Die große EM-Vorschau - Männer
Die Europameisterschaften in der finnischen Hauptstadt Helsinki stehen vor der Tür. Am Mittwoch (27. Juni) fallen die ersten Startschüsse und fortan gibt es Tag für Tag spannende Entscheidungen. leichtathletik.de blickt mit einer umfassenden Vorschau auf alle Disziplinen voraus und stellt auch die besten deutschen Chancen vor.
100 METER |
Titelverteidiger Christophe Lemaitre ist der große Favorit. Der Franzose kommt mit der klar besten Vorleistung (10,04 sec) nach Helsinki, zumal der junge Brite Adam Gemili (10,08 sec) nicht gemeldet ist. Es würde nicht überraschen, wenn es mit Jimmy Vicaut ein zweiter Sprinter aus dem französischen Team aufs Treppchen schaffen würde. Fünf weitere Athleten, darunter bekannte Namen wie Jaysuma Saidy Ndure (Norwegen) und Churandy Martina (Niederlande), sind mit Zeiten unter 10,20 Sekunden gemeldet. Dann folgt auch schon der Deutsche Meister Lucas Jakubczyk (SCC Berlin).
Deutsche Starter:
Julian Reus (TV Wattenscheid 01)
Lucas Jakubczyk (SCC Berlin)
Tobias Unger (VfB Stuttgart)
200 METER |
Churandy Martina, seit Oktober 2010 für die Niederlande startberechtigt, ist der einzige Europäer, der die 200 Meter in diesem Sommer schon unter zwanzig Sekunden lief. Wenn aber Titelverteidiger Christophe Lemaitre (Frankreich) den Doppelstart wagt, wird es umso interessanter. Ebenfalls bereits überzeugen konnten der Belgier Jonathan Borlée und der Norweger Jaysuma Saidy Ndure. Der Leverkusener Aleixo Platini Menga liegt mit seinen 20,33 Sekunden in der europäischen Jahresbestenliste auf Platz vier.
Deutsche Starter:
Aleixo Platini Menga (TSV Bayer 04 Leverkusen)
Sven Knipphals (VfL Wolfsburg)
Sebastian Ernst (TV Wattenscheid 01)
400 METER |
Mit Titelverteidiger Kevin Borlée (Belgien), dessen Bruder Jonathan und dem Briten Martyn Rooney sind jene drei Europäer, die in den letzten Wochen schon unter 45 Sekunden blieben, nicht gemeldet. Das eröffnet Chanen für andere wie Conrad Williams, Nigel Levine und Luke Lennon-Ford (alle Großbritannien) oder auch den Tschechen Pavel Maslak und den Franzosen Yannick Fonsat. Der Magdeburger Eric Krüger (Platz 16 der Meldeliste) gilt als Außenseiter, kann sich aber schon einmal für die Staffel warmlaufen.
Deutsche Starter:
Eric Krüger (SC Magdeburg)
800 METER |
Auch wenn die schnellen Polen Adam Kszczot und Marcin Lewandowski, der Titelverteidiger gewesen wäre, der Vor-Olympia-EM die kalte Schulter zeigen, ist das Niveau nicht zu verachten. Acht Mittelstreckler mit Zeiten unter 1:45 Minuten sind gemeldet, angeführt von dem Briten Andrew Osagie, dem Niederländer Robert Lathouwers und dem Spanier Antonio Manuel Reina. Dahinter folgt auch schon der Deutsche Meister Sören Ludolph (LG Braunschweig), dem sich bei entsprechendem taktischen Geschick sogar eine Medaillenchance auftut.
Deutsche Starter:
Sören Ludolph (LG Braunschweig)
Sebastian Keiner (Erfurter LAC)
1.500 METER |
Aus dem Kenianer William Tanui Biwott wurde im letzten Jahr der Türke İlham Tanui Özbilen und dieser ist nun ein Mitfavorit bei der Europameisterschaft. Er trifft in Helsinki vor allem auf eine Phalanx an Spaniern und Briten um Alvaro Rodriguez und Ross Murray. Der Berliner Carsten Schlangen rückt als Vize-Europameister in den Blickpunkt. Vor zwei Jahren zeigte er bereits, was auf kontinentaler Ebene mit einem starken Finish möglich ist.
