Deutsche Teams holen sich die Weltcup-Tickets
Einen im doppelten Sinne heissen Nachmittag erlebte der Europacup in Annecy am zweiten Tag. Die Russinnen, bei denen Tatjana Kotova mit fantastischen 7,42 Metern im Weitsprung herausragte, konnten bei den Frauen mit 122,5 Punkten den Titel erfolgreich verteidigen. In einer spannenden Auseinandersetzung mit den Französinnen behielten die DLV-Mädels am Ende mit 103 Zählern die Oberhand und sicherten sich das Weltcup-Ticket. Die deutschen Männer machten es noch spannender. Die 4x400-Meter-Staffel behielt die Nerven und sicherte am Ende mit 107 Punkten Rang zwei vor Frankreich (105) und hinter Großbritannien (111). Madrid kann kommen!
Bastian Swillims lief das Weltcup-Ticket nach Hause (Foto: Chai)
Susanne Keil eröffnete den zweiten Tag aus deutscher Sicht mit dem Hammerwerfen. Am Ende standen 65,13 Meter für sie zu Buche. "Ich ärgere mich ein bisschen", haderte die Frankfurterin nachher mit der Weite, "eigentlich hätte ich den dritten Platz machen müssen." Mit drei Würfen deutlich über 70 Meter diktierte die Russin Olga Kuzenkova das Geschehen. Mit 73,07 Metern verwies sie die Französin Manuela Montebrun (68,53 m), die erste wichtige Zähler für ihr Team im Kampf um die Weltcup-Qualifikation sammelte, auf den zweiten Platz. Mike Fenner gab über die 110 Meter Hürden den Startschuss für die Aufholjagd der deutschen Männer. Er heimste als Zweiter in glänzenden 13,33 Sekunden hinter dem Briten Colin Jackson, der 13,15 Sekunden lief, sieben Zähler und den "Freifahrtschein" nach München ein. "Dass ich jetzt das EM-Ticket sicher habe und mit in Ruhe auf München vorbereiten kann, ist ein schöner Nebeneffekt. Auch die Punkte für die Mannschaft waren ein zusätzlicher Anreiz", sagte er nach dem Lauf.
Kirsten Bolm folgte bei den Frauen dem Beispiel des Wattenscheiders und musste sich in der persönlichen Bestzeit von 12,85 Sekunden nur der Französin Patricia Girard (12,64 sec) geschlagen geben. "Für mich war es wichtig, gegen die europäische Konkurrenz zu laufen, nachdem ich zuhause praktisch nur gegen mich antrete", stellte sie nach dem Lauf zufrieden fest.
Möllenbeck und Lobinger holen sich die Achter
Michael Möllenbeck sorgte bei den deutschen Männern, die nach dem vierten Zwischenrang am Samstag zur Aufholjagd bliesen, für den ersten Achter. Er bestimmte das Geschehen im Diskuswerfen mit 64,87 Metern im ersten und 66,82 Metern im vierten Versuch. "Ich habe heute vernünftig geworfen und gewonnen. Es freut mich doppelt, dass ich den ersten Sieg für die deutsche Mannschaft geholt habe", hatte der WM-Dritte keinen Grund zur Selbstkritik.
Die zweite Vollpunktzahl holte sich der Stabhochspringer Tim Lobinger, der damit seiner Favoritenrolle gerecht wurde. Zwar musste er bei den 5,65 Metern, die er erst im dritten Versuch nahm, etwas zittern, aber mit 5,75 Metern im ersten gewann er letztlich verdient vor dem Ukrainer Denis Yurchenko (5,65 m) und Giuseppe Gibilisco (5,65 m).
