Die große Hallen-WM-Vorschau - Frauen
Von Freitag bis Sonntag (9. bis 11. März) finden die Hallen-Weltmeisterschaften in Istanbul (Türkei) statt. Insgesamt 26 Entscheidungen stehen an. leichtathletik.de hat für Sie die einzelnen Disziplinen unter die Lupe genommen. Wer sind die Favoriten auf Gold, Silber und Bronze, und welche Chancen können sich die deutschen Starter ausrechnen?
60 METER |
Fünf der sieben schnellsten Zeiten des Jahres gehen auf das Konto von Tianna Madison (USA). Die ehemalige Weitspringerin, hinter der einige erfolglose Jahre liegen, hat die internationale Sprintszene im Sturm erobert. In Istanbul kann sie eine herausragende Hallensaison mit Gold krönen.
Etwas dagegen haben wird Titelverteidigerin Veronica Campbell-Brown (Jamaika), die allerdings im Februar schon eine Niederlage gegen Tianna Madison einstecken musste. In Medaillenform präsentierte sich in diesem Winter außerdem LaVerne Jones-Ferrette (Jungferninseln; 7,05 sec) als zweitschnellste Sprinterin.
Der Kampf um Gold, Silber und Bronze wird spannend, denn alle sechs Athletinnen, die 2012 unter 7,10 Sekunden blieben, sind für Istanbul gemeldet.
Titelverteidigerin: Veronica Campbell-Brown (JAM)
Weltjahresbeste: Tianna Madison (USA; 7,02 sec)
Deutsche Starterinnen: keine
400 METER |
Die Olympia-Dritte Sanya Richards-Ross (USA) hat sich nach fünfjähriger Abstinenz im Hallenzirkus zurückgemeldet. Bei ihrer letzten Hallen-WM-Teilnahme 2006 in Moskau (Russland) schaffte sie es nicht ins Finale, für Istanbul stehen dagegen alle Zeichen auf Gold: Mit fast einer halben Sekunde Vorsprung führt sie das Starterfeld an.
Die Bulgarin Vera Stambolova, eine frühere Dopingsünderin, hat schon zwei Hallen-WM-Medaillen. Als drittschnellste Athletin des Jahres könnte sie dieser Sammlung ein weiteres Mal Edelmetall hinzufügen.
Aleksandra Fedoriva und Yuliya Gushchina greifen für Russland nach den Medaillen. Nicht zu unterschätzen ist auch die zweite US-Amerikanerin Natasha Hastings.
Titelverteidigerin: Debbie Dunn (USA)
Weltjahresbeste: Sanya Richards-Ross (USA; 50,71 sec)
Deutsche Starterinnen: keine
800 METER |
Nach ihrem kometenhaften Aufstieg im Jahr 2008 war es ruhig um sie geworden. Nun ist sie wieder da und will es ihren Kritikern zeigen: Olympiasiegerin Pamela Jelimo (Kenia) läuft in Istanbul um den Platz ganz oben auf dem Treppchen.
Die Kenianerin gehört zu einer Gruppe von drei gemeldeten Athletinnen, die in diesem Jahr die Zwei-Minuten-Marke unterbieten konnten. Die beste Ausgangsposition hat die Jahresschnellste Malika Akkaoui (Marokko), in Lauerstellung liegt Yelena Kofanova (Russland).
Die Leverkusenerin Carolin Walter hat sich mit einem beherzten Alleingang bei der Hallen-DM ihren ersten Start bei einer internationalen Meisterschaft verdient. „Carolin ist in einer guten Form und hat in Karlsruhe gezeigt, dass sie für eine Überraschung zu haben ist. In erster Linie geht es aber um die Erfahrung", beschrieb ihr Trainer Adi Zaar die Ziele für die Hallen-WM.
Titelverteidigerin: Mariya Savinova (RUS)
Weltjahresbeste: Malika Akkaoui (MOR; 1:59,01 min)
Deutsche Starterin: Carolin Walter (TSV Bayer 04 Leverkusen)
1.500 METER |
Genzebe Dibaba stürmte beim Meeting in Karlsruhe in 4:00,13 Minuten zum Sieg und in die Favoritenrolle für die Hallen-WM. Die Äthiopierin könnte für ihr Land den dritten 1.500-Meter-Titel in Folge holen. Starke Konkurrenz erfährt sie aus den eigenen Reihen: Ihre erst 18-jährige Landsfrau Tizita Bogale hat sich in diesem Winter auf 4:06,01 Minuten verbessert.