Deutsche Starter:
Carsten Schlangen (LG Nord Berlin)
Florian Orth (LG Telis Finanz Regensburg)
5.000 METER |
Der Brite Mo Farah führt als Weltmeister und Doppel-Europameister die Meldeliste an. Er lief in diesem Sommer bereits überragende 12:56,98 Minuten. Dahinter - allerdings mit Respektsabstand von rund 16 Sekunden - steht auch schon der Tübinger Arne Gabius, für den noch nie eine Medaille so greifbar war wie diesmal. Doch auch Läufer wie der Spanier Jesus Espana, der 2006 Europameister wurde, oder der von der Türkei eingebürgerte Kenianer Polat Kemboi Arıkan rechnen sich etwas aus.
Deutsche Starter:
Arne Gabius (LAV Stadtwerke Tübingen)
Philipp Pflieger (LG Telis Finanz Regensburg)
10.000 METER |
Der Europacup in Bilbao (Spanien) war bereits ein Fingerzeig nach Helsinki. Dort siegte Polat Kemboi Arıkan (Türkei), der in Helsinki einen Doppelstart wagen könnte, vor den Spaniern Ayad Lamdassem und Carles Castillejo. Die eindeutig schnellste Zeit eines Europäers bot in diesem Jahr allerdings der Italiener Daniele Meucci an. Mo Farah (Großbritannien) wird den Titel nicht verteidigen. Der Düsseldorfer André Pollmächer muss sich nach Verletzungssorgen der internationalen Aufgabe ohne Vorleistung auf dieser Strecke stellen.
Deutscher Starter:
André Pollmächer (rhein-marathon Düsseldorf)
110 METER HÜRDEN |
Die 110 Meter Hürden versprechen ein Highlight der EM zu werden. Die schnellsten Europäer haben sich angesagt. Der erst 21-jährige Russe Sergey Shubenkov kommt nach einem neuen Landesrekord (13,18 sec) mit breiter Brust. Er trifft auf den Franzosen Garfield Darien, der sich bereits vor zwei Jahren als Vize-Europameister bewiesen hat, und den Italiener Emanuele Abate, der mit 13,28 Sekunden ebenfalls schon einen Landesrekord lief. Außerdem mit guten Chancen: die Briten Lawrence Clarke und Andy Pozzi. Die drei Deutschen Alexander John (LAZ Leipzig), Matthias Bühler (LG Offenburg) und Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen) kämpfen um den Finaleinzug.
Deutsche Starter:
Alexander John (LAZ Leipzig)
Matthias Bühler (LG Offenburg)
Gregor Traber (LAV Stadtwerke Tübingen)
400 METER HÜRDEN |
Vor sechs Jahren war der Grieche Periklís Iakovákis bereits einmal Europameister, jetzt könnte noch einmal die große Stunde für ihn schlagen. Mit 49,04 Sekunden ist der 33-Jährige der zweitschnellste Europäer bislang in diesem Sommer hinter dem Briten Dai Greene, der seinen Titel nicht verteidigen wird. Die Finalplätze und auch die Medaillen dürften hart umkämpft sein. Gemeldet sind fast zwanzig Athleten mit Vorleistungen unter 50 Sekunden, darunter auch der Münchner David Gollnow, der Dresdner Georg Fleischhauer und Tobias Giehl von der LG Würm Athletik.
Deutsche Starter:
Tobias Giehl (LG Würm Athletik)
David Gollnow (LG Stadtwerke München)
Georg Fleischhauer (Dresdner SC 1898)
HINDERNIS |
Der Franzose Mahiedine Mekhissi-Benabbad steht vor der Titelverteidigung. Sein Teamkollege Nordine Gezzar sowie die Spanier Victor Garcia und Abdelaziz Merzoughi boten auch schon Zeiten unter 8:20 Minuten an. Zum breiten Feld der Herausforderer gehört nicht zuletzt Steffen Uliczka (SG TSV Kronshagen/Kieler TB), der vor zwei Jahren in Barcelona bei der EM eine glänzende Figur abgab und Platz sechs in seiner Vita stehen hat. Von dieser Erfahrung dürfte er profitieren.
Deutscher Starter:
Steffen Uliczka (SG TSV Kronshagen/Kieler TB)
HOCHSPRUNG |
Der Brite Robbie Grabarz machte im Sommer mit 2,36 Metern dort weiter, wo er im Winter aufgehört hatte. Jetzt könnte er sogar zu seinem ersten großen Titel fliegen, denn von den neben ihm für Helsinki gemeldeten Hochspringern konnte soweit keiner annähernd ein solches Niveau zeigen. Nur der Slowene Rožle Prezelj, der Franzose Mickaël Hanany, die Ukrainer Andriy Protsenko und Bohdan Bondarenko sowie Kyriakos Ioannou aus Zypern sind schon 2,30 Meter oder höher gesprungen. Für den Deutschen Meister Eike Onnen (LG Hannover) geht es nicht nur um den Finaleinzug, sondern auch um die Olympia-Qualifikation. Aus dem russischen Lager fehlen der Titelverteidiger Aleksandr Shustov und der Weltjahresbeste Ivan Ukhov.
