Detlef Uhlemann - „Werte Cross weiter hoch“
Die deutschen Läufer haben am Sonntag bei der Cross-EM in Dublin (Irland) ihre Visitenkarten abgegeben und dabei vor allem im Nachwuchsbereich überzeugt. leichtathletik.de nahm im Gespräch mit DLV-Disziplintrainer Detlef Uhlemann die Titelkämpfe noch einmal ins Blickfeld und richtete den Blick auch ins EM-Jahr voraus.
Herr Uhlemann, wie fällt Ihr abschließendes Fazit der Cross-EM in Dublin am Tag danach aus?Detlef Uhlemann:
Erst einmal positiv. Der Glanz einer Bronzemedaille und von zwei vierten Plätze strahlt auch auf die anderen ab, bei denen es nicht ganz so nach Wunsch gelaufen ist. Wir haben alles gegeben, auch ich, was noch an meiner Stimme zu hören ist. Wenn man es aber differenziert betrachtet, dann kommt man auch auf ein paar Sachen, die nicht so gut gelaufen sind.
Der Nachwuchsbereich ist nicht ganz Ihr Zuständigkeitsbereich, aber hatten Sie mit einem solchen Abschneiden dort rechnen können?
Detlef Uhlemann:
Das ist im Vorfeld immer schwer einzuschätzen, weil die Fluktuation groß ist. Ich würde es aber schon als Überraschung werten, dass wir eine U20-Medaille geholt haben. Auch der vierte Platz von Corinna Harrer war ein Knaller, ein super Auftakt. Wir haben den Standard dann nicht ganz halten können.
Sie hatten bereits vom differenzierten Betrachten gesprochen. Welche Wermutstropfen nahmen Sie mit nach Hause?
Detlef Uhlemann:
Wermutstropfen würde ich es nicht unbedingt nennen. Wir wussten im Vorfeld, dass es bei den Aktiven ganz schwer wird. Bei den Frauen hat sich das ganz drastisch bestätigt, wo es überhaupt nicht nach Wunsch lief. Wir können dort deutlich mehr, auch in der Besetzung, die nach dem Ausfall von Julia Viellehner nicht ideal war, aber trotzdem ihr Bestes gegeben hat. Wir geben uns mit solchen Ergebnissen nicht zufrieden, aber wir können keiner Athletin böse sein.
Gibt es für das Frauenergebnis bestimmte Gründe, die man anführen kann?
Detlef Uhlemann:
Wir sind am Flughafen noch zusammengesessen und haben überlegt, woran es lag, dass alle mit Ausnahme von Saskia Janssen, die als Ersatz nachgerückt war und sich als 1.500-Meter-Läuferin ordentlich geschlagen hat, eigentlich unter Wert gelaufen sind. Wir wissen es nicht genau, woran es gelegen hat. Möglicherweise wurde in der Woche davor im Training in der Absicht, es besonders gut zu machen, noch ein wenig überdreht.
Steffen Uliczka hatte bereits angekündigt, die Cross-WM im März anpeilen zu wollen. Wie würden Sie ihn mit dem Blick nach Bydgoszcz einschätzen?
Detlef Uhlemann:
Ich würde ihn gerne dort sehen, weil er mit seinem 19. Platz in Dublin nun die internen Kriterien erfüllt hat. Er hätte auch noch deutlich besser sein können, wenn er nicht dieses Sturzpech gehabt hätte. Nach einem Gespräch nach dem Rennen bin ich mir aber nicht mehr ganz so sicher, ob das noch in seine persönliche Planung hineinpasst.
Es fiel bei dieser Cross-EM auf, dass insgesamt nur noch 50 Frauen am Start waren. Überspitzt gefragt, ist diese EM auf dem Weg zu einer Nachwuchsmeisterschaft?
Detlef Uhlemann:
Ich hoffe nicht. Ich muss aber bemängeln, dass einige Nationen keine Mannschaften mehr schicken. Ich finde es sehr schade, dass so starke Nationen wir Russland gar nicht präsent sind, weil sie vielleicht im letzten Jahr nicht den Erfolg hatten. Das ist aus sportlicher Sicht sehr bedauerlich. Es gibt aber auch Länder, die schicken drei Teilnehmer, wobei vier dann eine Mannschaft wären. Speziell bei den Frauen merkt man auch die Einführung der U23-Klasse. Ich hoffe, dass es sich in der Zukunft wieder ein bisschen besser darstellt.
