| Hallen-WM 2016

Bronze im Siebenkampf: Mathias Brugger wächst über sich hinaus

2:34,10 Minuten über 1.000 Meter – bis zur Hallen-WM in Portland (USA) hätte Mathias Brugger wohl selbst nicht gedacht, dass er so schnell laufen kann. Aber genau diese Zeit sicherte ihm am Samstag die Bronzemedaille. Gold ging unangefochten an Ashton Eaton, mit Platz sieben und Bestleistung rundete Tim Nowak den starken Auftritt der deutschen Mehrkämpfer ab.
Silke Morrissey

TAG 1

60 Meter

Eaton gibt den Ton an - DLV-Athleten mit solidem Start

Bei seinem Hallen-Weltrekord war Ashton Eaton (USA) in 6,79 Sekunden in den Wettbewerb gestartet. Am Freitag blieben die Uhren für ihn bei 6,81 Sekunden stehen. "Aber darum geht es doch eigentlich gar nicht", sagte er wenig später gegenüber dem Infield-Moderator, "es geht darum, hier mit den Jungs und mit euch Zuschauern Spaß zu haben und einen tollen Wettkampf zu absolvieren!"

Mathias Brugger (SSV Ulm 1846), mit seinen 6.060 Punkten aus Tallinn (Estland) durchaus Kandidat für einen der vorderen Plätze, kam zwar nicht ganz an die erhoffte Zeit um 7,10 Sekunden heran. In 7,15 Sekunden war er aber nur eine Hundertstel langsamer als bei seinem Auftakt zur Siebenkampf-Bestleistung. Zufriedener sein konnte sein Trainingspartner Tim Nowak: In 7,18 Sekunden stellte er eine neue Saison-Bestzeit auf und unterbot seine Zeit der Hallen-DM in Hamburg Ende Januar um neun Hundertstel. In einem Feld von elf Athleten belegen die beiden DLV-Starter aktuell die Plätze neun und elf - ihre starken Disziplinen folgen noch.

Weitsprung

Mathias Brugger fliegt zur Hallen-Bestleistung

Gleich der erste Versuch saß – das spürte auch Mathias Brugger, der strahlend aus der Grube stieg. Mit 7,30 Metern hatte er gleich auf Anhieb sechs Zentimeter auf seine Hallen-Bestleistung draufgepackt. Auch die Sprünge zwei (7,15 m) und drei (7,26 m) lagen über der Weite, die er in Tallinn (Estland) gezeigt hatte. Damit hat der Ulmer nun einen Kurs in Richtung Bestleistung eingeschlagen. Tim Nowak mühte sich dagegen vergeblich, einen Versuch auf das Brett zu bringen. Ohne einmal den Balken zu treffen, musste er sich mit 6,92 Metern zufrieden geben. Ein Dämpfer für den Dritten der U20-WM von 2014.

Ashton Eaton konnte es sich leisten, zu Runde drei gar nicht mehr anzutreten. Im zweiten Versuch legte er einen Sprung auf 8,08 Meter hin und krachte beim Jubel anschließend fast in die TV-Kamera, die unmittelbar hinter der Grube aufgestellt war. Nur einmal war er in der Halle weiter gekommen: 2012 bei seinem Hallen-Weltrekord in Istanbul (Türkei) hatte er 8,16 Meter erzielt. Nach den weiteren Podiumsplätzen strecken der Ukrainer Oleksiy Kasyanov (6,86 sec | 7,49 m) und der US-Amerikaner Curtis Beach (7,04 sec | PB 7,65 m) die Finger aus.

Kugelstoßen

DLV-Athleten zwischen Freud und Leid

Mathias Brugger zählt mit seiner Bestleistung von 15,39 Metern zu den besten Kugelstoßern unter den Mehrkämpfern. Tim Nowak hat im zweiten Jahr in der Aktivenklasse mit der schweren Kugel noch Luft nach oben. Am Freitag aber erzielten beide fast die gleiche Weite – zur Freude des einen, zum Leid des anderen. Mathias Brugger blieb mit 14,47 Metern deutlich unter der erhofften 15-Meter-Marke, Tim Nowak verbuchte mit 14,31 Metern eine neue Hallen-Bestleistung. Damit rangieren die beiden Ulmer aktuell auf Rang sechs und neun. Für Mathias Brugger ist die Spitze – mit Ausnahme von Ashton Eaton – aber weiterhin in Reichweite.

Ashton Eaton wuchtete die 7,26-Kilo-Kugel auf für ihn ordentliche 14,16 Meter und rangiert mit 2.770 Punkten weiterhin unangefochten an der Spitze des Feldes, 53 Punkte unterhalb seiner Zwischenmarke beim Weltrekord von 6.645 Punkten. Auf Platz zwei schob sich mit 14,53 Metern der Ukrainer Oleksiy Kasyanov (2.626 Pkt), auch Kurt Felix (Grenada; 15,02 m; 2.595 Pkt) überholte noch den US-Amerikaner Curtis Beach (2.515 Pkt), der im Kugelstoßen mit 13,12 Metern zwar deutlich abgeschlagen war, für seine Verhältnisse aber keine schlechte Leistung ablieferte.

