| Nach Saison-Auftakt

Deutsche Marathonläufer zwischen Ernüchterung und Zuversicht

Vier deutsche Marathonläufer waren am vergangenen Sonntag bei hochklassigen internationalen Rennen über die 42,195 Kilometer im Einsatz. Obwohl keiner von ihnen die erhofften Zeitziele erreichte, gab es am Wochenende für die deutschen Straßenläufer neben Ernüchterung auch Zuversicht. Dafür sorgten einige starke Halbmarathon-Resultate.
Jörg Wenig

Einen Tag nach dem HAJ Hannover-Marathon, bei dem Arne Gabius (TherapieReha Bottwartal) als Siebter mit 2:14:29 Stunden die avisierte Richtzeit für eine mögliche Olympia-Nominierung von 2:11:30 Stunden deutlich verpasste, stellte der 38-Jährige zwei positive Aspekte seines Rennens heraus: „Erstens: ich habe mich durchgebissen, zweitens: mir tut nichts weh.“

Wenn er sich ohne Verletzungsprobleme und Krankheiten auf einen Herbst-Marathon vorbereiten kann, ist sich Arne Gabius sehr sicher, dass er das Olympia-Limit unterbieten kann. „Für Hannover hat das Training einfach nicht gereicht – ich hatte krankheitsbedingt einen zu großen Ausfall und konnte daher auch nicht ins Trainingslager nach Kenia fahren“, erklärte er.

Nach einer Erholungsphase will Arne Gabius im Frühsommer bei ein paar Straßenrennen starten und vielleicht auch auf der Bahn antreten. Das große Ziel bleibt natürlich die Olympia-Qualifikation – und das möglichst bei einem Herbst-Marathon. Berlin oder Frankfurt sind die naheliegenden Optionen, aber für genaue Planungen ist es noch zu früh. „Meine Planung wird voll auf die Spiele ausgerichtet sein. Ich bin mir sicher: Tokio wird toll, es werden sehr gut organisierte Olympische Spiele.“ Zudem wird das Rennen über die 42,195 Kilometer im Marathon-verrückten Japan sicherlich ein großer Höhepunkt.

Baar, Pflieger und Schöfisch mit Problemen

Ein längerer Trainingsausfall im Winter aufgrund eines Infektes wirkte sich auch bei Philipp Baar (SCC Berlin) negativ auf die Marathon-Leistung aus. Bis Kilometer 25 lag er in Wien (Österreich) noch auf Kurs für eine Zeit von rund 2:14:00 Stunden. Doch dann ging so gut wie nichts mehr. Mit 2:18:45 Stunden und Rang 19 war der EM-Teilnehmer von Berlin im Ziel. „Der Januar hat ihm gefehlt, er war einfach noch nicht so weit“, sagte Trainer Dieter Hogen.

Auch die beiden weiteren EM-Teilnehmer Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg) und Marcus Schöfisch (Leipzig/lauftraining.com) laborierten in den letzten Wochen an Infekten und konnten somit am Sonntag beim Generali Berliner Halbmarathon nicht ihr gewohntes Leistungsvermögen abrufen. Pflieger wurde 15. in 64:22 Minuten, Schöfisch musste sich sogar mit Rang 39 in 68:45 Minuten zufrieden geben.

Tom Gröschel auf gutem Weg in Richtung Düsseldorf

Philipp Pflieger wird in diesem Frühjahr keinen Marathon laufen. In der Herbst-Saison will er sich über die 42,195 Kilometer zurückzumelden. Die Olympia-Norm ist zwar noch ein Stück schneller als seine Bestzeit von 2:12:50 Stunden. „Aber Olympia ist mein Ziel, daher werde ich mich an dieser Zeit orientieren. Eine persönliche Bestzeit ist lange überfällig“, sagte der Regensburger, der sich 2015 in Berlin mit seiner Bestmarke für die Olympischen Spiele 2016 in Rio qualifiziert hatte. Voraussichtlich wird der 31-Jährige im September nach Berlin zum Marathon zurückkehren.

