Die große WM-Vorschau Männer (1)
Der Countdown zu den Weltmeisterschaften in Moskau (Russland) läuft. Am Samstag (10. August) fallen die ersten Startschüsse und spannende Entscheidungen stehen bevor. leichtathletik.de blickt mit einer vierteiligen Vorschau auf alle Disziplinen voraus und stellt die Chancen der deutschen Athleten vor.
100 Meter |
Über den Sprint-Entscheidungen in Moskau liegt nach den jüngsten positiven Doping-Befunden ein Schatten. Die schnellen Athleten müssen sich mit einem Generalverdacht auseinandersetzen, dem sich besonders Weltrekordler Usain Bolt ausgesetzt sieht.
Der Jamaikaner ist nach der Absage seines Landsmanns und Titelverteidigers Yohan Blake sowie der Absage des positiv getesteten US-Amerikaners Tyson Gay der Topfavorit. Mit einem Sieg könnte er am Sonntag (11. August) den ersten Schritt in Richtung des Medaillenrekords von US-Legende Carl Lewis machen, der insgesamt zehn Mal WM-Edelmetall gewann. Usain Bolt hat bisher sieben WM-Medaillen auf der Habenseite.
Die DLV-Starter Martin Keller (LAZ Leipzig) und Julian Reus (TV Wattenscheid 01) nehmen den Rückenwind starker Zeiten aus Weinheim (10,07 und 10,08 sec) mit nach Moskau. Dort gilt es, diese Leistung annähernd zu bestätigen und den Schritt ins Halbfinale zu machen. Für den Finaleinzug musste 2011 in Daegu (Südkorea) eine Zeit von 10,16 Sekunden her.
Titelverteidiger: Yohan Blake (Jamaika; 9,92 sec)
Weltjahresbester: Tyson Gay* (USA; 9,75 sec), Usain Bolt (Jamaika; 9,85 sec)
Deutsche Starter: Martin Keller (LAZ Leipzig), Julian Reus (TV Wattenscheid 01)
* WM-Teilnahme nach positivem Doping-Befund abgesagt
200 Meter |
Über 200 Meter greift Usain Bolt nach dem Triple, denn sowohl in Berlin 2009 als auch in Daegu 2011 war er der Schnellste über die halbe Stadionrunde. Starke Konkurrenz erhält er aus dem eigenen Lager: Sein Landsmann Warren Weir ist in diesem Jahr schon drei Mal unter der 20-Sekunden-Marke geblieben.
Die USA, die von 2003 bis 2007 den Weltmeister stellten, schicken unter anderem Isiah Young ins Rennen. Der 23-Jährige kam Ende Juni in Des Moines auf 19,86 Sekunden. Zweimal WM-Bronze und einmal WM-Silber hat US-Sprinter Wallace Spearmon über 200 Meter schon gesammelt. Für die vierte WM-Medaille muss er sich in Moskau allerdings gehörig strecken: Mit 20,10 Sekunden liegt er in diesem Jahr auf Rang zehn der Welt.
Titelverteidiger: Usain Bolt (19,40 sec)
Weltjahresbester: Usain Bolt (19,73 sec)
Deutsche Starter: keine
400 Meter |
Titelverteidiger, Jahresschnellster, Topfavorit: Der Sieg über 400 Meter geht nur über Kirani James (Grenada). Doch LaShawn Merritt (USA), dem 2011 drei Hundertstel zum Titel fehlten, ist ebenfalls in Topform. So bahnt sich eine Neuauflage des Duells von Daegu an, möglicherweise auf einem noch höheren Niveau. Denn damals ging Gold in 44,60 Sekunden weg, in diesem Jahr sind Kirani James und LaShawn Merritt schon 43,96 und 44,09 Sekunden gerannt. Die elf schnellsten Zeiten des Jahres gehen auf ihr Konto.
Spannend könnte es auch im Kampf um Bronze werden, denn der ist offen: Die Top Drei bis Top Zehn der Welt trennen nur zwei Zehntel. Zu ihnen zählt auch der Belgier Kevin Borlée, WM-Dritter von 2011, der im Finale die europäischen Farben vertreten will.
