Die große Ulm-Vorschau - Männer
Wer wird am kommenden Wochenende die Nase vorn haben und sich den Deutschen Meistertitel sichern? leichtathletik.de hat die einzelnen Disziplinen unter die Lupe genommen und für Sie einen Blick auf die Spitzenplatz-Anwärter geworfen. Lesen Sie die große Ulm-Vorschau auf die Konkurrenzen bei den Männern.
Ronny Ostwald ist Favorit über 100 Meter (Foto: Kiefner)
100 mNach dem verletzungsbedingten Ausfall von Tobias Unger (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg) rückt der Wattenscheider Ronny Ostwald endgültig in die Favoritenposition. Nach 2004 könnte er sich zum zweiten Mal in die Meisterliste eintragen. Marius Broening (LAV Asics Tübingen) hat in Ulm schwäbischen "Heimvorteil". Alexander Kosenkow (beide TV Wattenscheid 01) könnte, wenn er seine leichten gesundheitlichen Probleme gut überwunden hat, für einen Platz auf dem Treppchen gut sein. Für die anderen deutschen Topsprinter geht es um die Plätze in der EM-Staffel. Stefan Wieser (TSV Bayer 04 Leverkusen), verzichtete deswegen zuletzt mit Beugerproblemen auf einen Start in Luzern (Schweiz), um die Meisterschaftsteilnahme nicht zu gefährden, wird aber top-motiviert antreten und Jagd auf die EM-Norm (10,30 sec) machen wollen.
200 m
Hinter Tobias Unger (LAZ Salamander Kornwestheim/Ludwigsburg), der verletzungsbedingt nicht am Start ist, haben auch die anderen deutschen 200-Meter-Läufer in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Aber im EM-Jahr ist der Knoten noch nicht geplatzt: Keiner hat bisher die Norm für Göteborg und in Ulm bietet sich die letzte Chance für den Wattenscheider Sebastian Ernst, Till Helmke (TSV Friedberg-Fauerbach) und Daniel Schnelting (LAZ Rhede). Letzterer hat eine Verletzung vom Mai wieder auskuriert, der Belastungstest von Cuxhaven kann durchaus als gelungen bewertet werden. Der bisherige Saisonverlauf deutet auf ein offenes und spannendes Rennen hin.
400 m
Nach den letzten Rennen hat der Frankfurter Sebastian Gatzka die Favoritenrolle übernommen. Hinter ihm ist ein spannender Kampf um die EM-Staffelplätze zu erwarten. Einer der Aspiranten ist der amtierende Europameister über die Stadionrunde, Ingo Schultz (TSV Bayer 04 Leverkusen). Schafft er es nach langer Verletzungspause, sich in das EM-Team zu laufen? Aber auch der junge Kamghe Gaba (LG Eintracht Frankfurt) hat sich in dieser Saison schon stark präsentiert. Der Magdeburger Ruwen Faller sucht nach seinem verspäteten Saisoneinstieg seine letzte Chance, noch einmal an das Tor zur EM anzuklopfen.
800 m
In den letzten fünf Jahren hieß der Deutsche 800-Meter-Meister immer René Herms und es gibt kaum einen Zweifel, dass dem Pirnaer auch der sechste Streich gelingen wird. Das Comeback von Nils Schumann (LG Eintracht Frankfurt) auf deutschem Boden muss nach einem Hundebiss weiter verschoben werden, er tritt nur in der Staffel an.
1.500 m
Die Chancen, dass sich ein DLV-Läufer auf der 1.500-Meter-Strecke für die Europameisterschaften qualifiziert, stehen nicht gut. Noch fehlt ein Normerfüller, aber der Berliner Carsten Schlagen lief schon bis auf eine halbe Sekunde an die Vorgabe (3:37,50 min) heran. Jedenfalls dürfte dieses Rennen eines der spannendsten der Ulmer Titelkämpfe werden. Rund ein halbes Dutzend Mittelstreckler hat Siegchancen. Vielleicht schafft es wie bei der Europacup-Qualifikation der Jüngste, nämlich Stephan Eberhardt. Oder der Titel geht an einen Läufer, der dann bei der EM für Finnland läuft – Jonas Hamm (beide LC Erfurt), der beim Europacup in Malaga (Spanien) allerdings nicht überzeugte.
5.000 m
Beim Meeting in Kassel haben der Wattenscheider Jan Fitschen und der Tübinger Arne Gabius bereits die EM-Norm unterboten. Beide können sich also ganz auf die Titelvergabe konzentrieren. Vor einem Jahr in Wattenscheid nutzte Jan Fitschen den Heimvorteil zu einem Sieg mit großem Vorsprung. Mit dem Ulmer Publikum im Rücken könnte der kampfstarke Arne Gabius ihm dieses Mal Paroli bieten. Zu beachten wird auch der weitere Wattenscheider Alexander Lubina sein.