Deutscher Starter:
Eike Onnen (LG Hannover)
STABHOCHSPRUNG |
Beim Deutschen Meister Malte Mohr zeigt die Formkurve mächtig nach oben. Am Freitag flog der Wattenscheider mit 5,91 Metern an die Spitze der Weltjahresbestenliste. Damit hat er dem Titelverteidiger Renaud Lavillenie (Frankreich) bereits aus der Ferne die Stirn geboten. Die Medaillenhoffnung im Lager der deutschen Stabis, die vor zwei Jahren in Barcelona ohne Medaille geblieben waren, schüren auch Routinier Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) und der bei der DM überzeugende Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) an.
Deutsche Starter:
Malte Mohr (TV Wattenscheid 01)
Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken)
Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen)
WEITSPRUNG |
Dass es für ihn auf kontinentaler Ebene was zu holen gibt, weiß Sebastian Bayer. Immerhin ist der Hamburger zweimaliger Hallen-Europameister. Jetzt könnte er auch im Freien auf das Treppchen springen. Die 8,25 Meter, die Sebastian Bayer in diesem Sommer schon angeboten hat, kann soweit keiner seiner Gegner überbieten. Auch der Leverkusener Alyn Camara (8,20 m) ist in der Meldeliste mit an der Spitze gelistet. Allerdings haben schon etliche Weitspringer die acht Meter überboten, was bereits auf eine knallharte Qualifikation hindeutet. Zu denen gehört ebenso Haudegen Nils Winter (Buxtehuder SV). Auch an bekannten Namen wie jenen des Briten Chris Tomlinson, des Finnen Tommi Evilä, des Vize-Europameisters Kafetien Gomims und dessen französischen Landsmanns Salim Sdiri mangelt es nicht. Es kann spannend und eng werden. Titelverteidiger Christian Reif (ABC Ludwigshafen) muss verletzungsbedingt verzichten.
Deutsche Starter:
Sebastian Bayer (Hamburger SV)
Alyn Camara (TSV Bayer 04 Leverkusen)
Nils Winter (Buxtehuder SV)
DREISPRUNG |
Von den fünf Jahresbesten Europas sind in Helsinki mit dem Italiener Daniele Greco (17,47 m) und dem Ukrainer Sheryf El-Sheryf (17,03 m) zwei dabei. Ein 17-Meter-Sprung könnte einen damit schon in den Dunstkreis der Medaillen bringen. Gespannt sein darf man, ob der erfahrene Rumäne Marian Oprea im entscheidenen Moment wieder zur Stelle ist. Aus deutscher Sicht ist erfreulich, dass der Erfurter Andreas Pohle in einer Sorgendisziplin dabei sein kann. Allerdings steht er vor einer schwierigen Aufgabe.
Deutscher Starter:
Andreas Pohle (ASV Erfurt)
KUGELSTOSSEN |
Die Chancen für David Storl stehen bestens. Der Weltmeister vom LAC Erdgas Chemnitz sieht sich durch den Verzicht von Olympiasieger Tomasz Majewski (Polen) und des Russen Maksim Sidorov mit dem Portugiesen Marco Fortes nur einem Gegner gegenüber, der in diesem Sommer schon die 21 Meter übertreffen konnte. Der Hallen-Europameister Ralf Bartels (SC Neubrandenburg) verzichtet auf seinen EM-Start. Er will sich nach einer Knieoperation dem gezielten Formaufbau widmen, um dann noch rechtzeitig die Olympia-Norm zu erzielen.
Deutsche Starter:
David Storl (LAC Erdgas Chemnitz)
Marco Schmidt (VfL Sindelfingen)
DISKUSWERFEN |
Robert Harting ist das Maß der Dinge und mit 27 Siegen in Folge der Schrecken seiner Gegner. Am stärksten sind von ihnen in Helsinki der Ungar Zoltan Kovago und Estlands Olympiasieger Gerd Kanter zu erwarten. Titelverteidiger Piotr Malachowski (Polen) fehlt ebenso wie der unverwüstliche Virgilijus Alekna (Litauen). Wenn Markus Münch (LG Wedel/Pinneberg) und Martin Wierig (SC Magdeburg) ihr Potenzial ausschöpfen, können sie sich durchaus auch Respekt verdienen.
