Die große Hallen-EM-Vorschau - Männer
Von Freitag bis Sonntag (6. bis 8. März) finden in Turin (Italien) die Hallen-Europameisterschaften statt - eine erste Standortbestimmung im Jahr der Weltmeisterschaften in Berlin. In insgesamt 26 Disziplinen werden Titelträger gesucht. leichtathletik.de hat sich für Sie die einzelnen Disziplinen vorgenommen. Wer gehört bei den Männern zu den heißen Favoriten und welche Chancen haben die deutschen Starter?
60 MeterDie Favoritenbürde liegt ganz eindeutig beim britischen Team, das auch vor zwei Jahren mit Jason Gardener und Craig Pickering die Plätze eins und zwei belegte. Craig Pickering ist erneut dabei, mit 6,57 Sekunden der fünftschnellste Europäer, aber nur der drittschnellste Brite in diesem Winter. Die europäische Hallen-Bestenliste führen Dwain Chambers (6,51 sec) und Simeon Williamson (6,53 sec) an. Auch der Italiener Fabio Cerutti hat sich mit einem Landesrekord von 6,55 Sekunden bereits stark präsentiert und lässt die Gastgeber auf eine Medaille hoffen. Insgesamt sieben Athleten blieben bereits unter 6,60 Sekunden, Unter ihnen auch Stefan Schwab vom TSV Schwarzenbek (6,59 sec). Das Finale ist für ihn in durchaus greifbarer Nähe.400 Meter
Titelverteidiger David Gillick (Irland) hat sich auch in diesem Jahr schon wieder mit schnellen Zeiten in Position gebracht, mit 46,18 Sekunden liegt er derzeit auf Position drei in Europa hinter dem Italiener Claudio Licciardello (46,03 sec) und dem Franzosen Leslie Djhone (46,06 sec), der allerdings auf einen Start verzichtet. Der Ire könnte mit einem Sieg das erste Triple für einen Läufer in dieser Disziplin perfekt machen, nachdem er bereits 2005 und 2007 ganz oben auf dem Podest stand. Aber die führenden Viertelmeiler liegen nah beisammen, und viele Läufer kommen jetzt erst richtig auf Touren. Ein spannendes Rennen kündigt sich an. Ohne deutsche Beteiligung.
800 Meter
In die Pole Position hat sich der russische Athen-Olympiasieger Yuriy Borzakovskiy gelaufen, der mit 1:45,96 Minuten und über einer Sekunde Vorsprung der bislang schnellste europäische 800-Meter-Läufer des Jahres ist. Dahinter drängen sich gleich elf Läufer mit einer Saisonbestzeit zwischen 1:47 und 1:48 Minuten, wovon allerdings nicht alle an den Start gehen werden. Mitten unter ihnen befindet sich auch René Bauschinger vom LAC Quelle Fürth/München, der in diesem Jahr schon auf 1:47,63 Minuten kam. Kann er seine gute Form bestätigen, sollte der Einzug in das Finale kein Problem sein.
1.500 Meter
Der schnellste Läufer in diesem Jahr, Mehdi Baala aus Frankreich (3:34,71 min), verzichtet auf einen Start. Damit ist das Rennen frei für alle Läufer, die sich dahinter tummeln und von denen sich bislang keiner entscheidend absetzen konnte. Eine gewichtige Rolle werden sicherlich wieder die Spanier spielen, die bei der letzten Hallen-EM alle Medaillen abräumten. Auch in dieser Hallensaison haben sie sich mit vier Läufern unter den besten sechs Europäern wieder auf breiter Front stark präsentiert, in Turin gehen Arturo Casado (3:38,43 min), Diego Ruiz (3:36,42 min) und Álvaro Rodríguez (3:38,10 min) an den Start. Ein Wörtchen um die vorderen Plätze mitreden könnten aber auch die beiden deutschen Starter Wolfram Müller (LG Asics Pirna; 3:38,80 min), der sich in diesem Winter sehr stark präsentierte, und der Berliner Carsten Schlangen (3:39,06 min).3.000 Meter
Der Weg zu Gold geht wohl nur über den Briten Mo Farah, der sich gut zwei Wochen vor den Hallen-Europameisterschaften in überragender Form präsentierte und in 7:34,47 Minuten einen neuen Landesrekord aufstellte. Kein anderer Europäer blieb in diesem Winter unter 7:40,00 Minuten. In eine gute Ausgangsstellung hat sich auch der Franzose Bouabdellah Tahri (7:40,00 min) gebracht. Ohne deutsche Beteiligung.
