| Team-EM

Deutschland bei russischem Heimsieg auf Rang zwei

Heimsieg für die Favoriten: Gastgeber Russland hat am Sonntag mit 368,5 Punkten die Team-EM in Cheboksary gewonnen. Titelverteidiger Deutschland kam mit 346,5 Punkten auf Rang zwei. Richard Ringer und Christina Schwanitz steuerten an Tag zwei weitere deutsche Einzelsiege bei, mit Leistungssteigerungen glänzten Raphael Holzdeppe und Betty Heidler.
Silke Morrissey

Die DLV-Auswahl konnte in der „Höhle des Löwen“ – wie Teamkapitänin Betty Heidler das Heimspiel der Russen in Cheboksary bezeichnet hatte – den Coup des Vorjahres nicht wiederholen. In Braunschweig hatte sich das deutsche Team mit 371 zu 359,5 Punkten überraschend gegen Russland durchgesetzt, in diesem Jahr drehten die Russen den Spieß wieder um. Bereits vor den abschließenden 4x400 Meter der Männer standen die Gastgeber als Sieger fest.

Im Kampf um Platz drei und vier wurde es spannend. Nachdem Frankreich aufgrund einer positiven Dopingprobe von Hammerwerfer Quentin Bigot im Vorjahr Platz drei an Polen abtreten musste, holten sich die Franzosen in diesem Jahr den Podestplatz wieder zurück. Erst mit dem Sieg in der 4x400 Meter Staffel waren die entscheidenden Punkte verbucht: 319,5 für Frankreich, 317 für Polen auf Rang vier. Als Teams auf den letzten drei Plätzen steigen Schweden, Finnland und Norwegen aus der Superliga der Team-EM ab.

Mix aus arrivierten und jungen Athleten

Das Fazit von DLV-Cheftrainer Idriss Gonschinska nach zwei intensiven Tagen in Cheboksary: „Vor dem Hintergrund des Heimvorteils und der sehr ausgeglichen besetzten russischen Mannschaft war es das Ergebnis, das wir erwartet hatten“, erklärte er. „Wir haben uns sehr dicht an unserer Prognose bewegt und die Teams aus Großbritannien, Polen, Frankreich hinter uns gelassen.“

Das russische Team sei nur schlagbar, wenn alles zu hundert Prozent funktioniert und noch die ein oder andere Überraschung hinzukommt. „Insofern denke ich, wir können hier zufrieden sein.“ Gerade der Mix aus arrivierten und jungen Athleten habe sehr gut funktioniert.

Richard Ringer sorgt für perfekten Start

Der Start in den zweiten Tag hätte für das deutsche Team kaum besser laufen können: Über 3.000 Meter wiederholte Richard Ringer (LC VfB Friedrichshafen) seinen Coup des Vorjahres von Braunschweig. In einem gemächlichen Rennen hatte er wieder den besten letzten Antritt und sicherte dem deutschen Team mit seinem Sieg in 8:34,35 Minuten zwölf wichtige Punkte vor Spanien und Großbritannien.

„Bundestrainer Wolfgang Heinig hat mich vorher nach der Taktik gefragt und ich habe gesagt: Ich mache es wie letztes Jahr, in der Kurve angreifen und versuchen, die Lücke größer zu machen, denn in der Kurve geht niemand vorbei. Und dann hoffe ich, dass ich das bis ins Ziel retten kann“, berichtete Ringer anschließend. „ Auf den letzten Metern dachte ich: Okay, das wird wieder was.“

Christina Schwanitz standesgemäß

Nur Minuten später zog Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge) nach. Die Vize-Weltmeisterin hätte genauso wie ihr Disziplinkollege David Storl (LAC Erdgas Chemnitz) am Vortag nur einmal in den Ring zu steigen brauchen. Denn im ersten Versuch flog die Kugel auf 18,85 Meter – weiter kam am Sonntag keine Konkurrentin. Doch die 20-Meter-Stoßerin gab sich mit dieser Weite nicht zufrieden und ließ in Runde zwei 19,82 Meter folgen. Wieder eine Weltklasse-Leistung, wieder der Sieg für die derzeit beste Kugelstoßerin der Welt.