Titelverteidiger: Kirani James (Grenada; 44,60 sec)
Weltjahresbester: Kirani James (43,96 sec)
Deutsche Starter: keine
800 Meter |
Die WM findet ohne Titelverteidiger, Olympiasieger und Weltrekordler David Rudisha (Kenia) statt, der seinen Start aufgrund einer Knieverletzung abgesagt hat. Aber die Kandidaten für seine Nachfolge stehen bereits Schlange. Das starke US-Trio Duane Solomon, Nick Symmonds und Brandon Johnson könnte dafür sorgen, dass der WM-Titel zum ersten Mal seit 2001 nicht an einen gebürtigen Afrikaner geht.
Etwas dagegen haben wird Hallen-Weltmeister Mohammed Aman (Äthiopien), der in dieser Saison bereits mit drei Rennen unter 1:44 Minute aufwartete. Die europäischen Hoffnungen ruhen auf U23-Europameister Pierre-Ambroise Bosse. Der Franzose steigerte sich in diesem Jahr auf 1:43,76 Minuten.
Titelverteidiger: David Rudisha (Kenia; 1:43,91 min)
Weltjahresbester: Duane Solomon (USA; 1:43,27 min)
Deutsche Starter: keine
1.500 Meter |
Auf dem Papier scheint die Sache klar: Asbel Kiprop (Kenia) ist der Titelverteidiger, und er ist der Jahresschnellste (3:27,72 min). Nur der Brite Mo Farah kam in diesem Jahr bis auf eine Sekunde an diese Zeit heran, aber der setzt für Moskau auf die längeren Strecken.
Doch auch zu den Olympischen Spielen 2012 war Asbel Kiprop als schnellster Läufer des Jahres gereist und kam am Ende nur auf Rang zwölf ein. Bei einer Schwäche sind sicher seine Landsleute zur Stelle: der WM-Zweite Silas Kiplagat, Nixon Chepseba und Bethwell Birgen, Letzterer in diesem Jahr schon mit einer Zeit von 3:30,77 Minuten gestoppt.
Das Halbfinale ist zunächst das Ziel für Carsten Schlangen (LG Nord Berlin) und Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt), denen Zeiten von 3:35,07 und 3:34,76 Minuten die WM-Nominierung bescherten.
Titelverteidiger: Asbel Kiprop (Kenia; 3:35,69 min)
Weltjahresbester: Asbel Kiprop (3:27,72 min)
Deutsche Starter: Carsten Schlangen (LG Nord Berlin), Homiyu Tesfaye (LG Eintracht Frankfurt)
5.000 Meter |
Findet die Mo Farah-Show in Moskau ihre Fortsetzung? Der Doppel-Olympiasieger strebt über 5.000 Meter sein viertes WM-Finale und das zweite WM-Gold in Serie an. Mit Europarekord über 1.500 Meter zeigte sich der Brite zuletzt auch auf den Unterdistanzen stark verbessert und wird vor allem in einem taktischen Rennen schwer zu schlagen sein. Die schnellsten 16 Zeiten des Jahres gehen allerdings allesamt auf das Konto von Kenianern und Äthiopiern. Mit 12:51,34 Minuten führt Edwin Cheruiyot Soi (Kenia) die Meldeliste an.
In diese Dimensionen kann Arne Gabius (LAV Stadtwerke Tübingen) nicht vorstoßen. Dennoch braucht sich der Vize-Europameister in starken Feldern nicht zu verstecken, das hat er zuletzt mit Bestzeit von 13:12,50 Minuten in Heusden-Zolder (Belgien) bewiesen. Das WM-Finale ist ein Traum, der wahr werden könnte.
Titelverteidiger: Mo Farah (Großbritannien; 13:23,36 min)
Weltjahresbester: Edwin Cheruiyot Soi (Kenia; 12:51,34 min)
Deutscher Starter: Arne Gabius (LAV Stadtwerke Tübingen)
10.000 Meter |
Drei Tage vor dem 5.000-Meter-Vorlauf steht am ersten WM-Tag (10. August) das Finale über die 25 Stadionrunden auf dem Programm. Hier könnte Mo Farah den Grundstein für einen Zweifach-Triumph legen und den Schlussstrich unter eine äthiopische Siegesserie ziehen: Fünf Mal in Folge ging WM-Gold zuletzt an die Läufer aus Ostafrika.
Mit Dejen Gebremeskel (26:51,02 min), Abera Kuma (26:52,85 min) und Imane Merga (26:57,33 min) sind alle neben Titelverteidiger Ibrahim Jeilan gemeldeten Äthiopier in diesem Jahr schon unter 27 Minuten geblieben. Da hatte bei der Nominierung selbst der dreifache Weltmeister und Olympiasieger von 2008 Kenenisa Bekele das Nachsehen.