Kallabis und Schumann Zweite
Damian Kallabis lief in einem 3000-Meter-Hindernisrennen, dessen Rennverlauf genau seiner Erwartung entsprach, munter mit und wurde am Ende in 8:30,22 Minuten mit Platz zwei hinter dem Franzosen Bouabdallah Tahri (8:30,22 min) belohnt. Er hat damit sein Ziel, die EM-Qualifikation, sicher in der Tasche: "Dass ich jetzt das EM-Ticket sicher habe, hat für mich einen hohen Stellenwert. Die Saison ist jetzt schon positiv verlaufen, egal wie es weitergeht."
Platz zwei wurde es auch für Olympiasieger Nils Schumann. Er hängte sich an die Fersen des Russen Yuri Borzakovsky (1:46,58 min) und wollte ihn auf der Zielgeraden noch überholen. Doch die Reserven reichten nicht. "Ich hätte gerne den Sieg errungen und hatte eine andere Taktik erwartet", berichtete er nach seinen 1:46,99 Minuten.
Ein tapferes 3000-Meter-Rennen lief auch der Wattenscheider Jan Fitschen in 7:54,92 Minuten als Dritter hinter Driss Maazouzi (7:53,41 min) und Mikhayil Yeginov (7:54,05 min). Die 200 Meter der Männer gehörten dem Briten Marlon Devonish (20,27 sec). Der Erfurter Steffen Otto wurde in 21,06 Sekunden Siebter.
Im Dreisprung der Männer knackte Charles Friedek in einer engen Entscheidung mit 17,11 die 17-Meter-Marke, musste sich aber Jonathan Edwards (17,19 m) und Fabrizio Donato (17,17 m) geschlagen geben. Als Dritter beendete auch der Saabrückener Boris Henry (83,90 m) den Speerwurf. Sergej Makarov stellte als klarer Sieger mit 88,24 Metern seine gute Form unter Beweis und liess dem Briten Steve Backley (85,03 m) keine Chance.
Muriel Hurtis begeistert über 200 Meter
Muriel Hurtis lief über 200 Meter zu einer Weltklassezeit von 22,51 Sekunden und machte damit ihren dritten Erfolg beim Europacup perfekt. Hinter der Italienerin Manuela Levorato (22,76 sec) verbesserte sich Sina Schielke auf eine Jahresbestzeit von 22,91 Sekunden.
In einem überraschend schnellen 1500-Meter-Rennen musste die Chemnitzerin Kathleen Friedrich nach einem guten Beginn der Hitze Tribut zollen. Am Ende reichte die Kraft nicht mehr und sie erreichte als Letzte in 4:20,73 Minuten erschöpft das Ziel. Die Rumänin Maria Cioncan war in 4:03,74 Minuten die Schnellste.
Melanie Schulz bei Hindernispremiere Dritte
Melanie Schulz verkaufte über 3000 Meter Hindernis, die zum ersten Mal im Rahmen des Europacups ausgetragen wurden, ihre Haut teuer und suchte die Tuchfühlung zur schnellen Polin Justyna Bak, die am Ende in 9:43,38 Minuten gewann. Die Großengottenerin reihte sich knapp hinter der Rumänin Casandra-Iloc (9:49,51 min) in 9:49,79 Minuten auf dem ungefährdeten dritten Platz ein. "Es war nicht das, was ich mir vorgenommen hatte und eine richtige Hitzeschlacht. Ich hatte noch auf den zweiten Platz spekuliert", sagte Melanie Schulz im Ziel.
Mit Pfiffen und Buh-Rufen wurde die russische Weltmeisterin Olga Yegorova von den Zuschauern ins Ziel auf ihrem Weg zum Sieg begleitet. Sie führte in 16:04,26 Minuten auf der letzten Runde clever die Entscheidung herbei. Sabrina Mockenhaupt von der LG Sieg reihte sich mit einer Zeit von 16:09,55 Minuten auf Platz vier ein und gab nur einen Punkt an die Französin Fatima Yvelain (16:08,21 min) ab.
