Die große WM-Vorschau (Teil 3)
Der Countdown tickt. Vom 6. bis 14. August finden die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Helsinki statt. Spannende Entscheidungen, in denen neue Titelträger gesucht werden, stehen im Olympiastadion an. leichtathletik.de hat für Sie die Favoriten herausgeschält und auch die Chancen der aussichtsreichsten DLV-Starter abgewogen. Lesen Sie Teil drei unserer Vorschau auf die Bewerbe bei den Frauen...
Yulia Nesterenko - die unbekannte Größe (Foto: Chai)
100mÜberraschungs-Olympiasiegerin Yulia Nesterenko soll nach Angaben ihres Umfelds in WM-Form sein und will sich in Helsinki zeigen, obwohl sie in dieser Saison erst einen enttäuschenden Wettkampf bestritten hat. Nur ungern würde sich die Französin Christine Arron, die bisher die drei Golden-League-Meetings bestimmt hat, ausgerechnet von der Weißrussin die Butter vom Brot nehmen lassen. Mit Chandra Sturrup (Bahamas), Lauryn Williams (USA), Veronica Campbell und Sherone Simpson (beide Jamaika) sind in diesem Sommer neben der Französin schon vier weitere Sprinterinnen unter elf Sekunden geblieben.
Titelverteidigerin: Torri Edwards (USA)
DLV-Starterinnen: keine
200m
Die US-Sprinterinnen Allyson Felix, Rachelle Smith und LaTasha Colander reisen mit den besten Vorleistungen an. Ihnen im Nacken sitzen unter anderem Olympiasiegerin Veronica Campbell (Jamaika), die Französin Christine Arron, die ebenso wie die Belgierin Kim Gevaert auf einen Doppelstart setzt, und die schnelle Cydonie Mothersill-Modibo von den Cayman-Inseln, die bereits verbal ihre Medaillenansprüche formulierte.
Titelverteidigerin: Anastasiya Kapachinskaya (Russland)
DLV-Starterinnen: keine
400m
Sanya Richards schockte mit 49,28 Sekunden bei den US-Trials die Konkurrenz und besiegte in Lausanne Olympiasiegerin Tonique Williams-Darling (Bahamas), die überragende 400 Meter-Läuferin der vergangenen Saison. Ana Guevara (Mexiko), Titelverteidigerin über die Stadionrunde, kam dieses Jahr bislang nicht richtig in Tritt und konnte sich noch nicht mit einer Zeit unter 50 Sekunden in die Ergebnislisten eintragen. Auf der Rechnung haben sollte man auch die Russin Svetlana Pospelova und die beiden US-Amerikanerinnen Dee Dee Trotter und Monique Henderson.
Titelverteidigerin: Ana Guevara (Mexiko)
DLV-Starterinnen: keine
800m
Titelverteidigerin Maria Mutola (Mozambique) mühte sich in der bisherigen Freiluftsaison vergebens. Von fünf 800-Meter-Rennen konnte sie nur ein einziges gewinnen. In Paris, Rom, Madrid und Stockholm setzte es Niederlagen in Serie. Wie schon im letzten Jahr bei den Olympischen Spielen in Athen könnte sie medaillenlos bleiben. Die Russin Tatyana Andrianova ist möglicherweise nach Platz fünf bei Olympia nun sogar für den Titel reif. Dem nationalen Meistertitel ließ sie Meetingsiege in Stockholm und Oslo folgen, ihre Bestzeit verbesserte sie auf 1:56,07 Minuten. Damit ist sie die Schnellste der flotten Russinnen. Bei der richtigen Taktik ist mit der Olympia-Zweiten Hasna Benhassi (Marokko) und der Kubanerin Zulia Calatayud zu rechnen. Zuletzt überraschte auch die US-Amerikanerin Hazel Clark mit Platz vier in Oslo und immer schnelleren Zeiten bis hin zu 1:57,99 Minuten. Die US-Meisterin ist also ein Geheimtipp! Die Wattenscheiderin Monika Gradzki, über Platz zwei beim Europacup und einer inzwischen zweimaligen B-Norm-Erfüllung zum Zug gekommen, dürfte es schwer haben. Nur eine deutliche Steigerung ihrer Saisonbestzeit von 2:01,00 Minuten sollte sie ins Gespräch bringen. Wenn sie mit dem Druck, ihre Nominierung rechtfertigen zu müssen, klar kommt und es ihr gelingt, unbeschwert an den Start zu gehen, kann sie eigentlich nur überraschen. Taktisch scheint sie sich verbessert zu haben.
