Die große WM-Vorschau Männer (2)
Der Countdown zu den Weltmeisterschaften in Moskau (Russland) läuft. Am Samstag (10. August) fallen die ersten Startschüsse und spannende Entscheidungen stehen bevor. leichtathletik.de blickt mit einer vierteiligen Vorschau auf alle Disziplinen voraus und stellt die Aussichten der deutschen Athleten vor.
Hochsprung |
Die Vorfreude auf eine Flugshow der Extra-Klasse ist groß. Denn nachdem zuletzt 13 Jahre lang kein Athlet mehr über 2,40 Meter gefloppt war, gelang das in diesem Jahr bereits zwei Hochspringern. Der Ukrainer Bohdan Bondarenko flog in Lausanne (Schweiz) über 2,41 Meter, Mutaz Essa Barshim (Katar) schraubte seine Bestleistung in Eugene (USA) auf 2,40 Meter. Die beiden reisen als Topfavoriten nach Moskau.
Wer könnte ihnen gefährlich werden? Titelverteidiger Jesse Williams (USA), 2011 in Daegu mit 2,35 Metern siegreich, ist noch nicht in der Form von vor zwei Jahren. Konstant stark präsentierte sich dagegen sein Landsmann Erik Kynard mit fünf Sprüngen über 2,34 Meter und höher. Auch Derek Drouin (Kanada), der sich 2013 auf 2,36 Meter steigerte, liebäugelt mit einer Medaille. Immer für eine Überraschung gut ist der Russe Ivan Ukhov, der in London mit 2,38 Metern Olympia-Gold gewann. In diesem Jahr ist er jedoch erst bei 2,30 Metern angelangt.
Titelverteidiger: Jesse Williams (USA; 2,35 m)
Weltjahresbester: Bohdan Bondarenko (Ukraine; 2,41 m)
Deutsche Starter: keine
Stabhochsprung |
Der Stabhochsprung der Männer könnte aus deutscher Sicht zu einem der Highlights der Titelkämpfe werden: Der DLV schickt mit dem Olympia-Zweiten Björn Otto (ASV Köln), dem Olympia-Dritten Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken) und dem Vierten der Hallen-WM Malte Mohr (TV Wattenscheid 01) gleich drei Medaillenkandidaten in den Wettbewerb.
Um allerdings nach der Goldmedaille greifen zu können, müssen sie einen Bomben-Tag erwischen. Denn Olympiasieger Renaud Lavillenie ist in Topform. Beim Diamond League-Meeting in London (Großbritannien) schwang sich der kleine Franzose jüngst über 6,02 Meter. Die sechs besten Leistungen des Jahres gehen auf sein Konto.
Den Sprung aufs Treppchen haben auch der US-Amerikaner Brad Walker sowie die starken Brasilianer Thiago Braz da Silva und Augusto de Oliveira im Visier.
Titelverteidiger: Pawel Wojciechowski (Polen; 5,90 m)
Weltjahresbester: Renaud Lavillenie (Frankreich; 6,02 m)
Deutsche Starter: Raphael Holzdeppe (LAZ Zweibrücken), Malte Mohr (TV Wattenscheid 01), Björn Otto (ASV Köln)
Weitsprung |
In London reichten für den Olympiasieg 8,31 Meter. In Moskau kommt man mit dieser Weite möglicherweise nicht einmal aufs Treppchen. Vier Athleten sind 2013 schon weiter geflogen, allen voran der Mexikaner Luis Rivera, der bei der Universiade in Kazan (Russland) mit 8,46 Metern überraschte. Den Heimsieg will Aleksandr Menkov, der Sprünge auf 8,42 und 8,39 Meter auf der Habenseite hat. In Lauerstellung sind der Spanier Eusébio Caceres (8,37 m) und der Chinese Jinzhe Li (8,34 m).