Titelverteidiger: Ibrahim Jeilan (Äthiopien; 27:13,81 min)
Weltjahresbester: Dejen Gebremeskel (Äthiopien; 26:51,02 min)
Deutsche Starter: keine
Marathon |
Eine Stressfraktur im rechten Schienbein hält Abel Kirui (Kenia) davon ab, in Moskau Jagd auf den dritten WM-Titel in Folge zu machen. Dafür, dass der Titel trotzdem in Kenia bleibt, wollen Michael Kipkorir Kipyego, Bernard Kiprop Kipyego, Peter Kimeli Some und Nicholas Kipkemboi sorgen. Doch nur Letztgenannter zählt mit einer Zeit von 2:06:33 Stunden zu den Top Ten der Welt.
Favorisiert sind auf der 42,195 Kilometer langen Strecke wohl eher die Äthiopier, die in 30 Jahren WM-Geschichte erst einmal Marathon-Gold holten. Starke Zeiten von 2:04:45 und 2:04:49 Stunden beim Dubai-Marathon verschafften dem Jahresschnellsten Lelisa Desisa und seinem Landsmann Tadese Tola das WM-Ticket. Nicht zu vergessen ist außerdem Stephen Kiprotich. Der Olympiasieger aus Uganda hat schon in London die versammelte Weltelite hinter sich gelassen.
Titelverteidiger: Abel Kirui (Kenia; 2:07:38 h)
Weltjahresbester: Lelisa Desisa (Äthiopien; 2:04:45 h)
Deutsche Starter: keine
110 Meter Hürden |
Im Jahr eins nach dem Weltrekord von Olympiasieger Aries Merritt (USA; 12,80 sec) scheint der Kampf um WM-Gold offen. Denn Merritt ist nach einer Oberschenkel-Verletzung noch nicht wieder in Topform. Und die Überflieger der Vorjahre, Ex-Weltrekordler Dayron Robles (Kuba) und Chinas Volksheld Liu Xiang, fehlen. In Lauerstellung sind Titelverteidiger Jason Richardson und David Oliver (beide USA), der der 13-Sekunden-Grenze mit einer Zeit von 13,03 Sekunden in diesem Jahr am nächsten kam. Für Kuba ist Orlando Ortega (13,08 sec) der neue Hoffnungsträger.
Die deutschen Farben vertritt Erik Balnuweit (LAZ Leipzig). Er reist mit einer Bestzeit von 13,44 Sekunden nach Moskau. Vor zwei Jahren fehlte eine Hundertstel zum Halbfinale. In diesem Jahr stehen die Chancen gut, dass der 24-Jährige mindestens zweimal im Startblock steht.
Titelverteidiger: Jason Richardson (USA; 13,16 sec)
Weltjahresbester: David Oliver (USA; 13,03 sec)
Deutsche Starter: Erik Balnuweit (LAZ Leipzig)
400 Meter Hürden |
USA gegen die Karibik – so die zu erwartende Konstellation im Kampf um die WM-Medaillen. Michael Tinsley führt als Jahresschnellster der Welt (47,96 sec) ein US-Trio mit den Ex-Weltmeistern Kerron Clement und Bershawn Jackson an. Für die Karibik-Insel Trinidad und Tobago geht die Nummer zwei der Welt Jehue Gordon auf Medaillenjagd. Er steigerte seine Bestleistung in diesem Jahr auf 48,00 Sekunden. Puerto Rico schickt den Vize-Weltmeister und Olympia-Dritten Javier Culson ins Rennen. Und Altmeister Felix Sánchez (Dominikanische Republik) nimmt nach seinem Olympia-Coup in London auch wieder Anlauf aufs Treppchen.
Ob es erneut zu einer Medaille für Titelverteidiger David Greene (Großbritannien) reicht, ist fraglich. Bei der Team-EM in Gateshead musste er sich zuletzt einem deutschen Athleten geschlagen geben: dem Chemnitzer Silvio Schirrmeister. Der hält in Moskau die deutschen Farben hoch und hat in dieser Saison mit konstant guten Leistungen Hoffnungen auf die Halbfinal-Teilnahme geweckt.
