Die große EM-Vorschau (Teil 1)
Der Countdown tickt. Vom 7. bis 13. August findet die Europameisterschaft in Göteborg (Schweden) statt. Spannende Entscheidungen, in denen neue Titelträger gesucht werden, stehen im Ullevi-Stadion an. leichtathletik.de hat sich für Sie umgeschaut. Wer sind die Favoriten und wie stehen die Chancen der aussichtsreichsten DLV-Starter? Lesen Sie Teil eins unserer großen Vorschau...
Was ist für Kamghe Gaba in Göteborg drin? (Foto: Möldner))
MÄNNER100 Meter
Der Wattenscheider Ronny Ostwald kann mit der Gewissheit einer konstant guten Form an den Start gehen. Seit Mitte Juni bot er Zeiten um 10,30 Sekunden an, damit hat er seine Position als schnellster Deutscher in diesem Sommer untermauert. Beim Europacup in Malaga (Spanien) wurde er im Juni Fünfter. Ein ähnliches Ergebnis wäre ein Erfolg, ist aber nicht unrealistisch, denn der 32-Jährige gehört nach der bereinigten Jahresbestenliste zu den acht Schnellsten. Selbst spekuliert er mit einer Zeit von 10,20 Sekunden. Die drei heißesten Sieganwärter, Titelverteidiger Francis Obikwelu (Portugal), der zuletzt angeschlagene Dwain Chambers (Großbritannien) und der Franzose Ronald Pognon (Frankreich), sind aber von ihrem Leistungsniveau zu weit voraus, um dort mitlaufen zu können.
Titelverteidiger: Francis Obikwelu (Portugal)
DLV-Starter: Ronny Ostwald (TV Wattenscheid 01)
Deutsche Chancen: +++
200 Meter
Der Portugiese Francis Obikwelu peilt einen Doppelstart und damit auch einen doppelten Titelgewinn an. Wenn er die Mühlen und Mühen der jeweiligen Runden gut übersteht und fit im Finale ankommt, führt dort der Weg zum Titel über ihn. Aber der gebürtige Nigerianer muss wachsam sein! Ronald Pognon (Frankreich) ist in der Lage, ihn zu fordern. Mit dem verletzten Briten Christian Malcolm fehlt ein weiterer starker Gegner. Vom heimischen Publikum angetrieben, wird der schwedische Blondschopf Johan Wissman ein Geheimtipp sein. Die deutschen Aussichten sind durch die Verletzung des Hallen-Europameisters Tobias Unger (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg), der um die Medaillen mitlaufen hätte können, deutlich gesunken. Für Sebastian Ernst (TV Wattenscheid 01) und Daniel Schnelting (LAZ Rhede) geht es darum, die Nominierung zu rechtfertigen. Kompensieren können sie den Ausfall nur schwerlich.
Titelverteidiger: Kostas Kenteris (Griechenland; nicht am Start)
DLV-Starter: Sebastian Ernst (TV Wattenscheid 01), Daniel Schnelting (LAZ Rhede)
Deutsche Chancen: ++
400 Meter
Zwei Franzosen führen die Meldeliste an und zwischen Leslie Djhone, der in diesem Jahr bisher als Einziger unter 45,00 Sekunden blieb, und Marc Raquil könnte in Göteborg auch die Entscheidung um Gold und Silber fallen. Dahinter liegen die Läufer nah beisammen. Den drittbesten Läufer trennt gerade einmal eine halbe Sekunde von Sebastian Gatzka (LG Eintracht Frankfurt) auf Position 17, noch etwas weiter vorne hat sich der Magdeburger Ruwen Faller einsortiert. Kann sich der Frankfurter Kamghe Gaba im Vergleich zu den Deutschen Meisterschaften noch einmal steigern, ist für den erst 22-Jährigen vielleicht sogar ein Platz unter den ersten Fünf drin.
