Die leichtathletik.de-Analyse - Diskus, Hammer
Der Leichtathletik-Sommer 2005 ist Geschichte. Die deutsche Szene war in den letzten Monaten nach dem Tief bei den Olympischen Spielen in Athen wieder von einem Aufwind ergriffen. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2005, blickt auf 2006 voraus und stellt die neuen Hoffnungsträger vor.

Michael Möllenbeck sorgte bei der WM für eine Überraschung (Foto: Kiefner)
Diskuswurf MännerSo stehen die DLV-Asse international
Die beiden stärksten deutschen Diskuswerfer Michael Möllenbeck (TV Wattenscheid 01) und Lars Riedel (LAC Erdgas Chemnitz) haben sich trotz einiger Verletzungsprobleme weiter in der internationalen Spitze behauptet. Und mit Robert Harting (SCC Berlin) ist ein junger Athlet hinzugekommen. In der Weltrangliste der IAAF (sechs beste Ergebnisse der Saison) steht Michael Möllenbeck auf Rang sieben, Lars Riedel auf Position zwölf und Robert Harting auf 18. In der IAAF-Weltbestenliste werden die beiden Routiniers in den Top Ten geführt (Platz neun und zehn).
Die Bilanz 2005
Michael Möllenbeck holte sich in Helsinki Bronze und bewies damit seine Wettkampfstärke. "Die Medaille hat meine Lebensqualität gesteigert", räumte der 2-Meter-Mann hinterher ein. Dabei hatten ihn andauernde Hüftbeschwerden zuvor stark behindert. Lars Riedel taumelte im Vorfeld ebenfalls von Verletzung zu Verletzung, warf aber die WM-Norm und befand sich beim Test in Schönebeck in guter Form. In Helsinki verpasste er im Finale den Einzug in den Endkampf und wurde Neunter. "Es war ein fürchterlich nervöser Wettkampf", sagt sein Heimtrainer Karl-Heinz Steinmetz.
"Robert Harting hat eine gute Entwicklung genommen, es war das erste Jahr, in dem er verletzungsfrei durchkam", erklärte sein Heimtrainer Jürgen Schult, der gleichzeitig auch DLV-Disziplintrainer für die Diskuswerfer ist. Sein Höhepunkt war die U23-EM in Erfurt mit dem Goldmedaillengewinn. "Ihm fehlte die WM-Teilnahme als I-Tüpfelchen, weil er zehn Tage vor Helsinki einen Muskelfaserriss an der Wade erlitt und absagen musste", meint Jürgen Schult.
Torsten Schmidt (1. LAV Rostock) hatte viele gesundheitliche Probleme, so dass er nicht in Form kam. Ansprechend entwickelt hat sich Sascha Hördt (TSG Weinheim), der mit 58,85 Metern Sechster der deutschen Jahresbestenliste ist.
Die Chancen 2006
Die europäische Bestenliste 2005, in der Michael Möllenbeck als Fünfter, Lars Riedel auf Position sechs und Robert Harting als Siebter ganz weit vorn liegen, beweist, dass in Göteborg die Medaillenaussichten nicht schlecht sind. Alle drei können in den Bereich der Medaillen hineinwerfen. Abzuwarten bleibt, ob sich Torsten Schmidt, der nun von Dieter Kollark trainiert wird, stabilisiert. "Die Konkurrenz wird ähnlich wie in Helsinki sein. Und man muss sicher über 67 Meter werfen, um eine Medaille zu bekommen", schaut Jürgen Schult voraus.
Im Moment kurieren sich Michael Möllenbeck und Lars Riedel aus, Michael Möllenbeck weilt zur Kur und Lars Riedel in der Reha. Robert Harting bestreitet den Grundwehrdienst bei der Bundeswehr, er ist jetzt in der Sportfördergruppe in Potsdam.
Das sind die Hoffnungsträger
Im Top-Team-Kader Peking 2008 sind die drei Spitzenleute, Michael Möllenbeck, Lars Riedel und Robert Harting aufgenommen worden. Und trotz ihres fortgeschrittenen Alters ist damit zu rechnen, dass Michael Möllenbeck und Lars Riedel auch noch bis 2008 und vielleicht sogar bis zur WM 2009 in Berlin werfen werden. "Ich gehe davon aus, dass alle drei und vielleicht noch Torsten Schmidt bis 2008 vorn bleiben werden, andere sehe ich im Moment noch nicht", schätzt Jürgen Schult die Lage ein.