Die drei deutschen Starter Sebastian Bayer (Hamburger SV), Alyn Camara (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Christian Reif (LC Rehlingen) vereint nach unterschiedlichen Saisonverläufen vor allem die gemeinsame Teilnahme in Moskau und die Tatsache, dass sie alle das Potenzial fürs Finale haben. WM-Debütant Camara hat sich in diesem Jahr auf 8,29 Meter gesteigert. Bayer und Reif haben in ihrer Karriere schon 8,40 Meter und mehr hingelegt. In Topform können sie vorne mitmischen, die Weltspitze ist nicht weit weg.
Titelverteidiger: Dwight Philips (USA; 8,45 m)
Weltjahresbester: Luis Rivera (Mexiko; 8,46 m)
Deutsche Starter: Sebastian Bayer (Hamburger SV), Alyn Camara (TSV Bayer 04 Leverkusen), Christian Reif (LC Rehlingen)
Dreisprung |
Die Chancen stehen gut, dass bei der Dreisprung-Siegerehrung ausschließlich blau-weiß-rote Flaggen gehisst werden: Die derzeit besten Athleten der Welt kommen aus Kuba, den USA und Frankreich. Titelverteidiger und Olympiasieger Christian Taylor (USA), der in Daegu an den 18 Metern kratzte, hat in diesem Jahr 17,66 Meter erzielt. Drei Zentimeter weiter kam der Kubaner Pedro Pablo Pichardo.
Die Franzosen setzen ihre Hoffnungen in Yoann Rapinier (17,45 m) und Teddy Tamgho, Hallen-Weltmeister von 2010, der nach langer Verletzung wieder zurück ist in der Weltspitze. 17,47 Meter stehen für den 24-Jährigen in diesem Jahr zu Buche. Aber mit einer Bestleistung von 17,98 Metern hat er schon als 21-Jähriger gezeigt, dass er zu den ganz Großen zählt.
Titelverteidiger: Christian Taylor (USA; 17,96 m)
Weltjahresbester: Pedro Pablo Pichardo (Kuba; 17,96 m)
Deutsche Starter: keiner
Kugelstoßen |
Der jüngste Weltmeister aller Zeiten tritt an zur Titelverteidigung, aber er hat eine schwere Aufgabe vor sich. David Storl (LAC Erdgas Chemnitz) steigt nicht als Favorit in den Ring, zu stark war in diesem Jahr schon die Konkurrenz, zu holprig verlief die eigene Saison, zuletzt machte ihm eine Brustmuskel-Zerrung zu schaffen. Mit 21,04 Metern ist der Olympia-Zweite aus Deutschland derzeit die Nummer Zehn der Welt.
Der Kampf um Gold könnte ein US-amerikanischer Zweikampf werden, mit Ryan Whiting und Reese Hoffa in den Hauptrollen. Auf 22,28 Meter flog die Kugel von Whiting in diesem Jahr schon. Nur einmal in der Geschichte der Titelkämpfe hat ein Weltmeister weiter gestoßen.
Auf der Rechnung haben sollte man außerdem Olympiasieger Tomasz Majewski (Polen), auch wenn ihm in diesem Jahr noch kein 21-Meter-Stoß gelang.
Titelverteidiger: David Storl (LAC Erdgas Chemnitz; 21,78 m)
Weltjahresbester: Ryan Whiting (USA; 22,28 m)
Deutscher Starter: David Storl
Diskuswurf |
Alle Augen sind auf Olympiasieger Robert Harting gerichtet. Schafft der Berliner nach Gold in Berlin und Daegu das dritte Mal in Folge den Sprung ganz oben aufs Treppchen? Ein letzter Test-Wettkampf endete mit 68,84 Metern vielversprechend, stark auch seine Saison-Bestleistung von 69,91 Metern. Nur einer kam in diesem Jahr weiter, und der wird in Moskau wohl Hartings größter Herausforderer sein: Piotr Malachowski. Für den Polen stehen schon 71,84 Meter zu Buche.