60 Meter Hürden Titelverteidiger Gregory Sedoc aus den Niederlanden ist auch in diesem Jahr wieder heißer Kandidat auf den Titel. Mit 7,52 Sekunden war er so schnell wie kein anderer Niederländer in der Halle bislang und genauso schnell wie der Franzose Ladji Doucouré in diesem Winter. Schneller als die beiden war in diesem Jahr nur der Russe Yevgeniy Borisov in 7,45 Sekunden. Der jahresschnellste Deutsche und Deutsche Hallenmeister Erik Balnuweit steigerte sich in Leipzig auf 7,63 Sekunden. Diese Zeit will der 20-Jährige bestätigen - damit sollte auch der Einzug ins Finale möglich sein. Sein Leipziger Vereinskollege Willi Mathiszik (7,65 sec) will sich in Turin technisch stabilisieren und sauber laufen - und vielleicht eine neue persönliche Bestzeit aufstellen. Mit einem optimalen Lauf im Halbfinale könnte für ihn genauso wie für den Hamburger Helge Schwarzer der Einzug ins Finale erreichbar sein.Hochsprung
Der Russe Ivan Ukhov ist bislang der Überflieger der Saison. Viermal stieg er 2,35 Meter oder höher, zuletzt steigerte er den russischen Hallen-Rekord auf 2,40 Meter. Der Dresdner Raul Spank tippt allerdings darauf, dass der Russe bei einem Nicht-Schwingboden nicht gewinnt. Dann könnte ihm vor allem der Schwede Linus Thörnblad gefährlich werden, der vor zwei Jahren hinter seinem mittlerweile zurückgetretenen Teamkollegen Stefan Holm Zweiter wurde und in diesem Winter schon 2,36 Meter überflog. Durchaus gute Chancen auf eine vordere Platzierung und auf eine Medaille hat auch Raul Spank. Bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften versuchte er seine Saison-Bestleistung um drei Zentimeter auf 2,33 Meter zu verbessern und war dabei nicht ohne Chancen. Tim Riedel (LG Euregio) überflog in diesem Winter schon 2,27 Meter, was eventuell für das Finale reichen könnte, allerdings darf ihm kein schlechter Tag wie bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften dazwischenkommen, wo er nur 2,10 Meter hoch sprang.Stabhochsprung
Titelverteidiger Danny Ecker (TSV Bayer 04 Leverkusen) und der Filstaler Alexander Straub sind mit ihren 5,80 Metern von den Deutschen Hallen-Meisterschaften den besten europäischen Springern dieses Winters dicht auf den Fersen und gehören zu den Medaillenanwärtern, zumal der Russe Yevgeniy Lukyanenko (5,82 m) in Turin nicht an den Start geht. In ähnliche Regionen wie das deutsche Duo sind in diesem Winter bereits der Franzose Renaud Lavillenie, der Russe Pavel Gerasimov und der Schwede Alhaji Jeng (alle 5,81 m) vorgestoßen. Auch der Leverkusener Malte Mohr hat sich mit seinen 5,75 Metern unter den besten zehn europäischen Springern des Winters positioniert und hat sich selbst bei seinem ersten internationalen Start eine Platzierung unter den Top-Acht zum Ziel gesetzt.Weitsprung
