Deutsche Doppelsiege und dunkle Wolken in Regensburg
Es waren dunkle Wolken, die am Sonntagmorgen über Regensburg hingen. Für einen verhiesen sie nichts Gutes, auch wenn es - rein auf das Wetter bezogen - nur zu einem kurzen Regenschauer kam. Michael Fietz nämlich, der sich die Marathonnorm von 2:12:30 Stunden für die EM in München vorgenommen hatte, blieb blass beim Lauf an der Donau und lief nur die halbe Distanz zu Ende. So war der Weg frei für seinen Vereinskollegen Sebastian Bürklein sowie Kathrin Wessel, die für sich die Schlagzeilen des Frauenrennens beanspruchte.
Sebastian Bürklein kämpfte sich zu einem neuen Hausrekord
Die Berlinerin gewann mit einer bemerkenswerten Zeit von 2:30:38 Stunden. Sie wurde von ihren Tempomachern vorbildlich bis zu Kilometer 35 geführt und war dann ganz alleine auf sich gestellt, denn keine der anderen Starterinnen vermochte der WM-Teilnehmerin von Edmonton das Wasser zu reichen. "Ich wollte heute schnell sein", sagte Kathrin Wessel nach ihrem Sieg, "in der letzten Phase des Rennens habe ich an Tempo verloren und Seitenstechen bekommen. Deshalb verpasste ich eine Zeit unter 2:30 Stunden." Vielleicht hat sie sich diese ja für die Europameisterschaft in München, auf die sie nun hinarbeiten möchte, aufgehoben. Die Generalprobe auf bayerischem Terrain konnte sich jedenfalls sehen lassen, den alten Streckenrekord hat sie pulverisiert und das war ihr primäres Ziel vor dem Start. Hinter Wessel schafften die erfahrene Maria Bak (D; 2:40:34 h) und Vorjahressiegerin Valentina Delion (MOL; 2:44:06 h) noch den Sprung auf das Podest.Auch deutscher Doppelsieg bei den Männern
Auch bei den Männern kam es erfreulicherweise zu einem deutschen Doppelsieg. Sebastian Bürklein und Michael Wolf wurden dabei für ihren Mut und ihren ausgesprochenen Kampfgeist belohnt und beide zeigten sich am Ende froh darüber, überhaupt durchgekommen zu sein. Sie gingen das Tempo an der Spitze mit und hielten auf den ersten Kilometern Anschluss zu den drei schnellen Kenianern mit Tempomacher Gabriel Mutai.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Favorit Michael Fietz schon seine Probleme und den Kontakt zur Spitzengruppe verloren. Bange Blicke galten bei Kilometer zehn zur ersten Wende nicht nur den enteilten und ihm wieder entgegenkommenden Konkurrenten, sondern auch der Uhr, die nach der vollen Distanz für ihn eigentlich spätestens bei 2:12:30 stoppen hätte sollen. Aber es kam anders. Die Erkältung, die ihn vor wenigen Tagen heimgesucht hatte, steckte ihm nach eigener Aussage noch in den Knochen und auch Wadenprobleme stellten sich wieder ein. So wurde spontan aus ihm ein Halbmarathonläufer und er ging nach der ersten Runde nicht auf die zweite Hälfte der Volldistanz, sondern bog auf die Zielgerade ein, um dort überraschte Blicke zu ernten. Er wusste, dass der Marathonzug zur EM für ihn endgültig abgefahren war. In 1:12:14 Stunden reihte er sich in der Halbmarathonwertung auf Platz neun ein, während hier Andrej Naumov aus der Ukraine (1:04:34 h), der Kenianer Simon Kiliu (1:05:59 h) und der deutsche Triathlet Lothar Leder (1:08:23 h) das Rennen bestimmt hatten.
Bürklein wurde für Zwischenattacke belohnt
Durch den Ausstieg von Fietz war die "Erblast" endgültig auf Bürklein und Wolf, die sich weiter tapfer hielten, aber zwischendurch den Anschluss an die Spitze verloren hatten, übergegangen. Zwischen Kilometer 25 und 32 gab der Wattenscheider ordentlich Gas, schloss nicht nur zu den Kenianern auf, sondern überholte sie sogar, so dass er zur zweiten Wende bereits mehrere Sekunden Vorsprung hatte, die es ins Ziel zu retten galt. Dadurch, dass Jackton Wasiema nichts mehr zuzusetzen hatte, konnte er diesen sogar noch ausbauen und am Ende in 2:16:09, einer neuen persönlichen Bestzeit, als Erster das Ziel erreichen. "Hinten raus war es richtig hart", gestand Sebastian Bürklein, "ich habe das Rennen im Prinzip dann alleine gemacht. Mit so einer Leistung kann man zufrieden sein."
Sonderlob von Michael Wolf an Ines Cronjäger
Eine besondere Begleitung hatte sich der Leverkusener Michael Wolf an die Seite geholt. Seine Freundin Ines Cronjäger, die erst kürzlich den Hannover-Marathon gewonnen hatte, begleitete ihn auf dem Fahrrad, allerdings ohne das "nette Röckchen", das sie ihm noch am Tag vorher angekündigt hatte. Wie er im Ziel aber dann mehrmals betonte, hatte sie beträchtlichen Anteil daran, dass er das Rennen als Zweiter beendete: "Ines hat mich gut motiviert, sonst hätte ich es nicht geschafft." Eine Zeit von 2:18:21 Stunden brachte er schließlich auf die Anzeigetafel. "Das ist zwar nicht so toll, aber die Platzierung ist klasse." Bis Kilometer 30 hatte er sich bestens gefühlt und sich auch eine Zeit um 2:14 Stunden zugetraut. Nach zwischenzeitlichen Seitenstichen, die ihn bremsten, konnte er sich aber wieder erholen und den Kenianer Jackton Wasiema (Dritter in 2:19:22 Stunden) in Schach halten. "Wenn ich weiter übe, bekomme ich auch die Erfahrung, um dieses Tempo durchzulaufen", meinte Michael Wolf im Anschluss an den Wettkampf zu seinen Perspektiven auf den 42,195 Kilometern. Auf Platz vier blieb auch Maximilian Bahn von der LG Bonn/Troisdorf/Niederkassel mit einer Zeit von 2:19:42 unter 2:20 Stunden.
Keine Offenbarung für ein EM-Marathon-Team der Männer
Trotz der insgesamt gelungenen Veranstaltung mit bemerkenswerten sportlichen Leistungen blieb am Ende doch die Erkenntnis, dass die deutschen Marathon-Männer auch die letzte Chance, sich für die EM in München zu empfehlen, nicht nutzen konnten. Michael Fietz scheiterte, Sebastian Bürklein und Michael Wolf blieben über den von Bundestrainer Wolfgang Heinig für eine Mannschaft geforderten 2:15 Stunden - eine Truppe, die auch nur annähernd das Zeug für die EM im eigenen Land hätte, konnte sich nach Hamburg, Rotterdam, Leipzig und Hannover auch in Regensburg, der letzten Chance für München, nicht formieren, selbst wenn man die Leistung von Sebastian Bürklein nur drei Wochen nach seinem mißglückten Rennen in Rotterdam durchaus herausstellen kann. Aus einem kritischen Blickwinkel hatten die dunklen Wolken, die zumindest Kathrin Wessel für sich und auch stellvertretend für die leistungsstärkere DLV-Frauenriege vertreiben konnte, in der Oberpfalz doch irgendwie einen symbolischen Charakter.
Die Top-Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik...