Die große Leipzig-Vorschau
Die nationalen Hallen-Titelkämpfe stehen vor der Tür. Wer wird am Wochenende (21./22. Februar) in der Leipziger Arena zum Deutschen Meister gekürt? leichtathletik.de hat die einzelnen Disziplinen unter die Lupe genommen und gibt einen Ausblick.
MÄNNER60 Meter
Im bisherigen Verlauf der Hallensaison war Christian Blum (LAC Quelle Fürth/München) der dominierende Sprinter. Durch seine Absage werden die Karten allerdings völlig neu gemischt. Tobias Unger (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) und Stefan Schwab (TSV Schwarzenbek) haben bereits die Hallen-EM-Norm von 6,66 Sekunden erreichen können und sind damit nun in der Favoritenrolle.
200 Meter
Der Wattenscheider Sebastian Ernst hat bisher die besten Zeiten auf der Hallenrunde abgeliefert und geht als aussichtsreichster Starter in die Meisterschaft. Seine Vereinskameraden Julian Reus und Alexander Kosenkow könnten einen Wattenscheider Dreifach-Erfolg komplett machen. Der Münchner Florian Rentz und der Jenaer Jugend-Sprinter Robert Hering sind für eine Medaillen-Überraschung gut.
400 Meter
Nach dem Rücktritt des Leverkuseners Ingo Schultz wird es einen neuen Titelträger geben. Wer das sein wird, tragen vor allem der Saarbrücker Simon Kirch, der Kölner Miguel Rigau und Hürdenspezialist Thomas Goller (TV Wattenscheid 01) unter sich aus. Aber auch der Berliner Florian Seitz und der wiedergenesene Ruwen Faller (SC Magdeburg) können bei der Titelvergabe ein Wort mitreden.
800 Meter
Die meisten Mittelstreckler haben sich in der bisherigen Hallensaison noch nicht häufig gezeigt. Lediglich der Fürther René Bauschinger war bei fast allen Meetings präsent und hat auch schon die Norm für die Hallen-EM unterboten. Nahedran war zuletzt auch der Erfurter Sebastian Keiner. Titelverteidiger Robin Schembera (TSV Bayer 04 Leverkusen) fehlt nach gesundheitlichen Problemen.
1.500 Meter
Wolfram Müller ist die 1.500 Meter in den letzten Wochen beständig unter 3:41 Minuten gelaufen, von der Favoritenrolle will der Pirnaer, der bereits vor zwei Jahren einmal in Leipzig triumphiert hat, nichts wissen. Titelverteidiger Carsten Schlangen (LG Nord Berlin) hofft auf eine aufsteigende Form und wird alles dransetzen, nicht entthront zu werden.
3.000 Meter
Sieben Jahre in Folge hat der Wattenscheider Jan Fitschen den 3.000-Meter-Lauf der Hallen-DM gewonnen. In diesem Jahr verzichtet der 10.000-Meter-Europameister auf die Teilnahme und macht damit den Weg frei für einen neuen Titelträger. Seine in Karlsruhe gelaufene Hallen-EM-Norm (7:51,96 min) wollte der Tübinger Freiluft-Meister Arne Gabius als Signal an die Konkurrenz verstanden wissen. Doch: Welche Konkurrenz? Im Grunde kann sich der Hallen-WM-Finalist nur selbst schlagen..
60 Meter Hürden
Im letzten Jahr in Sindelfingen gingen die ersten vier Plätze an das LAZ Leipzig. Nachdem Thomas Blaschek nach vier Titeln in Folge verletzungsbedingt absagen musste, könnten die anderen Leipziger Hürdensprinter um Erik Balnuweit die Lücke schließen. Aber das möchte Helge Schwarzer verhindern. Der Hamburger hat im Januar bereits die Norm für die Hallen-EM erreicht.
Hochsprung
Raul Spank aus Dresden knüpft im Winter nahtlos an seine Sommersaison 2008 an, die er mit dem fünften Platz bei den Olympischen Spielen in Peking (China) krönte. Der Hannoveraner Eike Onnen, der beste deutsche Hochspringer der Jahre davor, tritt nicht an. Zu einem Zweitkampf könnte es trotzdem kommen, denn Tim Riedel von der LG Euregio meisterte vor kurzem die Hallen-EM-Norm von 2,27 Metern.
Stabhochsprung
Der Stabhochsprung ist seit vielen Jahren der unumstrittene Höhepunkt der Deutschen Hallen-Meisterschaften. So wird es auch in diesem Jahr sein, wenn mehr als ein halbes Dutzend Weltklasse-Springer um die drei Fahrkarten zur Hallen-EM kämpfen. Setzen sich in diesem Jahr wieder die Routiniers um Danny Ecker (TSV Bayer 04 Leverkusen), Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen) und Tim Lobinger (LG Stadtwerke München) durch oder schaffen es die jüngeren Athleten wie Tobias Scherbarth (TSV Bayer 04 Leverkusen), Fabian Schulze (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg), Alexander Straub (LG Filstal) und U20-Weltmeister Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken)?
Weitsprung
Die Konkurrenz ist in diesem Winter deutlich ausgeglichener als in den Vorjahren und das bedeutet Spannung pur für die Zuschauer. Neben dem Leverkusener Nils Winter hat sich zuletzt auch der Freiluft-Meister Sebastian Bayer (Bremer LT) in Hallen-EM-Form präsentiert. Der frühere Leipziger und Neu-Münchner Oliver Koenig, der Heppenheimer Remigius Roskosch und der Saarbrücker Christian Kaczmarek sind in diesem Winter schon weiter als 7,70 Meter gesprungen.
Dreisprung
Ex-Weltmeister Charles Friedek ist auch mit 37 Jahren immer noch das Maß der Dinge im deutschen Dreisprung. Vor ein paar Wochen verfehlte der Leverkusener in Frankreich nur knapp die Norm für die Hallen-EM, die nun fällig sein sollte, obwohl er zuletzt angeschlagen auf weitere Meeting-Starts verzichten musste. Neben seinem jahrelangen Widersacher Andreas Pohle (ASV Erfurt) erheben auch einige ganz junge Springer Ansprüche auf einen Platz auf dem Treppchen.
Kugelstoßen
Der Leipziger Lokalmatador Peter Sack kann nach gesundheitlichen Problemen nicht antreten und seinen Titel verteidigen. Deshalb ist die Frage nicht, ob der Neubrandenburger Ralf Bartels den Titel holt, sondern mit welcher Weite ihm dies gelingen könnte. Hinter dem Europameister wird ein spannender Kampf um die Silbermedaille erwartet, wenn Routinier Andy Dittmar aus Gotha und U20-Weltmeister David Storl (LAC Erdgas Chemnitz) versuchen, die wenigen Zentimeter weiter zu stoßen, die ihnen bisher noch an der Norm für die Hallen-EM (19,50 m) fehlen.
4x200 Meter
Alles andere als ein Sieg des Quartetts des TV Wattenscheid 01 wäre eine große Überraschung. Um die Vizemeisterschaft dürften sich besonders die ausgeglichen besetzte Mannschaft des TSV Friedberg-Fauerbach und die jungen Teams vom TuS Jena und des TV Gladbeck streiten.
4x400 Meter
Bei den verschiedenen Landesmeisterschaften trumpfte besonders die Staffel des SC Magdeburg auf und auch der TV Wattenscheid 01 und der SC Potsdam konnten überzeugen. Bei der DM kommen dann aber immer wieder Mannschaften mit weniger guten Vorleistungen als Sieger ins Ziel, so wie in den letzten beiden Jahren der TSV Bayer 04 Leverkusen.
5.000 Meter Gehen
Nach seinem Doppel-Olympiastart im letzten August geht es für den derzeit besten deutschen Geher André Höhne (SCC Berlin) nun wieder um nationale Meisterehren. Der vierte Hallentitel nacheinander sollte ihm nicht zu nehmen sein.
