Die große Olympia-Vorschau - Männer (1)
Der Countdown tickt für die weltbesten Leichtathleten. Am Freitag (3. August) beginnen bei den Olympischen Spielen in London (Großbritannien) die mit Spannung erwarteten Wettbewerbe. leichtathletik.de blickt von Disziplin zu Disziplin voraus.
100 METER |
Geht es nach Tyson Gay, dann wird es schnell, verdammt schnell. Der US-Sprinter, der als Zweiter der Olympia-Trials 9,86 Sekunden gelaufen ist, geht davon aus, dass man für eine Medaille eine Zeit unter 9,70 Sekunden anbieten muss. Das ist neben ihm in der Geschichte nur Weltrekordler Usain Bolt gelungen. Dieser blickt auf eine holprige Saison zurück, die nicht nur von der Niederlage gegen Weltmeister Yohan Blake bei den Jamaika-Trials begleitet war. Zuletzt beklagte Usain Bolt gesundheitliche Probleme und schlief sogar rückenschonend in einem Spezialbett. Sollte er nicht hundertprozentig fit sein, würde das seinen Herausforderern um Yohan Blake, der in 9,75 Sekunden mit einer Hundertstel auf Usain Bolt der Jahresschnellste ist, und US-Meister Justin Gatlin (9,80 sec) in die Karten spielen. Asafa Powell und Ryan Bailey komplettieren die Sprint-Trios von Jamaika und den USA. Mit Keston Bledman, Richard Thompson (beide Trinidad & Tobago) und Kemar Hyman (Cayman-Inseln) sind noch drei weitere Sprinter schon unter zehn Sekunden geblieben.
Olympiasieger 2008: Usain Bolt (Jamaika)
Weltmeister 2011: Yohan Blake (Jamaika)
Weltjahresbester 2012: Yohan Blake (Jamaika; 9,75 sec)
Deutsche Starter: keine
Letzter deutscher Olympiasieg: Armin Hary (1960)
Letzte deutsche Olympiamedaille: Armin Hary (Gold, 1960)
200 METER |
Auch auf den 200 Metern thront Yohan Blake mit 19,80 Sekunden vor Usain Bolt (19,83 sec) an der Spitze der Weltjahresbestenliste. Mit einem Doppelerfolg gegen den Teamkollegen könnte sein Stern in London in voller Pracht erstrahlen. Während die Jamaikaner noch Warren Weir mit einer Vorleistung von 19,99 Sekunden an den Start schicken, weisen die US-Amerikaner mit Wallace Spearmon (19,95 sec) nur einen Sprinter vor, der in diesem Jahr schon unter 20 Sekunden blieb. Auch wenn in London eine Leistungsexplosion nicht überraschen würde, können sich die Europäer Christophe Lemaitre (19,91 sec) und Churandy Martina (19,94 sec) etwas ausrechnen. Der Franzose will sich auch deshalb ganz auf die längere Sprintstrecke konzentrieren, der Europameister aus den Niederlanden hat nach seiner Disqualifikation in Peking (China) vor vier Jahren auf Olympiaebene noch eine Rechnung offen und hat eine Medaille als Ziel ausgegeben.
Olympiasieger 2008: Usain Bolt (Jamaika)
Weltmeister 2011: Usain Bolt (Jamaika)
Weltjahresbester 2012: Yohan Blake (Jamaika; 19,80 sec)
Deutsche Starter: keine
Letzte deutsche Olympiamedaille: Helmut Körnig (Bronze; 1928)
400 METER |
Vor allem LaShawn Merrit hat es in der Hand, die schon seit 1984 währende Dominanz der US-Viertelmeiler bei den Olympischen Spielen fortzuführen. Der US-Meister (44,12 sec) sorgte aber beim Diamond League-Meeting in Monaco (Monte Carlo) für Irritationen, als er wegen einem Krampf aufgab. Dort war dann der Weg für den Belgier Jonathan Borlée (44,74 sec) frei, der auch Weltmeister Kirani James (Grenada; Saisonbestzeit: 44,72 sec) und seinen Zwillingsbruder Kevin (44,56 sec) hinter sich ließ. U20-Weltmeister Luguelin Santos (Dominikanische Republik; 44,45 sec) zeigte in diesem Sommer auch bei großen Meetings seine Siegerqualitäten und ist so zu den Medaillenanwärtern zu zählen. Tony McQuay konnte als Zweiter der US-Trials überzeugen (44,49 sec). Seit seiner Bestzeit (44,77 sec) bei den Bahamas-Meisterschaften ist der Hallen-Vize-Weltmeister Demetrius Pinder nicht mehr in Erscheinung getreten.
