| Analyse

Der große Disziplin-Check 2018 – 400 Meter Frauen

Das Jahr 2018 neigt sich dem Ende entgegen. Ein spannendes Jahr aus Sicht der deutschen Leichtathletik. Der Höhepunkt? Ganz klar die Heim-Europameisterschaft im Berliner Olympiastadion. Doch auch in der Halle und bei den internationalen Nachwuchs-Meisterschaften machten die deutschen Athleten von sich reden. Wir blicken in unseren jährlichen Disziplinanalysen zurück und ziehen Bilanz. Heute: die 400 Meter der Frauen.
Alexandra Dersch

Fazit des Bundestrainers

Tobias Kofferschläger, wie fällt Ihre Bilanz für das EM-Jahr 2018 aus?

Tobias Kofferschläger:

Nadine Gonska hat ihre Entwicklung über 400 Meter weiter fortgesetzt und sich im Leistungsbereich um 52,00 Sekunden stabilisiert. Leider gelang es ihr noch nicht, dieses Niveau bei der EM abzurufen. Hierfür gab es aber nachvollziehbare Gründe. Sie wurde unmittelbar vor der EM in Kienbaum durch einen Insektenstich ausgebremst, der sie zu einer viertägigen Trainingspause gezwungen hat. Das war entsprechend keine runde Vorbereitung auf ihre erste Freiluft-EM.

Auch wenn Laura Müller in diesem Jahr nicht an ihren persönlichen Hausrekord über 400 Meter herankam, konnte sie erneut mit drei EM Einzelnormen (100 m, 200 m, 400 m) ihre exzellenten Schnelligkeitsvoraussetzungen unter Beweis stellen. Erwartungsgemäß war der Ausfall von Ruth Spelmeyer nicht vollständig zu kompensieren. Leider ist bei ihr eine Stressreaktion, die ihr bereits in der Halle zu schaffen machte, wieder aufgebrochen, sodass ein Start im Sommer fahrlässig gewesen wäre.

Unter diesen Voraussetzungen geht Platz sechs bei den Europameisterschaften mit der Staffel in Ordnung. Dazu haben sich mit Corinna Schwab und Marie Scheppan zwei sehr junge Athletinnen weiter in die nationale Spitze gelaufen, von denen man sicherlich auch zukünftig einiges hören wird.

Was war für Sie das ganz persönliche Highlight?

Tobias Kofferschläger:

Emotional betrachtet war der Samstagabend der EM ein wirkliches Highlight – sowohl von den deutschen Leistungen, als auch von der grundsätzlichen Stimmung im Stadion. Hinzu kam dann die längst verdiente Ehrung der siegreichen 4x400-Meter-EM-Staffel von 2010 in Barcelona auf dem Breitscheid Platz – das war ein schöner Moment für den deutschen Langsprint der Frauen.

Sportlich betrachtet war natürlich die Silbermedaille von Marie Scheppan bei der U18 EM eine wirkliche Glanzleistung. Eine Zeit, die in diesem Altersbereich seit vielen Jahren nicht erzielt wurde. Aber auch der Finaleinzug von Laura Müller über 200 Meter in Berlin war für mich ein Resultat, mit dem nicht unbedingt zu rechnen war.

Worin sehen Sie die Aufgaben und Ziele für die kommende Saison mit der WM 2019 in Doha?

Tobias Kofferschläger:

Die nächste Saison wird eine Herausforderung. Zum einen stehen Anfang Mai die Staffelweltmeisterschaften an, die eine zentrale Qualifikationsmöglichkeit hinsichtlich der WM in Doha bilden. Da diese ja sehr spät im Jahresverlauf stattfindet, gilt es die Saison clever zu planen.

Aus sportlicher Sicht ist das Ziel, das individuelle Leistungsniveau der Athletinnen weiter zu erhöhen, um neben der Darstellung in den Einzelrennen auch weiterhin mit der Staffel finalfähig zu sein. Ruth Spelmeyer ist auf dem Weg zurück und will im kommenden Jahr mindestens zu alter Stärke zurückfinden. Mit ihr, Nadine Gonska und Laura Müller haben wir drei Leistungsträgerinnen, die allesamt 51er-Zeiten laufen können. Das ist ein starker Stamm, an dem sich die jungen, aufstrebenden Athletinnen orientieren und aufrichten können. Die Staffel wird ein gesunder Mix aus international erfahrenen und eben jungen Athletinnen werden. Eine vielversprechende Mischung.

Internationale Erfolge 2018

Medaillen(Weitere) Final-Platzierungen
EM - 6. Platz DLV-Staffel (4x400 m)
Hallen-WM - -
U20-WM- 5. Platz DLV-Staffel (4x400 m)
U18-EM2. Platz Marie Scheppan (400 m) 7. Platz Mona Mayer (400 m)
YOGnoch offen, Start von Marie Scheppan erst nach Veröffentlichungnoch offen, Start von Marie Scheppan erst nach Veröffentlichung

