Deriba Merga - Vielstarter mit Erfolg
Sieg beim Houston-Marathon (USA) in 2:07:52 Stunden, Einstellung des 15 Kilometer-Weltrekordes (41:29 min) während des Halbmarathons in Ras Al Khaimah (Vereinigte Arabische Emirate) und Platz eins beim Boston-Marathon (USA) in 2:08:42 Stunden. So liest sich die sportliche Bilanz von Deriba Merga (Äthiopien) in den ersten vier Monaten des Jahres 2009. Der 26-Jährige entwickelt sich mehr und mehr zu einem der besten Marathonläufer weltweit.
Dieser Erfolg in Houston, der zugleich sein erster Sieg auf dieser Distanz war, scheint dem 26-Jährigen Auftrieb gegeben zu haben. "Ich hatte nie vor irgendwas oder irgendjemandem Angst. Aber Siege geben einfach Selbstvertrauen", sagte Deriba Merga.
Kein Interesse am Laufsport in der Kindheit
Im Gegensatz zu vielen seiner äthiopischen Landsmänner, ist Deriba Merga nicht in den Höhengebieten um Addis Ababa, sondern im Wellega District, 385 Kilometer westlich der äthiopischen Hauptstadt, aufgewachsen. In seiner Kindheit interessierte er sich wenig für den Laufsport und die Erfolge der äthiopischen Läufer. "Ich habe meinen Eltern auf der Farm geholfen und bin zur Schule gegangen. Laufen hat mich nicht interessiert", sagte Deriba Merga.
Erst als er, um eine Schulprüfung zu bestehen, laufen musste, entdeckte er seine Leidenschaft für diesen Sport. "Laufen wurde fortan in meiner schwierigen Kindheit zu einer Hoffnung", erklärte Deriba Merga.
Die Entscheidung für das Laufen
Zunächst versuchte Deriba Merga, Schule und Laufen unter einen Hut zu bringen, doch kurz nachdem er auf die Highschool gekommen war, entschloss er sich, die Schule zu verlassen und fortan voll und ganz seine Zeit und Kraft auf das Training zu fokussieren. "Ich bin morgens vor sechs Uhr aufgestanden, um zu trainieren. Es war noch niemand wach, der mir Frühstück hätte machen können und die anderen zu wecken, habe ich mich so früh nicht getraut", sagte Deriba Merga.
Also verließ er sein Domizil mit leerem Magen, trainierte hart, ging anschließend ohne Mahlzeit bis zum Abend in die Schule und half dann noch seinen Eltern bei der täglichen Farmarbeit. Erst spät am Abend konnte Deriba Merga endlich essen. "Das konnte so einfach nicht funktionieren. Deshalb habe ich mit der Schule aufgehört, auch wenn mir die Entscheidung schwer gefallen ist", sagte der 26-Jährige.
Zunächst nur kleine Erfolge
Schon bald zahlte sich die Entscheidung, seine Schullaufbahn zu beenden, aus. Auf regionaler Ebene gewann er schnell die ersten Rennen über 1.500 Meter. "Einmal habe ich sogar einige Läufer über 1.500 Meter überrundet. Das hat mir sehr viel Selbstbewusstsein gegeben", erinnerte sich Deriba Merga.
Nach weiteren Erfolgen zog er nach Addis Ababa, in der Hoffnung, dort ein professioneller Läufer zu werden. Eine Hoffnung, die nach den ersten Trainingseinheiten jäh zerplatzte. "Ich habe schnell gemerkt, dass die Konkurrenz auf der Bahn innerhalb der äthiopischen Läufer zu groß ist, um genügend Geld zu verdienen", sagte Deriba Merga.