Olympiasieger 2008: LaShawn Merritt (USA)
Weltmeister 2011: Kirani James (Grenada)
Weltjahresbester 2012: LaShawn Merritt (USA; 44,12 sec)
Deutsche Starter: keine
Letzte deutsche Olympiamedaille: Frank Schaffer (Bronze; 1980)
800 METER |
David Rudisha strotzt so sehr vor Selbstvertrauen, dass er sogar darüber nachdenkt, bei den Olympischen Spielen einen Angriff auf seinen Weltrekord (1:41,01 min) ganz ohne Tempomacher zu unternehmen. Im Grunde kann sich der Kenianer also nur selbst schlagen. Dahinter könnte ein unerbittlicher Kampf entbrennen. Die Liste der Medaillenkandidaten ist lang. Hallen-Weltmeister Mohamed Aman (Äthiopien), US-Meister Nick Symmonds und Hallen-Europameister Adam Kszczot (Polen) gehören dazu. Für eine Überraschung könnte U20-Weltmeister Nijel Amos (Botswana) sorgen, wenn er gut durch das Turnier kommt. Vize-Weltmeister Abubaker Kaki (Sudan) konnte zuletzt nicht glänzen. Für den Braunschweiger Sören Ludolph soll die Olympiapremiere der Wegweiser zu den nächsten internationalen Aufgaben sein.
Olympiasieger 2008: Wilfred Bungei (Kenia)
Weltmeister 2011: David Rudisha (Kenia)
Weltjahresbester 2012: David Rudisha (Kenia; 1:41,54 min)
Deutscher Starter: Sören Ludolph (LG Braunschweig)
Letzter deutscher Olympiasieg: Nils Schumann (2000)
Letzte deutsche Olympiamedaille: Nils Schumann (Gold; 2000)
1.500 METER |
Die Kenianer sind auf den 1.500 Metern das Maß der Dinge. Asbel Kiprop bringt nicht nur Olympiasieg und WM-Titel als Referenz mit, der 23-Jährige führt mit glänzenden 3:28,88 Minuten auch die Weltjahresbestenliste vor seinen Teamkollegen Silas Kiplagat und Nixon Chepseba an. Bei der Jagd auf das Trio aus der Läufernation wird also schon taktisches Geschick gefragt sein. Der Neuseeländer Nick Willis, bereits vor vier Jahren Olympia-Zweiter, der Marokkaner Amine Laalou und der Algerier Taoufik Makhloufi gaben beim Diamond League-Meeting in Monaco (Monte Carlo) eine gute Generalprobe und brachten sich als stärkste Herausforderer in Position. Der Berliner Carsten Schlangen schaffte mit einer neuen Bestzeit (3:33,64 min) den Sprung nach London. In der bereinigten Bestenliste liegt er damit sogar unter den ersten Zehn.
Olympiasieger 2008: Asbel Kiprop (Kenia)
Weltmeister 2011: Asbel Kiprop (Kenia)
Weltjahresbester 2012: Asbel Kiprop (Kenia; 3:28,88 min)
Deutscher Starter: Carsten Schlangen (LG Nord Berlin)
Letzte deutsche Olympiamedaille: Jens-Peter Herold (Bronze; 1988)
5.000 METER |
Die ersten zehn Plätze der Weltjahresbestenliste teilen sich die Läufer aus Äthiopien und Kenia mit Dejen Gebremeskel an der Spitze auf. Er wird gemeinsam mit Hagos Gebrhiwet und Yenew Alamirew die äthiopischen Farben vertreten, während die Kenianer Isaiah Kiplangat Koech, Edwin Soi und Thomas Longosiwa ins Rennen schicken. Der britische Weltmeister Mo Farah dürfte derjenige sein, der in diese Phalanx, die sich auch schon bei den letzten beiden Olympischen Spielen auf den Medaillenplätzen zeigte, einbrechen kann. Dem Tübinger Arne Gabius gehört als Vize-Europameister die nationale Aufmerksamkeit. Er hat nichts zu verlieren.