Nicht ausgeschlossen ist ein Zweikampf Marokko gegen Äthiopien, denn mit der zweitschnellsten Athletin des Jahres, Mariem Alaoui Selsouli, sowie Siham Hilali und Btissam Lakhouad hat Marokko gleich drei heiße Eisen im Feuer. Noch ist nicht entschieden, wer von ihnen über 1.500 und wer über 3.000 Meter an den Start geht.
Titelverteidigerin: Kalkidan Gezahegne (ETH)
Weltjahresbeste: Genzebe Dibaba (ETH; 4:00,13 min)
Deutsche Starterinnen: keine
3.000 METER |
Meseret Defar greift in Istanbul nach ihrem fünften Hallen-WM-Gold in Folge. Einzig dem Weitspringer Ivan Pedroso (Kuba) gelang von 1993 bis 2001 eine derartige Siegesserie.
Die Äthiopierin stand bei ihren fünf Hallen-WM-Starts nur ein einziges Mal nicht ganz oben auf dem Treppchen: 2003 in Birmingham (Großbritannien) holte sie Bronze. Die Zeichen für Titel Nummer fünf stehen gut, denn schneller als die Äthiopierin ist in diesem Jahr noch niemand gelaufen.
Die Siegesserie durchbrechen wollen unter anderem ihre Landsfrau Gelete Burka sowie die Kenianerinnen Hellen Obiri und Sylvia Kibet. Sollte sie antreten, hätte auch die Marokkanerin Mariem Alaoui Selsouli Chancen auf ein Medaille. Mit neuem Landesrekord von 8:41,01 Minuten ist die Ukrainerin Svitlana Shmidt gemeldet.
Titelverteidigerin: Meseret Defar (ETH)
Weltjahresbeste: Meseret Defar (ETH; 8:31,56 min)
Deutsche Starterinnen: keine
60 METER HÜRDEN |
Titelverteidigerin Lolo Jones ist verletzt und somit nicht am Start. Nicht ausgeschlossen, dass der Sieg dennoch in die USA geht, denn die schnellste Zeit des Jahres geht auf das Konto der US-Meisterin Kristi Castlin.
Mit Spannung erwartet wird der Auftritt von Freiluft-Weltmeisterin Sally Pearson (Australien), die bisher erst zwei Rennen unter dem Hallendach bestritten hat. Fachleute sehen sogar den Hallen-Weltrekord der Schwedin Susanna Kallur (7,68 sec) in Gefahr.
Chancen auf eine Finalteilnahme hat die deutsche Starterin Cindy Roleder (LAZ Leipzig). Mit ihrer neuen Bestzeit von 7,96 Sekunden zählt sie zu einem Kreis von fünf gemeldeten Athletinnen, die in diesem Jahr unter acht Sekunden blieben. Bundestrainer Rüdiger Harksen will die 22-Jährige aber nicht unter Druck setzen und hofft zunächst auf den Einzug ins Halbfinale.
Titelverteidigerin: Lolo Jones (USA)
Weltjahresbeste: Kristi Castlin (USA; 7,84 sec)
Deutsche Starterin: Cindy Roleder (LAZ Leipzig)
HOCHSPRUNG |
Fünfmal trat sie in diesem Winter an, fünfmal übersprang sie die Zwei-Meter-Marke, in Arnstadt floppte sie sogar über 2,06 Meter: Weltmeisterin Anna Chicherova (Russland) ist in bestechender Form und wird in Istanbul nur schwer zu schlagen sein, zumal Titelverteidigerin Blanka Vlasic (Kroatien) nach einer Fuß-OP fehlt.
Zu ihren stärksten Herausforderinnen zählt Chaunte Howard-Lowe (USA). Nach ihrer zweiten Schwangerschaft näherte sich die 28-Jährige zunächst nur langsam ihrem alten Leistungsniveau, drehte dann aber bei den US-Trials mächtig auf und sprang mit 2,02 Metern zu einem neuen US-Rekord.
