Detlef Uhlemann – Platz unter den ersten Sechs
Beim Hamburg-Marathon am Sonntag hatten viele der geschätzten 700.000 Zuschauer an der Strecke eher den Eindruck bei einem Volksfest, denn bei einem sportlichen Wettkampf der absoluten Weltspitze dabei zu sein. Im Begleitfahrzeug verfolgte DLV-Disziplintrainer Detlef Uhlemann den Marathon in der Hansestadt. Statt dem bombastischen Drumherum galt sein Interesse allerdings den stärksten deutschen Läufern.

Detlef Uhlemann ist zufrieden mit Martin Beckmann (Foto: Gantenberg)
Bastian Hebbeln fragte für leichtathletik.de nach, wie er die Leistungen von Hamburg bewertet und wie er die Perspektiven für die WM in Osaka (Japan) einschätzt.leichtathletik.de:
Was waren ihre persönlichen Eindrücke beim Hamburg-Marathon?
Detlef Uhlemann:
Das war schon ein Riesending, eine tolle Stimmung. Auch die Besetzung in der Spitze war diesmal sehr stark. Aber mir ging es darum, mich auf meine drei Läufer zu konzentrieren. Ich stand während des Rennens auch immer wieder in Kontakt zu ihnen, wobei ich die Anweisungen den Heimtrainern überlassen habe.
leichtathletik.de:
Und wie bewerten sie das Abschneiden der Deutschen?
Detlef Uhlemann:
Die Leistung von Martin Beckmann war sehr erfreulich. Er ist mit 2:15:22 Stunden nach längerer Zeit wieder in die Nähe seiner Bestzeit gekommen. Anfangs war ich ein bisschen unsicher, ob er nicht zu schnell angeht, aber nach 30 Kilometern, wo dann auch sein Tempomacher weg war, hat er das super durchgezogen. Bei Claudia Dreher habe ich nach zwölf Kilometern gedacht, wenn das eine defensive Herangehensweise ist, dann hat sie wohl einiges vor. Sie war auf Kurs zu seiner Zeit von circa 2:30 Stunden. Bei Kilometer 30 hatte ich dann aber Sorge wegen ihrer Verletzung (Sehnenentzündung), dass sie aussteigt. Ich habe alle fünf Kilometer angehalten und sie angefeuert. Es hat ihr offenkundig Probleme bereitet, aber sie hat sich unheimlich durchgekämpft. Es ging halt nicht schneller.
leichtathletik.de:
Wie ist der Ausstieg von Romy Spitzmüller zu betrachten?
Detlef Uhlemann:
Der Ausstieg von Romy Spitzmüller ist natürlich eine große Enttäuschung. Sie ist überhaupt nicht reingekommen in das Rennen. Wir müssen das mit ihrem Heimtrainer erstmal analysieren. Ich kann es mir nicht erklären und es ist schade, weil sie so viel dafür investiert hat im Vorfeld.
leichtathletik.de:
Als nächstes stehen die Deutschen Meisterschaften in Mainz an. Wie ist ihre Meinung zu dem Trubel um die Verlegung?
Detlef Uhlemann:
Ich muss sagen, dass das gar nicht meine Baustelle ist. Da geht es um Fragen der Organisation und auch der wirtschaftlichen Interessen. Die kurzfristige Verlegung war sicher unglücklich. Aber mir ist es letztlich egal, wo die Läufer im nationalen Maßstab gute Zeiten erzielen.
leichtathletik.de:
Wer sind nach heutigem Stand die Kandidaten für den Team-Wettbewerb bei der WM in Osaka (Japan), wer kann jetzt noch die Norm schaffen?
Detlef Uhlemann:
Bei den Männern haben wir noch drei potentielle Kandidaten, ich hoffe dass es zwei davon schaffen. Bei den Deutschen Meisterschaften in Mainz tritt Alexander Lubina an, in Düsseldorf ebenfalls nächsten Sonntag Mario Kröckert und Carsten Eich. Die wollen das unbedingt packen, haben die Team-Norm im Kopf. Martin Beckmann hat ja auch schon schön vorgelegt. Nicht zu vergessen ist Ulrich Steidl, der bei miserablen Bedingungen beim Boston-Marathon als Zwölfter nur sechs Minuten hinter der Spitze war. Bei den Frauen schreibe ich Claudia Dreher überhaupt nicht ab, gerade auch wegen ihrer Routine. Ich würde sie gerne dabei haben. Luminita Zaituc ist absolut gesetzt. Diese bilden mit den weiteren Göteborg-Starterinnen Susanne Hahn und natürlich Ulrike Maisch den Grundstock. Chancen haben aber sicherlich auch noch die Düsseldorf-Starterinnen Melanie Kraus und Sonja Oberem. Generell gilt, dass sich ja alle Läufer noch anbieten können.
leichtathletik.de:
Wie schätzen sie die Chancen ihrer Läufer in Hinblick auf die WM ein?
Detlef Uhlemann:
Bei den Männern muss ich ganz klar sagen, dass die Teilnahme an sich schon das Ziel ist. Wir waren die letzten Jahre ja nicht präsent. Ich sehe das ganze mit Langzeitwirkung auch für die Heim-WM 2009 in Berlin. Dafür wollen wir über Osaka und Peking Schwung holen. Bei den Frauen stehen die Chancen wesentlich besser, gerade mit einer gesunden Ulrike Maisch. Es wäre sehr schade, wenn man auf sie verzichten müsste. Das Team ist sehr kompakt und je schwerer die Bedingungen werden und sie werden ist Japan schwierig sein, desto größer ist unsere Chance, weil Favoritinnen dann eher die Segel streichen. Ich halte einen Platz unter den ersten sechs für durchaus realistisch.