Sascha Hördt (TSG Weinheim) hat sich in den letzten beiden Jahren gut entwickelt. "Er will nach oben, aber man muss eben abwarten, ob ihm das gelingt", meint Jürgen Schult. "Eine starke Truppe haben wir in der U20, aus der Martin Wierig (SC Magdeburg) herausragt. Seine Entwicklung ist mit der von Robert Harting vergleichbar, ebenso sein jetziges Niveau." Martin Wierig, ein 2-Meter-Hüne mit sportlicher Figur, trainiert von Armin Lemme, wurde bei der U20-EM in Kaunas (Litauen) Dritter.
Diskuswurf Frauen
So stehen die DLV-Asse international
Franka Dietzsch (SC Neubrandenburg) holte in Helsinki die einzige Goldmedaille für das deutsche Team. "Es ist wohl das erste Mal, dass in drei Altersklassen, das heißt bei der Weltmeisterschaft, bei der U23-EM (Sabine Rumpf/ LSG Goldener Grund) und bei der U20-EM (Kristina Gehrig/ LAC Quelle Fürth/München/Würzburg) deutsche Athletinnen den Titel gewonnen haben", zieht DLV-Disziplintrainer Gerhard Böttcher eine positive Bilanz. "Das einzige Manko bestand darin, dass Jana Tucholke (LAZ Leipzig) und Ulrike Giesa (LAC Quelle Fürth/München/Würzburg) den Sprung zur WM nicht geschafft haben."
In der IAAF-Weltjahresbestenliste liegt Franka Dietzsch mit 66,56 Metern auf dem zweiten Rang, Sabine Rumpf mit 60,75 Metern auf Platz 29, Ulrike Giesa mit 60,63 Metern auf 31 und Jana Tucholke mit 60,31 auf Position 35.
Die Bilanz 2005
Franka Dietzsch zeigte nach einigen schwächeren Jahren eine beeindruckende Leistung. Hervorzuheben ist, dass sie beim Höhepunkt ihre Jahresbestleistung warf. Keine andere Diskuswerferin schaffte den Sprung nach Helsinki, die Norm von 62,00 Meter war für alle zu hoch. Vor allem auf Jana Tucholke, die zuletzt bei der EM in München Zwölfte wurde, aber seitdem vor allem wegen Verletzungen und Krankheiten stagnierte, hatte man gesetzt. Ihre 60,31 Meter reichten aber ebenso wenig wie die 60,63 Meter von Ulrike Giesa. Sabine Rumpf erfüllte ihr Saisonziel mit dem Gewinn der Goldmedaille in Erfurt.
Die Chancen 2006
In der Europabestenliste 2005 ist Franka Dietzsch Zweite, Sabine Rumpf 17., Ulrike Giesa 18., Jana Tucholke 20. und Nadine Müller (Hallesche LAF) 25. Mit dem Rückenwind des Weltmeisterschaftserfolges wird Franka Dietzsch auch in Göteborg wieder um den Sieg mitkämpfen. "Darüber hinaus wollen wir mit zwei weiteren Athletinnen antreten", erklärt Gerhard Böttcher.
"Sabine Rumpf, Ulrike Giesa, Jana Tucholke und Nadine Müller sollten bei normaler Leistungsentwicklung fähig sein, die EM-Norm von 61,00 Metern zu übertreffen." Kristina Gehrig, die in Kaunas den Juniorenmeistertitel holte, wird 2006 in Peking bei der JWM diese Leistung bestätigen müssen.
Das sind die Hoffnungsträger
Im Top-Team-Kader Peking 2008 sind vier Athletinnen aufgenommen worden, Franka Dietzsch, Sabine Rumpf, Ulrike Giesa und Nadine Müller. "In Richtung 2008 und 2009 habe ich die Hoffnung, dass Franka Dietzsch bis dahin durchhält und zwar auf hohem Leistungsniveau. Bei den anderen glaube ich daran, dass eine oder zwei in die Weltspitze vorstoßen können. Die körperlichen Vorraussetzungen haben sie dazu", meint Gerhard Böttcher.