FRAUEN
60 Meter
In den letzten drei Jahren gab es drei verschiedene Titelträgerinnen. Nun deutet allerdings einiges auf einen neuerlichen Erfolg der Neu-Mannheimerin Verena Sailer hin, die im deutschen Frauensprint das Kommando übernommen hat. Dahinter wird es um die erfahrene Mainzerin Marion Wagner sowie die Jugendmeisterin Yasmin Kwadwo (TV Wattenscheid 01) eng und spannend. Verzichtet hat trotz ihrer Rückkehr nach einer Babypause die Wattenscheiderin Sina Schielke, die vor zwei Jahren in Leipzig noch gewinnen konnte. Insgesamt sind in diesem Winter schon neun Sprinterinnen unter 7,50 Sekunden geblieben.
200 Meter
Die Vorjahressiegerin, die Münchnerin Katharina Naumann, wird zur Titelverteidigung nicht erwartet. In die Favoritenrolle rückt nicht nur die Freiluft-Meisterin Mareike Peters (TSV Bayer 04 Leverkusen), sondern auch die aufstrebende Stuttgarterin Anja Wackershauser, die vor der Mannheimerin Anne Möllinger die aktuelle Bestenliste anführt. Mindestens sieben Athletinnen ist aber eine Zeit unter 24 Sekunden zuzutrauen. Foto-Finish nicht ausgeschlossen!
400 Meter
Vorjahresmeisterin Claudia Marx (Erfurter LAC) hat verletzungsbedingt ihren Verzicht auf die Titelkämpfe erklärt, Freiluftmeisterin Claudia Hoffmann (SC Potsdam) wollte sich in diesem Winter mehr mit den 800 Metern beschäftigen. Wenn die Vorzeichen so bleiben, sollte der Weg zum Titel über die Bremer Olympia-Teilnehmerin Jonna Tilgner führen. Sie rechnet vor allem mit der Gegenwehr von Florence Ekpo-Umoh (Erfurter LAC).
800 Meter
Claudia Hoffmann (SC Potsdam) bewirbt sich um den Titel über 800 Meter, damit rückt die eigentliche 400-Meter-Läuferin in die Rolle einer Mitfavoritin. Die Deutsche Freiluft-Meisterin Jana Hartmann (LG Olympia Dortmund) hat ihre Wintersaison bereits wieder beendet, Vorjahressiegerin Monika Merl (TV Wattenscheid 01) fehlt ebenso. In den Vordergrund konnte sich die junge Chemnitzerin Anja Claußnitzer laufen, auch für Janina Goldfuß (TV Wattenscheid 01) tun sich Möglichkeiten auf.
1.500 Meter
Dass sie unter freiem Himmel mit dem Hindernislauf ihre neue Liebe gefunden hat, sollte die Potsdamerin Antje Möldner nicht daran hindern, unter dem Hallendach ihren Titel über 1.500 Meter zu verteidigen und um die Hallen-EM-Norm von 4:15,00 Minuten zu laufen. Im letzten Jahr war die Freiluftmeisterin Denise Krebs (TV Wattenscheid 01) ihre erbitterste Widersacherin, diese hat aber ihre Teilnahme abgesagt.
3.000 Meter
Daran, dass Antje Möldner in der Halle nach dem Double strebt, hat man sich bereits gewöhnt. Auch diesmal ist bei der Potsdamerin mit solchen Ambitionen zu rechnen, vor allem wenn die 1.500-Meter-Vorläufe ausfallen sollten. In die Quere kommen dürfte ihr dabei nicht nur die erfahrene Kölner Langstrecklerin Sabrina Mockenhaupt, die vor einer Woche beim Formtest über 1.500 Meter überzeugte, kommen, sondern auch ihre erstarkte Hinderniskollegin Julia Hiller (LAC Quelle Fürth/München) wird zu beachten sein.
60 Meter Hürden
Im letzten Jahr waren sie im Winter noch an dem Treppchen vorbeigelaufen, jetzt könnte die Zeit für Olympia-Teilnehmerin Carolin Nytra (Bremer LT) und Nadine Hildebrand (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) reif sein, um nach dem Titel zu greifen. Die Konkurrenz wird aber auf die Fehler der Favoritinnen lauern und in der Lage sein, Zeiten unter 8,20 Sekunden anzubieten.