Die deutschen Top Ten 2018

400 Meter 

ZeitNameJahrgangVerein
52,00 secNadine Gonska1990MTG Mannheim
52,24 secLaura Müller1995LC Rehlingen
52,82 secMarie Scheppan2001LC Cottbus
52,83 secHannah Mergenthaler1997MTG Mannheim
53,14 secCorinna Schwab1999TV 1861 Amberg
53,17 secSophia Sommer1995TV Bahlingen
53,24 secKarolina Pahlitzsch1994SV Preußen Berlin
53,41 secLisa Sophie Hartmann1999SpVgg Renningen
53,50 secSvea Köhrbrück1993SCC Berlin
53,72 secLena Naumann1994 LT DSHS Köln

Statistik – Das sagen die Zahlen

Das deutsche Top-Niveau: 400 Meter

Jahr< 51,70 sec
(WM-Norm 2017)
Schnitt
Top 3
Schnitt
Top 5
Schnitt
Top 10
2005 – 52,5652,8853,47
2006  – 52,0252,4353,02
2007 – 52,8153,0953,49
2008 – 52,0952,3853,00
2009 1 52,1352,5953,13
2010 1 52,0052,2552,80
2011 – 52,0752,4353,18
2012 – 52,3452,7053,24
2013 1 52,3452,8153,31
2014 – 52,4552,6553,01
2015 – 52,4052,6453,13
2016 1 51,8952,3952,98
2017 – 52,0952,3752,78
2018 –52,3552,6053,00

Entwicklung Jahresbestleistungenim internationalen Vergleich

JahrDeutschlandEuropaDiff.WeltDiff.
200552,07 (C. Marx)49,80 (Pospelova/RUS)2,2748,92 (Richards/USA)3,15
200651,79 (C. Hoffmann)49,49 (Zayzseva/RUS)2,3048,70 (Richards/USA)3,09
200751,98 (C. Hoffmann)49,61 (Ohuruogu/GBR)2,3749,27 (Richards/USA)2,71
200851,90 (J. Tilgner)49,62 (Ohuruogu/GBR) 2,2849,62 (Ohuruogu/GBR)2,28
200951,53 (S. Nwachukwu)49,29 (Krivoshapka/RUS)2,2448,83 (Richards/USA)2,70
201051,65 (C. Hoffmann)49,89 (Foriva/RUS)1,7649,64 (Dunn/USA)1,95
201151,97 (J. Lindenberg)49,35 (Kapachinskaya/RUS)2,6249,35 (Kapachinskaya/RUS)2,62
201251,76 (E. Cremer)49,16 (Krivoshapka/RUS)2,6049,16 (Krivoshapka/RUS)2,60
201351,62 (E. Cremer)49,41 (Ohuruogu/GBR) 2,2149,33 (Montsho/BOT)2,29
201451,87 (E. Cremer)50,55 (Grenot/ITA)1,3249,48 (McCoroy/USA)2,39
201552,04 (R. S. Spelmeyer)50,16 (Ohuruogu/GBR)1,8849,26 (Felix/USA)2,78
201651,43 (R. S. Spelmeyer)50,43 (Grenot/ITA)1,0049,44 (Miller/JAM)2,01
201751,72 (R. S. Spelmeyer)50,89 (Zemlyak/UKR)0,83 49,46 (Miller-Uibo/BAH)2,26
201852,00 (N. Gonska) 50,41 (Święty-Ersetic/POL) 1,59 48,97 (Miller-Uibo/BAH)3,03

Das fällt auf:

  • Der Ausfall von Ruth Sophia Spelmeyer fällt auch mit Blick auf die Zahlen ins Gewicht. Konnte im vergangenen Jahr noch der beste Schnitt der letzten Dekade gefeiert werden, gingen in diesem Jahr die Leistungen in Summe etwas zurück – kein Wunder jedoch, wenn die beste Athletin der letzten drei Jahre verletzungsbedingt passen muss.
  • Dieser Umstand zieht sich auch durch den Schnitt der drei und fünf besten Leistungen. Auch dieser ist im Vergleich zum Vorjahr erwartungsgemäß etwas gesunken.
  • Erstmals seit 2006 liegt damit auch der Abstand der besten deutschen Langsprinterin auf die Weltspitze bei mehr als drei Sekunden. Neben dem bereits erwähnten Ausfall von Ruth Sophia Spelmeyer fällt hierbei aber auch die Ausnahmestellung von Shaunae Miller-Uibo (Bahamas) auf.  Erstmals seit 2008 blieb mit ihr wieder eine Athletin unter der 49-Sekunden-Marke.
  • Doch: Der deutsche Nachwuchs kommt stark nach. Mit der erst 17-jährigen Marie Scheppan lief in diesem Sommer eine ganz junge Läuferin zu Silber bei der U18-WM. Neben ihr schaffte mit Mona Mayer eine weitere DLV-Athletin den Sprung ins Finale dieser internationalen Meisterschaft.
  • Überhaupt spricht die Jugend für den deutschen Langsprint der Frauen. Der Altersdurchschnitt der zehn besten 400-Meter-Läuferinnen des Jahres beträgt 22,3 Jahre.

leichtathletik.TV-Clips zum Langsprint

<link http: www.leichtathletik.de tv disziplinen video-uebersicht disziplin _blank btn zu video-clips zum>400 Meter 

Die Disziplin-Analysen im Überblick:

<link news:65569>Sprint – Männer
<link news:65599>Sprint – Frauen
<link news:65581>Langsprint – Männer

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