Beide Favoriten geschlagen hat in diesem Jahr Martin Wierig. Der Olympia-Sechste aus Magdeburg, der stabil Weiten jenseits der 66 Meter anbietet, könnte im Wettbewerb für eine Überraschung sorgen. Internationale Erfahrung sammeln lautet die Devise für Christoph Harting, den jüngeren Bruder des Olympiasiegers. Von den zwei routinierten Athleten an seiner Seite kann er nur profitieren.
Titelverteidiger: Robert Harting (SCC Berlin; 68,97 m)
Weltjahresbester: Piotr Malachowski (Polen; 71,84 m)
Deutsche Starter: Christoph Harting, Robert Harting (beide SCC Berlin), Martin Wierig (SC Magdeburg)
Hammerwurf |
Vier Athleten konnten in diesem Jahr die 80-Meter-Marke übertreffen. Am weitesten flog der Hammer von Krisztián Pars (Ungarn), der nach Olympia-Gold in London den nächsten Titel anstrebt. Vier Mal in Folge schaffte er es zuletzt ins WM-Finale, seine beste Platzierung: Platz zwei 2011 in Daegu.
Der Sieg ging damals an Koji Murofushi (Japan), doch wenn der sich gegenüber seiner Saison-Bestleistung (76,42 m) nicht steigert, wird’s nichts mit der Titelverteidigung. Besser stehen die Chancen auf Edelmetall für Sergey Litvinov, der im russischen Trikot auf Medaillenjagd gehen wird. Dilshod Narazov (Tadschikistan) und Lukás Mehlich (Tschechische Republik) heißen die 80-Meter-Werfer Nummer drei und vier im Feld.
Markus Esser (TSV Bayer 04 Leverkusen) reist mit einer Saison-Bestleistung von 77,99 Metern an. Er hofft darauf, dass der Knoten endlich platzt, denn er kann mehr als das, was in diesem Jahr für ihn in die Ergebnislisten einging. Ein Kandidat fürs Finale ist er allemal.
Titelverteidiger: Koji Murofushi (Japan; 81,24 m)
Weltjahresbester: Krisztián Pars (Ungarn; 81,02 m)
Deutscher Starter: Markus Esser (TSV Bayer 04 Leverkusen)
Speerwurf |
Titelverteidiger Matthias de Zordo (SC Magdeburg) muss nach seinem Achillessehnen-Riss zuschauen, wie andere um Gold kämpfen. Ansprüche auf den Sieg angemeldet hat bei den russischen Meisterschaften Dmitri Tarabin mit einem Wurf auf 88,84 Meter. Am konstantesten warf aber zuletzt der Tscheche Vitezslav Vesely, dem vier der sechs weitesten Würfe des Jahres gelangen. Tero Pitkämäki (Finnland), Weltmeister von 2007, führt ein traditionell starkes finnisches Trio an.
Deutschland setzt auf die Jugend. 20, 21 und 24 Jahre jung sind Bernhard Seifert, Thomas Röhler (beide LC Jena) und Lars Hamann (Dresdner SC 1898). Eine Weite von knapp über 81 Metern musste vor zwei Jahren zum Einzug ins Finale her, die haben alle drei DLV-Werfer drauf. Im Finale ist dann vieles möglich.
Titelverteidiger: Matthias de Zordo (SC Magdeburg; 86,27 m)
Weltjahresbester: Dmitri Tarabin (Russland; 88,84 m)
Deutsche Starter: Lars Hamann (Dresdner SC 1898), Thomas Röhler, Bernhard Seifert (beide LC Jena)
20 Kilometer Gehen |
Der zweimalige Weltmeister Valeriy Borchin hat es als Titelverteidiger nicht in das russische Team für Moskau geschafft. So ruhen die Hoffnungen des Gastgebers auf Petr Trofimov, der im Februar in Sochi eine Zeit von 1:18:28 Stunden hinlegte. Auf den Fersen ist ihm eine chinesische Armada mit dem Olympiasieger Chen Ding, dem Olympia-Dritten Wang Zhen und dem Olympia-Vierten Cai Zelin. Sie könnten für China als erste Geher WM-Gold holen.