Titelverteidigerin: Maria Mutola (Mozambique)
DLV-Starterin: Monika Gradzki
1.500m
Unser Goldtipp ist auf dieser Mittelstrecke Maryam Jamal. Die jetzt für Bahrain startende frühere Äthiopierin hat in diesem Jahr den Durchbruch geschafft, ist nicht nur mit 3:59,13 Minuten die zweitschnellste Zeit des Jahres hinter der Russin Yulia Chizhenko gelaufen, sondern hat sich auch mit Siegen in Athen, Lausanne und Oslo Respekt bei den Gegnerinnen verschafft. Nur ihre mangelnde internationale Erfahrung könnte sich negativ auswirken. Stark ist das russische Quartett, zu dem auch noch Olga Yegorova, Yelena Soboleva und die Titelverteidigerin Tatyana Tomashova gehören. Bei einem langsamen Finale würden die Karten allerdings komplett neu durchgemischt, so dass in diesem Fall bei rund 20 Athletinnen, die in diesem Sommer schon unter 4:05 Minuten gelaufen sind, die richtige Taktik entscheiden würde.
Titelverteidigerin: Tatyana Tomashova (Russland)
DLV-Starterinnen: keine
5.000m
Über 5.000 Meter geht kein Weg an den Äthiopierinnen vorbei. Tirunesh Dibaba, vor zwei Jahren die jüngste Goldmedaillengewinnerin bei Weltmeisterschaften, wagt den Doppelstart über 5.000 und 10.000 Meter. "Ich gehe in beiden Rennen an den Start, weil ich beide gewinnen kann. Ich bin bereit, Geschichte zu schreiben", sagt die 19-Jährige. Niemand zuvor konnte beide Strecken gewinnen. Zu ihren größten Konkurrentinnen zählt sie ihre Landsfrau Meseret Defar, Olympiasiegerin über diese Strecke, und die in Athen hinter ihr platzierte Kenianerin Isabella Ochichi.
Titelverteidigerin: Tirunesh Dibaba (Äthiopien)
DLV-Starterinnen: keine
10.000m
"Für die 10.000 Meter bin ich bestens gerüstet", sagt die Siegerländerin Sabrina Mockenhaupt, die im April den 10.000 Meter-Europacup in Barakaldo (Spanien) in 31:21,28 Minuten, einer Zeit, die sie auf Platz 13 in der Weltjahresbestenliste gebracht hat, gewinnen konnte. Im Hinblick auf die EM im nächsten Jahr in Göteborg ist der kontinentale Vergleich deshalb auch schon bei der WM ein Fingerzeig. "Es wird ein Zwei-Klassen-Rennen werden, die Äthiopierinnen drücken auf die Tube. Ich werde mich davon wie immer nicht beeindrucken lassen und mein Rennen laufen", kündigte "Mocki" an. Favoritin ist die Äthiopierin Tirunesh Dibaba, die ebenso wie Marathon-Weltrekordhalterin Paula Radcliffe einen Doppelstart plant. Die Frage, ob die Britin am ersten Tag einen guten Start in die WM erwischt, ist interessant, nachdem sie bei den Olympischen Spielen in Athen auf ihren beiden Paradestrecken scheiterte und aufgab.