Ebenfalls aus der Babypause zurück ist Tia Hellebaut (Belgien). Die Olympiasiegerin rechnet zwar erst im Sommer mit dem nächsten Zwei-Meter-Sprung, doch ihre Wettkampfstärke hat sie schon oft unter Beweis gestellt. So könnte sie auch in Istanbul für eine Überraschung sorgen.
Titelverteidigerin: Blanka Vlasic (CRO)
Weltjahresbeste: Anna Chicherova (RUS; 2,06 m)
Deutsche Starterinnen: keine
STABHOCHSPRUNG |
Die Stabhochsprung-Königin greift nach der Hallen-Krone: Yelena Isinbayeva (Russland) schraubte im Februar ihren eigenen drei Jahre alten Hallen-Weltrekord auf 5,01 Meter. Nach dieser Vorstellung ist es kaum denkbar, dass sie sich den Hallentitel nehmen lässt.
Im Kampf um die weiteren Medaillen kann auch eine deutsche Athletin ein Wörtchen mitreden: Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen) überzeugte in diesem Jahr mit neuem deutschen Hallenrekord von 4,77 Metern. Ihr Ziel für Istanbul: „Ich möchte mein Bestes geben und versuche, persönliche Bestleistung zu springen.“ Dies wird wohl auch nötig sein, um Jenn Suhr (USA) und Holly Bleasdale (Großbritannien) in Schach zu halten, die in diesem Jahr 4,88 und 4,87 Meter überquerten.
Die zweite deutsche Starterin Kristina Gadschiew (LAZ Zweibrücken) stand bereits vor zwei Jahren im Hallen-WM-Finale. Dies kann ihr auch in Istanbul gelingen, in der Meldeliste ist sie mit der zehntbesten Leistung des Jahres vermerkt.
Titelverteidigerin: Fabiana Murer (BRA)
Weltjahresbeste: Yelena Isinbayeva (RUS; 5,01 m)
Deutsche Starterinnen: Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen), Kristina Gadschiew (LAZ Zweibrücken)
WEITSPRUNG |
Die Jahresbeste Olga Kucherenko verzichtet auf die Hallen-WM. Doch auch ohne die Russin wird die Titelverteidigung von Brittney Reese (USA) kein Selbstläufer: Bei den US-Trials zog die amtierende Hallen- und Freiluft-Weltmeisterin gegen ihre Landsfrau Janay DeLoach den Kürzeren.
Die US-Amerikanerinnen treffen im Kampf um den Titel auf starke russische Konkurrenz. Gemeldet sind Hallen-Europameisterin Darya Klishina und Elena Sokolova, die in diesem Winter schon 6,86 und 6,88 Meter gesprungen sind. Auch die Weißrussinnen Nastassia Mironchyk-Ivanova und Veronika Shutkova können mit einem Platz auf dem Treppchen liebäugeln.
Nadja Käther (Hamburger SV) will „das Debakel“ der Hallen-DM wettmachen, bei der sie sich unter Wert schlug und nur Siebte wurde. Die 23-Jährige, die zuletzt mit einer Fersenprellung zu kämpfen hatte, hat mit dem Überstehen der Qualifikation eine schwere, aber machbare Aufgabe vor sich.
Titelverteidigerin: Brittney Reese (USA)
Weltjahresbeste: Olga Kucherenko (RUS; 6,91 m)
Deutsche Starterin: Nadja Käther (Hamburger SV)
DREISPRUNG |
Vor zwei Jahren sprang Olga Rypakova (Kasachstan) mit einem Satz auf 15,14 Meter zu Hallen-WM-Gold. Bei der WM in Daegu (Südkorea) musste sie sich Olha Saladuha beugen. Die Ukrainerin, zweitbeste Dreispringerin der Hallensaison, ist für Istanbul nicht gemeldet, und so steigen für Olga Rypakova die Chancen auf eine erfolgreiche Titelverteidigung.
Den Platz ganz oben auf dem Treppchen kennt auch Yargelis Savigne (Kuba), Hallen-Weltmeisterin von 2008. Sie greift ebenso nach den Medaillen wie die Griechin Níki Panéta, die Weißrussin Kseniya Pryiemka-Dziatsuk und die Britin Yamilé Aldama, die in diesem Jahr nur elf Zentimeter trennen.
