Diana Sujew: "Ich bin erfolgsorientiert"
Erst 8:47,68 Minuten über 3.000 Meter, dann der spielerisch herausgelaufene 1.500-Meter-Titel bei der Militär-EM - spät in der Saison hat Diana Sujew immer noch ein gehöriges Pfund drauf. Mit auch international richtungsweisenden Hausrekorden nimmt die 22-Jährige vom Lauf-Team Haspa-Marathon Hamburg in ihrem Metier national die Pole Position ein. Im Interview analysiert Diana Sujew die Saison und spricht über mögliche Strategierevisionen.
Diana Sujew, welchen Stellenwert hat Ihr Sieg bei der Militär-EM?Diana Sujew:
Da ich mich über jeden Sieg freue, war es für mich eine Genugtuung, die Saison mit einem Erfolgserlebnis abschließen zu können. Die Bundeswehr ist mein Arbeitgeber und mein Sponsor. Und da sehe ich es als Verpflichtung, vollen Einsatz zu zeigen. Ich kann den Sport mit voller Konzentration ausüben und trainieren wie ein Vollprofi. Darin liegt für mich der Vorteil der Zugehörigkeit zur Bundeswehr. Gerade als Läuferin muss ich viele Kilometer schrubben. Hinzu kommt, dass man die Regeneration nicht vergessen darf, Physio etc.
Waren Sie jemals an militärischen Übungen beteiligt?
Diana Sujew:
Schon oft. In ein paar Wochen absolviere ich zum Beispiel einen Herbstlehrgang. Da stehen unter anderem Schießübungen und theoretischer Unterricht an. Zwar muss ich dann im Lauftraining zurückstecken, weil das Militärische nicht unanstrengend ist, aber für die Gesamtentwicklung auch einiges bringt.
Bedeutet Ihr jüngster Auftritt über 3.000 Meter: Achtung, ich orientiere mich jetzt Richtung Langstrecke?
Diana Sujew:
Da kann ich noch keine Prognose abgeben. Ich habe gemerkt, dass auf den längeren Distanzen etwas drin ist. Wo im nächsten Jahr meine Schwerpunkte liegen, kann ich jetzt noch nicht sagen. Ich hänge an den 1.500 Metern, bin aber erfolgsorientiert und weiß nun, dass ich auch auf anderen Strecken gut abschneiden kann. Die 8:47 Minuten waren natürlich ein Knaller zum Ende der Saison, zumal ich mich gar nicht richtig darauf vorbereitet habe. Eigentlich habe ich nur nach einem Wettkampf gesucht, um mich für die Militär-EM fit zu halten.
Wie fällt Ihr Saison-Fazit insgesamt aus?
Diana Sujew:
Ich bin Bestzeiten gerannt, kann mich von daher also nicht beschweren. Der Anfang der Saison war allerdings holprig. Ich musste viele Rennen mitnehmen, die ich nicht wollte. Aber im Endeffekt hatte ich doch das Glück, trotz verpasster A-Norm zur WM fahren zu können. Ich habe mir allerdings viele Gedanken gemacht, warum ich in Moskau den Einzug ins Halbfinale verpasst habe. Ich habe möglicherweise die falsche Taktik gewählt, jedenfalls war ich gar nicht mal so unfit. Vielleicht habe ich aber auch selber zu wenig an mich geglaubt, daran gezweifelt, dass ich auch spurten kann. Das habe ich dann aber immerhin bei meinem Sieg beim Länderkampf „DecaNation“ in Valence in Frankreich gezeigt.
Ihre WM-Teilnahme war bis zuletzt offen. Wie viele Steine sind Ihnen vom Herzen gefallen, als Sie von der Nominierung erfahren haben?
Diana Sujew:
Mir ist ein Riesenstein vom Herzen gefallen, auch weil ich im letzten Jahr Olympia ja so knapp verpasst hatte. Wenn ich in diesem Jahr schon wieder zu Hause hätte bleiben müssen, wäre das schon sehr enttäuschend gewesen. Dafür trainiere ich einfach zu hart.
Sie wurden in Riga in Lettland geboren, Ihre Mutter in Berlin, ist aber Russin. Inwiefern war die WM-Teilnahme eine Reise zu den eigenen Wurzeln?
