
Der große Disziplin-Check 2018 – Diskuswurf Frauen
Das Jahr 2018 neigt sich dem Ende entgegen. Ein spannendes Jahr aus Sicht der deutschen Leichtathletik. Der Höhepunkt? Ganz klar die Heim-Europameisterschaft im Berliner Olympiastadion. Doch auch in der Halle und bei den internationalen Nachwuchs-Meisterschaften machten die deutschen Athleten von sich reden. Wir blicken in unseren jährlichen Disziplinanalysen zurück und ziehen Bilanz. Heute: der Diskuswurf der Frauen.
Fazit des Bundestrainers
René Sack, wie fällt Ihre Bilanz für das EM-Jahr 2018 aus?
René Sack:
Die Bilanz fällt durchwachsen aus. Wir haben bei der EM zwei Medaillen geholt, die Plätze zwei bis vier belegt – das war ganz stark und genau das, was wir uns im Vorfeld erhofft, ja, erwartet hatten. Damit bin ich sehr zufrieden. Das Niveau der deutschen Werferinnen ist im europäischen Vergleich sehr gut, unter den Top Ten in Europa finden wir alleine sechs Deutsche. Aber die Weiten in der Spitze gefallen mir nicht, daran müssen wir arbeiten.
Im einzelnen lässt sich sagen, dass Claudine Vita eine gute Entwicklung genommen hat, sie hat mir insgesamt in diesem Jahr gut gefallen. Bei der EM war sie dann vielleicht etwas überfordert, was aber in ihrem Alter auch verständlich ist. Man muss sich vorstellen, am Abend des EM-Diskusfinals waren im Berliner Olympiastadion fast genaus so viele Menschen wie in Neubrandenburg leben. Mit Platz vier hat sie einen super Wettkampf abgeliefert.
Nadine Müller hat sich mit ihren 63 Metern in diesem Jahr unter Wert verkauft, hat aber dennoch eine starke Saison abgeliefert, mit Silber bei der EM und das alles mit der Vorgeschichte ihrer Rückenbeschwerden, aufgrund derer sie erst sechs Wochen vor der DM überhaupt wieder so richtig trainieren konnte. Shanice Craft wurde mit EM-Bronze für ihre Arbeit belohnt. Sie hat nach ihrem Umzug nach Berlin den Fokus darauf gelegt, ihre langwierige Adduktorenproblematik in den Griff zu bekommen, und konnte daher auch erst spät mit leichten Würfen anfangen.
Anna Rüh ist sehr konstant geworden, konnte sich aber bei der DM nicht durchsetzen. Kristin Pudenz hat sich schön entwickelt, das freut mich. Julia Harting hatte in diesem Jahr mit einigen Verletzungsproblemen zu kämpfen, die wir hoffentlich jetzt in den Griff bekommen haben.
Insgesamt haben die Athletinnen alle das Niveau von 65 bis 67 Metern und da müssen wir auch wieder hinkommen. Aus diesem Grund arbeiten wir auch kontinuierlich an unserem Gesundheitsmanagement, um die Verletzungsanfälligkeit der Athletinnen zu senken.
Was war für Sie das ganz persönliche Highlight?
René Sack:
Das waren die Europameisterschaften in Berlin. Insgesamt war das eine sehr gute Veranstaltung, aber auch natürlich aufgrund des Erfolgs der Diskuswerferinnen war das mein Highlight in diesem Jahr. Unser Finale fand zeitgleich mit den Finals im Männer-Hochsprung und Frauen-Weitsprung statt – das war ein emotionaler Abend, der uns alle nachhaltig beeindruckt hat.
Worin sehen Sie die Aufgaben und Ziele für die kommende Saison mit der WM 2019 in Doha?
René Sack:
Die Weltmeisterschaften in Doha (Katar) finden sehr spät statt, unsere Quali ist erst Anfang Oktober. Daher wird es ein langes Jahr für uns, das man gut planen muss. Die Herausforderung liegt damit auch im schon angesprochenen Gesundheitsmanagement und der Verletzungsprävention. Da sind wir auch auf eine gute Zusammenarbeit mit den Heimtrainern und Physios angewiesen. Unser Ziel muss sein, auch im Weltmaßstab wieder medaillenfähig zu sein.