Ein weiterer Marathon in diesem Frühjahr rückt aus deutscher Sicht nun in den Fokus: In Düsseldorf finden am 28. April die Deutschen Meisterschaften statt. Auf einem guten Weg in Richtung Titelverteidigung ist Tom Gröschel (TC Fiko Rostock). Er gewann den Halbmarathon, der am vergangenen Sonntag im Rahmen des HAJ Hannover-Marathon stattfand, in 65:25 Minuten. Im Marathon zeigte er im vergangenen Jahr zwei überzeugende Leistungen: In Düsseldorf lief er bei seinem Debüt auf Anhieb 2:15:20 Stunden, dann war er bei der EM als Elfter bester deutscher Läufer. Dem 27-Jährigen ist eine weitere, vielleicht sogar deutliche Steigerung zuzutrauen.

Knackt Fabienne Amrhein als Erste die Olympia-Richtzeit?

Bis zur Halbmarathon-Marke war Anja Scherl (LG Telis Finanz Regensburg) beim HAJ Hannover-Marathon gut in der Zeit bezüglich eines Resultates von unter 2:30 Stunden. Doch nach einer 1:13:54-Stunden-Zwischenzeit konnte sie das Tempo nicht mehr halten. Immerhin kam sie noch in 2:32:31 Stunden ins Ziel. Nach dem langen verletzungsbedingten Ausfall im vergangenen Jahr sollte sie in der Lage sein, im Herbst wieder unter 2:30 Stunden zu laufen.

Pech hatte dagegen Laura Hottenrott (TV Wattenscheid 01). Kurzfristig war sie aufgrund einer Pollenallergie vom geplanten Düsseldorf-Marathon auf das frühere Rennen in Hannover gewechselt. Doch am Sonntag musste sie das Rennen frühzeitig verletzungsbedingt beenden.

Die besten Chancen, schon in diesem Frühjahr die Olympia-Norm von 2:29:30 Stunden des internationalen Leichtathletik-Verbandes IAAF zu erreichen, hat Fabienne Amrhein (MTG Mannheim). Sie verbesserte sich in Berlin am Sonntag im Halbmarathon auf 71:39 Minuten und setzte damit ihren Aufwärtstrend aus 2018 nahtlos auch in 2019 fort. Die erste Marathon-Zeit unter 2:30 Stunden ist in greifbarer Nähe. In Düsseldorf geh Amrhein als DM-Titelverteidigerin an den Start. „Ich habe so gut trainiert wie nie zuvor und will nun in Düsseldorf die Olympianorm unterbieten“, sagte die 26-Jährige.

Anna Hahner & Co. auf dem Weg zurück

Auf dem Weg zurück ist Anna Hahner (SCC Berlin). Locker und endlich wieder ohne Verletzungsprobleme wurde sie in Berlin Elfte in 75:42 Minuten. „Um Zeiten geht es für mich erst wieder im Herbst“, sagte die 29-Jährige, die aber in diesem Frühjahr noch einen Marathon laufen wird.

Im Herbst werden sicherlich noch zwei weitere deutsche Läuferinnen in den Kampf um die Olympia-Qualifikation eingreifen: Lisa Hahner (SCC Berlin) konnte aufgrund einer Kieferoperation in Hannover am Sonntag nicht starten, für Katharina Heinig (LG Eintracht Frankfurt) kam ein Marathon in diesem Frühjahr nach ihrer Fersenoperation noch zu früh. Zudem könnte sich Fate Tola (Hannover Athletics) zurückmelden und, sollte sie sich zu einem Marathon-Debüt entschließen, kann auch Melat Kejeta (PSV Grün-Weiß Kassel) eine Rolle spielten. Die aus Äthiopien stammende Läuferin hat inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft und weist im Halbmarathon eine Bestzeit von 68:41 Minuten auf.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass mehr als drei Läuferinnen die IAAF-Marathon-Olympia-Norm unterbieten werden. Damit wird das Rennen um die maximal drei Olympia-Tickets sicher spannend und erst in gut einem Jahr entschieden sein.

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