Hammerwurf Männer
So stehen die DLV-Asse international
"In diesem Jahr haben wir, mit dem hervorragenden vierten Platz durch Markus Esser (TSV Bayer 04 Leverkusen) bei der WM, einen Schritt nach vorn getan", urteilt Disziplintrainer Michael Deyhle. "Wir wissen seit Jahren, dass die Drei (Markus Esser, Karsten Kobs, Holger Klose), die sich für Helsinki qualifiziert hatten, immer in der Lage gewesen sind, unter die ersten Acht zu kommen. Sie haben es aber oft versäumt, das zu zeigen, was sie wirklich können."
In der IAAF-Weltrangliste (die besten sechs Leistungen werden gewertet) steht Markus Esser auf Platz sechs, Karsten Kobs (BV Teutonia Lanstrop) auf zehn und Holger Klose (SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken) auf 14.
Die Bilanz 2005
"Markus Esser ist nun endlich der Durchbruch gelungen, es war ja sogar Bronze möglich. Und er hat gezeigt, dass die deutschen Hammerwerfer vorne mitreden können", lobt Michael Deyhle. Karsten Kobs war ebenfalls in dieser Saison in guter Form, hatte Markus Esser mehrmals geschlagen. Doch einen Tag vor der Abreise nach Helsinki hatte er einen Trainingsunfall und musste verzichten. Von den körperlichen Fähigkeiten ist er aber immer noch stark.
Gleiches gilt für Holger Klose, der mit dem zwölften Platz in Helsinki "die Minimalanforderungen erfüllt hat, aber mit einem vernünftigen Wettkampf auch unter die besten Acht gekommen wäre", wie es Michael Deyhle einschätzt. "Er hat es aber allen gezeigt, dass er international mitwerfen kann. Nun muss er weiter an seinen Nerven und an der Stabilität arbeiten." Alle drei Athleten haben in etwa das gleiche Leistungsniveau. Der Abstand zu den nächsten ist wie in den letzten Jahren weiterhin groß. Steve Harnapp (75,54 Meter, LV 90 Thum) konnte am ehesten den Anschluss schaffen. Er ist nach einem Ausflug zum Bobfahren in den Hammerwurfring zurückgekehrt.
Die Chancen 2006
In der europäischen Bestenliste liegt Markus Esser mit 80,00 Metern auf Rang neun, Karsten Kobs mit 79,46 Metern auf 14 und Holger Klose mit 79,23 Metern auf 17. "Nach Göteborg können wir mit der gleichen Vorfreude, mit der gleichen Hoffnung herangehen, wie wir 2005 an die WM herangegangen sind. Wobei wir hoffen, dass Karsten Kobs nicht wieder in den Ring fällt und sich verletzt", blickt Michael Deyhle voraus. "Dann soll er lieber in den Wassergraben fallen, so wie 1999 in Sevilla nach seinem WM-Erfolg", fügt er schmunzelnd hinzu.
Die Hoffnungsträger
Im Top-Team -Kader Peking 2008 ist bisher "nur" Markus Esser aufgenommen worden. "Bei dem 25-Jährigen liegt eindeutig die langfristige Hoffnung. Karsten Kobs ist 34 Jahre alt, Holger Klose wird 33. Da kann man immer nur von Jahr zu Jahr planen und hoffen, dass sie noch lange dabei bleiben und mit den Leistungen international mitreden können", so Michael Deyhle.
Wichtig wird sein, dass die Lücke hinter den drei Spitzenleuten in den nächsten zwei bis drei Jahren geschlossen werden kann. Das geht aber nur, wenn der Nachwuchs die Bereitschaft zeigt, ein professionelles Training durchzuziehen. Hoffnung macht, dass die Athleten der U20 im Moment recht stark sind. Drei Leute waren in Kaunas in der Qualifikation, scheiterten aber dort unglücklich. "Nach ihren Vorleistungen hatten wir mehr erwartet", analysierte Michael Deyhle.
