
Die Hahner-Twins: "Marathon mit allen Sinnen"
Sie sind die schnellsten Marathon-Zwillingsschwestern Deutschlands. Anna und Lisa Hahner (run2sky.com) haben beide die EM-Norm bereits unterboten und sich nun im Trainingslager in Kenia den nötigen Feinschliff für ihre Frühjahrsmarathons geholt. Was die 24-Jährigen im Läufer-Paradies gelernt haben, warum sie im Frühjahr Wettkampftechnisch getrennte Wege einschlagen und welche Rolle der Walzer in ihrer aktuellen Marathon-Vorbereitung spielt, das haben sie im Interview mit leichtathletik.de verraten.
Lisa und Anna Hahner, ein intensives Trainingslager in Kenia liegt hinter Ihnen. Wie gut haben Sie sich inzwischen vom Kälteschock nach der Rückreise nach Deutschland erholt?
Anna Hahner:
Der Schwarzwald hat es uns leicht gemacht. Hier waren es die letzten Tage rund 20 Grad und Sonnenschein. Klar, kein Vergleich zum kenianischen Wetter, aber so lässt es sich auch hier gut trainieren.
Wie ist Ihnen Ihr inzwischen viertes Trainingslager in Kenia bekommen?
Lisa Hahner:
Traumhaft! Wir sind auch einfach so begeistert von diesem Land. Normalerweise bin ich nach langen Anreisen oft gereizt und will einfach nur endlich ankommen, aber wenn wir das Camp in Iten, dem Zuhause der Champions, wie am Eingang steht, nach fast 24 Stunden Anreise erreichen, bin ich immer ganz entspannt. Man spürt sofort diese Energie, die dieses Land hat.
Neu war dieses Mal aber, dass Sie gemeinsam mit Sabrina Mockenhaupt trainiert haben. Wie wichtig ist diese Teamwork im Individualsport?
Anna Hahner:
Lisa und ich haben ja das große Glück, dass wir immer einen guten Trainingspartner haben. Aber die Zusammenarbeit mit Mocki ist dennoch wichtig und schön. Wir liegen genau auf einer Wellenlänge mit ihr, im Training und auch danach, das ist viel Wert. Je kürzer die Intervalle wurden, umso mehr mussten wir uns strecken. Denn Mocki ist zwar ein paar Jahre älter als wir, aber hat eine enorme Grundschnelligkeit. Aber genau diese Duelle bringen so viel, da wir so immer alles aus uns herausholen.
Lisa Hahner:
Neben uns dreien waren ja auch noch jede Menge andere Läufer im Camp, mit denen wir ab und an Einheiten zusammen gemacht haben. Bei einem 35-Kilometer-Lauf waren wir etwa knapp 50 Läufer. Mit dabei waren Chinesinnen, eine Norwegerin und auch Florence Kiplagat mit ihren Tempomachern. Das war wie ein Wettkampf und wir sind natürlich viel zu schnell alle angegangen, aber der Rhythmus der Gruppe hat uns total mitgerissen.
Was können Sie von Athletinnen wie Halbmarathon-Weltrekordhalterin Florence Kiplagat lernen?
Anna Hahner:
Unser Pacemaker Simeon hat das gut auf den Punkt gebracht. Er hat für Mocki und uns beide Tempo gemacht und als wir Florence und ihre vier Tempomacher getroffen haben, hat er laut gelacht und gemeint: ‚Seht ihr, das ist der Unterschied. Florence hat alleine vier Hasen und ihr habt zu dritt einen.‘ Florence ist einfach noch professioneller als wir. Sie hatte auf ihren Tempoläufen zum Beispiel auch immer ein Verpflegungswagen neben sich, der ihr Wasser angereicht hat.
Ihre Läufe und Eindrücke aus Kenia haben Sie auch fleißig über diverse Social Media Dienste geteilt. Wie sehr gehören Facebook und Co mittlerweile zum Leben eines Profiläufers dazu?
Anna Hahner:
Wenn du eine Person der Öffentlichkeit sein willst, musst du dich heute ein Stück weit öffentlich machen. Es ist wichtig, darüber den Kontakt zur Szene zu halten.