Olympiasieger 2008: Kenenisa Bekele (Äthiopien)
Weltmeister 2011: Mo Farah (Großbritannien)
Weltjahresbester 2012: Dejen Gebremeskel (Äthiopien; 12:46,81 min)
Deutscher Starter: Arne Gabius (LAV Stadtwerke Tübingen)
Letzter deutscher Olympiasieg: Dieter Baumann (1992)
Letzte deutsche Olympiamedaille: Dieter Baumann (Gold; 1992)
10.000 METER |
Die Äthiopier könnten zum fünften Mal in Folge den 10.000 Meter-Olympiasieger stellen. Kenenisa Bekele, der auf den legendären Haile Gebrselassie folgte, hat es sogar in der Hand, den Hattrick perfekt zu machen. Doch seine Aufgabe ist nicht einfach. Kenia stellt mit Wilson Kiprop und Moses Masai die beiden Erstplatzierten der Weltjahresbestenliste. Tariku Bekele, Gebregziabher Gebremariam sind die beiden weiteren Äthiopier. Bitan Karoki komplettiert das kenianische Trio. Aber auch hier gilt: Die Rechnung sollte nicht ohne den Wirt gemacht werden. In dem Fall ist das wiederum der Brite Mo Farah, im letzen Jahr schon Vize-Weltmeister.
Olympiasieger 2008: Kenenisa Bekele (Äthiopien)
Weltmeister 2011: Ibrahim Jeilan (Äthiopien)
Weltjahresbester 2012: Wilson Kiprop (Kenia; 27:01,98 min)
Deutsche Starter: keine
Letzte deutsche Olympiamedaille: Hans Grodotzki (Silber; 1960)
MARATHON |
Die mit immer schnelleren Zeiten aufwartenden Äthiopier und Kenianer dominieren die Weltjahresbestenliste und das auf breiter Front. So kommt der Olympia-Marathon schon einer Art Showdown gleich. Äthiopien schickt den mit einer Zeit von 2:04:23 Stunden Weltjahresbesten Ayele Abshero, Dino Sefir und Getu Feleke gegen London-Sieger Wilson Kipsang, Weltmeister Abel Kirui und Emmanuel Mutai ins Rennen. Die USA hoffen auf Ryan Hall und Meb Keflezighi, der 2004 bereits Silber gewann. Japan hat mit Arata Fujiwara einen Hoffnungsträger, während Europameister Viktor Röthlin (Schweiz) und Henryk Szost (Polen) ebenfalls auf ihre Chance lauern, zumindest um den Prestigeerfolg "schnellster Weißer". Der Olympische Rekord von 2:06:32 Stunden dürfte mehr als nur wackeln, wenn die Bedingungen stimmen.
Olympiasieger 2008: Samuel Wanjiru (Kenia)
Weltmeister 2011: Abel Kirui (Kenia)
Weltjahresbester 2012: Ayele Abshero (Äthiopien; 2:04:23 h)
Deutsche Starter: keine
Letzter deutscher Olympiasieg: Waldemar Cierpinski (1980)
Letzte deutsche Olympiamedaille: Stephan Freigang (Bronze; 1992)
110 METER HÜRDEN |
Die US-Hürdensprinter warten schon seit drei Spielen auf einen neuen Olympiasieger. Jetzt hat Hallen-Weltmeister Aries Merritt die große Chance, das späte Erbe von Atlanta-Sieger Allen Johnson anzutreten. Dreimal ist er in diesem Jahr 12,93 Sekunden gelaufen. Annähernd so schnell waren nur Chinas Vize-Weltmeister Liu Xiang (12,97 sec), den Aries Merritt als jenen Athleten bezeichnet, den es zu schlagen gilt, und Weltmeister Jason Richardson (USA; 12,98 sec). Hinter Peking-Olympiasieger Dayron Robles steht ein dickes Fragezeichen. Der Kubaner ist seit Ende Mai nicht mehr in Erscheinung getreten. In Lauerposition sind Jeff Porter (USA), Orlando Ortega (Kuba) und Europameister Sergey Shubenkov (Russland), die alle in diesem Sommer schon unter 13,10 Sekunden geblieben sind. Die Leipziger Alexander John und Erik Balnuweit sowie der Offenburger Matthias Bühler stellen sich als Olympia-Debütanten dem erlesenen Feld, beim Olympiatest in Weinheim glänzten Matthias Bühler und Alexander John mit flotten 13,34 bzw. 13,35 Sekunden.
