denise Hinrichs:
Nach der Diagnose gingen mir ganz viele Gedanken durch den Kopf – auch der ans Aufhören. Aber mein Hauptantrieb fürs Weitermachen ist, dass es mir immer noch viel Spaß macht. Und wenn ich daran zurückdenke, was ich schon erreicht habe, und dass ich damals sicher noch nicht am Ende meiner Leistungsfähigkeit war, ist das auch Motivation. Der Gedanke, mal wieder unter den Top Sechs oder auf europäischer Ebene vielleicht noch weiter vorn zu sein, das hilft weiter.
Sie haben ab 2011 einen Teil der Pressearbeit beim TV Wattenscheid übernommen. Eine willkommene Abwechslung von der Reha?
Denise Hinrichs:
Ja, ich wollte die Langeweile ausgleichen, die sich ein wenig eingestellt hatte. Jetzt habe ich die Arbeit aber wieder abgegeben, um mich voll auf die neue Saison zu konzentrieren. Außerdem habe ich derzeit auch genug Auslastung im privaten Umfeld.
Inwiefern?
Denise Hinrichs:
Ich baue zusammen mit meinem Freund in der Nähe von Kienbaum ein Häuschen. Wir hoffen, um Weihnachten herum einzuziehen.
Das heißt, Sie wohnen jetzt auch in Kienbaum und nicht mehr in Bochum?
Denise Hinrichs:
Ich wohne seit einem Jahr bei Kienbaum. Ich trainiere zwei Wochen in Wattenscheid und zwei in Berlin.
Aber Miroslav Jasinski ist noch immer Ihr Trainer?
Denise Hinrichs:
Miro ist mein Trainer, er schreibt die Pläne, er hat den Hut auf. In Berlin werde ich ab dieser Saison in den Technikeinheiten mit Werner Goldmann zusammenarbeiten. Der Grund für meinen Umzug war rein privat. Ich bin sehr glücklich mit meinem Trainer und Verein in Wattenscheid, freue mich aber auch auf die neue Situation. Vielleicht findet ein Augenpaar mehr auch noch einen kleinen Punkt, an dem man noch etwas verbessern kann.
Wie sehen Sie nach dem Karriereende von Nadine Kleinert die Situation im deutschen Kugelstoßen?
Denise Hinrichs:
Christina Schwanitz ist ganz klar die Nummer eins. Sie hat eine tolle Entwicklung gezeigt und konnte endlich mal ihr Potenzial voll abrufen. Dahinter ist vieles offen. Die Jugend klopft an, aber es ist noch ein guter Schritt von 17,50 bis 18,50 Meter, der nicht immer so einfach ist. Aus meiner Sicht ist diejenige, die als Nächstes nach oben vorstoßen kann, Shanice Craft.
Mit welchen Zielen gehen Sie 2014 an?
Denise Hinrichs:
Ich werde keine Hallensaison bestreiten. Höchstens, wenn es gut läuft, mal einen Wettkampf. Richtig einsteigen werde ich wohl im Mai in Halle.
Und wie sieht es mit der EM aus?
Denise Hinrichs:
Wenn ich drei bis vier Monate kontinuierlich durchtrainieren und alles machen kann, dann werde ich auch zu einer guten Form zurückfinden. Dass das dann gleich die große Form ist, die ich schon einmal hatte, das glaube ich für 2014 eher nicht. Aber ein gewisses Niveau will ich mir schon erarbeiten. Mit einer Leistung um 18,50 Meter wäre ich am Ende der Saison zufrieden. Ich will mich für Zürich qualifizieren, und da ist das Ziel Top Acht.
Wenn Sie für die Zukunft einen Wunsch frei hätten, was wäre das?
Denise Hinrichs:
Glücklich mit der Familie zu leben. Das ist wichtiger als sportliche Erfolge. Wenn man gesund und glücklich ist, kommt der Rest von allein.
Quelle: Leichtathletik - Ihre Fachzeitschrift