Titelverteidigerin: Berhane Adere (Äthiopien)
DLV-Starterin: Sabrina Mockenhaupt
Marathon
Paula Radcliffe geht erneut das Double an. Nach den 10.000 Metern am ersten Tag der Weltmeisterschaften, wird die Britin am letzten Tag auch über die Marathondistanz einen Sieg anstreben. Das Wetter sollte ihr diesmal nicht wie in Athen einen Strich durch die Rechnung machen. Catherine Ndereba (Kenia) wird nach ihrem historischen vierten Erfolg in Boston auch in Helsinki alles daran setzen, Geschichte zu schreiben und als erste Läuferin zum zweiten Mal Weltmeisterin im Marathon zu werden. Das kenianische Lager soll sich schon die passende Taktik zurechtgelegt haben. Derartu Tulu führt das äthiopische Marathon-Team an, allerdings ist es ihr erster Marathon-Start bei einem Großereignis. Olympiasiegerin Mizuki Noguchi (Japan) ist nicht dabei, ebenso wie Luminita Zaituc (LG Braunschweig), die nach dem schnellen Rennen in Düsseldorf zuviel Zeit zur Regeneration benötigte und ihren Start in Helsinki absagte.
Titelverteidigerin: Catherine Ndereba (Kenia)
DLV-Starterinnen: keine
3.000m Hindernis
Zum ersten Mal wird über die 3.000 Meter Hindernis eine Weltmeisterin ermittelt. Dorcus Inzikuru (Uganda) lief am 1. Juni in Mailand einen neue Weltbestzeit über 2.000 Meter Hindernis und auch über 3.000 Meter Hindernis war in diesem Jahr niemand schneller als die 23-Jährige. Sie wird als haushohe Favoritin an der Startlinie stehen. Ihr am nächsten kam in diesem Jahr die Polin Wioletta Janowska. Auch die Rumänin Cristina Casandra hat mit ihrem Sieg beim Europacup ihre gute Form bewiesen.
Titelverteidigerin: keine
DLV-Starterinnen: keine
100m Hürden
Zwölf Hürdensprinterinnen sind in diesem Sommer schon unter 12,70 Sekunden geblieben. Darunter ist mit der Mannheimerin Kirsten Bolm, die sich beim Super Grand-Prix-Meeting in London überraschend in 12,59 Sekunden zum Sieg kämpfte, auch eine Deutsche, die nun plötzlich in die Rolle eines Geheimtipps geschlüpft ist. Im direkten Duell mit der Weltmeisterin Perdita Felicien (Kanada) und der Jamaikanerin Brigitte Foster-Hylton konnte die große Blonde zwei Athletinnen hinter sich lassen, die in Helsinki neben Olympiasiegerin Joanna Hayes und Michelle Perry (beide USA) nun den Kern der Favoritinnen bilden.
Titelverteidigerin: Perdita Felicien (Kanada)
DLV-Starterin: Kirsten Bolm
400m Hürden
Yulia Pechonkina (Russland) reist als Favoritin an. Doch auch vor zwei Jahren war sie dies und konnte den Titel trotzdem nicht gewinnen. Damals war Jana Pittman die Siegerin, aber die Australierin wird wegen einer Stressfraktur im Wirbelbereich in der finnischen Hauptstadt fehlen. Nicht aus den Augen verlieren sollte die Russin Lashinda Demus, die sich bei den US-Trials mit ihrem Sturmlauf in 53,35 Sekunden das Ticket zur Weltmeisterschaft sicherte und auch schon in der Golden League mit zwei Siegen überzeugte. Nicht dabei ist auch die Olympia-Zweite Ionela Tirlea-Manolache aus Rumänien, die mit Rückenproblemen zu kämpfen hat. Die Erfurterin Claudia Marx, die in diesem Sommer von der Flachdistanz auf die Hürden wechselte, kann sich nun bei einem internationalen Großereignis beweisen. Auf ihren Auftritt darf man sehr gespannt sein.
Titelverteidigerin: Jana Pittman (Australien)
DLV-Starterinnen: Claudia Marx