Die große EM-Vorschau (Teil 3)
Der Countdown tickt. Vom 7. bis 13. August findet die Europameisterschaft in Göteborg (Schweden) statt. Spannende Entscheidungen, in denen neue Titelträger gesucht werden, stehen im Ullevi-Stadion an. leichtathletik.de hat sich für Sie umgeschaut. Wer sind die Favoriten und wie stehen die Chancen der aussichtsreichsten DLV-Starter? Lesen Sie Teil drei unserer großen Vorschau...
Gelingt Kim Gevaert das Sprint-Double? (Foto: Kiefner)
FRAUEN100 Meter
Die Zweite der letzten EM, Kim Gevaert, scheint reif für den Titel. Die Belgierin war die einzige europäische Sprinterin, die sich in diesem Sommer im internationalen Geschäft mit Nachdruck in Szene setzen konnte. In 11,04 Sekunden lief sie Landesrekord. Der Papierform nach sind die Russinnen um Yuliya Gushchina (11,13 sec) ihre stärksten Gegnerinnen. Mit 32 Jahren möchte die Britin Joice Maduaka noch einmal in das Medaillenrennen eingreifen. Gespannt sein darf man aber insbesondere auf die gemeldete Olympiasiegerin Yulia Nesterenko (Weißrussland) und die unverwüstliche Merlene Ottey, die mit 46 Jahren für Slowenien ihr EM-Debüt gibt. Für die deutschen Starterinnen Verena Sailer (LAC Quelle Fürth/München/Würzburg) und Katja Wakan (Hallesche LAF) wäre eine Halbfinalteilnahme bereits ein Erfolg.
Titelverteidigerin: Ekaterini Thanou (Griechenland; nicht am Start)
DLV-Starterinnen: Verena Sailer (LAC Quelle Fürth/München/Würzburg), Katja Wakan (Hallesche LAF)
Deutsche Chancen: ++
200 Meter
Folgen für Kim Gevaert zwei zweiten Plätzen in München nun vier Jahre später zwei erste in Göteborg? Ausgeschlossen ist das nicht, denn die Belgierin ist auch auf den 200 Metern die Saisonbeste. Und das mit klarem Vorsprung. Wenn die Kräfte reichen, wird sie nur schwer zu schlagen sein. Aus den weiteren sieben EM-Starterinnen, die schon unter 23 Sekunden geblieben sind, stechen die noch unbeschriebenen Natalya Rusakova (Russland) und Hanna Marien (Belgien) heraus, allerdings müssen diese beiden ihre Medaillenansprüche erst noch untermauern. Deshalb ist der Ausgang auf den Plätzen durchaus offen. Die Sympathien der Zuschauer werden der Schwedin Emma Green, der sprintstarken WM-Dritten im Hochsprung gehören, die beim Europacup in Malaga (Spanien) bereits als Fünfte überzeugte. Für die verletzte Dortmunderin Birgit Rockmeier rückte aus deutscher Sicht die erst 19-jährige Jala Gangnus in das Feld. Die Sprinterin von der LG Weserbergland war im letzten Jahr durch den Rückzug der Sprintstaffel noch um eine WM-Teilnahme gebracht worden, jetzt steht sie vor ihrer Feuertaufe.
Titelverteidigerin: Muriel Hurtis (Frankreich)
DLV-Starterin: Jala Gangnus (LG Weserbergland)
Deutsche Chancen: ++
400 Meter
Die aufstrebenden Olga Zaytseva (Russland) und Vanya Stambolova (Bulgarien), die beide in diesem Sommer schon mit aufsehenerregenden Zeiten für Furore sorgten, könnten sich im Ullevi-Stadion einen packenden Zweikampf liefern. Ebenfalls schon unter 50 Sekunden sind in dieser Saison die beiden weiteren Russinnen Svetlana Pospelova und Tatyana Veshkurova geblieben. Es gilt also für Vanya Stambolova und die Konkurrenz, einen totalen Triumph Russlands zu verhindern. Die Britin Christine Ohuruogu, in 50,28 Sekunden im März in Melbourne (Australien) Commonwealth Games-Siegerin, muss sich dabei nach Verletzungsproblemen neu beweisen. Auf Platz 12 der Meldeliste nach Leistungen eingereiht, wird die Potsdamerin Claudia Hoffmann keinen einfachen Stand haben, könnte aber mit etwas Glück mit dem Finaleinzug überraschen.