110 Meter Hürden
Titelverteidiger Thomas Blaschek (LAZ Leipzig) war im bisherigen Saisonverlauf überlegen und die erneute Meisterschaft sollte ihm nicht zu nehmen sein. Dahinter wir es spannend: Ivo Burkhardt (SV Halle) ist nicht mehr weit von der EM-Norm entfernt, Youngster Alexander John (TuS Jena) möchte die Etablierten ärgern und dann ist da schließlich noch Altmeister Mike Fenner (TV Wattenscheid 01), der immer zum wichtigsten Wettkampf in Topform kommt und auf das Treppchen will.
400 Meter Hürden
Christian Duma (LG Eintracht Frankfurt), der von Olympiasieger Volker Beck trainiert wird, hat in der Jahresbestenliste mehr als eine Sekunde Vorsprung und in den letzten drei Jahren den Titel gewonnen. Es spricht alles für den vierten DM-Sieg in Folge, wenn er die Verletzung, die ihn zum Europacup-Verzicht zwang, überwunden hat. Falls er nicht antreten kann, rückt der Sieger von 2001, Jan Schneider (VfL Sindelfingen), in die Favoritenposition. Er hätte damit nach zwei Jahren Verletzungspause ein gelungenes Comeback.
3.000 Meter Hindernis
Kann einer der anderen Teilnehmer Filmon Ghirmai (LAV Asics Tübingen) beim Erreichen der EM-Norm helfen? Zwar liegen der Rehlinger Raphael Schäfer und Stephan Hohl (TV Huchenfeld) mit ihren Jahresbestmarken gar nicht weit hinter dem Dieter Baumann-Schützling, aber ob sie stark genug sind, um für ihn das Tempo zu machen, ist fraglich. Tempoarbeit schmälert zumeist die Medaillenchancen. Mit Steffen Uliczka (SG Kronshagen/ Kieler TB) und dem Berliner Nobert Löwa könnten auch jüngere Läufer diese Chance nutzen.
4x100 m
In den letzten vier Jahren lag das Wattenscheider Quartett immer deutlich vorn und auch 2006 sieht es nach einer erfolgreichen Titelverteidigung aus. Im Winter stellten die Blauhemden einen neuen Hallenrekord auf und in Ulm liebäugeln sie mit einer ähnlichen Glanztat. Der Kampf um die Plätze dahinter wird spannend, denn Kornwestheim/Ludwigsburg, Friedberg-Fauerbach und Leverkusen haben gleichwertige Teams, die sich nichts schenken werden.
4x400 m
Die LG Eintracht Frankfurt hat in den letzten drei Jahren den abschließenden DM-Wettbewerb gewonnen und es müsste schon sehr viel danebengehen, wenn die Hessen den Titel abgeben müssten. Allerdings kamen sie trotz ihres Potentials bisher nie an die Zeiten der besten deutschen Vereinsstaffeln früherer Jahre heran. Das könnte sich 2006 ändern, wenn die Sebastian Gatzka, Kamghe Gaba, Nils Schumann und Co. vielleicht doch einmal eine Zeit unter 3:08 Minuten schaffen. Das hängt aber auch davon ab, ob Christian Duma voll einsatzfähig ist.
10.000 Meter Gehen
André Höhne (SCC Berlin) könnte etwas schaffen, was nur sehr selten gelingt, nämlich alle vier Titel eines Jahres zu holen (20 km, 50km, Halle, Bahn). Drei davon hat er in diesem Jahr bereits erreicht, fehlt nur noch der Sieg über 10.000 Meter zu früher Morgenstunde in Ulm. Einen Strich durch diese Rechnung könnte Andreas Erm (SC Potsdam) machen, der nach längerer Verletzungspause auf der kurzen Bahnstrecke sein Comeback startet.
Hochsprung
Titelverteidiger Eike Onnen (LG Hannover) und Olympiateilnehmer Roman Fricke (TSV Bayer 04 Leverkusen) sind in diesem Sommer die besten DLV-Hochspringer. Es deutet also Vieles auf einen Zweikampf dieser beiden hin, in den die anderen Teilnehmer kaum eingreifen können. Vielleicht treiben sich die beiden wortwörtlich so weit in die Höhe, dass für einen doch noch die Erfüllung der EM-Norm dabei herausspringt.