Vor allem der Bremer Sebastian Bayer hat sich im Vorfeld der Hallen-Europameisterschaften eine hervorragende Position erarbeitet, von der aus er seinen Angriff auf die Medaillenränge starten kann. Mit 8,17 Metern rangiert er derzeit hinter dem Griechen Loúis Tsátoumas (8,20 m) und weitengleich mit dem Franzosen Salim Sdiri, vor zwei Jahren Zweiter und Dritter. Wenn er sein Ziel, mindestens 8,05 Meter zu springen, erreicht, sollte eine Medaille möglich sein. Nicht schon wieder Siebter werden, wie bei zwei vorherigen Hallen-EMs, will der Leverkusener Nils Winter, der in diesem Winter vor allem durch seine Beständigkeit auf hohem Niveau glänzte und der noch auf einen Ausreißer nach oben wartet, der ihn auch in die Nähe der Medaillen bringen könnte. Mit 8,02 Metern ist er derzeit ebenso unter den besten zehn europäischen Springern positioniert wie der Wolfsburger Christoph Stolz (8,01 m). Ein Finale mit drei Deutschen ist machbar!Dreisprung
Es wird auf jeden Fall einen neuen Titelverteidiger geben. Der Brite Phillips Idowu geht wegen Knie-Problemen nicht an den Start. Geht es nach der Papierform, machen zwei Springer den Titel unter sich aus: Der gerade einmal 19 Jahre alte Franzose Teddy Tamgho, der schon 17,58 Meter weit flog, und der 13 Jahre ältere Italiener Fabrizio Donato, der zuletzt mit 17,42 Metern einen neuen Landesrekord aufstellte. Ohne deutsche Beteiligung.Kugelstoßen
Der Pole Tomasz Majewski, Olympiasieger und bester europäischer Stoßer (21,10 m) des Winters, hat sich in letzter Minute für einen Start in Turin entschieden und gilt dort als Favorit. Gute Chancen auf eine Medaille hat auch der Neubrandenburger Ralf Bartels, auch wenn dieser im Vorfeld tiefstapelte und sagte, eine Platz unter den ersten Acht solle möglich sein. Mit 20,14 Metern liegt er hinter Tomasz Majewski und dem Russen Pavel Sofin (20,27 m) auf dem dritten Rang der europäischen Hallen-Bestenliste des Jahres und erzählte, im Training habe sich angekündigt, dass er noch weiter als 20,14 Meter stoßen könne. Für den Sindelfinger Marco Schmidt (19,63 m) geht es vor allem darum, Erfahrung zu sammeln. Vielleicht ist für ihn, genauso wie für Andy Dittmar (BiG Gotha) auch, ein Finalplatz drin.Siebenkampf
Wieder Roman Sebrle? Der Tscheche war 2002, 2005 und 2007 der beste Siebenkämpfer bei Hallen-Europameisterschaften und will auch mit 34 Jahren zumindest wieder um eine Medaille kämpfen. In guter Form hat sich in diesem Winter bereits der Niederländer Eelco Sintnicolaas präsentiert, der als einziger Mehrkämpfer des Winters mehr als 6.000 Punkte erzielte (6.036 Punkte). André Niklaus, Hallen-Weltmeister von 2006, könnte einen Angriff auf das Podest starten.4x400 Meter
Nur wenige Staffeln haben sich in diesem Winter bislang gezeigt und auch in den Einzelrennen hat sich im Gegensatz zu den Frauen keine Nation als dominierend hervorgetan. Durchaus gute Chancen auf eine vordere Platzierung hat Gastgeber Italien, der mit Claudia Licciardello und Matteo Galvan gleich zwei Einzelläufer unter den besten Sechs Europas platziert hat. Das deutsche Team wurde zuletzt durch die krankheitsbedingte Absage des Saarbrückers und jahresbesten Deutschen Simon Kirch geschwächt. Vielleicht können Thomas Goller (TV Wattenscheid 01), Eric Krüger (SC Magdeburg), Miguel Rigau (LG ASV/DSHS Köln), Thomas Schneider (SC Potsdam) und Florian Seitz (SCC Berlin) aber die Tatsache, dass keine Staffel überlegen ist, für eine Überraschung nutzen.
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