Der leichtathletik.de-Rückblick auf das Jahr 2002
Der Jahreswechsel steht unmittelbar vor der Tür. Ein Leichtathletik-Jahr mit einer grandiosen Europameisterschaft in München weicht dem WM-Jahr 2003, das an neue Hoffnungen geknüpft ist. Die meisten Athleten stecken bereits mitten in der Vorbereitung auf die nächsten Aufgaben. Höchste Zeit also, um auf leichtathletik.de noch einmal die Höhepunkte des Jahres 2002 aus deutscher und internationaler Sicht im Rückblick für Sie zusammenzustellen. Erinnern Sie sich...
Tim Lobinger präsentiert in Wien stolz seine Goldmedaille (Foto: Chai)
16. / 17. Februar 2002Deutsche Hallen-Meisterschaften in Sindelfingen
"Es wurden insgesamt mehr gute Leistungen gebracht, als zu erwarten war", stellte DLV-Vize-Präsident Rüdiger Nickel zum Ende der Deutschen Hallen-Meisterschaften in Sindelfingen fest. Er hatte nicht unrecht, schließlich kam am zweiten Tag der Titelkämpfe im Glaspalast noch einmal richtig Schwung in die Veranstaltung. Herausragend war vor allem die Weltjahresbestleistung von Grit Breuer, die sich in 51,49 Sekunden einen Tag nach ihrem 30. Geburtstag noch ein verspätetes Geschenk machte.
1. bis 3. März 2002
Hallen-Europameisterschaft in Wien
Rüdiger Nickel, Vize-Präsident Leistungssport beim DLV, war nicht unzufrieden, als er zum Ende der Hallen-EM in Wien sein Fazit zog. "Wir erzielten mit unserer Mannschaft ein passables Ergebnis", analysierte er, "jüngere Athleten haben ihre Chance ergriffen." Bemerkenswert waren aus der jüngeren Garde vor allem die Auftritte von Hochspringerin Kathryn Holinski und Stabakrobat Lars Börgeling, der sich über die Bronzemedaille freuen durfte. "Bastian Swillims hat sich ebenfalls hervorragend geschlagen." Auch die 21-jährige Yvonne Buschbaum, die im Frauen-Stabhochsprung mit neuem deutschen Rekord von 4,65 Metern Silber holte, ist immer noch zu den Jungen zu zählen. Neben Goldmedaillengewinner Tim Lobinger (Stabhoch) verbuchten Claudia Marx (Silber 400m), Gabi Rockmeier (Bronze 200m) und Kirsten Bolm (Silber 60m Hürden) weiteres Edelmetall für Deutschland, was im Medaillenspiegel am Ende Rang sechs bedeutete. Das ausgegebene Ziel wurde damit erreicht.
6. April 2002
EAA 10.000 Meter Challenge in Camaiore
Die deutschen Männer konnten bei der European 10.000 Meter Challenge in Camaiore überzeugen. Dieter Baumann triumphierte als Gewinner des A-Laufs in 27:38,51 Minuten und auch die Nachwuchstalente Mario Kröckert (28:25,87 min) und Alexander Lubina (28:29,15 min) unterboten die für die jüngeren Jahrgänge gültige EM-Norm von 28:35 Minuten. "Ich muss allen ein Kompliment machen", lobte nachher Bundestrainer Wolfgang Heinig.
14. April 2002
London-Marathon
Es war beim London-Marathon alles angerichtet für die hoch eingeschätzte Debütantin Paula Radcliffe (GBR). Mit Spannung wurde ihr Auftritt erwartet und er hielt, was er versprach. Sogar mehr! Paula Radcliffe, die weiterhin auch auf der Bahn zu sehen sein wird und sich von der Marathonstrecke mehr Stärke für die dortigen 10.000 Meter erhofft, lieferte eine Galavorstellung ab und siegte in beeindruckenden 2:18:56 Stunden, der zweitschnellsten Frauenzeit der Geschichte. Paula Radcliffe hatte beim London-Marathon vorgelegt, der US-Amerikaner Khalid Khannouchi setzte beim Zieleinlauf der Männer noch eins drauf. In 2:05:38 Stunden verbesserte er seine eigene Weltbestzeit.
8. Juni 2002
Sparkassen DLV-Meeting in Dortmund
Das Sparkassen DLV-Meeting in Dortmund konnte vor 11.500 Zuschauern mit einigen Highlights aufwarten. Vor allem Sina Schielke überzeugte als Siegerin über 100 Meter in 11,16 Sekunden und mit der 4x100-Meter-Staffel (42,90 sec). Hammerwerfer Karsten Kobs (81,49 m) und Michael Möllenbeck (67,64 m; persönliche Bestleistung) liessen es ebenfalls in den Würfen richtig "krachen". Einen weiteren Höhepunkt setzte Vize-Weltmeister Ingo Schultz (45,48 sec) über 400 Meter.