Olympiasieger 2008: Dayron Robles (Kuba)
Weltmeister 2011: Jason Richardson (USA)
Weltjahresbester 2012: Aries Merritt (USA; 12,93 sec)
Deutsche Starter: Erik Balnuweit (LAZ Leipzig), Matthias Bühler (LG Offenburg), Alexander John (LAZ Leipzig)
Letzter deutscher Olympiasieg: Thomas Munkelt (1980)
Letzte deutsche Olympiamedaille: Florian Schwarthoff (Bronze; 1996)
400 METER HÜRDEN |
Mit einem Sweep räumten die US-Hürdenläufer vor vier Jahren in Peking (China) ganz groß ab. Eine Wiederholung dieses Coups scheint fast ausgeschlossen. Vize-Weltmeister Javier Culson (Puerto Rico) ist nicht nur der Jahresschnellste (47,78 sec), sondern in diesem Jahr auch noch ungeschlagen. Weltmeister Dai Greene ist der Mann, dem die heimischen Fans die Daumen drücken und den sie sicherlich auch lautstark anfeuern werden. Daneben macht das US-Trio Michael Tinsley, Angelo Taylor und Kerron Clement Jagd auf die Medaillen. Gespannt sein darf man auf den Japaner Takayuki Kishimoto, der mit einer Leistungsexplosion auf 48,41 Sekunden aufwarten konnte. Athen-Olympiasieger Felix Sanchez (Dominikanische Republik) rechnet sich auch noch einmal etwas aus. Für den Chemnitzer Silvio Schirrmeister ging der Traum von Olympia in Erfüllung, jetzt kann er diesen mit Leben füllen.
Olympiasieger 2008: Angelo Taylor (USA)
Weltmeister 2011: David Greene (Großbritannien)
Weltjahresbester 2012: Javier Culson (Puerto Rico; 47,78 sec)
Deutscher Starter: Silvio Schirrmeister (LAC Erdgas Chemnitz)
Letzter deutscher Olympiasieg: Volker Beck (1980)
Letzte deutsche Olympiamedaille: Harald Schmid (Bronze; 1984)
3.000 METER HINDERNIS |
Seit 1984 stellen die Kenianer den Olympiasieger über den Hindernissen. Noch nie schaffte es aber einer von ihnen, den Erfolg zu wiederholen. Das könnte sich jetzt ändern, denn neben Abel Mutai stehen mit Brimin Kipruto und Ezekiel Kemboi zwei gestählte Olympiahelden im Aufgebot. Vor vier Jahren konnte Frankreichs Europameister Mahiedine Mekhissi-Benabbad in die Phalanx der Kenianer eindringen und Silber holen. Noch schneller als der Franzose waren in diesem Jahr der Äthiopier Roba Gari, der US-Amerikaner Evan Jager und der Marokkaner Brahim Taleb. Der noch auf den letzten Drücker auf den Olympia-Zug aufgesprungene Steffen Uliczka (SG TSV Kronshagen / Kieler TB) steht auf der größten Sportbühne vor einer Feuertaufe, kann aber eigentlich nur überraschen.
Olympiasieger 2008: Brimin Kipruto (Kenia)
Weltmeister 2011: Ezekiel Kemboi (Kenia)
Weltjahresbester 2012: Paul Kipsiele Koech (Kenia; 7:54,31 min)
Deutsche Starter: Steffen Uliczka (SG TSV Kronshagen / Kieler TB)
Letzte deutsche Olympiamedaille: Frank Baumgartl (Bronze; 1976)