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Deutsche Leichtathletik-Experten im Ausland: Günter Lange

Sport-Entwicklungshilfe auf der ganzen Welt: In vielen Ländern der Erde leisten deutsche Leichtathletik-Experten Aufbau- und Fortbildungsarbeit, in Kurzzeit- und Langzeitprojekten. leichtathletik.de stellt Ihnen einige der vielseitigen Globetrotter in Porträts genauer vor. Heute: Günter Lange. Der 60-Jährige war zwischen 1993 und 2013 als Sportentwicklungshelfer des Auswärtigen Amts in mehr als 40 Ländern tätig. Seit einem Jahr ist er Senior Manager beim Internationalen Leichtathletikverband (IAAF).
David Weber

Günter Langes Weg beginnt in Erkelenz, das ist im Rheinland, ungefähr fünfzehn Kilometer von Mönchengladbach östlich und der niederländischen Grenze im Westen entfernt, und seine Reise endet wahrscheinlich irgendwann in Jakarta, Indonesien, das ist ein bisschen größer. 20 Millionen Einwohner, schätzt Günter Lange, Wikipedia sagt zehn Millionen, in der Metropolregion 30 Millionen, stimmt also ungefähr. Erkelenz taxiert Günter Lange auf 15.000, hier sagt Wikipedia: fast dreimal so viel, aber wahrscheinlich ist das auch mit Metropolregion, die Vororte Matzerath, Mennekrath und Wockerath noch eingerechnet.

In Erkelenz ist der 60-Jährige vor ein paar Jahrzehnten aufgewachsen, in Jakarta hat er mit seiner indonesischen Frau ein Haus, hier will er sich zur Ruhe setzen. Wo ist seine Heimat? "Man muss unterscheiden zwischen Heimat und Wohnen. Ich bin Rheinländer, aber meine Wohnung ist da, wo meine Frau und mein Hund sind", sagt Lange.

Sprachen sind kein Hindernis

Mainz: Ein schlechtwettriger Tag in der Adventszeit. Günter Lange ist gerade an der DLV-Trainerakademie. Ein bisschen erkältet, hat er sich am letzten Wochenende in Paris (Frankreich) eingefangen. Nach Mainz fährt er in die USA, Lange sagt: "You-Es-Aa", das passiert wohl, wenn man viel Englisch und seltener Deutsch spricht, "ich habe manchmal das Gefühl, ich hab's verlernt."

Also, das Gefühl trügt, und außerdem spricht er bestimmt noch andere Sprachen, die sich das Gehirn teilen. "Auf Englisch und Französisch kann ich unterrichten, dann Bahasa-Indonesia, Chinesisch, allerdings mit begrenztem Wortschatz, und ich verstehe die anderen Latino-Sprachen, Portugiesisch, Spanisch, Italienisch, aber das ist nicht unterrichtsreif", bestätigt Lange.

"Development und Member Relations" bei der IAAF

Seit einem Jahr ist Günter Lange beim Weltverband (IAAF) angestellt, als "Senior Manager im Bereich Development und Member Relations" mit Sitz in Monaco.

Das ist "ein Riesenbereich: die globale Konzeption der Ausbildung von Kampfrichtern und Trainern, von allen Personen, die mit Wettkämpfen und Training direkt oder indirekt zu tun haben. Und wir machen Angebote an die nationalen Verbände, um eine Strategie für die individuelle Situation zu entwickeln, und dann helfen wir bei der Umsetzung". Klingt ein bisschen vertüftelt, ist aber "unheimlich spannend".

Arbeit in 40 verschiedenen Ländern

Spannende Sachen hat Günter Lange sein ganzes Leben lang gemacht. "Ich hatte zweimal die Gelegenheit, in eine sogenannte sichere Position zu gehen." Nach dem Studium in Aachen hätte er Gymnasiallehrer für Deutsch und Sport werden können, und später hätte er im Hochschuldienst bleiben und promovieren können. "Aber es hat mich erschreckt, jetzt schon zu wissen, was ich die nächsten 30 Jahre meines Lebens machen werde", erklärt er.

Nach der Diplomtrainerausbildung, Günter Lange war Bundestrainer für den Nachwuchs der Frauen auf der Langstrecke, kam ein Angebot aus China, dort Nationalcoach zu werden. "Ich war der erste ausländische offizielle Trainer, der dort gearbeitet hat. Diese Chance bekommt man nur einmal im Leben." Lange ging nach China, zwei Jahre. Dann nochmal kurz zurück nach Deutschland, und dann für das Auswärtige Amt nach Indonesien, Thailand, Nepal und Uganda, das waren die Langzeitprojekte über vier Jahre, daneben serielle Projekte, zum Beispiel in Vietnam.

Insgesamt hat Lange in mehr als 40 Ländern gearbeitet. Immer wieder neu aufbauen, sich zurechtfinden, neue Aufgabenbereiche, kulturelle Unterschiede. "Für die Langzeitprojekte muss man bereit sein, alle vier Jahre sein soziales Umfeld zu ändern", sagt Lange, "aber ich habe so viele wertvolle Erfahrungen gemacht und Freunde fürs Leben gefunden".

"Hilfe zur Selbsthilfe"

Sportentwicklungshilfe ist "eine fantastische Hilfe. Das Grundkonzept ist eindeutig: Hilfe zur Selbsthilfe", erklärt Lange. "Die Qualität eines guten Lehrers und Entwicklungshelfers macht aus, dass man mögliche Lösungswege gemeinsam mit dem Counterpartner entwickelt. Man muss offen sein für Vorstellungen, die man nicht auf seinem Block hatte, und nicht den deutschen Zeigefinger heben. Dann hat man vier Jahre Zeit – mit dem Ziel, dass man danach nicht mehr gebraucht wird."

Mittlerweile gehört das "nomadische Leben", wie Lange es nennt, der Vergangenheit an. Er ist jetzt wieder öfter in Europa, auch mal in der Heimat, in Erkelenz. Und da, wo er sich zuhause fühlt: Wo seine Frau und sein Hund sind, wo seine Bilder hängen. Nicht selbst gemalt, sondern gesammelt: auf der ganzen Welt.

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