Die große Hallen-WM-Vorschau - Frauen
Am kommenden Wochenende finden von Freitag bis Sonntag die Hallen-Weltmeisterschaften in Birmingham statt. Insgesamt 28 Entscheidungen, in denen neue Titelträger gesucht werden, stehen in der vollbesetzten National Indoor Arena an. leichtathletik.de hat für Sie die Favoriten herausgeschält und auch die Chancen der DLV-Starter abgewogen. Lesen Sie die Vorschau zu den Wettkämpfen der Frauen...
Die Französin Muriel Hurtis hat gute Chancen auf den 200-Meter-Sieg (Foto: Chai)
60 MeterDie ukrainische 100-Meter-Weltmeisterin Zhanna Block peilt den Sieg an. Wenn sie sich keinen Fehler leistet, sollten die Französin Sylviane Felix, US-Girl Angela Williams und Sevatheda Fynes von den Bahamas um Silber und Bronze kämpfen. Eine unberechenbare Größe ist die Russin Mariya Bolikova, die mit einer beeindruckenden Saisonbestzeit von 7,11 Sekunden gemeldet hat. In das Finale wollen auch ihre Landsfrau Marina Kislova, die Österreicherin Karin Mayr und die 42-jährige Slowenin Merlene Ottey.
200 Meter
Auch auf dieser Strecke hat sich mit Anastasiya Kapachinskaya eine junge Russin überraschend in das Favoritenfeld katapultiert. Mit ihren 22,59 Sekunden führt sie sogar die Weltjahresbestenliste an, diese Zeit muss sie aber erst einmal bestätigen. Hallen-Europameisterin Muriel Hurtis (Frankreich) ist eine heiße Kandidatin für den Titel, ebenso rechnet sich Michelle Collins (USA) etwas aus. Auf das Podest hofft auch die Jamaikanerin Juliet Campbell, die vor zwei Jahren in Lissabon gewonnen hat. Die Österreicherin Karin Mayr bestach am letzten Sonntag bei der Generalprobe in Wien noch mit 22,88 Sekunden.
400 Meter
Natalja Nazarova ist als in 50,57 Sekunden überlegene Weltjahresbeste die große Favoritin. Die zweitschnellste Russin des Jahres ist Hürdenläuferin Yulia Pechonkina (51,00 sec). Nachdem pro Nation nur zwei Athletinnen startberechtigt sind, werden nur zwei Vertreterinnen aus Russland ihre Ansprüche anmelden können. Deshalb weiß die deutsche Starterin Grit Breuer um ihre reelle Chance auf das Treppchen, allerdings hat Christine Amertil (Bahamas), die vor knapp zwei Wochen noch in 51,15 Sekunden beeindruckte, in diesem Winter schon bewiesen, dass sie die Magdeburgerin nicht zu fürchten braucht. Monique Hennegan (USA) und Titelverteidigerin Sandie Richards (Jamaika) zählen zum erweiterten Kreis der Favoritinnen.
800 Meter
Maria Mutola (Mozambique) hat es in der Hand, ihren Titel erfolgreich zu verteidigen. Ihre 1:58,83 Minuten zeigen sie zwar an der Spitze der Weltjahresbestenliste, doch damit ist das Gold noch längst nicht fest gebucht. Die Österreicherin Stephanie Graf zeigte zuletzt ansteigende Tendenz und lief bei den nationalen Titelkämpfen im Alleingang unter zwei Minuten. In den Vordergrund hat sich vor allem die Britin Jo Fenn geschoben. Beachten sollte man auch die Russin Yekaterina Puzanova. Dagegen kämpfte zuletzt Hallen-Weltrekordlerin Jolanda Ceplak (Slowenien) noch mit ihrer Form und man muss abwarten, ob sie eine Maria Mutola wirklich gefährden kann. Wettkampfqualitäten mit Chancen bei einem taktischen Rennen hat auch die Vize-Europameisterin Mayte Martinez aus Spanien.