Deutsche Starter:
Robert Harting (SCC Berlin)
Markus Münch (LG Wedel/Pinneberg)
Martin Wierig (SC Magdeburg)
HAMMERWERFEN |
Ist endlich die Zeit reif für Krisztian Pars? Der Ungar könnte in Helsinki seinen ersten großen Titel gewinnen. Mit Blick auf das Niveau, das er in diesem Jahr schon gezeigt hat, und auf die gemeldete Konkurrenz kann sich der Vize-Weltmeister diesmal nur selbst schlagen. Lediglich eine Niederlage hat er sich in den letzten Wochen geleistet und der Pole Pawel Fajdek, der ihn in Montreuil-sous-Bois (Frankreich) schlagen konnte, ist in Helsinki nicht dabei. Medaillenhoffnungen hegen anderen voran die Weißrussen Pavel Kryvitski und Yury Shayunou sowie der Tscheche Lukas Melich und der erfahrene Pole Szymon Ziolkowski. Titelverteidiger Libor Charfreitag (Slowakei) konnte noch nicht glänzen. Der Leverkusener Markus Esser wirft zunächst einmal um die Olympia-Norm von 78,00 Metern.
Deutscher Starter:
Markus Esser (TSV Bayer 04 Leverkusen)
SPEERWERFEN |
Titelverteidiger Andreas Thorkildsen (Norwegen) dürfte zur Vorsicht gemahnt sein. Vor allem der Tscheche Vitezslav Vesely hat in den letzten Wochen immer wieder überzeugt. Ebenfalls schon weiter als 85 Meter konnten der Lette Vadims Vasiļevskis, der Ukrainer Oleksandr Pyatnytsya und der Türke Fatih Avan werfen. Die finnischen Weitenjäger Tero Pitkämäki, Antti Ruuskanen und Ari Mannio stehen zuhause unter extremem Druck. Etwas befreiter kann das deutsche Trio aufwerfen, der Ausfall von Weltmeister Matthias de Zordo (SV schlau.com Saar 05) ist aber schwer zu kompensieren.
Deutsche Starter:
Tino Häber (LAZ Leipzig)
Mark Frank (1. LAV Rostock)
Thomas Röhler (LC Jena)
ZEHNKAMPF |
Während sich viele seiner Kollegen schon der Olympia-Vorbereitung zugewandt haben, geht Pascal Behrenbruch das Doppel mit der EM an. Der Frankfurter ist mit seiner Vorleistung aus Götzis (Österreich) von 8.433 Punkten der große Favorit. Allerdings gibt es auch unberechenbare Größen wie den Hallen-Vize-Weltmeister Oleksiy Kasyanov (Ukraine), der ohne Vorleistung gemeldet ist. Der Hallenser Norman Müller ist bei seiner EM-Premiere allemal für eine einstellige Platzierung gut.
Deutsche Starter:
Pascal Behrenbruch (LG Eintracht Frankfurt)
Norman Müller (Hallesche LAF)
Mathias Brugger (SSV Ulm 1846)
4x100 METER |
Die DLV-Staffel darf sich was ausrechnen. Vor zwei Jahren bereits auf Platz drei, reisen die deutschen Sprinter diesmal mit der besten Vorleistung in Europa an. 38,41 Sekunden sind sie in Weinheim gelaufen, die Briten kamen bislang auf 38,82 Sekunden, die Polen auf 38,88 Sekunden. Auf der Rechnung muss man aber vor allem auch die Franzosen um Christophe Lemaitre haben, die ihren Titel zu verteidigen haben. In Barcelona liefen die Italiener auf die Zwei und die Schweizer als Vierte am Podest vorbei.
Deutsche Starter:
Lukas Jakubczyk, Tobias Unger, Julian Reus
Martin Keller (LAZ Leipzig)
Alexander Kosenkow (TV Wattenscheid 01)
4x400 METER |
Vor zwei Jahren hatten die deutschen Viertelmeiler in Barcelona das Podest um nur fünf Hundertstel verpasst. Jetzt kommt es zu einem neuen Anlauf. Dass sie zu einer unerwarteten Leistungsexplosion fähig sind, zeigten sie im letzten Jahr bei der WM in Daegu (Südkorea). Die Konkurrenz in Europa hat es allerdings durchaus in sich. Interessant und aussagekräftig ist der Quervergleich im Ranking für die Olympia-Qualifikation: Dort liegen Russland, Belgien und Großbritannien vor Deutschland.
Deutsche Starter:
Eric Krüger
Thomas Schneider (Dresdner SC 1898)
Kamghe Gaba (LG Stadtwerke München)
Niklas Zender (LG Eintracht Frankfurt)
Jonas Plass (Asics-Team Wendelstein)
Die große EM-Vorschau - Frauen
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