Titelverteidiger: Ingo Schultz (TSV Bayer 04 Leverkusen; nicht am Start)
Deutsche Starter: Kamghe Gaba, Sebastian Gatzka (beide LG Eintracht Frankfurt), Ruwen Faller (SC Magdeburg)
Deutsche Chancen: +++
800 Meter
Der Lette Dmitrijs Milkevics hat Anfang Juni in Athen mit einem neuen Landesrekord von 1:43,67 Minuten Ansprüche auf eine Medaille angemeldet. Nicht dabei sind dagegen der russische Olympiasieger Yuriy Borzakovskiy, der bereits zu Beginn der Saison angekündigt hatte, nicht bei den kontinentalen Meisterschaften starten zu wollen, und Sydney-Olympiasieger Nils Schumann (LG Eintracht Frankfurt), der Dritte der letzten EM. Das Rennen ist offen. Der Pirnaer René Herms zeigte zuletzt aufsteigende Form, der Endlauf sollte für ihn auf jeden Fall drin sein.
Titelverteidiger: Wilson Kipketer (Dänemark; nicht am Start)
Deutsche Starter: René Herms (LG Asics Pirna)
Deutsche Chancen: +++
1.500 Meter
Über 1.500 Meter gibt es gleich einige heiße Anwärter auf den Platz ganz oben auf dem Podest. Einer von ihnen ist sicherlich der Hallen-Welt- und Europameister Ivan Heshko, der in diesem Sommer vor allem mit seinem Sieg beim Golden-League-Meeting in Paris in 3:31,08 Minuten von sich sprechen machte. Mit auf der Rechnung haben sollte man sicherlich auch den französischen Titelverteidiegr Mehdi Baala, sowie den Portugiesen Rui Silva, der in dieser Saison bereits sechsmal unter 3:40 Minuten blieb. Das Ziel für den Berliner Carsten Schlangen sollte der Endlauf sein.
Titelverteidiger: Mehdi Baala (Frankreich)
Deutsche Starter: Carsten Schlangen (LG Nord Berlin)
Deutsche Chancen: ++
5.000 Meter
Mit Alistair Cragg (Irland), Mohammed Farah (Großbritannien) und Juan Carlos de la Ossa (Spanien), der aber bei der EM die 10.000 Meter vorzieht, sind in diesem Jahr drei Europäer unter 13:10 Minuten gelaufen. Dass das EM-Finale schnell wird, ist aber nicht unbedingt zu erwarten. Die richtige Taktik könnte über Sieg oder Niederlage entscheiden. Inwieweit das die im Jahresvergleich nicht zur erweiterten europäischen Spitze zählenden Jan Fitschen (TV Wattenscheid 01) und Arne Gabius (LAV asics Tübingen) ins Geschäft bringen kann, muss man abwarten. Jan Fitschen kam beim Europacup immerhin auf den 3.000 Metern zu Platz vier, Arne Gabius über 5.000 Meter auf die Sechs. Die Aufgabe in Schweden ist allerdings ungleich schwieriger. Der Kampfgeist sollte zumindest gegeben sein. Jan Fitschen hat das mit der Ansage, in Göteborg den Turbo einschalten zu wollen, bereits bekräftigt.
Titelverteidiger: Alberto Garcia (Spanien; nicht am Start)
DLV-Starter: Jan Fitschen (TV Wattenscheid 01), Arne Gabius (LAV asics Tübingen)
Deutsche Chancen: ++
10.000 Meter
Zahlt sich die zielgerichtete Vorbereitung der deutschen Läufer aus? Jan Fitschen (TV Wattenscheid 01) überzeugte zuletzt in Leverkusen mit 7:50,19 Minuten über 3.000 Meter, die er aus dem vollen Training lief. Er ist sicherlich der aussichtsreichste deutsche Teilnehmer, vielleicht kann er in Teamarbeit mit dem Chemnitzer André Pollmächer für gute Ergebnisse sorgen. Top-Favorit ist wahrscheinlich der Spanier Juan Carlos De la Ossa, der in dieser Saison als einziger Europäer unter 28:00 Minuten blieb, aber auch den Schweizer Christian Belz sollte man nicht unbeachtet lassen. Der zweite Wattenscheider Alexander Lubina musste seine Teilnahme eine Woche vor Beginn der Meisterschaften wegen eines Ermüdungssyndroms im linken Fuß absagen.
