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Deutsche Höhenjäger vor Auftakt in brisantes Jahr

Mit dem Neujahrsspringen in Merzig im Saarland eröffnen die Stabhochspringer am Samstag (3. Januar) die Hallensaison 2015 – womöglich ein richtungweisender Wettbewerb. Denn die Konstellation im deutschen Stabhochsprung ist interessant wie lange nicht mehr, sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen.
Silke Morrissey

Die Kulisse könnte kaum besser sein: Der Merziger Zeltpalast, sonst Gastgeber von Kultur-Events im Saarland, lädt am Samstag zu Höhenflügen ein. Angekündigt sind mit Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) und Pawel Wojciechowski (Polen) die Weltmeister der Jahre 2013 und 2011.

Raphael Holzdeppe ist einer von mehreren deutschen Stabhochspringern, die sich nach einem schwierigen Jahr 2014 wieder in der Spitze zurückmelden wollen – nicht nur in der nationalen, sondern am besten gleich in der Weltspitze. Ein weiterer Athlet ist der Olympia-Zweite Björn Otto (ASV Köln), ein Dritter der Vize-Hallen-Weltmeister Malte Mohr (TV Wattenscheid 01). Alle haben sie die EM 2014 verpasst, alle wollen sie 2015 ihre internationalen Startplätze zurückerobern.

Rückkehrer gegen Aufsteiger

Etwas dagegen haben dürften die EM-Teilnehmer Karsten Dilla und Tobias Scherbarth (TSV Bayer 04 Leverkusen). „Die beiden haben Blut geleckt“, bestätigt Bundestrainer Jörn Elberding. „Sie wollen jetzt den nächsten Schritt machen.“

Da ist Spannung vorprogrammiert. Schließlich sind die Plätze für die internationalen Höhepunkte 2015 begrenzt, auch wenn bei der WM aufgrund der Wildcard von Titelverteidiger Holzdeppe vier DLV-Athleten starten dürfen. Für die Hallen-EM in Prag (Tschechische Republik) Anfang März werden sich wohl mindestens fünf Höhenjäger um drei Tickets streiten.

„Gruppendynamik noch stärker“

Im Trainingslager in Südafrika war für alle Gelegenheit, den Trainingsstand der nationalen Konkurrenz unter die Lupe zu nehmen. Wer springt aus kurzem, wer schon aus längerem Anlauf? Wer wählt welche Stäbe? Wer lässt sich wie oft auf dem Platz blicken?

Doch auch wenn die Athleten Konkurrenten sind – auf dem Trainingsplatz und selbst während des Wettkampfes herrscht in der Regel Teamwork. Das liegt einerseits daran, dass sich Athleten sowie Heim- und Bundestrainer sehr gut kennen. Und andererseits daran, dass Stabhochspringer stets auf die Hilfe anderer angewiesen sind. „Stabhochsprung alleine – das geht nicht“, sagt Björn Otto. Und wenn es nur die Anlaufmarken sind, auf die jemand ein Auge haben muss.

Dass in den vergangenen zwölf Monaten viele der Topathleten zusehen mussten, hat an der guten Stimmung im Stabhochsprung-Lager nichts geändert – im Gegenteil: „Die Saison 2014 hat uns noch mehr zusammengebracht“, sagt Jörn Elberding. „Die Gruppendynamik ist stärker als vorher.“ Dennoch betont er: "Jeder will gewinnen." Von Kuschelkurs alleine hält er nichts.

Wer kann überraschen?

Jörn Elberding ist zufrieden mit den Entwicklungen seiner Schützlinge. Auch die Rückkehr von Raphael Holzdeppe zu seinem langjährigen Trainer Andrei Tivontchik bewertet er positiv: „Das ist meine Wunschkonstellation“, sagt er. „Malte Mohr kriegt bei Chauncey Johnson wieder mehr Aufmerksamkeit, und Andrei kennt Raphael sehr gut.“ Wann die beiden wieder vorne mitmischen werden, lässt er offen. „Entweder, das klappt schon in der Halle, oder erst im Freien. Zurückkommen werden sie auf jeden Fall!“

Ein weiterer Athlet, den Elberding auf der Rechnung hat, ist Daniel Clemens (LAZ Zweibrücken). Der 22-Jährige, Trainingspartner von Holzdeppe, sei ein Mann für 5,70 Meter – die Marke also, für die bisher internationale Startplätze vergeben wurden. Und auch Hendrik Gruber (TSV Bayer 04 Leverkusen) dürfe man nicht aus den Augen verlieren. „Der springt aktuell sehr gut.“

Martina Strutz wieder voller Tatendrang

Im Lager der deutschen Stabhochspringerinnen ist die Ausgangslage vor dem Start in die Hallensaison ähnlich interessant. Denn auch hier wollen mit der WM-Vierten Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen) und der Vize-Weltmeisterin von 2011 Martina Strutz (SC Neubrandenburg) zwei Leistungsträgerinnen der vergangenen Jahre nach Verletzungen wieder den Anschluss finden. Mit Kristina Gadschiew (LAZ Zweibrücken) fiel 2014 zudem die Deutsche Hallenmeisterin von 2013 aufgrund eines Achillessehnen-Risses aus.

Im Trainingslager in Südafrika hinterließ besonders Martina Strutz schon wieder einen starken Eindruck und heimste dafür Lob von Jörn Elberding ein, der sie vor Ort betreute. „Martina ist ein Unikat“, sagte er, „das ist schon beeindruckend.“

Kristina Gadschiew springt wieder

Frauen-Bundestrainer Andrei Tivontchik feilte derweil  mit Kristina Gadschiew und Silke Spiegelburg an ihrer Form. Während Gadschiew schon im Dezember wieder erste Sprünge aus sechs Schritten Anlauf absolvierte („Sie ist schon wieder voll im Training“), soll Silke Spiegelburg behutsamer aufgebaut werden.

Die Leverkusenerin hatte sich im Juni einen Haarriss am Kahnbein zugezogen – es war die erste große Verletzung in der Karriere der 28-Jährigen, die schon im Alter von 15 Jahren U18-Weltmeisterin war. „Sie muss sich erst wieder an Belastungen gewöhnen“, sagt Andrei Tivontchik und fügt hinzu, dass man abwarten müsse, wie Spiegelburgs Körper auf die lange Pause reagiert.

Lisa Ryzih ist die Gejagte

Für die Rückkehrerinnen wird auf nationaler Ebene wohl vor allem eine Athletin das Maß der Dinge sein: die Ludwigshafenerin Lisa Ryzih. Mit 4,71 Metern war sie 2014 die Nummer drei der Welt, bei der EM in Zürich (Schweiz) verpasste sie als Vierte nur knapp das Podest.

Auch Katharina Bauer (TSV Bayer 04 Leverkusen), deutsche Vertreterin bei der Team-EM in Braunschweig, hofft für 2015 auf weitere internationale Einsätze. Mit der 24 Jahre alten Martina Schultze (VfL Sindelfingen) steht eine weitere junge Athletin in den Startlöchern. Die zehn Jahre ältere Carolin Hingst (TSG Nieder-Ingelheim) darf man ohnehin nie abschreiben.

Die Bühne ist also bereitet für ein spannendes Stabhochsprung-Jahr 2015. Nicht nur die Bundestrainer werden darauf hoffen, dass sie zu den internationalen Höhepunkten die Besten der Besten an den Start schicken können. „Dann ist es mir egal, wer die Medaillen holt“, sagt Jörn Elberding. „Letztendlich profitieren alle davon.“

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