15. / 16. Juni 2002
ruhrgas DLV-Mehrkampf-Meeting in Ratingen
Weltrekordhalter Roman Sebrle hat das ruhrgas DLV-Mehrkampf-Meeting in Ratingen gewonnen. Mit einer für ihn guten Zeit von 4:29,76 Minuten im abschließenden 1500-Meter-Lauf sammelte der Tscheche insgesamt 8701 Punkte. Damit blieb er trotzdem hinter seiner vierzehn Tage alten Jahresbestleistung aus Götzis von 8.800 Punkten zurück und war nicht zufrieden: "Ich glaube, ich habe zuviel gewollt und Götzis steckte mir doch noch in den Beinen." Die deutsche Siebenkampf-Triumphatorin Sabine Braun hat sich bei den Frauen in ihrem letzten Sommer zum Abschluss ihrer Laufbahn mit einem Sieg beim ruhrgas DLV-Mehrkampf-Meeting aus Ratingen verabschiedet. Mit 6.254 Zählern trug sie sich am Ende an der Spitze der Ergebnisliste ein und hat damit ihren EM-Startplatz für München sicher. "Bei der Europameisterschaft möchte ich gerne in Medaillennähe kommen. So wie es momentan in Europa aussieht, stehen die Chancen ganz gut."
22. / 23. Juni 2002
Europacup – Superliga in Annecy
Einen im doppelten Sinne heissen Nachmittag erlebte der Europacup in Annecy am zweiten Tag. Die Russinnen, bei denen Tatjana Kotova mit fantastischen 7,42 Metern im Weitsprung herausragte, konnten bei den Frauen mit 122,5 Punkten den Titel erfolgreich verteidigen. In einer spannenden Auseinandersetzung mit den Französinnen behielten die DLV-Mädels am Ende mit 103 Zählern die Oberhand und sicherten sich das Weltcup-Ticket. Die deutschen Männer machten es noch spannender. Die 4x400-Meter-Staffel behielt die Nerven und sicherte am Ende mit 107 Punkten Rang zwei vor Frankreich (105) und hinter Großbritannien (111). Madrid kann kommen!
5. – 7. Juli 2002
Deutsche Meisterschaften in Bochum-Wattenscheid
Das Wochenende stand ganz im Zeichen der Deutschen Meisterschaften in Bochum-Wattenscheid. Insgesamt 38.000 Zuschauer pilgerten in das Lohrheidestadion, das sich als neues Schmuckkästchen präsentierte und würdige Leistungen erlebte. Allen voran war es die junge hessische Stabhochspringerin Annika Becker, die es wie schon vor Jahresfrist in Stuttgart schaffte, ihre starken Nerven im Griff zu haben. Damals wuchtete sie sich über einen neuen deutschen Rekord von 4,55 Meter. Rund zwölf Monate später lieferte sie ihr zweites Meisterstück ab. Mit 4,65 Meter im zweiten, 4,72 und 4,77 Meter im ersten Versuch sprang sie dreimal Landesrekord und neuen Europarekord. So ganz nebenbei setzte sie sich vor Hallen-Europameisterin Svetlana Feofanova und der Weltmeisterin Stacy Dragila an die Spitze der Weltjahresbestenliste. Einen weiteren deutschen Rekord durften die Zuschauer im noch jungen 3000-Meter-Hindernislauf der Frauen bejubeln. Die Großengottenerin Melanie Schulz eilte im Alleingang zu einer Endzeit von 9:38,31 Minuten. Ein Schul(t)z kommt selten allein?! Genau, war es doch Vize-Weltmeister und EM-Botschafter Ingo Schultz, der auf den 400 Metern in 44,97 Sekunden neue europäische Jahresbestzeit lief. Herauszuheben galt es auch die 5,80 Meter von Stabhochspringer Lars Börgeling.
16. – 21. Juli 2002
Junioren-Weltmeisterschaft in Kingston
Die junge Schwedin Carolina Klüft schickte sich an, sich zur Mitfavoritin für die Europameisterschaft in München zu entwickeln. Die Siebenkämpferin gewann in Kingston bei der Junioren-Weltmeisterschaft haushoch überlegen mit einem neuen Junioren-Weltrekord von 6.470 Punkten! 36.000 enthusiastische Zuschauer verfolgten im ausverkauften Rund den letzten Tag der Junioren-Weltmeisterschaft in Kingston. Ja, von denen, die draußen bleiben mußten, sollen sogar einige versucht haben, über Zaun und Wände zu klettern, um dabei sein zu können. Wer es bis ins Stadion geschafft hat, jubelte über einmal Gold und zweimal Silber für Jamaika. Auch die deutsche Mannschaft durfte sich noch einmal freuen. Die Mannheimer Hürdensprinterin Tina Klein holte sich in windunterstützten 13,23 Sekunden Bronze, nachdem sich an den Tagen zuvor bereits Stabhochspringerin Floe Kühnert Gold gesichert hatte.
6. – 11. August 2002
Europameisterschaft in München
Wenn die "Grande Dame" des deutschen Siebenkampfes, Sabine Braun, ihre Ehrenrunde mit einem eigens angefertigten T-Shirt dreht, auf dem "Dank an das tolle Publikum" steht, und Grit Breuer den Zuschauern im Olympiastadion ein Stück ihrer gewonnenen Silbermedaille über 400 Meter anbietet, dann muss etwas Außergewöhnliches passiert sein. Böse Zungen hätten behaupten können, die Europameisterschaften in München seien ins Wasser gefallen. Doch die Fans auf den Rängen feierten und feuerten an, als gebe es keine sintflutartigen Regengüsse und august-untypische Temperaturen von meist mauen 18 Grad. Die frenetische Anfeuerung führte trotz widriger Bedingungen zu Höchstleistungen. Eine Weltbestzeit, ein Europarekord und ein Junioren-Weltrekord fanden Aufnahme in die Statistiken. Darüber hinaus gab es unter anderem 22 Landesrekorde. Im Medaillenspiegel fand sich Russland mit sieben Gold-, neun Silber- und acht Bronzemedaillen vor Großbritannien und Spanien an der Spitze. Deutschland, angeführt von Ingo Schultz, heimste mit zwei Gold-, neun Silber- und sieben Bronzemedaillen 18mal Edelmetall ein. Nahezu jeder erfolgreiche Sportler sprach dem Publikum überschwänglich seinen Dank aus. Bei der Abschlussfeier liefen die deutschen Athleten mit einem Plakat ein, das die Aufschrift "Danke München" trug. Zusätzlich hielten Helfer eine riesige "EM 2002 – It was fantastic"-Banderole in die Höhe. Ein rundum gelungenes Geben und Nehmen. Mit 180.000 Zuschauern hatte man im Vorfeld der EM gerechnet, auf 200.000 Besucher gehofft, am Ende durchbrach die Leichtathletik-EM die Schallmauer von 300.000 Zuschauern. Exakt 303.900 Fans verfolgten an den sechs Tagen die Titelkämpfe live im Olympiastadion, am Donnerstag und am Sonntag war das Stadion mit 48.500 Zuschauern restlos ausverkauft. "Das ist eine Zahl, mit der niemand gerechnet hatte", erklärte Olympiapark-Chef Wilfrid Spronk.
6. September 2002
ISTAF in Berlin
Der Berliner Jahn-Sportpark, "Ausweichquartier" des Berliner ISTAF, erlebte mit 21.000 Zuschauern zur 61. Auflage des traditionellen Golden-League-Meetings als letzte Station dieser Serie eine tolle Leichtathletik-Party. Der Kampf der vier Jackpot-Kandidaten stand dabei im Mittelpunkt und das Quartett, das noch übrig geblieben war, teilte am Ende auch die 50 Kilo Gold unter sich auf: Marion Jones (USA), Ana Guevara (Mexiko), Felix Sanchez (Dominikanische Republik) und Hicham El Guerrouj (Marokko).
14. September 2002
Grand-Prix-Finale in Paris
Es war Zahltag in Paris. Insgesamt 2,8 Millionen US-Dollar wurden beim Grand-Prix-Finale am einem Samstagnachmittag unter den internationalen Leichtathletik-Stars verteilt. Das größte Stück des Kuchens, nämlich jeweils 150.000 Dollar, holten sich die Gesamtsieger Marion Jones (USA) und Tim Montgomery (USA). Dem Vize-Weltmeister gehörten ohnehin die Schlagzeilen. Er lief nämlich in 9,78 Sekunden über 100 Meter in einem perfekten Rennen neuen Weltrekord! Geburtstagskind Hicham El Guerrouj (Marokko), der Favorit auf den Gesamtsieg, verlor am Ende dadurch auch noch überraschend das Spitzen-Preisgeld an den punktgleichen US-Sprinter.
21. / 22. September 2002
Weltcup in Madrid
Welche Auswahl krönt das Ende des Leichtathletik-Sommers mit dem prestigeträchtigen Weltcup-Sieg? Diese Frage wurde am zweiten Tag der Veranstaltung in Madrid bei teilweise nicht einfachen Bedingungen endgültig beantwortet. Bei den Frauen war es die russische Mannschaft, die mit 126 Punkten am Ende knapp vor der europäischen Auswahl (123) ganz oben stand. Die stärksten Männer kamen aus Afrika (134 Punkte). Sie verteidigten damit souverän den Titel. Die DLV-Mannschaften wurde mit 86,5 bzw. 79,5 Zählern jeweils Sechste und blieben damit im Soll. Von ihrer besten Seite zeigte sich dabei Annika Becker im Stabhochsprung. Sie bezwang Europameisterin Svetlana Feofanova.
13. Oktober 2002
Chicago-Marathon
Die 25-jährige Jubiläumsausgabe des Chicago-Marathon entwickelte sich zu einem packenden Kracher mit zwei absoluten Höchstleistungen. Der taktisch überzeugende Erfolg des US-Amerikaners Khalid Khannouchi wurde dabei jedoch von der Britin Paula Radcliffe, die zu einer neuen Weltbestzeit von 2:17:18 Stunden stürmte, klar in den Schatten gestellt.