Für Kristin Gierisch (LAC Erdgas Chemnitz) gilt es, die gute Leistung bei der Hallen-DM zu bestätigen, als sie mit 14,19 Metern neue Bestleistung sprang. Sie belegt Rang 13 der Meldeliste, sodass das Überstehen der Qualifikation ein Erfolg für sie wäre.
Titelverteidigerin: Olga Rypakova (KAZ)
Weltjahresbeste: Olga Rypakova (KAZ; 14,84 m)
Deutsche Starterinnen: Kristin Gierisch (LAC Erdgas Chemnitz)
KUGELSTOSSEN |
Alles deutet auf ein Duell zwischen Titelverteidigerin Nadzeya Ostapchuk (Weißrussland) und Weltmeisterin Valerie Adams (Neuseeland) hin. Nur sie konnten in diesem Jahr die 20-Meter-Marke überbieten, und zwar deutlich. Der Weißrussin (20,70 m) gelang dies bei einem Hallen-Wettkampf, die Neuseeländerin stieß im Freien 20,67 Meter.
Ansprüche auf Platz drei hat mit einer Weite von 19,89 Metern US-Meisterin Jillian Camarena-Williams angemeldet. Nadine Kleinert (SC Magdeburg) ist mit ihrer Jahres-Bestweite von 19,33 Metern in Lauerstellung und wird sich bei ihrem 47. Start im Nationaltrikot sicher nicht so leicht aus der Ruhe bringen lassen.
Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge) steht nach 2008 vor ihrem zweiten Start bei einer Hallen-WM. In Valencia (Spanien) wurde sie mit 18,55 Metern Sechste. Ein erneuter Finaleinzug ist für die 26-Jährige in Reichweite.
Titelverteidigerin: Nadzeya Ostapchuk (BLR)
Weltjahresbeste: Nadzeya Ostapchuk (BLR; 20,70 m)
Deutsche Starterinnen: Nadine Kleinert (SC Magdeburg), Christina Schwanitz (LV 90 Erzgebirge)
FÜNFKAMPF |
Im Fünfkampf wird ein spannender und hochklassiger Wettbewerb mit Jessica Ennis (Großbritannien), Tatyana Chernova, Ekaterina Bolshova (beide Russland) und Natalya Dobrynska (Ukraine) in den Hauptrollen erwartet.
Die Britin hatte bei der Hallen-WM 2010 mit 4.937 Punkten einen neuen Meisterschaftsrekord aufgestellt. In diesem Winter präsentierte sie sich mit Bestleistungen über die Hürden (7,87 sec) und im Weitsprung (6,47 m) bereits in Topform und könnte sogar den Weltrekord (4.991 Punkte) angreifen.
Die Bestleistungen von Freiluft-Weltmeisterin Tatyana Chernova und der zweimaligen Hallen-Vize-Weltmeisterin Natalya Dobrynska liegen bei 4.855 und 4.880 Punkten. Yekaterina Bolshova steigerte ihre Bestmarke in diesem Winter um mehr als 500 auf 4.896 Punkte. Ein Herzschlag-Finale im abschließenden 800-Meter-Lauf ist nicht ausgeschlossen.
Titelverteidigerin: Jessica Ennis (GBR)
Weltjahresbeste: Yekaterina Bolshova (RUS; 4.896)
Deutsche Starterinnen: keine
4x400 METER |
Das russische Quartett hat mit den US-Amerikanerinnen noch eine Rechnung offen: 2010 in Doha beendete die US-Staffel die Serie von acht russischen Siegen in Folge.
In Istanbul könnte es zu einem ähnlich engen Rennen kommen wie vor zwei Jahren, als zwischen Gold und Silber nur eine Zehntelsekunde lag. Vorausgesetzt, sie bringen den Staffelstab sicher ins Ziel, führt auch hier der Sieg wohl nur über Russland oder die USA: In den Top Ten des Jahres über 400 Meter finden sich vier Russinnen und vier US-Amerikanerinnen wieder.
Um die weiteren Medaillen kämpfen unter anderem Großbritannien, die Ukraine und Weißrussland.
Titelverteidigerinnen: USA
Weltjahresbeste: University of Kansas (3:31,36 min)
Deutsche Starterinnen: keine
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