Lisa Hahner:
Und das Feedback, das wir darüber bekommen, ist enorm. Das reicht von Mails, dass sich manche Läufer unsere Trainingsvideos als Motivation vor ihren Wettkämpfen anschauen, bis hin zu Fragen über Kenia und Trainingspläne. Das ist inzwischen Teil des Lebens als Profiläufer und macht Spaß.
In ein paar Wochen stehen Ihre eigenen Wettkämpfe an. Anna startet am 13. April in Wien, Lisa am 27. April in Hannover. Anders als im letzten Jahr in Frankfurt starten Sie also nicht gemeinsam. Warum?
Anna Hahner:
Wir haben es megagenossen, in Frankfurt gemeinsam an der Startlinie zu stehen. Aber jetzt kamen einige Anfragen von Marathon-Veranstaltern, dass wir es als Glück ansehen, dass wir den Zwillingsbonus spielen können und uns entsprechen aufsplitten, um so zwei schöne Läufe kennen zu lernen.
Lisa, Sie werden den Wien Marathon sogar laufend erleben – als Tempomacherin für Ihre Schwester. Steht schon fest, wie lang Sie sie begleiten wollen?
Lisa Hahner:
Das wird sich erst in den nächsten Wochen entscheiden. Ich habe mir den Streckenplan aber schonmal angeschaut und bei Kilometer 12 steht die Staatsoper, die würde ich doch schon gerne sehen.
Für Sie beide ist es inzwischen der vierte Marathon. Im Vergleich zu Ihren ersten Marathon-Schritten, was hat sich seitdem verändert?
Anna Hahner:
Wir wissen inzwischen sehr gut, auf was wir uns da einlassen. Die Nervosität ist immer noch wie am Anfang, aber anders als vor unserem ersten Marathon wissen wir mittlerweile was uns in der Vorbereitung gut bekommt und an welchen Stellschrauben wir noch drehen können.
Was für Stellschrauben sind das?
Lisa Hahner:
Wir versuchen, den Marathon im Vorfeld mit allen Sinnen zu visualisieren. Wir arbeiten mit Bildern, die zu der speziellen Stadt passt, mit Musik, und lassen uns so voll auf diesen Marathon ein.
Zu Wien läuft jetzt also ständig Walzer?
Anna Hahner:
Jaja, genau so ist das. Das ist in diesem Jahr ja auch das Motto. Und dann stell ich mir vor, dass ich im Dreiviertel-Takt durch die Straßen von Wien schwebe (lacht).
Ist es ein Vorteil, dass Sie sich jetzt so intensiv mit diesen Dingen auseinander setzen können, denn das Thema EM-Norm haben Sie beide ja bereits in Frankfurt abgehakt.
Lisa Hahner:
Ja, mit der EM beschäftigen wir uns tatsächlich erst wieder nach den Frühjahrs-Marathons. Für uns ist es wichtig, dass wir uns zu 100 Prozent auf eine Sache fokussieren können. Und da lassen wir auch keine anderen Gedanken zu. Zürich spielt also erst am 28. April wieder eine Rolle.
Welche Ziele wollen Sie sich in Wien und Hannover erfüllen?
Lisa Hahner:
Ich will eine 2 nach dem ersten Doppelpunkt stehen haben. 2:29:59 Stunden. Das ist das Ziel. Der Kurs ist flach und schnell, die Stimmung toll, die Stadt schön und meine Vorbereitung läuft gut – ich werde gerüstet sein.
Anna Hahner:
Nachdem ich Frankfurt zum ersten Mal unter 2:30 Stunden gelaufen bin und das so ein schönes Gefühl war, will ich diese Marke auch in Wien deutlich unterbieten. Außerdem freue ich mich in Wien auf den Kaiserschmarren, den es dort auf der Pasta Party gibt, der gibt mir sicher nochmal extra Energie. Und für meinen Zieleinlauf habe ich mir eine Sachertorte gewünscht.
Lisa Hahner:
Dafür solltest du aber besser schnell ins Ziel laufen, sonst esse ich die nämlich schon alleine auf (lacht).