Ein siebter und ein achter Platz ist in diesem Wettbewerb bisher die Ausbeute Japans. Gut möglich, dass in Moskau die erste Medaille hinzukommt, denn der zweitschnellste Geher des Jahres heißt Yusuke Suzuki (1:18:34 h) und kommt aus Japan.
Welche der beiden Geh-Strecken der Potsdamer Christopher Linke in Angriff nimmt, oder ob es vielleicht sogar beide sein werden, ist noch nicht entschieden. Da sein Training in diesem Jahr eigentlich auf die kürzere Strecke ausgerichtet war, greift er vermutlich zunächst hier ins Geschehen ein. Mit einer Leistung im Bereich seiner Bestleistung (1:20:41 h) ist ein Top-Ten-Platz in Reichweite.
Titelverteidiger: Valeriy Borchin (Russland; 1:19:56 h)
Weltjahresbester: Petr Trofimov (Russland; 1:18:28 h)
Deutsche Starter: keine
50 Kilometer Gehen |
Drei der letzten vier Goldmedaillen auf der längsten WM-Strecke gingen nach Russland. Der Gastgeber stellt mit Sergey Kirdyapkin auch den Olympiasieger. Über dessen Form steht ein Fragezeichen, denn er ist in dieser Saison noch nicht in Erscheinung getreten, steht aber im russischen Aufgebot.
Der Franzose Yohann Diniz steht vor seiner fünften WM-Teilnahme. Sein größter Erfolg war 2007 WM-Silber. Damals brauchte er für die 50-Kilometer-Strecke 3:44:22 Stunden. In diesem Jahr (3:41:07 h) war er bereits drei Minuten schneller unterwegs – so schnell wie kein anderer Athlet. Mit einer Medaille liebäugelt auch der Olympia-Zweite aus Argentinien Erick Barrondo, der seine Bestleistung im März auf 3:41:09 Minuten schraubte.
Die Bestleistung von Christopher Linke liegt bei 3:47:33 Stunden. Diese Zeit reichte vor zwei Jahren zu einem Platz in den Top Ten.
Titelverteidiger: Sergey Bakulin (Russland; 3:41:24 h)
Weltjahresbester: Yohann Diniz (Frankreich; 3:41:07 h)
Deutscher Starter: Christopher Linke (SC Potsdam)
Zehnkampf |
Der Europameister fordert den Weltrekordler heraus: Pascal Behrenbruch (LG Eintracht Frankfurt) hat beim Erdgas Mehrkampf-Meeting in Ratingen 8.514 Punkte gesammelt und führt damit die internationale Bestenliste an. Zuletzt trainierte er mit Ashton Eaton (USA) gemeinsam in Tallinn (Estland) und konnte sich selbst ein Bild davon machen, wie schwer es werden wird, den 9.039-Punkte-Mann in Moskau zu schlagen. Von Gold spricht der Frankfurter daher nicht, wohl aber von einer Medaille.
Diese ist auch Rico Freimuth (Hallesche Leichtathletik-Freunde) und Michael Schrader (TSV Bayer 04 Leverkusen) zuzutrauen, wenn sie ähnlich gut durchkommen wie in Ulm und Ratingen. Im Kampf um die Podestplätze muss man zudem den zweimaligen Weltmeister und Titelverteidiger Trey Hardee (USA), den Weißrussen Andrei Krauchanka und den U20-Weltmeister von 2010 Kevin Mayer (Frankreich) auf der Rechnung haben.
Titelverteidiger: Trey Hardee (USA; 8.607 Punkte)
Weltjahresbester: Pascal Behrenbruch (LG Eintracht Frankfurt; 8.514 Punkte)
Deutscher Starter: Pascal Behrenbruch, Rico Freimuth (Hallesche Leichtathletik-Freunde), Michael Schrader (TSV Bayer 04 Leverkusen)
Die große WM-Vorschau - Männer (1)
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