Titelverteidiger: David Greene (Großbritannien; 48,26 sec)
Weltjahresbester: Michael Tinsley (USA; 47,96 sec)
Deutscher Starter: Silvio Schirrmeister (LAC Erdgas Chemnitz)
3.000 Meter Hindernis |
Ein Youngster fordert die Arrivierten heraus: Gerade einmal 18 Jahre alt ist Conseslus Kipruto, aber drei der sieben schnellsten Zeiten des Jahres gehen auf das Konto des U20-Weltmeisters aus Kenia. Den Youngster in die Schranken weisen will sein zwölf Jahre älterer Landsmann Ezekiel Kemboi. Der Jahresschnellste (7:59,03 min) und zweimalige Weltmeister könnte in Moskau das Triple klarmachen.
Mahiedine Mekhissi-Benabbad holte vor zwei Jahren Bronze. Auch in diesem Jahr scheint der Franzose der einzige Athlet zu sein, der einen kenianischen Dreifach-Erfolg zunichtemachen könnte. Andere Ambitionen hat Steffen Uliczka (SG TSV Kronshagen/Kieler TB). Nach drei Wochen Trainingslager in St. Moritz (Schweiz) und guten Ergebnissen über 2.000 Meter Hindernis hat der 29-Jährige seine Bestzeit (8:22,94 min) im Blick, die vor zwei Jahren zum Finaleinzug gereich hätte.
Titelverteidiger: Ezekiel Kemboi (8:14,85 min)
Weltjahresbester: Ezekiel Kemboi (7:59,03 min)
Deutscher Starter: Steffen Uliczka (SG TSV Kronshagen/Kieler TB)
4x100 Meter |
Sieben Mal haben die US-Sprinter schon WM-Gold geholt, zuletzt waren zwei Mal die Jamaikaner vorn. Auch in Moskau wird dieses Duell wieder im Mittelpunkt stehen – wenn beide Staffeln den Stab regelkonform ins Ziel bringen. Das gelang den US-Boys nämlich weder in Berlin noch in Daegu. Die USA müssen ohne Dopingsünder Tyson Gay auskommen, Jamaika ohne Weltmeister Yohan Blake und Ex-Weltrekordler Asafa Powell, der ebenfalls des Dopings überführt wurde. Mit einem Usain Bolt im Aufgebot ist trotzdem wieder mit einer Top-Zeit der Weltrekordler aus Jamaika zu rechnen.
Spannend wird es im Kampf um Bronze, und hier wollen auch die deutschen Sprinter ein Wörtchen mitreden. Mit 38,13 Sekunden haben sie sich in Weinheim auf Platz drei der Welt nach vorne geschoben. In Moskau steht erst der Finaleinzug auf dem Programm, dort ist dann vieles möglich.
Titelverteidiger: Jamaika (37,04 sec)
Weltjahresbester: USA (37,58 sec)
Deutsche Starter: Lucas Jakubczyk (SCC Berlin), Martin Keller, Sven Knipphals (VfL Wolfsburg), Maximilian Kessler (SCC Berlin), Matthias Lindner (SC Magdeburg), Julian Reus
4x400 Meter |
2003 in Paris mussten die US-Viertelmeiler das letzte Mal eine WM-Niederlage einstecken – gegen Gastgeber Frankreich. Seitdem ging WM-Gold stets in die USA. Angeführt von Vize-Weltmeister LaShawn Merritt und der Nummer drei der Welt Tony McQuay wird auch in Moskau der Sieg nur über das US-Quartett gehen.
Die DLV-Staffel, die im Vorjahr mit EM-Bronze einen großen Erfolg feiern konnte, will wie vor zwei Jahren ins WM-Finale. In Daegu sprang Platz acht heraus.
Gespannt sein darf man auf den Auftritt von Europameister Belgien. Mit Kevin, Jonathan und Dylan Borlée im Aufgebot wird das Rennen für unseren Nachbarn zur Familien-Angelegenheit.
Titelverteidiger: USA (2:59,31 min)
Weltjahresbester: USA (3:00,91 min)
Deutsche Starter: David Gollnow, Jonas Plass (beide LG Stadtwerke München), Eric Krüger, Thomas Schneider (beide SC Magdeburg), Miguel Rigau (LT DSHS Köln)
Mehr rund um die WM: News | DLV-Team | Zeitplan | DLV-Teambroschüre | TV-Termine