1.500 Meter
Mit der routinierten US-Amerikanerin Regina Jacobs, die am 1. Februar als erste Frau diese Strecke in der Halle unter vier Minuten lief, und der Russin Natalja Gorelova (stellte in 4:00,72 Minuten einen Landesrekord auf) hat dieser Bewerb zwei klare Favoritinnen. Gorelovas Teamkollegin Yekaterina Rozenberg muss sich erst beweisen, während die Polin Lidia Chojecka inzwischen ausreichend internationale Erfahrung mitbringt. Die britische Hoffnungsträgerin Kelly Holmes bremste zuletzt die Erwartungen an ihre Person. In Lauerstellung befinden sich Titelverteidigerin Hasna Benhassi (Marokko), Kutre Dulecha (Äthiopien) und Maria Cioncan (Rumänien).
3.000 Meter
Der Weg zum Titel führt nur über die Äthiopierin Berhane Adere, die in diesem Jahr schon in 8:31,73 Minuten an ihren eigenen Weltrekord heranlief. Die Marokkanerinnen Zhor El Kamch und Zahra Ouaziz sowie Spaniens Star Marta Dominguez sollten die weiteren Plätze unter sich ausmachen. Auf den Heimvorteil und die Unterstützung des Publikums setzt die Britin Hayley Tullett, die in diesem Winter schon mehrere gute Rennen zeigte.
60m Hürden
Gail Devers (USA) kann sich nur selbst besiegen. Sie steigerte in diesem Winter den US-Rekord auf beeindruckende 7,74 Sekunden. In ihrem Schlepptau könnte auch Melissa Morrison um eine Medaille mitlaufen. Spaniens Glory Alozie, die Jamaikanerinnen Brigitte Foster und Lacena Golding-Clarke sowie die Französinnen Patricia Girard und Linda Ferga-Khodadin sind bereit zu einem heißen Kampf um die vorderen Plätze. Erfrischend konstant präsentierte sich in den letzten Wochen die junge Schwedin Susanna Kallur.
Hochsprung
Kajsa Bergqvist (Schweden) will ihren Titel verteidigen und zeigte zuletzt ein stabiles Zwei-Meter-Niveau, das ihr eine Menge Selbstvertrauen mit auf den Weg an die Hochsprunganlage geben sollte. Die Weltjahresbeste Anna Chicherova, eine Newcomerin aus Russland, hatte Probleme, ihre 2,04 Meter vom Januar zu bestätigen, so dass man ihre Landsfrau Yelena Yelesina für das Wochenende fast stärker einschätzen muss. Mit 1,98 Metern überzeugte zuletzt in Linz die junge Kroatin Blanka Vlasic. Mit Tisha Waller kommt eine altbekannte leistungsstarke Springerin aus den USA. Die deutschen Farben werden nur von Elena Herzenberg vertreten, nachdem Aufsteigerin Melanie Skotnik verletzungsbedingt ausfiel und Daniela Rath zu spät in Tritt kam und erst in Linz 1,95 Meter sprang. Die Athletin des ABC Ludwigshafen kann dann eine gute Leistung abliefern, wenn sie endlich ihr "Trauma" bei internationalen Großereignissen überwindet und die Qualifikation übersteht.
Stabhochsprung
Der Stabhochsprung der Frauen ist einer der mit der allergrößten Spannung erwarteten Wettbewerbe. Es liegt etwas in der Luft, nachdem sich Stacy Dragila Anfang März mit 4,78 Metern den Weltrekord von der Russin Svetlana Feofanova wieder zurückholte. Vielleicht pushen sie sich in der National Indoor Arena gegenseitig zu einer neuen Bestmarke. Aber nicht weniger brisant ist der Kampf um den vakanten Bronzeplatz. Yelena Isinbayeva zeigte in Athen ihrer Landsfrau Svetlana Feofanova, dass sie sich nicht zu sehr in Sicherheit und auf ihre Rivalin aus den Staaten fixieren sollte. Die deutsche Höhenjägerin Annika Becker kann auf ihre starken Nerven bauen und hat einen ernsthaften Anspruch, wenn sie ihre Fehler von der Generalprobe in Sindelfingen ausgemerzt hat. Doch gerade im Bereich um die 4,50 Meter lauern in der Außenseiterrolle um die Polin Monika Pyrek und die wiedererstakte Isländerin Thorey Edda Elisdottir mehrere Springerinnen, die jede noch so kleine Schwäche gnadenlos bestrafen könnten. Die deutsche EM-Dritte Yvonne Buschbaum sagte ihren Start wegen einer fiebrigen Erkältung kurzfristig ab. Auch die tschechische Titelverteidigerin Pavla Hamackova fehlt aufgrund einer Achillessehnenverletzung.