Hochsprung
2,05-Meter-Springerin Ariane Friedrich bestimmte bereits in den letzten Jahren die Hallen-Titelkämpfe. Nun kehrt die Frankfurterin als eine haushohe Favoritin nach Leipzig zurück, die sich nur selbst schlagen kann. Die Berlinerin Meike Kröger und die Leverkusenerin Julia Hartmann sind für Höhen von 1,90 Metern und mehr gut.
Stabhochsprung
Über die Hallen-EM-Norm von 4,30 Metern konnten die besten deutschen Stabhochspringerinnen nur gelangweilt schmunzeln, doch jetzt kommt der Showdown im Kampf um die Tickets nach Turin (Italien; 6. bis 8. März). Ob die Mainzerinnen Carolin Hingst und Anna Battke, die Leverkusenerin Silke Spiegelburg oder die Zweibrückerin Kristina Gadschiew, das letzte Wort wird nun in Leipzig gesprochen. Dabei wackelt der deutsche Hallenrekord! An das Tor nach Italien wollen auch die Schwestern Lisa Ryzih und Anastasija Reiberger (beide ABC Ludwigshafen) anklopfen.
Weitsprung
Die Weitspringerinnen gehen nicht auf die Jagd nach dem Titel, sondern auch auf die Jagd nach der Hallen-EM-Norm (6,55 m). Titelverteidigerin Melanie Bauschke (LG Nike Berlin) muss vor allem ihre Vereinskollegin Urszula Gutowicz-Westhof und die Freiluft-Meisterin Sophie Krauel (TuS Jena) auf der Rechnung haben. Die Neu-Hamburgerin Claudia Tonn, bis vor kurzem noch Mehrkämpferin, muss sich jetzt ohne Kompromisse als Spezialistin behaupten. Sieben Monate nach ihrem Achillessehnenriss will auch die WM-Fünfte Bianca Kappler vom LC Asics Rehlingen wieder konkurrenzfähig sein.
Dreisprung
Der Nachwuchs kann eine Wachablösung herbeiführen. Mit der Chemnitzerin Kristin Gierisch und der Dresdnerin Jenny Elbe machten zwei junge Talente zuletzt nachhaltig auf sich aufmerksam. Freiluft-Meisterin Katja Demut (TuS Jena) wird aber ausreichend gewarnt sein. Die Paderbornerin Ekaterina Menne spekuliert auf das Treppchen. Wieder im Kommen ist auch die routinierte Sofia Schulte (SC Eintracht Hamm).
Kugelstoßen
Die WM-Dritte Nadine Kleinert (SC Magdeburg) hat bereits frühzeitig ihren Verzicht auf die Hallen-DM erklärt. Auch Christina Schwanitz (SV Neckarsulm) tritt in diesem Winter nicht in Erscheinung. Damit deutet alles auf einen Zweikampf zwischen der Titelverteidigerin Denise Hinrichs (TV Wattenscheid 01) und der EM-Dritten Petra Lammert (SC Neubrandenburg) hin.
4x200 Meter
Vor Jahresfrist distanzierte das Leverkusener Quartett noch die Konkurrenz aus Mannheim, diesmal könnten die MTG-Athletinnen den Spieß umdrehen. Zu rechnen ist auch wieder mit dem USC Mainz (Platz drei im Vorjahr). Offener wird das Medaillenrennen dadurch, dass der TV Wattenscheid 01 keine Sondergenehmigung bekam und mangels Qualifikationsleistung nicht mit am Start sein wird. Ob sich die LG Weserbergland wieder der alten Stärke nähert, bleibt abzuwarten, ist aber nicht ausgeschlossen.
3.000 Meter Gehen
Melanie Seeger wird ihr Titel-Abonnement diesmal nicht verlängern. Die Potsdamerin ist schwanger und pausiert im WM-Jahr. Damit deutet alles auf ein einsames Rennen der Wattenscheiderin Sabine Krantz (vorher Zimmer) hin, die sagt: "Ich habe die Halle nicht besonders vorbereitet, will jetzt einfach nur den Titel mitnehmen. Es ist mal etwas anderes als Training, so kann man ein bisschen Spannung aufbauen." Dahinter können sich vor allem junge Athletinnen ihre Meriten verdienen und auf das Podest marschieren.
Hallen-DM in Leipzig