Kathryn Holinski springt Hausrekord
Kathryn Holinski überraschte sich selbst mit einem dritten Platz: "Ich hatte gedacht, ich werde Fünfte." Doch damit nicht genug. Mit 1,93 Metern sprang sie die angepeilte persönliche Bestleistung und bezwang sogar die Hallen-Europameisterin Marina Kuptsova (1,90 m). Die Ukrainerin Irina Mikhalchenko war mit 1,95 Metern die Überfliegerin des Nachmittags.
Weitere wichtige Punkte fuhr Kugelstoßerin Astrid Kumbernuss mit 19,61 Metern als Zweite ein. Ihr fehlten nur zwei Zentimeter zur siegreichen Svetlana Kriveljova. Nach den ersten beiden Versuchen lag die deutsche Ex-Weltmeisterin noch in Führung, mit dem dritten Stoß zog die Russin allerdings dann vorbei.
Spannendes Finale
Der Kampf um die Weltcup-Tickets gestaltete sich zum Ende des Sonntags noch sehr spannend. Bei den Frauen war der Weitsprung noch im Gange, als die 4x400-Meter-Staffelläuferinnen auf die Bahn kamen. Bianca Kappler schlug sich dort mit 6,64 Metern glänzend und reihte sich im wichtigen direkten Vergleich vor der Französin Silvia Favre (6,45 m) ein. Die Ovationen der Zuschauer gehörten der attraktiven Blondine aus dem hohen Norden trotzdem. Den Sieg hatte sich die Russin Tatjana Kotova mit unglaublichen 7,42 Metern im dritten Versuch geholt. Sie schob sich damit auf Rang fünf der ewigen Weltbestenliste!
Die abschliessende DLV-Frauenstaffel hatte in der Formation Nicole Marahrens, Claudia Marx, Birgit Rockmeier und Florence Ekpo-Umoh keinen allzu großen Druck mehr, denn als Zweite hatte das Frauenteam sieben Zähler Vorsprung auf Frankreich. Nur das Aus hätte sie noch vom Weltcupplatz verdrängen können. Pech hatte Claudia Marx, die bei der Staffelübergabe an Birgit Rockmeier stürzte. Das deutsche Quartett lief in 3:28,72 Minuten ohne Europameisterin Grit Breuer den vierten Platz ins Ziel. Rückte dann aber durch insgesamt vier Disqualifikationen auf Platz zwei nach vorne. Nur die Britinnen waren im Klassement in 3:27,87 Minuten vor der DLV-Formation.
Deutsche Viertelmeiler laufen das "Ding" nach Hause
Die deutschen Männer hatten vor den abschließenden Staffeln als Zweite nur einen Zähler Vorsprung auf die Franzosen, während sogar nur drei Punkte zur den führenden Briten fehlten. Ein großer Druck lastete also auf Ingo Schultz, Jens Dautzenberg, Ruwen Faller und Bastian Swillims. Der Vize-Weltmeister gab auf der Außenbahn wieder einmal alles und übergab als Erster den Stab an Jens Dautzenberg, der mit dieser Position auf der Gegengerade mit deutlichem Vorsprung vor dem Briten Tim Benjamin nach innen lief. Kopf an Kopf mit den Männern von der Insel ging es auf die dritte Etappe. Aber auch da zeigte Ruwen Faller Mut, während in der Zielkurve die Attacke der Franzosen Naman Kaita kam, die jedoch scheiterte. Bastian Swillims ging schließlich als Führender auf die letzte Runde. Daniel Caines an seinen Fersen. In der Zielkurve kam der entscheidende Angriff von Caines. Auch der Franzose Marc Raquil attackierte. Bastian Swillims stellte sich dieser hochklassigen Kopf-an-Kopf-Entscheidung und lief Rang zwei und damit das Weltcup-Ticket nach Hause. Respekt vor dieser Leistung des jungen Wattenscheiders und seinen drei 400-Meter-Kollegen, die in 3:00,80 Minuten die Uhr mit nur 23 Hundertstel Rückstand zum Stoppen brachten. Damit war klar, dass beide DLV-Teams das Weltcup-Ticket sicher hatten.