Weitsprung
Der Weitsprung der Frauen kam in der jüngsten Zeit etwas mehr in Schwung. Die Griechin Stilianí Pilátou führt inzwischen mit 6,80 Metern die Weltjahresbestenliste vor der Ukrainerin Inessa Kravets (6,79 m) und der Spanierin "Concha" Montaner (6,78 m) an. Eine Bank auf eine vordere Platzierung, wenn nicht sogar auf Gold, sollte die Russin Tatjana Kotova sein, die erst sehr spät in die Hallensaison einstieg und bei ihrem einzigen Start in Athen 6,74 Meter sprang. Auf diesem Niveau befinden sich auch Olga Rublyova (Russland), Elva Goulbourne (Jamaika) und Niki Xanthou (Griechenland).
Dreisprung
Die heimischen Fans freuen sich auf den Auftritt der Hallen-Weltrekordhalterin Ashia Hansen, die mit einer Saisonbestleistung von 14,71 Metern gut im Rennen liegt. Während die Weltjahresbeste Yamile Aldama von Kuba wohl aus verbandspolitischen Gründen (sie will Britin werden) nicht nominiert wurde, können sich die Griechin Hrisopiyí Devetzí und die Rumänin Adelina Gavrila ebenfalls Medaillenhoffnungen machen. Weltmeisterin Tatjana Lebedeva (Russland), Magdelin Martinez (Italien) und Françoise Mbango (Kamerun) garantieren für einen spannenden und hochklassigen Wettbewerb. Die bulgarische Titelverteidigerin Tereza Marinova sollte einen schweren Stand haben, allerdings hat die Olympiasiegerin ihre Hoffnungen auf eine Medaille noch nicht begraben.
Kugelstoßen
Die Ukrainerin Vita Pavlysh, oft ein Dorn im Auge der deutschen Kugelstoßerinnen, übernimmt mit ihrer Vorleistung von 20,40 Metern die Favoritenrolle und bildet mit den Russinnen Irina Korzhanenko und Svetlana Kriveljova den Kreis der heißesten Medaillenanwärterinnen. Wenn sich die Deutschen Nadine Kleinert und Astrid Kumbernuss (bisher 19,33 bzw. 19,38 Meter in dieser Saison) noch einmal steigern, können sie auf eine Medaille hoffen. Dies gilt umso mehr, wenn eine der Osteuropäerinnen schwächelt.
Fünfkampf
Bereits am Auftakttag, dem Freitag, rückt der Fünfkampf der Frauen in den Mittelpunkt. Für kurzweilige Unterhaltung wird das junge Temperamentsbündel aus Schweden, die extrovertierte Europameisterin Carolina Klüft, sorgen. Sie ist zugleich die Titelanwärterin. Ihre einzige ernsthafte Konkurrentin könnte die weißrussische Titelverteidigerin Natalja Sazanovich sein. Für die Neubrandenburgerin Sonja Kesselschläger ist eine Medaille zum Greifen nahe, wenn sie ihr Ziel, eine neue persönliche Bestleistung, verwirklichen kann. Selbst traut die EM-Neunte diesem Frieden allerdings noch nicht. Der portugiesischen Hallen-EM-Zweiten Naide Gomes stecken in diesem Winter bereits drei Fünfkämpfe in den Knochen, was ihre Chancen schmelzen lässt. Die zweite DLV-Starterin, Katja Keller vom LAC Erdgas Chemnitz, hat in ihrer Außenseiterrolle nichts zu verlieren und sich selbst mindestens den siebten Platz zum Ziel gesetzt.
4x400 Meter
Die russischen Viertelmeilerinnen werden kaum zu schlagen sein, während die USA nach dem vierten Platz vor zwei Jahren etwas gutzumachen haben. Ob die Britinnen, angeführt von Catherine Murphy, für eine Medaille taugen, wird vor allem von der Schwäche der Konkurrenz abhängen. Jamaika hat eine Silbermedaille zu verteidigen. Eine DLV-Staffel, vor zwei Jahren auf Platz drei, kam trotz der im Einzelbewerb startenden Grit Breuer mangels Masse und Klasse nicht zustande.
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