Diana Sujew:
Ich habe etliche Verwandte in Moskau getroffen. Das war schön, wir haben uns intensiv auf Russisch unterhalten. Dabei habe ich mich durch und durch wohlgefühlt. Überhaupt ist der Kontakt zu unseren Verwandten gut. Meine Schwester und ich sind mindestens einmal im Jahr bei unserer Oma in Riga. Von daher halten wir die Verbindung so gut es geht aufrecht, die Heimat ist für uns nichts Fremdes.
Was haben Sie sich in Moskau besonders angeschaut?
Diana Sujew:
Im Stadion habe ich mir sehr viele Wettbewerbe angeschaut, weil mich auch die anderen Disziplinen sehr interessieren. Außerhalb des Stadions habe ich das Sightseeing genossen. Moskau ist eine Riesenstadt, zwar ein bisschen unübersichtlich, aber zum Beispiel den Roten Platz zu erleben, das war schon beeindruckend.
Könnten Sie sich vorstellen zurückzugehen?
Diana Sujew:
Eher nicht. Ich bin in Deutschland aufgewachsen, da ist es schwer vorstellbar, zurück in den Osten zu gehen. Das ist eine ganz andere Welt. Wenn man in Deutschland lebt, dann weiß man eigentlich, wie gut wir es hier haben.
Ihre Zwillingsschwester Elina, die bei der Militär-EM souverän über 800 Meter gewonnen hat, stand in dieser Saison klar in Ihrem Schatten. Warum?
Diana Sujew:
Elina hatte Pech mit ihren Rennen. Wir haben nicht alle Wettkämpfe gemeinsam bestreiten können. Sie hat es auf jeden Fall auch drauf, konnte es aber leider nicht zeigen. Das ist schade. Zumal sie auf keinen Fall schlechter trainiert hat. In Heusden-Zolder in Belgien, wo ich Bestzeit gelaufen bin, hat Elina sich von der superschnellen Bahn verleiten lassen. Die Form war da, das Wetter hat gestimmt. Aber wenn du über 1.500 Meter vorne zu viel Druck machst, zahlst du auf den letzten 400 Metern den Preis.
Was ist, wenn Elina einmal vor Ihnen ins Ziel kommt?
Diana Sujew:
Dann ist das okay, denn ich freue mich auch für sie. So habe ich mich zum Beispiel über ihre 800-Meter-Zeit und auch über ihren Sieg bei der Militär-EM gefreut. Wir freuen uns am meisten, wenn beide schnell rennen. Ich kann sie nicht traurig sehen, und sie mag es nicht, wenn ich traurig bin. Wir pushen uns gegenseitig. Elina ist für mich die optimale Trainingspartnerin.
Sie gelten als gnadenlose Bolzerin - nicht nur im Wettkampf. Makel oder Option?
Diana Sujew:
Meine Schwester und ich haben einfach keine Angst davor, ein hartes Tempo anzuschlagen und hart zu trainieren. Wir wollen das und das gehört auch zu unserer Mentalität. Wir fürchten uns nicht davor, auch einmal von vorne das Ding zu machen. Die russischen Läuferinnen stürmen auch oft vorne weg. Wobei man nicht abstreiten kann, dass wir mittlerweile gelernt haben, auch hinten zu laufen.
Wie geht es weiter?
Diana Sujew:
Nachdem wir ja seit Mitte Mai im Wettkampfbetrieb gestanden haben, reicht es nun allmählich. Wir fahren jetzt mit Freunden nach Frankreich und dann zu unserer Oma nach Riga. Und dann kommt schon bald der nächste Lehrgang bei der Bundeswehr in Hannover. Zur Vorbereitung der Saison schlagen wir im Januar unser nächstes Trainingslager auf. Wir werden wahrscheinlich eine abgespeckte Hallensaison laufen, vielleicht auch mal einen Cross. Denn nur durchtrainieren, das macht keinen Spaß. Da muss man schon ab und zu ein paar Wettkämpfe absolvieren. Absolute Priorität genießt im nächsten Jahr natürlich die EM in Zürich. Das Wichtigste ist, gesund zu bleiben. Vielleicht kann ich dann meinen sechsten Platz vom letzten Jahr toppen, auf welcher Strecke auch immer.