Titelverteidigerin: Olesya Zykina (Russland; nicht am Start)
DLV-Starterin: Claudia Hoffmann (SC Potsdam)
Deutsche Chancen: ++
800 Meter
Was sich in vier Jahren doch so alles verändern kann. War die Slowenin Jolanda Ceplak damals in München noch die alles überragende Athletin, so ist sie diesmal eine unter vielen. Bei ihrer Saisonbestzeit von 2:00,22 Minuten trennen sie mehr als drei Sekunden von der schnellsten Europäerin, Yuliya Chizhenko (Russland; 1:57,07 min). Alle Jahre wieder legen die Russinnen, die auch noch Svetlana Cherkasova und Olga Kotlyarova gemeldet haben, vor allem im heimischen Tula gelaufene Spitzenzeiten vor, aber nicht immer können sie dann beim Saisonhöhepunkt daran anschließen. Die beim Europacup gestürzte Ukrainerin Tetyana Petlyuk und die in diesem Jahr stark aufgekommene Britin Rebecca Lyne lauern deshalb auf ihre Chance. Die Wattenscheiderin Monika Gradzki sollte sich international weiter bewähren. Die Deutsche Meisterin und Europacup-Zweite muss auf nicht zu flotte Rennen hoffen, um mit taktischem Geschick für eine Finalteilnahme in Betracht zu kommen.
Titelverteidigerin: Jolanda Ceplak (Slowenien)
DLV-Starterin: Monika Gradzki (TV Wattenscheid 01)
Deutsche Chancen: ++
1.500 Meter
Der Titel über die knapp vier Stadionrunden geht wohl nur über eine Russin. Yuliya Chizhenko und Yelena Soboleva scheinen dabei der Konkurrenz etwas enteilt zu sein und auch die Dritte im Bunde, Tatyana Tomashova, hat durchaus gute Chancen auf eine vordere Platzierung, so dass es sogar für einen Dreifacherfolg der Russinnen reichen könnte.
Titelverteidigerin: Sureyya Ayhan (Türkei; nicht am Start)
Deutsche Starterinnen: ohne deutsche Beteiligung
5.000 Meter
Die Favoritenbürde tragen die Norwegerin Susanne Wigene und die Britin Jo Pavey. Beide blieben in dieser Saison schon unter 15 Minuten und waren damit deutlich schneller als die anderen gemeldeten Läuferinnen. Titelverteidigerin Marta Dominguez (Spanien) scheint dagegen noch nicht in Form zu sein. Wenn Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon) sich nach ihrer Verletzung noch steigern kann, könnte ein Platz unter den Top-Ten drin sein.
Titelverteidigerin: Marta Dominguez (Spanien)
Deutsche Starterin: Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon)
Deutsche Chancen: +++
10.000 Meter
Glaubt man den Vorleistungen, dann ist die Türkin Elvan Abeylegesse (30:21,67 min) die haushohe Favoritin. Allerdings ist sie schon seit mehr als zwei Monaten nicht mehr in Erscheinung getreten. Die Russinnen Galina Bogomolova, Inga Abitova und Lidiya Grigoryeva werden sicherlich versuchen, sich eine erfolgsversprechende Taktik zurechtzulegen. Aber auch bekannte Namen wie Lornah Kiplagat (Niederlande), Susanne Wigene (Norwegen), Hayley Yelling (Großbritannien) und Constantina Tomescu (Rumänien), die in der in diesem Fall wenig aussagekräftigen Jahresbestenliste noch gar nicht so gut positioniert sind, könnten im Ullevi-Stadion zu großer Form auflaufen. Dabei brauchen sich die beiden Deutschen, Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon) und Irina Mikitenko (TV Wattenscheid 01), nicht zu verstecken, auch wenn die Konkurrenz nur schwer auszurechnen ist. "Mocki" war im letzten Jahr bei der WM die fünftschnellste Europäerin, das könnte durchaus der Maßstab sein.