EA-Präsident Hansjörg Wirz hat am Wochenende die Bedeutung der Cross-EM herausgestellt. Umso mehr, wenn die Cross-WM künftig nur noch alle zwei Jahre stattfindet. Wie schätzen Sie die Bedeutung des kontinentalen Vergleichs nach den Eindrücken von Dublin ein?
Detlef Uhlemann:
Der kontinentale Vergleich ist für uns ganz wichtig. Ich bin auch regelmäßig bei den Cross-Weltmeisterschaften und dort sieht man leider schon, dass sich Europa zurückzieht und nicht mehr schmückendes Beiwerk einer afrikanischen Meisterschaft sein möchte. Das kann man bedauern, aber das ist die Realität. Mir wäre es recht, wenn wir künftig mit der EM auf den Termin im Frühjahr mit dem Abschluss der Cross-Saison gingen, den die WM jetzt freimacht, und auch auf den Zwei-Jahres-Rhythmus. Das würde die finanzielle Situation der Verbände ein wenig entlasten. Der Dezember-Termin ist sportfachlich nicht ideal. Das wissen wir alle, aber wir müssen ihn annehmen. Die Tendenz ist aber, es beim jährlichen Rhythmus und beim Dezember zu belassen.
Eine solche Veranstaltung kann sicherlich die jungen Athleten stählen. Welchen Eindruck hatten Sie, dass diese gerade jetzt aus Dublin mitnehmen konnten?
Detlef Uhlemann:
Für die weitere sportliche Entwicklung sind das ganz wichtige Meilensteine. Man hat über die Jahre und die Kontinuität, die wir mit der Entsendung von Mannschaften schaffen, schon gesehen, wie die Erfahrung bei denen, die schon häufiger dabei waren, wächst. Bei den Mädchen hatten wir welche, die im letzten Jahr noch U20 und jetzt U23 waren. Sie kannten nun das ganze Prozedere und haben sich sehr gut dargestellt. Ich bin sehr dankbar, dass sich unser Verband dem Rat der Trainer angeschlossen hat, sechs Mannschaften zu schicken, obwohl uns im Vorfeld klar war, dass es bei den Aktiven sehr schwer wird, eine einstellige Platzierung zu erzielen, wobei wir nun bei den Frauen von dem schwachen Meldeergebnis profitiert haben.
Sie sind auch in den letzten Jahren stets sehr für den Crosslauf eingestanden und haben ihn immer noch hoch bewertet…
Detlef Uhlemann:
Ich bewerte den Cross nach wie vor hoch. Ich versuche auch, das Bewusstsein bei den Athleten und bei meinen Trainerkollegen zu schaffen. Ich hatte mir bei meinem Amtsantritt aber nicht vorgestellt, dass es so schwer ist, den Cross ins Bewusstsein zu rücken. Ich hatte das Gefühl, es ist 15 Jahre lang nahe gegen Null gefahren. Da ist es ganz schwer, das langsam wieder zu steigern. Ich sehe aber schon die Tendenz, vor allem beim Nachwuchs, dass es da wieder eine gewisse Selbstverständlichkeit wird, dass man im Winter als Lang- und auch als Mittelstreckler Cross läuft und es einem etwas bringt. Das zeigen auch die Beispiele aus dem Ausland. Ich bleibe weiter dabei und hoffe auf die Unterstützung. Ich denke, dass es sich irgendwann auch im Sommer auszahlen wird.
Das EM-Jahr 2010 naht. Was erwarten Sie in Ihrem Langstreckenbereich von Ihren Athletinnen und Athleten?
Detlef Uhlemann:
Wir wollen mit unseren besten Langstrecklern natürlich nach Barcelona. Das ist das Thema. Der Cross ist dabei Durchgangsstation. Wir wollen keine Cross-Spezialisten, sondern über den Cross erfolgreiche Langstreckler entwickeln. Deshalb muss das Ziel für den Kader, für den ich verantwortlich bin, Barcelona heißen und dass wir uns dort möglichst gut darstellen.
Wie könnte das konkret aussehen?
Detlef Uhlemann:
Ich hoffe schon, dass wir diese berühmten Platzierungen unter den ersten Acht schaffen können. Das ist das, was in die Nationenwertung einfließt. Dazu möchten wir im Lauf beitragen. Das ist uns bei der WM leider nicht gelungen.