Stabhochsprung
Das Niveau der deutschen Stabhochspringer ist seit Jahren Weltklasse und bei der DM gibt es wieder den großen Showdown um die EM-Tickets. Fünf Springer haben die geforderten 5,70 Meter bereits mindestens einmal übersprungen, aber nur drei dürfen für Göteborg gemeldet werden. Hinzu kommt Björn Otto (LAV Bayer Uerdingen/Dormagen), der sich von seiner Handverletzung wieder erholt hat und nun auch die Norm angreifen will. Das garantiert Spannung pur und einen Wettkampf mit Topergebnissen. Dass in den letzten fünf Jahren vier verschiedene Stabhochspringer Meister wurden, beweist nur, wie offen und ausgeglichen die Entscheidung ist. Die drei, die zum Schluss triumphieren, sind dann auch EM-Favoriten.
Weitsprung
Einen klaren Favoriten für die Weitsprung-Entscheidung gibt es nicht. Der Leverkusener Nils Winter war zwar in den letzten Jahren der beste Deutsche, aber für den Europacup hatte sich diesmal Oliver Koenig (LAZ Leipzig) qualifiziert. Zuletzt schrammte Nils Winter mit 7,99 Metern hauchdünn an der Norm vorbei. Christoph Stolz (VfL Wolfsburg) drang bei den Norddeutschen Meisterschaften in den aktuellen Leistungsbereich dieser beiden vor und Routinier Kofi Amoh Prah (LG Nike Berlin) hat in den letzten Wochen deutliche Fortschritte gemacht. Die Zuschauer können sich also auf einen spannenden Wettkampf freuen, der hoffentlich mit mehreren Acht-Meter-Sprüngen beendet wird.
Dreisprung
Seit mehr als zehn Jahren musste man mindestens 16,70 Meter weit springen, um Deutscher Meister zu werden. Es kann sein, dass 2006 eine geringere Weite reicht. Bei Charles Friedek (TSV Bayer 04 Leverkusen) kann man kaum vorhersagen, was beim jeweiligen Wettkampf herauskommt, zumal er zuletzt an einer Oberschenkelverletzung laborierte. Sein Start ist noch nicht sicher. Die restlichen Springer sind rund einen halben Meter von der EM-Norm entfernt. Bleibt im Moment im Dreisprung das Prinzip Hoffnung.
Kugelstoßen
Vier deutsche Kugelstoßer haben bisher die EM-Norm mindestens einmal übertroffen. Es muss also einer von ihnen zuhause bleiben, wenn die anderen zum immer wieder schwierigen Qualifikationswettkampf bei der EM antreten. Trotz seines Hallen-WM-Patzers und der verpassten direkten EM-Qualifikation beim Europacup ist Ralf Bartels (SC Neubrandenburg) klarer Favorit. Aber auch Peter Sack (LAZ Leipzig) und Andy Dittmar (LG Ohra Hörselgas) bewegen sich konstant jenseits der 20-Meter-Linie.
Diskuswerfen
Die besten sieben Diskuswerfer haben ihre Saisonbestweite beim Diskuscup in Wiesbaden erreicht. Zwei Monate später müssen sie bei der DM diese Leistungen bestätigen. Es gibt kaum einen Zweifel, dass dies Lars Riedel (LAC Erdgas Chemnitz), Michael Möllenbeck (TV Wattenscheid 01) und Robert Harting (SCC Berlin) auch gelingen wird und sich dieses Trio für Göteborg qualifiziert. Lars Riedel hatte seinen letzten DM-Auftritt 2003 in Ulm und gewann damals an seinem Geburtstag - sicherlich ein gutes Omen für den Wettkampf im Donaustadion.
Hammerwerfen
Hammerwurf-DM ist dann, wenn Karsten Kobs (BV Teutonia Lanstrop) gewinnt! So sieht es jedenfalls aus, wenn man sich die Ergebnislisten der letzten sieben Jahre anschaut. Geht diese Serie in Ulm zu Ende oder kann der Dortmunder noch einmal den Meisterwimpel in Empfang nehmen? Der neun Jahre jüngere Markus Esser (TSV Bayer 04 Leverkusen) hatte über den Saisonverlauf die besseren Weiten, aber "Hammerwurf-DM ist…" Für Holger Klose (SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken) bietet die DM nach einer zwischenzeitlichen Verletzungspause die letzte Chance, noch auf den EM-Zug aufzuspringen.
Speerwerfen
Stefan Wenk (VfL Sindelfingen) hat sich mit seinem 83,94-Meter-Wurf vom Golden-League-Meeting in Oslo (Norwegen) in die Favoritenposition gebracht. Aber Titelverteidiger Christian Nicolay (TV Wattenscheid 01), der nach einem leichten Faserriss im Beuger wieder fit ist, und der WM-Vierte Mark Frank (1. LAV Rostock) müssen noch längst nicht die Hoffnungen auf Titel und EM-Ticket aufgeben. Wenn ihnen im letzten Moment noch die ersehnten 82-Meter-Würfe gelingen, müssen sie die Saison 2006 noch nicht abschreiben.
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