Am Wochenende finden von Freitag bis Sonntag (12. bis 14. März) die Hallen-Weltmeisterschaften in Doha (Katar) statt. Insgesamt 26 Entscheidungen, in denen neue Titelträger gesucht werden, stehen im Aspire Dome an. leichtathletik.de hat für Sie die einzelnen Disziplinen unter die Lupe genommen. Wer sind die Favoriten auf Gold, Silber und Bronze, und welche Chancen können sich die deutschen Starter ausrechnen?
60 METER
Laverne Jones-Ferrette von den US-Jungferninseln hat in diesem Winter die Szene aufgemischt. Die 28-Jährige blieb gleich viermal unter 7,10 Sekunden. In Stuttgart lief sie mit 6,97 Sekunden sogar die schnellste Zeit seit elf Jahren. Annähernd folgen konnte ihr über 60 Meter nur eine: die Top-Sprinterin des letzten Jahres, Carmelita Jeter. Die US-Amerikanerin brachte es auf eine Saisonbestzeit von 7,02 Sekunden. Hinter diesen beiden Athletinnen kommt eine breite Front, auf der Hoffnungen auf eine Medaille blühen. Größte Ambitionen haben in Doha anderen voran Veronica Campbell-Brown (Jamaika) und Mikele Barber (USA). Insgesamt 13 Sprinterinnen sind in diesem Winter unter 7,20 Sekunden geblieben. Titelverteidigerin: Angela Williams (USA; nicht am Start) Weltjahresbeste: Laverne Jones-Ferrette (US-Jungferninseln; 6,97 sec) DLV-Starterin: Yasmin Kwadwo (TV Wattenscheid 01) Deutsche Aussichten: Yasmin Kwadwo kann ohne großen Druck auflaufen. Die Wattenscheiderin hat mit erst 19 Jahren die Chance, auf großer Bühne internationale Erfahrung zu sammeln. Davon wird die Deutsche Hallenmeisterin für die Zukunft nur profitieren. Mit ihrer Saisonbestzeit von 7,29 Sekunden, zugleich ihre persönliche Bestleistung, ist sie die Nummer 40 der Welt.
400 METER
Es wäre keine Überraschung, wenn die Athletinnen aus Russland und den USA die Medaillen unter sich auslaufen würden. Debbie Dunn und DeeDee Trotter können dabei genauso viel Erfahrung in die Waagschale werfen wie Natalya Nazarova und Tatyana Firova. Vor zwei Jahren gab es in Valencia (Spanien) einen russischen Doppelerfolg. Ebenfalls schon unter 52 Sekunden sind in diesem Jahr die frühere Dopingsünderin Vania Stambolova (Bulgarien) und Aliann Pompey (Guyana) geblieben. Zu beachten wird aber auch die Jamaikanerin Novlene Williams-Mills sein. Sie bestreitet zum ersten Mal seit vier Jahren wieder eine Hallensaison. Titelverteidigerin: Olesya Zykina (Russland; nicht am Start) Weltjahresbeste: Debbie Dunn (USA; 50,86 sec) DLV-Starterinnen: keine
800 METER
Der Papierform nach wäre der Ausgang fein zu berechnen. Die Russinnen Yevgeniya Zinurova und Mariya Savinova waren gemeinsam mit der Britin Jennifer Meadows, die ihre Mannschaft als Kapitän anführt, in dieser Saison mit Abstand am stärksten. Sie blieben als einzige bislang unter zwei Minuten. Doch die letzte Hallen-WM mit der australischen Überraschungssiegerin Tamsyn Lewis hatte wieder einmal gezeigt, dass in einem taktischen Rennen alle Prognosen über den Haufen geworfen werden können. Deshalb gilt es auch Anna Pierce (USA), Yuliya Krevsun (Ukraine) und Angelika Cichocka (Polen) im Auge zu behalten. Titelverteidigerin: Tamsyn Lewis (Australien; nicht am Start) Weltjahresbeste: Yevgeniya Zinurova (Russland; 1:58,65 min) DLV-Starterinnen: keine