Hochsprung

Mathias Brugger bewahrt die Nerven

Dass es für Mathias Brugger im Hochsprung wie am Schnürchen lief, kann man nicht behaupten. Aber das Resultat zählt, und das kann sich sehen lassen: Mit 2,05 Metern ging die zweitbeste Höhe des Tages auf sein Konto. Nur der Überraschungs-Athlet des ersten Tages Kurt Felix (Grenada) kam sechs Zentimeter höher hinaus, was ihn mit starken 3.501 Punkten auf Rang zwei des Zwischenklassements beförderte. Mathias Brugger musste schon bei 1,99 Meter und dann erneut bei 2,05 Meter in den dritten Versuch, aber jedes Mal blieb die Latte liegen. Mit 3.323 Punkten hat er als Sechster nur zehn und 14 Punkte Rückstand auf Platz fünf und vier - und einen starken zweiten Tag vor sich.

Tim Nowak beendete den ersten Tag mit 3.155 Punkten auf Rang acht. Sein Resultat im Hochsprung: 1,99 Meter. Die 2,09 Meter der Hallen-DM im Mehrkampf blieben demnach unerreicht, auch weil er vom Mehrkampf-Meeting in Tallinn (Estland) leichte Fußbeschwerden mitgebracht hatte. Ebenso hoch kam der Führende Ashton Eaton (USA; 3.564 Pkt). Dass damit der Weltrekord weiter in die Ferne rückte wird ihn deutlich weniger beschäftigt haben als der parallel stattfindende 800-Meter-Lauf seiner Frau Brianne Theisen-Eaton (Kananda). Die Mehrkämpferin holte mit ihrer Zeit von 2:09,99 Minuten noch 150 Punkte Rückstand auf Gold auf. Ashton Eaton war der erste Gratulant.

TAG 2

60 Meter Hürden

Starke Zeiten für deutsche Mehrkämpfer

Die deutschen Siebenkämpfer sind hellwach in Tag zwei des Mehrkampfs von Portland gestartet. Im ersten von zwei Läufen rannten sie an der Spitze ins Ziel. Ganz vorne landete Tim Nowak (SSV Ulm 1846) in 8,21 Sekunden – erst einmal war er schneller unterwegs, aber noch nie in einem Mehrkampf. Nur drei Hundertstel dahinter: sein Trainingspartner Mathias Brugger. Mit 8,24 Sekunden sammelte er 922 Punkte, war zwölf Hundertstel schneller als bei seiner Siebenkampf-Bestleistung in Tallinn (Estland) und schob sich von Rang sechs auf fünf (4.245 Pkt) nach vorne. Tim Nowak (4.085 Pkt) liegt weiter auf Rang acht.

An die Zeiten aus dem zweiten Lauf kamen beide nicht heran. Hier machte der Führende Ashton Eaton (USA; 4.602 Pkt) dort weiter, wo er am Freitag aufgehört hatte. In 7,78 Sekunden dominierte er den Wettbewerb, auch wenn er sich anschließend nicht ganz zufrieden mit dem Auftritt zeigte – bei 7,51 Sekunden liegt seine Beszeit. Dahinter war auch Oleksiy Kasyanov (Ukraine; 7,91 sec) schnell unterwegs. Er überholte damit in der Gesamtwertung den bis dahin Zweitplatzierten Kurt Felix (Grenada; 8,34 sec; 4.399 Pkt).

Stabhochsprung

Mathias Brugger als "Herr der Lüfte" vor auf Drei

Beeindruckende Vorstellung von Mathias Brugger: Im Stabhochsprung spielte er seine neue Stärke aus und stellte Potenzial für Sprünge von 5,20+ Metern unter Beweis. Am Samstag wollte die Latte hier zwar noch nicht liegenbleiben, aber bereits die übersprungenen 5,10 Meter bedeuteten neue Bestleistung für den Ulmer. Allein Ashton Eaton kam ebenso hoch hinaus und darf sich nach sechs Disziplinen mit 240 Punkten Vorsprung auf fünf Ehrenrunden vor seinem Heimpublikum freuen.

Mathias Brugger dagegen steht auf den abschließenden 1.000 Metern ein harter Kampf bevor. Und mit ganz viel Glück könnte der auf einem Top-Drei-Platz enden - jedenfalls geht er mit 5.186 Punkten als Dritter in den siebten Wettbewerb.

Nach vorne zu Oleksiy Kasyanov (5.305 Pkt) geht für Brugger wohl nicht mehr viel. Und hinter ihm lauert die Konkurrenz, allen voran der herausragende Läufer Curtis Beach (5.119 Pkt), der die 1.000 Meter schon in 2:23 Minuten absolviert hat. Rennt er in Portland nur annähernd in den Bereich, gehört ihm Bronze - oder sogar Silber. Auch Adam Sebastian Helcelet (Tschechien; 5.185 Pkt) und Kurt Felix (Grenada; 5.159 Pkt) sind in Tuchfühlung zu Brugger. Für Tim Nowak gilt es nach neuer Stabhochsprung-Bestleistung von 4,90 Metern den damit errungenen siebten Platz zu verteidigen.