Wechsel auf die Straße
Also schloss sich der Äthiopier der Trainingsgruppe von Getaneh Tessema, dem Ehemann der Cross-Weltmeisterin von 1999, Gete Wami, an. Im Jahr 2006 folgte dann sein Debüt im Marathon in Boston. Doch Deriba Merga beendete das Rennen vorzeitig. Bis zu seinem nächsten Start über die 42,195 Kilometer verging fast ein Jahr. Beim Paris-Marathon (Frankreich) lief er nach schnellem Beginn als Elfter in 2:13:11 Stunden durchs Ziel.
Zwischen den beiden Marathonläufen hatte sich Deriba Merga jedoch einen Namen gemacht, indem er den "Great Ethopian Run", Afrikas größten 10 Kilometer-Lauf, gewann. Im Oktober des Jahres 2007 gelang ihm dann mit Platz vier bei der Halbmarathon-Weltmeisterschaft in Udine (Italien) sein bislang größter internationaler Erfolg. In 59:16 Minuten lief er zudem die zweitschnellste Zeit eines Äthiopiers über diese Distanz. Nur Haile Gebrselassie war schon schneller gewesen.
Rasante Steigerung im Marathon
Zwei Monate nach Platz vier bei der Straßen-WM folgte Rang zwei beim Fukuoka Marathon (Japan). Nur der spätere Olympiasieger Samuel Wanjiru (Kenia) war schneller. In 2:06:50 Stunden verbesserte Deriba Merga seine Bestzeit um mehr als sechs Minuten und unterbot zudem als fünfter Äthiopier die 2:07:00 Stunden-Marke.
Beim London-Marathon 2008 konnte er als Sechster in 2:06:38 Stunden diese Zeit nicht nur bestätigen, sondern sogar noch toppen. "Die Straßenrennen sind die finanzielle Garantie für meine Zukunft", sagte der 26-Jährige, der auch deshalb sehr viele Starts, vor allem auch über zehn Kilometer absolviert. "Ich will möglichst viel Geld verdienen. Außerdem liebe ich einfach den Wettkampf. Am liebsten würde ich überall laufen", sagte Deriba Merga.
Platz vier in Peking
Beim Olympia-Marathon in Peking (China) sah es lange so aus, als könne Deriba Merga um die Gold-Medaille mitlaufen. Er war es, der nach der Hälfte des Rennens attackierte. Doch der Angriff kam zu früh. Anstatt Gold, Silber oder Bronze blieb ihm am Ende nur der undankbare vierte Rang (2:10:21 h). Sein Freund und Trainingspartner Tsegay Kebede (Äthiopien; 2:10:00 h) hatte die bessere Renneinteilung und schnappte ihm auf den letzten Kilometern das sicher geglaubte Edelmetall weg.
Auch beim Halbmarathon in Ras Al Khaimah im Februar 2009 wählte Deriba Merga eine zu offensive Renntaktik. Bis Kilometer 18 lag er dort auf Weltrekordkurs und hatte im Vorbeigehen die Weltbestmarke über 15 Kilometer in 41:29 Minuten eingestellt. Auf den letzten Kilometern brach Deriba Merga jedoch völlig ein, verlor 30 Sekunden auf den späteren Sieger Patrick Makau (Kenia) und wurde am Ende in 59:18 Minuten Dritter.
Aus den Fehlern lernen
"Patrick war einfach geduldiger. Er hat sich zurückgehalten und dann im entscheidenden Moment attackiert", sagte Deriba Merga im Anschluss an das Rennen. Dass er aber aus seinen Fehlern lernen kann, hat der 26-Jährige mit seinen Siegen in Houston und Boston eindrucksvoll unter Beweis gestellt.
Auch eine Rückkehr auf die Bahn, wo seine 10.000 Meter-Bestzeit bei 27:02,62 Minuten steht, schließt Deriba Merga nicht aus. Erst will er allerdings noch genügend Geld auf der Straße verdienen und bei der WM in Berlin (15. bis 23. August) endlich auch seine erste Medaille bei einem internationalen Großereignis gewinnen - nach Möglichkeit Gold.