1.500 METER
Bei der WM in Berlin hatte die Spanierin Natalia Rodriguez die Äthiopierin Gelete Burka im Finale böse aus dem Weg geschubst, jetzt kommt es zum brisanten Wiedersehen. An Motivation dürfte es deshalb bei der Titelverteidigerin aus Afrika nicht mangeln. Da mit der erst 18-jährigen Kalkedan Gezahegn die Weltjahresbeste ebenfalls aus Äthiopien stammt, ist sogar ein Doppelsieg für die Läufernation möglich. Die Hallen-Europameisterin Anna Alminova (Russland) konnte in den letzten Wochen ebenfalls überzeugen, daneben wird es spannend sein, in welcher Form sich die Kenianerin Irene Jelagat und die weitere Russin Yevgeniya Zolotova vorstellen. Weltmeisterin Maryam Jamal (Bahrain) ist zwar gemeldet, hat aber ihren Verzicht angekündigt. Titelverteidigerin: Gelete Burka (Äthiopien) Weltjahresbeste: Kalkedan Gezahegn (Äthiopien; 4:03,28 min) DLV-Starterinnen: keine
3.000 METER
Der Name Meseret Defar thront über allen anderen in der Meldeliste. Die Äthioperin kommt als Titelverteidigerin und Weltjahresbeste. Die 26-Jährige kann zum vierten Mal in Folge diesen Titel gewinnen. Ob ihr dabei tatsächlich ihre in Stuttgart glänzend aufgelegte Teamkollegin Sentayehu Ejigu oder 5.000-Meter-Weltmeisterin Vivian Cheruiyot und Sylvia Kibet (beide Kenia) in die Quere kommen, bleibt abzuwarten. Als schnellste Europäerin des Winters ist die Portugiesin Jessica Augusto gemeldet. Titelverteidigerin: Meseret Defar (Äthiopien) Weltjahresbeste: Meseret Defar (Äthiopien; 8:24,46 min) DLV-Starterinnen: keine
60 METER HÜRDEN
Zwar hat Lolo Jones die zweitschnellste Zeit des Winters im Gepäck, die Titelverteidigung ist für die US-Amerikanerin aber dennoch keine leichte Aufgabe. Vor allem mit ihrer Teamkollegin Ginnie Powell und der Kanadierin Priscilla Lopes-Schliep muss sie rechnen. Letztere führt auch den Jahresvergleich an. Auf eine Blöße der Favoritinnen lauern neben der Kubanerin Anay Tejeda mit Aleksandra Fedoriva, Tatyana Dektyareva (beide Russland), Christina Vukicevic (Norwegen) auch drei Europäerinnen. Jamaika baut in Lacena Golding-Clarke und Vonette Dixon auf viel Erfahrung, die sich im Aspire Dome als vorteilhaft erweisen könnte. Schade aus deutscher Sicht, dass die Bremerin Carolin Nytra verletzungsbedingt absagen musste. Sie wäre mit der viertbesten Vorleistung in den Wettkampf gegangen. Die Hallen-Weltmeisterin von 2006, Derval O'Rourke (Irland), fällt ebenfalls aus. Titelverteidigerin: Lolo Jones (USA) Weltjahresbeste: Priscilla Lopes-Schliep (Kanada; 7,82 sec) DLV-Starterin: Nadine Hildebrand (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) Deutsche Aussichten: Mit der Steigerung auf 8,00 Sekunden, die Nadine Hildebrand in diesem Winter vollzogen hat, muss sich die DLV-Vertreterin nicht verstecken, ein Finaleinzug wäre aber dennoch eine Überraschung. Im letzten Jahr war sie bei der Hallen-EM in Turin (Italien) auf Platz sechs gelaufen. Allerdings ist die Konkurrenz nun ungleich stärker.