1.000 Meter

Mathias Brugger erkämpft sich Bronze

Mathias Brugger hat das schier Unmögliche möglich gemacht: In fantastischen 2:34,10 Minuten blieb das 90-Kilo-Kraftpaket vier Sekunden unter seiner Bestzeit und – was noch viel wichtiger war – ließ den US-Amerikaner Curtis Beach nicht von dannen ziehen. Der bis dahin Sechstplatzierte setzte sich zwar wie erwartet direkt an die Spitze des Feldes und war in 2:29,04 Minuten der beste Läufer unter den Mehrkämpfern. Nach bangen Minuten des Wartens und Zitterns stand aber fest: Er hatte nicht genug  Boden gut gemacht und ihm fehlten genau acht Punkte, um Mathias Brugger noch vom Bronzerang zu verdrängen. Der Ulmer feierte mit Bestleistung von 6.126 Punkten den größten Erfolg seiner Karriere.

Für die zweite Ulmer Bestleistung des Wochenendes sorgte der drei Jahre jüngere Tim Nowak. Auch er präsentierte sich an Tag zwei bestens aufgelegt und war nach Hausrekord im Stabhochsprung auch über 1.000 Meter in 2:40,57 Minuten schnell wie nie. In der Endabrechnung sammelte er damit 5.832 Punkte und wurde Siebter.

Einsame Spitze war wieder einmal Ashton Eaton. Der Weltrekordler erarbeitete sich in sieben Disziplinen fast 300 Punkte Vorsprung auf den Rest der Konkurrenz und zeigte mit 6.470 Punkten den sechstbesten Hallen-Siebenkampf der Geschichte. Seine Zeit über 1.000 Meter: 2:35,22 Minuten. Der Ukrainer Oleksiy Kasyanov machte ein cleveres Rennen, legte auf der letzten Runde einen Zahn zu und brachte in 2:39,64 Minuten mit 6.182 Punkten Silber nach Hause.

STIMMEN ZUM WETTBEWERB

Mathias Brugger (SSV Ulm; 6.126 Pkt)

Ich habe meine Bestleistung über 1.000 Meter um vier Sekunden gesteigert. Das ist ein unglaubliches Gefühl. Ich habe versucht, die ersten Runden dranzubleiben, in der letzten Runde musste ich beißen, beißen, beißen. Als Curtis Beach ins Ziel kam, habe ich unbewusst mitgezählt. Und als ich im Ziel war dachte ich schon: Knapp vorbei. Ich dachte, ich hätte es nicht geschafft. Dieser dritte Platz bedeutet mir alles. Das ist einfach nur ein Traum. Ich kann es nicht glauben, dass ich von Platz sechs am ersten Tag noch vorgekommen bin auf Platz drei.  Der erste Tag hätte besser sein können. Aber am zweiten Tag habe ich mit zwei Bestleistungen aufgehört, damit bin ich sehr zufrieden. Im Sommer will ich um die Olympia-Qualifikation kämpfen. Im Zehnkampf haben wir das Luxusproblem, dass nur die besten Drei hinkommen, und in Deutschland haben wir mindestens sechs, die alles daran setzen werden. Primär arbeite ich darauf hin. Wenn es nicht klappt, gibt es auch noch die Europameisterschaften.

Tim Nowak (SSV Ulm; 5.832 Pkt)

Ich hatte über 1.000 Meter die ganze Zeit Sorge, dass noch eine Attacke vom Portugiesen kommt. 2:40 Minuten war genau das, was ich mir vorgenommen habe, das habe ich gut getroffen. Leider hatte ich im Siebenkampf auch ein paar Tiefen dabei – heute am zweiten Tag mehr Höhen. Aber der erste Tag war alles andere als sicher. Sprint war okay, im Weitsprung hat so gar nichts geklappt. Mit dem Kugelstoßen war ich sehr zufrieden. Im Hochsprung folgte das Dilemma, da hatte ich mir viel vorgenommen, habe dann aber viele Punkte verloren. Ich habe schon beim Einspringen gemerkt, dass mein Fuß schmerzt und musste auch getaped werden. Der Siebenkampf bei der Hallen-WM war überraschend entspannt, es herrschte eine ganz, ganz entspannte Atmospäre, besonders zwischen uns Jungs, ähnlich vielleicht sogar wie beim Meeting in Tallinn. Dadurch, dass ich so spät nominiert wurde, fehlte ein bisschen die Vorspannung. Aber ich bin nicht nur zum Lernen hergekommen, ich wollte auch performen. Bronze für Matze? Unglaublich geil. Der 1.000-Meter-Lauf – 2:34 Minuten, das ist Weltklasse. Ich bin so happy, dass er das geschafft hat und dass er belohnt wurde international.

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