Titelverteidiger: Jose Manuel Martinez (Spanien)
Deutsche Starter: Jan Fitschen (TV Wattenscheid 01), André Pollmächer (LAC Erdgas Chemnitz)
Deutsche Chancen: +++
Marathon
Im Marathon ist immer viel möglich. Titelverteidiger Janne Holmén (Finnland) ist genauso am Start wie der Drittplatzierte von München, Julio Rey (Spanien), der dieses Jahr in Hamburg bereits mit einem neuen Landesrekord von 2:06:52 Stunden für eine absolute Top-Zeit sorgte. Mit ebenfalls einem neuen italienischen Landesrekord (2:07:22 h) reist Olympiasieger Stefano Baldini (Italien) nach Göteborg.
Titelverteidiger: Janne Holmén (Finnland)
Deutsche Starter: ohne deutsche Beteiligung
3.000 Meter Hindernis
Ohne deutsche Beteiligung finden die 3.000 Meter Hindernis statt. Um die ersten Plätze kündigt sich ein heißer Kampf an, die ersten zehn Läufer trennen gerade einmal zehn Sekunden. Die Spanier könnten einen großen Coup landen, drei von ihnen führen die europäische Bestenliste an, allen voran Titelverteidiger Antonio Jimenez, der im EM-Jahr wieder absolut topfit ist.
Titelverteidiger: Antonio Jimenez (Spanien)
Deutsche Starter: ohne deutsche Beteiligung
110 Meter Hürden
Mit seinem flotten Auftritt in Nürnberg hat sich der Leipziger Thomas Blaschek rechtzeitig vor der EM auf Platz drei der europäischen Jahresbestenliste verbessert. Nun auf Touren gekommen, macht ihn das zu einem Medaillenkandidaten. Der Zweite der letzten EM in München, Stanislavs Olijars (Lettland), ist gemeinsam mit dem zuletzt allerdings angeschlagenen Weltmeister Ladji Doucouré (Frankreich) der Favorit. Als Geheimtipp gilt der Brite Andy Turner. Für den zweiten Deutschen, Jens Werrmann (LAZ Zweibrücken), geht es letztlich nur darum, Erfahrungen zu sammeln und seine Nominierung zu rechtfertigen.
Titelverteidiger: Colin Jackson (Großbritannien; nicht am Start)
DLV-Starter: Thomas Blaschek (LAZ Leipzig), Jens Werrmann (LAZ Zweibrücken)
Deutsche Chancen: ++++
400 Meter Hürden
Der Grieche Periklís Iakovákis hat in diesem Jahr fast immer Zeiten unter 50 Sekunden angeboten, sein bisheriges Saisonhighlight war der neue Landesrekord von 47,82 Sekunden im Mai in Osaka (Japan). Aber auch zuletzt in Lausanne (Schweiz) überzeugte er mit 48,08 Sekunden und gehört damit zu den Top-Favoriten. Zu den weiteren Medaillen-Anwärtern zählt sicherlich auch der Franzose Naman Keita. Nicht am Start ist hingegen der Brite Chris Rawlinson, der bei den Commonwealth Games das letzte Rennen seiner Karriere bestritten hatte.
Titelverteidiger: Stephane Diagana (Frankreich; nicht am Start)
Deutsche Starter: ohne deutsche Beteiligung
Hinweis:
Die Bewertung der "Deutschen Chancen" von Eins bis maximal Fünf (Pluszeichen) erfolgte entsprechend des voraussichtlich aussichtsreichsten DLV-Teilnehmers in der entsprechenden Disziplin.