Detlef Uhlemann - "Ein Traum wurde wahr"
Dem DLV-Team-Trainer für den Crosslauf, Detlef Uhlemann, war gestern die Freude ins Gesicht geschrieben. Selbst als Aktiver 1977 Dritter bei der Cross-WM, konnte er nachfühlen, welche Leistungen die Deutschen, besonders aber die Frauen, bei dieser Cross-EM in Heringsdorf auf Usedom erbracht hatten. Detlef Uhlemann sorgt für merklich frischen Wind im deutschen Cross, war während der Cross-EM deshalb nicht von ungefähr ein vielgefragter Interviewpartner für Fernsehen, Rundfunk und Presse.
Detlef Uhlemann konnte bei der Cross-EM interessante Erkenntnisse gewinnen (Foto: Kiefner)
Im Hotel Residenz, wo gerade mal einhundert Meter von der EM-Strecke am Schloonsee entfernt das Medienzentrum untergebracht war, stellte er sich auch für leichtathletik.de den Fragen von Peter Grau.Wie fällt Ihr Gesamtresumee für das deutsche Team nach den vier Wettbewerben der Cross-EM auf Usedom aus?
Detlef Uhlemann:
Es ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Die Bronzemedaille der Frauen in der Mannschaftswertung krönte diese Meisterschaft für uns. Der krankheitsbedingte kurzfristige Ausfall von Irina Mikitenko hatte uns zuvor ja einen mächtigen Dämpfer gegeben.
Was war nach dieser Hiobsbotschaft Ihr eigentliches Ziel für die Frauen?
Detlef Uhlemann:
Wir wollten mit der Mannschaft unter die ersten Sechs kommen. Doch einen Tag vor dem Wettkampf gab Sabrina Mockenhaupt auf einer Pressekonferenz die richtige Antwort, als sie meinte, dass man trotzdem um eine Medaille kämpfen wolle.
Wie war die taktische Ausrichtung?
Detlef Uhlemann:
Wir waren uns einig, dass jeder Platz am Ende zählt (Anm. die Plätze der ersten Vier wurden zusammengezählt, bildeten das Mannschaftsergebnis). Vor allem die junge Julia Viellehner beherzigte das, machte in der letzten Runde noch viele Plätze gut. Luminita Zaituc lief sehr vernünftig und kontrolliert an, wurde am Ende immer stärker. Susanne Ritter hatte vielleicht zu schnell angefangen, war sicher übermotiviert.
Und Sabrina Mockenhaupt, wie ist ihr fünfter Platz einzuschätzen?
Detlef Uhlemann:
Wir wissen, was wir an ihr haben. Sie wollte am Anfang nicht zuviele weglaufen lassen. Deshalb schloss sie auch zur achtköpfigen Spitzengruppe auf.
Was dachten Sie, als sich Sabrina dann sogar an die Spitze setzte?
Detlef Uhlemann:
Spontan dachte ich, dass es wohl zu früh sei. Doch sie hat ja hinterher erklärt, dass die anderen langsamer wurden, sie also deshalb aufrücken konnte. Und dann drückte sie aufs Tempo, weil sie hoffte, dass andere abfallen würden. Und wie sie sich dann den fünften Rang erkämpfte, war beispielhaft. So weit vorn kam noch nie eine deutsche Frau bei einer Cross-EM ins Ziel.
Wie sind die Leistungen der Männer einzuschätzen?
Detlef Uhlemann:
Die Männer wollten natürlich den Frauen nacheifern, auch wenn sie keine Medaillenchancen hatten. Wir wollten in der Mannschaftswertung mindestens Achter werden, denn das hätte uns einen Start bei der Cross-WM im März ermöglicht. Zwischendurch lagen wir auf dem neunten Rang, doch am Ende reichte es nur zu Platz elf. Alexander Lubina als 29. bot eine gute Leistung. Leider musste der Zweite der Cross-DM, Christian Güssow, wegen Achillessehnenbeschwerden aufgeben. Auch Andre Pollmächer kam nicht ins Ziel. Damit wurde es natürlich für die Mannschaft ganz schwer.
Ein Wort zu den Juniorinnen...
Detlef Uhlemann:
Die Mädchen haben ihre Aufgabe gut absolviert, auch wenn es mit einer Medaille nicht geklappt hat. Besonders der siebte Platz von Verena Dreier ist hervorzuheben, doch eine besondere Überraschung war das nach ihrem Bremer Auftritt als Vierte im Frauenrennen für mich nicht.
Sind Sie verärgert, dass die Junioren so schnell angefangen haben, Sven Prätorius sogar an der Spitze lief?
Detlef Uhlemann:
Nein, denn man muss ihnen Unerfahrenheit zugestehen. Die Antwort muss sein, dass wir uns eben mehr der internationalen Konkurrenz stellen. Nur so kann man dazulernen.
Und wie sehen Sie nun die Perspektiven für die Cross-WM im März 2005?
Detlef Uhlemann:
Ich will nach wie vor sowohl mit einer Frauen- als auch einer Männermannschaft antreten. Bei den Frauen ist das sicher, gleich in welcher Zusammensetzung wir starten. Schwieriger wird es nun mit den Männern. Wir müssen uns über Einzelergebnisse bei den nächsten Crossläufen anbieten. Und vielleicht starten dann eben nur zwei oder drei Männer. Susanne Ritter war ja auch als Einzige bei der letzten Cross-WM und schnitt mit einem 23. Platz gut ab.
Damit zurück zum Aushängeschild, den Frauen. Wie lautet Ihre Prognose für die Cross-WM?
Detlef Uhlemann:
Wir traten hier als Team geschlossen auf, und verdientermaßen erhielten auch alle sechs Mädchen die Bronzemedaille. Auch Stephanie Maier, die an diesem Sonntag Geburtstag feierte, durfte sich über Bronze freuen. Das Aushängeschild ist natürlich Sabrina Mockenhaupt. Sie kann alles laufen, Cross, Halle und Bahn. Es wird sich zeigen, ob sie die Hallensaison und einen eventuellen Start bei der Cross-WM unter einen Hut bekommen wird. Vielleicht können wir auch mit Irina Mikitenko rechnen. Auf alle Fälle wird es eine starke Frauenmannschaft werden.
Wie lautet zum Abschluss Ihr allgemeines Fazit dieser EM? Welche Eindrücke nehmen Sie mit?
Detlef Uhlemann:
Leider war das Zuschauerinteresse sehr dürftig. Das enttäuschte vor allem auch den örtlichen Veranstalter, der sich viel Mühe gab. Anderes war perfekt, so die Strecke, die technische Ausrüstung im Start- und Zielgebiet, die Information der Zuschauer auf Videowand und per Mikrofon. Vielleicht war die Ortswahl doch nicht so glücklich, denn Usedom und besonders auch Heringsdorf sind zwar sehenswert, aber eben weit im hohen Nordosten. In diesen Monaten ist man da von Urlaubern nicht gerade überlaufen. Aber für den deutschen Crosslauf war das Ganze trotzdem motivierend. Mit einer Bronzemedaille bei solch einem Wettbewerb kann man viel lockerer auftreten, und so etwas motiviert alle. Und es bleibt bei meiner Maxime: Ich möchte keine Crossläufer formen, sondern ich will gute Langstreckler, die auch Cross laufen.