"Es war ein schwieriger Wettkampf, aber ein schönes Ergebnis", bilanzierte sie. "Ich habe alles für die Mannschaft tun können, was gefordert war und alles, was ich von mir gefordert hatte - daher bin ich sehr zufrieden. Mir gefällt die Team-EM, weil es eine wunderschöne Möglichkeit ist, mal als Team aufzutreten."

Betty Heidler beweist Nervenstärke

Nur langsam fand Teamkapitänin Betty Heidler (LG Eintracht Frankfurt) in den Wettkampf. Aber die Hammerwerferin bewahrte die Nerven und steigerte sich im vierten Versuch auf starke 75,73 Meter - weiter war sie in diesem Jahr noch nicht gekommen. Damit schob sie sich zwischenzeitlich von Rang vier sogar auf eins nach vorne. Dann konterte die Weltrekordlerin: Anita Wlodarczyk (Polen) ließ sich mit herausragenden 78,28 Metern den Sieg nicht nehmen.

Ähnlich das Bild im Stabhochsprung: Auch hier musste der große Favorit Renaud Lavillenie (Frankreich) zunächst zittern, denn er startete mit Fehlversuchen über 5,75 und 5,80 Meter in den Wettbewerb, bevor er im ersten Anlauf 5,85 Meter überqueren konnte - damit war der Sieg perfekt. Bei 6,02 Metern blieb die Latte dann nicht mehr liegen.

Dahinter glänzte Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) mit Rang zwei. Bis einschließlich 5,75 Meter bewahrte er seine weiße Weste, dann ließ er 5,85 Meter auflegen. Nur in drei Wettkämpfen war er zuvor höher hinaus gekommen. Dreimal musste er anlaufen, dann flog er drüber - und war sogar bei 5,90 Metern nicht chancenlos. Ein Auftritt, der Mut macht für die weitere WM-Saison.

Gelungene Premiere für Johannes Vetter

Johannes Vetter (SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken) hatte den Speer zuletzt reihenweise auf Weiten jenseits der 80 Meter befördert. In Cheboksary klappte das zwar nicht - war aber auch gar nicht nötig. Mit 78,97 Metern wurde der junge Saarländer bei seiner Team-EM-Premiere Zweiter und musste nur dem dominierenden Finnen Tero Pitkämäki (84,44 m) den Vortritt lassen.

Im Weitsprung lieferte Sosthene Moguenara (TV Wattenscheid 01) einen guten Wettkampf ab, flog auf 6,75 und 6,79 Meter und wurde damit Dritte. Sogar an der Sieben-Meter-Marke kratzte Lokalmatadorin Darya Klishina, die bei 1,6 Metern pro Sekunde Rückenwind auf 6,95 Meter flog. Dahinter nutzte die Weißrussin Volha Sudareva den Rückenwind für eine Bestleistung von 6,86 Metern.

Marie-Laurence Jungfleisch (LAV Stadtwerke Tübingen; 1,94 m) stellte ihre Saison-Bestleistung im Hochsprung ein. In einem starken Feld, in dem die Russin Mariya Kuchina über 1,99 Meter floppte, reichte das aber nur zu Rang sechs.

Saison-Bestzeit für Cindy Roleder

Zweistellige Punktzahlen steuerten früh am Tag Martin Wierig (SC Magdeburg) im Diskuswurf und Cindy Roleder (SC DHfK Leipzig) über 100 Meter Hürden bei. Während Martin Wierig für ihn mäßige 60,23 Meter für Platz zwei reichten, behauptete sich Cindy Roleder als Dritte in einem hochklassigen Feld mit Einstellung ihrer Saison-Bestleistung von 12,92 Sekunden. Vorne rasant unterwegs: Alina Talay (Weißrussland; 12,80 sec).

