Deutsche Sprinter in Weinheim in Rekordlaune
Bei perfektem Sprintwetter sorgte das DLV-Quartett der Männer vor 1.400 Zuschauern für das Highlight beim letzten Olympiatest am Freitag in Weinheim. In 38,02 Sekunden unterbot die Staffel den 30 Jahre alten deutschen Rekord um 27 Hundertstel. Zuvor hatte Julian Reus (TV Wattenscheid 01) bereits mit 10,09 Sekunden über 100 Meter für Furore gesorgt. Verena Sailer (MTG Mannheim) zauberte hervorragende 11,05 Sekunden auf die Weinheimer Bahn.
38,29 Sekunden über 4x100 Meter - an dieser Zeit haben sich die deutschen Sprinter jahrelang die Zähne ausgebissen. Der deutsche Rekord musste erst 30 Jahre alt werden - jetzt ist er Geschichte. Julian Reus, Tobias Unger (VfB Stuttgart), Alexander Kosenkow (TV Wattenscheid 01) und Lucas Jakubczyk (SCC Berlin) unterboten diese Vorgabe deutlich: In 38,02 Sekunden zeigten sie sich gerüstet für die Olympischen Spiele in London (Großbritannien; 3. bis 12 August).Schneller als die Deutschen waren in diesem Jahr bisher nur die USA und Jamaika. In der selben Besetzung wie in Weinheim hatte das DLV-Quartett bei der EM in Helsinki (Finnland) schon Silber geholt.
Julian Reus sprintet 10,09 Sekunden
Im Einzelrennen gab es einen Paukenschlag: Julian Reus schien es selbst nicht fassen zu können, als der Stadionsprecher die Zeit des zweiten Zeitlaufes über 100 Meter verkündete. Sensationelle 10,09 Sekunden waren für ihn gestoppt worden. Damit schrammte der Wattenscheider um nur drei Hundertstelsekunden am deutschen Rekord von Frank Emmelmann aus dem Jahre 1985 vorbei und ist der zweitschnellste Deutsche in der Geschichte.
Bei leichter Windunterstützung (+ 0,7 m/sec) kam Julian Reus schnell aus den Blöcken und lag bereits nach den ersten Metern in Front. „So ganz realisieren kann ich es selbst noch nicht. Für so einen Lauf muss einfach alles passen. Mit einer Zeit unter 10,20 Sekunden hatte ich geliebäugelt, aber das ich so schnell laufen kann, überrascht mich selbst.“ Nun kann der Wattenscheider mit breiter Brust nach London reisen. In seinem Sog lief der Altmeister Tobias Unger (VfB Stuttgart) starke 10,20 Sekunden.
Im vorangegangen Zeitlauf hatte der Deutsche Meister über 100 Meter, Lucas Jakubczyk (SCC Berlin), gute 10,25 Sekunden vorgelegt. Nachdem er sich beim Wettkampf in Dillingen einen leichten Sonnenstich zugezogen hatte und im Laufe der Woche kaum trainieren konnte, zeigt er sich zufrieden. „Ich habe mich heute gut gefühlt. Die Zeit ist absolut okay.“
Pfeilschnelle Verena Sailer
Für das zweite Sprinthighlight des Tages im Einzel sorgte die frischgebackene Staffel-Europameisterin Verena Sailer (MTG Mannheim). In 11,05 Sekunden zauberte die Mannheimerin eine persönliche Bestleistung auf die Weinheimer Bahn. Ungläubig wartete sie auf die offizielle Bestätigung, dann brach der Jubel aus ihr heraus und sie fiel ihrem Trainer Valerij Bauer um den Hals.
„Das kam überraschend“, war Verena Sailers erste Reaktion. Ob dies nun ihre Zielsetzung für die Olympischen Spiele verändert? „Nein. Ich möchte zum Saisonhöhepunkt meine beste Leistung anbieten. Vor allem müssen sich die Läufe gut anfühlen.“ Wenn das Gefühl stimmt sind die Läufe stets am schnellsten.
Die aus ihrer Sicht enttäuschende EM is längst abgehakt. „Wir haben das analysiert und dann war die Sache abgehakt. Der Lauf war bereits vor der Staffel kein Thema mehr.“ Der Staffeltitel und Weinheim dürften Verena Sailer nun Auftrieb für London geben. Das gute Gefühl beim Laufen ist zurück. Die 11-Sekunden-Schallmauer ist in greifbare Nähe gerückt. „Ich bin bereit für London und freue mich schon tierisch.“
Bestzeiten auch für Anne Cibis und Matthias Bühler
Auch für Anne Cibis (MTG Mannheim) war Weinheim eine gelungene Generalprobe. Sie lieferte Verena Sailer ein spannendes Rennen und steigerte sich auf starke 11,17 Sekunden. Damit rückt die Mannheimerin auf den zweiten Rang in der deutschen Bestenliste 2012. Diesen hatte bis dahin Tatjana Pinto (LG Ratio Münster) inne gehabt, die in 11,31 Sekunden erneut ihre gute Form unterstrich.
Wie so oft, brauchte Matthias Bühler (LG Offenburg) einen zweiten Lauf, um so richtig in Fahrt zu kommen. Dann war er jedoch nicht mehr zu bremsen. 13,34 Sekunden bedeuteten eine persönliche Bestzeit. “Ich bin endlich wieder verletzungsfrei. Eine Zeit um 13,30 Sekunden habe ich mir heute vorgenommen. Jetzt ist das Olympia-Halbfinale Pflicht.“ Trainer Wilhelm Seigel ist zuversichtlich, dass sein Schützling sogar noch schneller laufen kann.
Als Sieger seines Laufes stellte Hüdensprinter Alexander John (LAZ Leipzig) seine zwei Jahre alte Bestzeit in 13,35 Sekunden ein. „Ich bin gut in Form und wollte das heute zeigen.“ Mit Prognosen für Olympia gibt er sich zurückhaltend. „Das waren heute natürlich ganz andere Bedingungen als sie in London sein werden.“ Das Halbfinale hat er dennoch fest ins Visier genommen.
Über 100 Meter Hürden verzichtete Carolin Nytra (MTG Mannheim) auf einen Start. Cindy Roleder (LAZ Leipzig) dagegen stellte in 13,04 Sekunden ihre gute Form unter Beweis. „Natürlich wäre ich gerne nochmal unter 13 Sekunden gelaufen, aber ansonsten bin ich zufrieden. Bei Olympia will ich mich natürlich noch steigern. Wenn ich ins Halbfinale komme, werde ich aufs Ganze gehen und etwas riskieren.“
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