Internationale Erfolge 2018
Medaillen | (Weitere) Final-Platzierungen | |
---|---|---|
EM | Silber: Nadine Müller Bronze: Shanice Craft | 4. Claudine Vita |
U20-WM | – | – |
U18-EM | – | 5. Pia Northoff |
YOG | – | 7. Pia Northoff |
Die deutschen Top Ten 2018
Diskuswurf Frauen
Zeit | Name | Jahrgang | Verein |
---|---|---|---|
65,15 m | Claudine Vita | 1996 | SC Neubrandenburg |
63,00 m | Nadine Müller | 1985 | SV Halle |
62,91 m | Shanice Craft | 1993 | MTG Mannheim |
62,66 m | Anna Rüh | 1993 | SC Magdeburg |
61,63 m | Julia Harting | 1990 | SCC Berlin |
61,11 m | Kristin Pudenz | 1993 | SC Potsdam |
58,19 m | Julia Ritter | 1998 | TV Wattenscheid |
58,05 m | Marike Steinacker | 1992 | TSV Bayer Leverkusen |
54,45 m | Leia Braunagel | 2000 | SCL Heel Baden-Baden |
53,28 m | Sabine Rumpf | 1983 | LSG Goldener Grund |
Statistik – Das sagen die Zahlen
Das deutsche Top-Niveau: Diskuswurf Frauen
Jahr | > 61,20 (WM-Norm 2017) | Schnitt Top 3 | Schnitt Top 5 | Schnitt Top 10 |
---|---|---|---|---|
2005 | 1 | 62,65 | 61,52 | 58,67 |
2006 | 1 | 62,63 | 60,81 | 58,50 |
2007 | 3 | 64,43 | 62,06 | 58,90 |
2008 | 1 | 61,16 | 60,27 | 58,31 |
2009 | 2 | 62,06 | 61,04 | 58,36 |
2010 | 2 | 62,87 | 61,01 | 58,12 |
2011 | 1 | 62,54 | 61,41 | 59,36 |
2012 | 4 | 65,50 | 64,12 | 61,73 |
2013 | 3 | 65,69 | 63,55 | 60,96 |
2014 | 4 | 66,55 | 64,94 | 61,55 |
2015 | 6 | 65,95 | 65,05 | 61,66 |
2016 | 5 | 66,65 | 65,36 | 61,23 |
2017 | 6 | 64,70 | 64,18 | 60,95 |
2018 | 5 | 63,69 | 63,07 | 60,04 |
Entwicklung der internationalen Jahresbestleistungen
Jahr | Deutschland | Europa | Diff. | Welt | Diff. |
---|---|---|---|---|---|
2005 | 66,56 (F. Dietzsch) | 66,81 (Cechlová/CZE) | 0,25 | 66,81 (Cechlová/CZE) | 0,25 |
2006 | 68,51 (F. Dietzsch) | 68,51 (F. Dietzsch) | 0,00 | 68,51 (F. Dietzsch) | 0,00 |
2007 | 68,06 (F. Dietzsch) | 68,06 (F. Dietzsch) | 0,00 | 68,06 (F. Dietzsch) | 0,00 |
2008 | 61,81 (S. Rumpf) | 67,89 (Yatchenko/BLR) | 6,08 | 67,89 (Yatchenko/BLR) | 6,08 |
2009 | 63,43 (N. Müller) | 65,40 (Sadova/RUS) | 1,97 | 66,40 m (Li/CHN) | 2,97 |
2010 | 67,78 (N. Müller) | 67,78 (N. Müller) | 0,00 | 67,78 (N. Müller) | 0,00 |
2011 | 66,99 (N. Müller) | 67,96 (Perković/CRO) | 0,96 | 67,98 (Li/CHN) | 0,98 |
2012 | 68,89 (N. Müller) | 69,11 (Perković/CRO) | 0,22 | 69,11 (Perković/CRO) | 0,22 |
2013 | 66,69 (N. Müller) | 68,96 (Perković/CRO) | 2,30 | 68,96 (Perković/CRO) | 2,30 |
2014 | 67,30 (N. Müller) | 71,08 (Perković/CRO) | 2,78 | 71,08 (Perković/CRO) | 2,78 |
2015 | 66,14 (A. Rüh) | 70,08 (Perković/CRO) | 3,94 | 70,65 (Caballero/CUB) | 4,51 |
2016 | 68,49 (J. Fischer) | 70,88 (Perković/CRO) | 2,39 | 70,88 (Perković/CRO) | 2,39 |
2017 | 65,76 (N. Müller) | 71,41 (Perković/CRO) | 5,65 | 71,41 (Perković/CRO) | 5,65 |
2018 | 65,15 (C. Vita) | 71,38 (Perković/CRO) | 6,23 | 71,38 (Perković/CRO) | 6,23 |
Das fällt auf:
- Sandra Perkovic dominiert die Szene nach Belieben: Das fünfte Jahr in Serie hat die Kroatin die 70 Meter-Marke übertroffen und ihren fünften EM-Titel geholt. Eine einmalige Serie.
- Im europäischen Vergleich sind die deutschen Werferinnen in der Breite eine Bank. Allein unter den Top Ten finden sich sechs DLV-Athletinnen.
- Wie stark die deutschen Werferinnen in der Breite sind, zeigt auch die Tatsache, dass die letzten vier Jahre am Saisonende immer eine andere Werferin an Position eins der deutschen Bestenliste stand. In diesem Jahr erwischte Claudine Vita den weitesten Wurf.
- Die Kritik des Bundestrainers, der jedoch die Weite in der Spitze bemängelte, findet sich auch in den Statistiken wieder. 65,15 Meter, die in diesem Jahr als deutsche Bestleistung stehen, sind die geringste Weite seit 2009. Im Hinblick auf den Top-Drei-Schnitt waren die deutschen Werferinnen zuletzt 2011 auf einem ähnlichen Niveau.
- Ein Grund liegt auch in der Verletzungsanfälligkeit der DLV-Werferinnen: Nadine Müller, Claudine Vita und auch Julia Harting hatten in diesem Jahr mit Verletzungen zu kämpfen, die einen kontinuierlichen Aufbau erschwert haben. Umso höher sind ihre Leistungen einzuordnen.
leichtathletik.TV-Clips zum Diskuswurf
Die Disziplin-Analysen 2018 im Überblick:
Sprint – Männer
Sprint – Frauen
Langsprint – Männer
Langsprint – Frauen
Mittelstrecke – Männer
Mittelstrecke – Frauen
Langstrecke – Männer
Langstrecke – Frauen
Hürdensprint – Männer
Hürdensprint – Frauen
Langhürden – Männer
Langhürden – Frauen
Hindernis – Männer
Hindernis – Frauen
Gehen – Männer
Gehen – Frauen
Marathon – Männer
Marathon – Frauen
Hochsprung – Männer
Hochsprung – Frauen
Stabhochsprung – Männer
Stabhochsprung – Frauen
Weitsprung – Männer
Weitsprung – Frauen
Dreisprung – Männer
Dreisprung – Frauen
Kugelstoßen – Männer
Kugelstoßen – Frauen
Diskuswurf – Männer