Im Männerrennen ließ sich Sergey Shubenkov (Russland) auch von 2,6 Metern pro Sekunde Gegenwind nicht abhalten: Sieg in 13,22 Sekunden vor dem Weltjahresbesten Pascal Martinot-Lagarde (Frankreich; 13,42 sec). Gregor Traber (VfB Stuttgart) trat in die zweite Hürde und musste hinten raus um den Anschluss kämpfen. Platz vier in 13,78 Sekunden.

Für einen jungen Mann aus Erfurt endete die Premiere bei der Team-EM im Dreisprung mit einem respektablen Ergebnis. Marcel Kornhardt flog auf 16,56 Meter - allerdings bei 2,7 Metern pro Sekunde Rückenwind, sonst hätte er in Cheboksary eine neue Bestleistung verbucht. So konnte er sich über Rang sechs und sieben Punkte fürs Team freuen.

Corinna Harrer mit Verdacht auf Muskelfaserriss

Die weiteren DLV-Läufer konnten Richard Ringer am Sonntag nicht in die Top-Drei-Plätze folgen. Zwar gingen sie ihre Rennen mutig an, am Ende fehlten aber die nötigen Körner. Robin Schembera (TSV Bayer 04 Leverkusen; 1:47,20 min) wurde über 800 Meter Siebter, Corinna Harrer (LG Telis Finanz Regensburg; 4:17,81 min) über 1.500 Meter Sechste.

"Leider bin ich heute mit dem siebten Platz klar hinter den Erwartungen zurück geblieben. Erklären kann ich es mir nicht. Die letzten 100 Meter waren einfach schlecht und kraftlos", gestand Schembera anschließend auf <link https: www.facebook.com _blank link zur facebook-seite von robin>Facebook ein. "Zu allem Überfluss bin ich in der Mixed Zone umgekippt und in einem Krankenwagen hinterm Stadion aufgewacht." Wenig später hatte er sich aber wieder berappelt.

Für Corinna Harrer dagegen könnte der Auftritt in Cheboksary langwierigere Folgen haben. Wenige Meter vor dem Ziel war sie aus dem Tritt gekommen und hatte sich mit unrundem Schritt noch ins Ziel gekämpft. Der aktuellste Stand aus der medizinischen Abteilung des DLV: Verdacht auf Muskelfaserriss.

Martin Grau hält vorne mit

Über 5.000 Meter quälte sich Diana Sujew (LG Eintracht Frankfurt; 16:46,43 min) als Neunte über die Ziellinie und gab anschließend zu Protokoll: "Ich hatte noch nie so einen harten Wettkampf." Besser mithalten konnte Martin Grau (LSC Höchstadt/Aisch). Auf Platz zwei aus dem Vorjahr folgte in diesem Jahr über 3.000 Meter Hindernis Rang vier (8:42,58 min).

Auch über 200 Meter waren die Top Drei außer Reichweite. Rang neun gab's für Robin Erewa (TV Wattenscheid 01; 20,97 sec), Platz fünf für Rebekka Haase (LV 90 Erzgebirge; 23,46 sec).

Zum Abschluss des Tages rannten die beiden deutschen 4x400 Meter Staffeln jeweils auf den fünften Platz. Die Frauen kamen nach 3:29,86 Minuten ins Ziel, für die Männer wurden 3:03,55 Minuten gestoppt.

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Der Endstand in der Teamwertung

  1. Russland 368,5
  2. Deutschland 346,5
  3. Frankreich 319,5
  4. Polen 317
  5. Großbritannien 291
  6. Italien 288
  7. Ukraine 281,5
  8. Spanien 230,5
  9. Weißrussland 217
  10. Schweden 187
  11. Finnland 149,5
  12. Norwegen 121

 

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