HOCHSPRUNG
Gerade für die deutschen Hochsprung-Fans wiegt der Ausfall von Ariane Friedrich schwer. Die Frankfurterin kann wegen einer Knorpelquetschung im Knie die Titelverteidigerin Blanka Vlasic nicht herausfordern. Die Kroatin hat in diesem Jahr fünf Wettkämpfe bestritten und alle mit Höhen von über 2,00 Metern gewonnen. Mit ihrem neuen Hallen-Landesrekord von 2,06 Metern ist sie die haushohe Favoritin. Weitere Zwei-Meter-Springerinnen des Winters sind Svetlana Shkolina (Russland), Ruth Beitia (Spanien) und Meike Kröger (LG Nord Berlin). Auf ihre Chance hoffen dahinter Emma Green (Schweden), Irina Gordeyeva (Russland) und Chaunte Howard Lowe (USA). Titelverteidigerin: Blanka Vlasic (Kroatien) Weltjahresbeste: Blanka Vlasic (Kroatien; 2.06 m) DLV-Starterin: Meike Kröger (LG Nord Berlin) Deutsche Aussichten: Meike Kröger hat bei den Deutschen Hallen-Meisterschaften in Karlsruhe mit ihrem Satz über 2,00 Meter überrascht. Das dürfte ihr einerseits viel Selbstvertrauen gegeben haben, aber gerade nach der Absage von Ariane Friedrich ist sie nun eine Rolle gerutscht, die für sie unerwarteten Druck mitbringt. Doch bereits mit einem soliden Auftreten kann sie eine gute Saison abrunden.
STABHOCHSPRUNG
Stabhochsprung-Queen Yelena Isinbayeva tritt mit dem unbedingten Willen an, ihren Hallen-Weltrekord von 5,00 Metern verbessern zu wollen. Gelingt das der Russin, wird sie auf dem Weg zu ihrem vierten Hallen-WM-Titel in Folge nicht zu schlagen sein. Leistet sie sich aber wieder einen solchen Ausrutscher wie bei der WM in Berlin, ist die Luft dünn. Die vor zwei Jahren drittplatzierte Fabiana Murer (Brasilien), Weltmeisterin Anna Rogowska (Polen) und ihre Teamkollegin Svetlana Feofanova sind in diesem Jahr schon 4,75 Meter oder höher gesprungen. Daneben greifen auch die US-Girls Lacy Janson und Chelsea Johnson mit guten Vorleistungen an. Titelverteidigerin: Yelena Isinbayeva (Russland) Weltjahresbeste: Yelena Isinbayeva (Russland; 4,85 m) DLV-Starterinnen: Carolin Hingst (USC Mainz), Kristina Gadschiew (LAZ Zweibrücken) Deutsche Aussichten: Die beiden deutschen Vertreterinnen sehen sich starker internationaler Konkurrenz gegenüber. Beim gut besetzten Meeting in Donezk (Ukraine) landeten Carolin Hingst und Kristina Gadschiew zuletzt auf den Plätzen acht und elf. 4,60 Meter sind momentan das Tor zur Weltelite. Diese Höhe konnten beide in diesem Winter schon anbieten.
WEITSPRUNG
Fünf der acht besten Springerinnen dieses Winters kommen aus Russland. In Doha vertreten die Farben der Osteuropäerinnen Anna Nazarova und die erst 19-jährige Darya Klishina, begleitet von entsprechenden Hoffnungen auf Edelmetall. Diese haben auch die US-Starterinnen. Weltmeisterin Brittney Reese, mit 6,89 Metern in diesem Winter neuerlich die Stärkste, steht vor dem nächsten Coup und auch Brianna Glenn hat gezeigt, dass es weit hinaus gehen kann. Mitten hinein in die Weltspitze ist auch die Wattenscheiderin Sosthene Moguenara gesprungen. Titelverteidigerin Naide Gomes sollte man nicht abschreiben, auch wenn es für die Portugiesin ein nicht einfacher Winter war. Titelverteidigerin: Naide Gomes (Portugal) Weltjahresbeste: Brittney Reese (USA; 6,89 m) DLV-Starterinnen: Sosthene Moguenara (TV Wattenscheid 01), Bianca Kappler (LC Rehlingen) Deutsche Aussichten: Sosthene Moguenara hat sich viel vorgenommen. Sie will nicht nur ins Finale, sondern auch 6,80 Meter weit springen. Gelingt ihr das bei dieser Feuertaufe, dann darf sie sogar von einer Medaille träumen. Nicht ganz so hoch legt Bianca Kappler die Messlatte. Die 32-Jährige, mit entsprechender Erfahrung ausgestattet, orientiert sich an ihrer Hallen-Bestleistung (6,63 m) und möchte damit ins Finale einziehen.
DREISPRUNG
Yargelis Savigne, Weltmeisterin drinnen wie draußen, scheint die einsame Spitze zu sein. Die Kubanerin hat aber in diesem Winter nur einen Dreisprung-Wettkampf bestritten. In Düsseldorf landete sie bei 14,84 Metern. Diese Weite beschert ihr allerdings die besten Aussichten, denn die Konkurrenz ist zwar breit aufgestellt, konnte die 14,50 Meter zuletzt aber noch nicht übertreffen. Trotzdem spricht viel für die Russinnen Anastasiya Taranova-Potapova und Anna Pyatykh sowie die Kasachin Olga Rypakova als weitere heiße Medaillenanwärterinnen. In dem Wettkampf scheint aber auch eine Portion Überraschungspotenzial zu stecken, wenn man auf weitere Namen wie Mabel Gay (Kuba) oder Xie Limei (China) blickt. Titelverteidigerin: Yargelis Savigne (Kuba) Weltjahresbeste: Yargelis Savigne (Kuba; 14,84 m) DLV-Starterinnen: keine
KUGELSTOSSEN
Es ist wieder so wie bei vielen der großen Wettkämpfe in den vergangenen Jahren. Die Weißrussinnen haben mit Nadzeya Ostapchuk (21,70 m) und Natallia Mikhnevich (20,28 m) aufhorchen lassen. Aber irgendwie hört kaum mehr jemand hin, denn diese Leistungen müssen beim Höhepunkt erst einmal wiederholt werden. Nur wenn das gelingt, dürfte die Weltmeisterin und Olympiasiegerin Valerie Vili aus Neuseeland zu gefährden sein. Anca Heltne (Rumänien) hat nach im Februar erzielten 19,90 Metern genauso Medaillenchancen wie die Magdeburgerin Nadine Kleinert. Aus China wird die WM-Dritte Gong Lijiao erwartet. Titelverteidigerin: Valerie Vili (Neuseeland) Weltjahresbeste: Nadzeya Ostapchuk (Weißrussland; 21,70 m) DLV-Starterin: Nadine Kleinert (SC Magdeburg) Deutsche Aussichten: Mit ihrer Saisonbestleistung von 19,19 Metern war Nadine Kleinert alles andere als zufrieden. Die Vize-Weltmeisterin kann mehr und hat das im Training auch schon gezeigt. Eine Edelmetallhoffnung ist nicht unbegründet.
FÜNFKAMPF
Das Feld ist erlesen, die Titelverteidigerin Tia Hellebaut fehlt jedoch. Die Belgierin hatte ihre Karriere zwischenzeitlich beendet, will im Sommer aber wieder Wettkämpfe bestreiten. Die Blicke werden sich vor allem auf Siebenkampf-Weltmeisterin Jessica Ennis richten. Die Britin kämpfte mit Verletzungssorgen, sieht sich aber konkurrenzfähig. Jene Konkurrenz besteht vor allem aus der Olympiasiegerin Nataliya Dobrynska (Ukraine) sowie den weiteren Olympia-Medaillengewinnerinnen Hyleas Fountain (USA) und Tatyana Chernova (Russland). Titelverteidigerin: Tia Hellebaut (Belgien) Weltjahresbeste: Tatyana Chernova (Russland; 4.855 Punkte) DLV-Starterinnen: keine
4x400 METER
Nur fünf Staffeln haben ihr Kommen angekündigt. Die absolute Außenseiterrolle wird dabei den Tschechinnen zuteil. Dem gegenüber stehen die Russinnen, die diesen Titel zum neunten Mal in Folge gewinnen können. Allerdings zeichnen sich diesmal die USA als starker Herausforderer ab, haben sie doch mit Allyson Felix eine sechsmalige Weltmeisterin nominiert, die ihrem Quartett zusätzlichen Schwung verleihen wird. Jamaika sollte im Kampf um eine Medaille gegenüber Großbritannien im Vorteil sein. Titelverteidigerin: Russland Weltjahresbeste: USA / University of Arkansas (3:33,18 min) DLV-Starterinnen: keine