Hammerwurf Frauen
So stehen die DLV-Asse international
Den drei WM-Starterinnen Betty Heidler, Kathrin Klaas (beide LG Eintracht Frankfurt) und Susanne Keil (TSV Bayer 04 Leverkusen) gelang es nicht, in Helsinki ihr wahres Leistungsvermögen zu zeigen. "Dabei waren sie allesamt in diesem Jahr stärker als in den Vorjahren. Doch von dem Gesamtergebnis (Susanne Keil 12., Betty Heidler und Kathrin Klaas in der Qualifikation gescheitert) war ich bitter enttäuscht", blickt DLV-Disziplintrainer Michael Deyhle zurück.
"Die Frauen haben sich zu sehr mit sich selbst beschäftigt, ihre interne Rivalität ausgeworfen, anstatt wie in den Vorjahren zu kooperieren und mehr gegen die internationale Konkurrenz zu werfen. Dabei wissen wir, dass wir gut mithalten können." In der IAAF-Weltrangliste belegen sie Platz acht (Betty Heidler), neun (Susanne Keil) und 17 (Kathrin Klaas).
Die Bilanz 2005
Betty Heidler hatte einen vierten Platz von Olympia Athen 2004 zu verteidigen, doch am Ende stand sie mit leeren Händen da. Zwei Wochen vor Helsinki warf sie mit 72,19 Metern ihre Jahresbestweite, in Helsinki war sie mit 61,91 Metern meilenweit davon entfernt. "Dabei war sie körperlich in Helsinki noch besser drauf als beim Testwettkampf in Schönebeck, aber sie war einfach mental von der Rolle", schätzt Michael Deyhle ein.
Susanne Keil kam im Finale nicht in den Wettkampf hinein, nachdem sie die Qualifikation klar gepackt hatte. Sie hatte einfach nicht das nötige Selbstbewusstsein, obwohl sie doch zuvor mit 72,74 Metern einen neuen deutschen Rekord geworfen hatte. Ihr zwölfter Platz enttäuschte. Für Kathrin Klaas war Helsinki noch eine Nummer zu groß. "Junge Athleten sind oft in solch einem Wettkampf übermotiviert, machen Fehler", meint Michael Deyhle.
Andrea Bunjes (SV Holtland) fehlte in diesem Jahr ein Tick Härte, die Bereitschaft, alles zu geben, so wie im Vorjahr. "Wir wissen aber, dass wir zum Höhepunkt mithalten können, wenn wir die Ergebnisse bringen, die wir vorher bei normalen Wettkämpfen erzielt haben", zieht Michael Deyhle ein hoffnungsvolles Fazit.
Die Chancen 2006
"Die Konkurrenz ist erheblich stärker geworden. So werden wir die gleichen Schwierigkeiten wie 2004 und 2005 haben, wenn wir nicht eine Schippe zulegen, um vorn dabeizubleiben", gibt Michael Deyhle die Richtung vor. Er setzt auf die gleichen Athletinnen wie 2005, auf Susanne Keil, Betty Heidler, Kathrin Klaas und Andrea Bunjes, eventuell auch auf Kirsten Klose (TuS Eintracht Minden). "Sie müssen sich untereinander wieder stark machen, um international eine Chance zu haben."
In der europäischen Bestenliste liegt Susanne Keil mit 72,74 Metern auf Rang acht, Betty Heidler mit 72,19 Metern auf neun, Kathrin Klaas mit 70,91 Metern auf 13, und Andrea
Bunjes mit 68,49 auf 24.
Die Hoffnungsträger
In den Top-Team-Kader Peking 2008 sind Betty Heidler, Susanne Keil und Kathrin Klaas aufgenommen worden. "Das ist auch die Zukunft im deutschen Hammerwurf, auf sie werden wir in den nächsten Jahren bauen können", so Michael Deyhle.
Hier finden Sie weitere Analysen:
Die leichtathletik.de-Analyse - Sprint Männer
Die leichtathletik.de-Analyse - Sprint Frauen
Die leichtathletik.de-Analyse - 400 Meter
Die leichtathletik.de-Analyse – Mittelstrecken
Die leichtathletik.de-Analyse – Langstrecken
Die leichtathletik.de-Analyse – Hürden
Die leichtathletik.de-Analyse – Hindernis
Die leichtathletik.de-Analyse - Kugelstoßen