Titelverteidigerin: Paula Radcliffe (Großbritannien; nicht am Start)
DLV-Starterinnen: Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon), Irina Mikitenko (TV Wattenscheid 01)
Deutsche Chancen: +++
Marathon
Eine Prognose im Marathon ist stets schwierig zu treffen, zumal keine Läuferin sich mit einer überragenden Zeit vom Rest des Feldes absetzen konnte. Nachdem Weltrekordhalterin Paula Radcliffe (Großbritannien) nicht am Start ist, weil sie ein Kind erwartet, ist das Rennen offen. Dass auch die deutschen Läuferinnen in den Kampf um die Medaillen eingreifen können, bewies Luminita Zaituc (LG Braunschweig) vor vier Jahren mit ihrem zweiten Platz. Auch Claudia Dreher (Gänsefurther Sportbewegung), Ulrike Maisch (1. LAV Rostock) und Susanne Hahn (SV Schlau.com Saar 05 Saarbrücken) gehen nicht ohne Chancen auf eine Platzierung unter den erste Zehn ins Rennen.
Titelverteidigerin: Maria Guida (Italien; nicht am Start)
Deutsche Starterinnen: Luminita Zaituc (LG Braunschweig), Claudia Dreher (Gänsefurther Sportbewegung), Ulrike Maisch (1. LAV Rostock), Susanne Hahn (SV Schlau.com Saar 05 Saarbrücken)
Deutsche Chancen: +++
3.000 Meter Hindernis
Die Hindernisläuferinnen geben ihr EM-Debüt. Dabei ist diese Disziplin ganz fest in den Händen der Osteuropäerinnen. Die Russinen Lyubov Ivanova, Tatyana Petrova und Yelena Sidorchenkova werden sich vor allen Dingen mit der Polin Wioletta Janowska, die bisher in diesem Jahr europaweit am schnellsten war (9:17,15 min), und der Weißrussin Alesia Turava beschäftigen müssen. Die Siegerländerin Verena Dreier, im letzten Jahr Fünfte bei der U23-EM in Erfurt, sieht sich vor einer ganz schwierigen Aufgabe. Das Finale scheint außer Reichweite, deshalb geht es für die erst 21-Jährige vor allem darum, Erfahrungen zu sammeln und in den Bereich ihrer Bestzeit (9:56,28 min) zu kommen.
Titelverteidigerin: neu im Programm
DLV-Starterin: Verena Dreier (LG Sieg)
Deutsche Chancen: +
100 Meter Hürden
Das schwedische Publikum setzt auf Susanna Kallur. Die Hallen-Europameisterin muss mit diesem Druck und nach in diesem Sommer gelaufenen 12,52 Sekunden auch mit der Favoritenrolle klarkommen. Ihre stärkste Gegnerin ist die Mannheimerin Kirsten Bolm. Als WM-Vierte des letzten Jahres kann die große Blonde nun das Podest stürmen. Mit Adrianna Lamalle (Frankreich), Titelverteidigerin Glory Alozie (Spanien) und der Hallen-Weltmeisterin Derval O'Rourke (Irland), die allesamt zuletzt stark aufkamen, muss die Deutsche bei der Erfüllung ihrer Mission allerdings rechnen.
Titelverteidigerin: Glory Alozie (Spanien)
DLV-Starterin: Kirsten Bolm (MTG Mannheim)
Deutsche Chancen: +++++
400 Meter Hürden
Sechs Athletinnen sind mit Vorleistungen von unter 55 Sekunden gemeldet. Die Stärkste ist dabei standesgemäß die in diesem Sommer wieder zurückgekehrte Olympiasiegerin Fani Halkia (Griechenland). Die Russische Meisterin Yevgeniya Isakova gilt gemeinsam mit der erfahrenen Tatyana Tereschuk-Antipova (Ukraine) und der Polin Anna Jesien als ein heißer Medaillentipp. Die Erfurterin Claudia Marx muss um den Finaleinzug kämpfen. Ihr 400-Meter-Sieg zuletzt in Nürnberg machte aber Hoffnung.
Titelverteidigerin: Ionela Tirlea (Rumänien; nicht am Start)
DLV-Starterin: Claudia Marx (Erfurter LAC)
Deutsche Chancen: +++
Hinweis:
Die Bewertung der "Deutschen Chancen" von Eins bis maximal Fünf (Pluszeichen) erfolgte entsprechend des voraussichtlich aussichtsreichsten DLV-Teilnehmers in der entsprechenden Disziplin.
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Die große EM-Vorschau (Teil 1)
Die große EM-Vorschau (Teil 2)