Der weite Sprung: Ausstellung über Luz Long
Bei den Olympischen Spielen von Berlin 1936 sollte der Leipziger Weitspringer der ganzen Welt die Überlegenheit der Arier demonstrieren. Doch dann verhalf er dem farbigen Jesse Owens vor den Augen Adolf Hitlers zum Sieg. Es war ein politischer Affront. Diese Freundschaft ist Thema der Ausstellung "Der weite Sprung" im Leipziger Sportmuseum.

Bei der Qualifikation zum Weitsprungwettkampf machte das Auftreten des großen, blonden und blauäugigen Sachsen, der den Vorstellungen der Nationalsozialisten vom perfekten Deutschen vollkommen entsprach, Owens nervös. Nach einem ungültigen und einem zu kurzen Sprung blieb ihm noch ein Versuch, um den Endkampf zu erreichen. Da erklärt ausgerechnet Long ihm, was er an seinem Anlauf ändern muss und Owens qualifiziert sich mit 7,60 Metern sicher für das Finale.
Arm in Arm
Der Kampf um die Medaillen begann nur wenige Stunden später direkt unter der Ehrenloge von Hitler. Owens gewann mit einer Weite von 8,06 Metern überlegen Gold, Long holte mit 7,87 Meter Silber. In der "Neuen Leipziger Zeitung" schrieb der 23-jährige Leichtathlet vom Leipziger Sportclub damals: "Ich kann nicht anders. Ich laufe zu ihm, bin der erste, der ihn beglückwünscht und umarmt."
Zahlreiche Fotos von diesem Tag zeigen, wie Long und Owens Arm in Arm durch das Olympiastadion laufen, sich angeregt unterhalten und nebeneinander auf dem Stadionboden liegen. In der Reichsführung sorgte das faire Verhalten Longs seinem schwarzen Konkurrenten gegenüber für Irritationen.
Von Heß gerügt
Longs Mutter Johanna vermerkte in ihrem Tagebuch, dass ihr Sohn von Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß gerügt und dazu aufgefordert wurde, nie wieder einen "Neger" zu umarmen.
"Es brauchte sehr viel Mut, um sich vor den Augen Hitlers mit mir anzufreunden", wird Owens in seiner Biografie zitiert. Er ist mit vier Goldmedaillen im Weitsprung, über die 100 und 200 Meter sowie mit der 4x100 Meter-Staffel der erfolgreichste Athlet der Spiele von 1936. Wann immer er später über diese Erfolge redete, sprach er auch über seine Begegnung mit Long. Er sei der fairste Sportler gewesen, den er je kennengelernt habe. Owens starb am 31. März 1980.
Eintritt in die NSDAP
Doch mit der Zeit hat sich die Geschichte von Long und Owens verselbstständigt, wurde mit zahlreichen Halbwahrheiten angereichert. Erst 2009 begann Kai Long, der Sohn von Luz Long, damit das Leben seines Vaters systematisch aufzuarbeiten. Dabei erfuhr er auch, dass sein Vater im April 1940 der NSDAP beitrat.
"Ob er eintreten wollte oder musste, ist nicht bekannt. Aber der sehr späte Parteibeitritt lässt Rückschlüsse auf die Gründe zu", sagt Kai Long. Kennengelernt hat er seinen Vater nie. Noch vor der Geburt seines Kindes im November 1941 ging der promovierte Jurist zum Militär, starb am 14. Juli 1943 im Einsatz auf Sizilien.
Briefkontakt mit Owens
Anlässlich des 100. Geburtstages von Luz Long widmet sich die Ausstellung "Der weite Sprung" des Leipziger Sportmuseums noch bis zum 14. Juli seinem Leben und seinen Erfolgen Longs sowie dem Verhältnis zu Owens. Wie eng es wirklich war, ist nicht klar. Owens und Long blieben auch nach den Olympischen Spielen in Kontakt. "Als Botschafter des Sports für den amerikanischen Präsidenten Dwight D. Eisenhower sagte Owens in den 50er-Jahren, dass er bis 1938 Briefkontakt mit meinem Vater hatte", berichtet Kai Long.
Owens sprach aber auch immer wieder über einen Brief, den Long ihm noch kurz vor seinem Tod geschickt haben soll. Darin bat er den Amerikaner, seinem Sohn von den Ereignissen in Berlin zu erzählen, falls er nicht lebend nach Hause zurückkehrt.
Zweimal traf sich Owens mit Kai Long. Aber ob es diesen letzten Brief wirklich gab, weiß er nicht. "Mir ist nicht klar, wie ein Brief von der deutschen Front die USA, also den Feind, erreichen konnte", sagt Kai Long.
Ausstellung im Foyer der Leipziger Verlags- und Druckereigesellschaft, Peterssteinweg 19. Öffnungszeiten täglich 10 bis 19 Uhr. Freier Eintritt, Anmeldung von Führungen unter sportmuseum-leipzig@leipzig.de
Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa)